Ein Brief wird für Sloan in der Silberburger Bank abgegeben.

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Noa Feldspan
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Ein Brief wird für Sloan in der Silberburger Bank abgegeben.

Beitrag von Noa Feldspan »

Der erste Schritt war vollbracht. Noa schloss die Tür zu seiner Schreibstube im Bollwerk der Paladine südwestlich der Stadt Silberburg. Die Kammer war mehr als ausreichend groß, wenn auch minimalistisch ausgestattet: Ein Teppich für kalte Wintertage, ein großer Schreibtisch mit einfach gearbeiteten Schubladen, eine massige, hohe Kiste, welche eins der Fenster fast gänzlich verdeckte. Der Schreiber störte sich daran wenig, floss das Licht doch durch das zweite Fenster üppig.
Er öffnete den Schrank und seine faltigen, rissigen Finger erkundeten was seine Augen schon längst sahen: Tausende Seiten Papier, Feder- und Metallkiele und Griffel mit bester Kohle, Leime und Rasierklingen. Papyrus für zeremonielle Schriften stapelte sich auf Pergament für Depeschen in die Wildnis. Allein zwei Dutzend Varianten schwarzer Tinte fand er, dazu Dickungs- und Verdünnungsmittel. Die Einbände raubten ihm den Atem: Pappe oder Holz waren für das einfaches Tageswerk vorgesehen, doch für bessere Werke diente sich Leder mit Metallbeschlägen an. Für die hohen Werke, wie die Ahnenlisten der Edlen oder arkanen Meisterwerke, fand Noa edel bestickte, gefütterte Stoffeinbände oder sogar das unverkennbare Schuppenmuster von Drachenhäuten. Sein Mund wurde trocken und sein Herz stand still, als er gleich drei Einbände in strahlendem Weiß sah, der goldene Ankh des Herrn schwer aufgeprägt. Alles wartete nur auf Sein Werk.
Der kleine Schreiberling atmete tief ein, fühlte er doch eine überschwängliche Woge der Möglichkeiten, ja der Macht in ihm aufkommen! Gepriesen sei der Herr, sein Volk lebt im Überfluss. Er zog ein ebenmäßig geschöpftes Blatt Papier hervor und hielt es gegen das Licht der Sonne, nur um das Zeichen seines Gottes durchschimmern zu sehen. Wasserzeichen, welch Dekadenz, welch Sensibilität dieser vage Abdruck zu erkennen gab. Noa zögerte, inspiriert drehte er sich der Kiste zu und fügte das meisterliche Papier zurück in seine Klade. Er identifizierte die stattliche Sammlung an Siegelwachsen, Grau für Alltägliches, Schwarz für Trauerkunde, reines Weiß für Amtliches und Weiß mit acht verschiedenen Tönungen für die Acht Wege zum Herrn. Ein Schriftenmeister und Verwalter, der seinen Lohn verdiente, konnte schon am Wachs allein den Inhalt des Schreibens vorhersagen. Bänder durften nicht fehlen: Leder, Stoff und Garn, sogar Seide, doch auch Ranken lagen griffbereit. Umschläge fand er zahlreich und in fantastischer Qualität, doch wie elektrisiert wandelten seine Fingerspitzen weiter. Dann fand er die Fläschchen. Enttäuschung zeigte sich nur kurz, der mittelalte Mann hatte sich mehr erhofft: Lediglich drei Flakons mit eingearbeiteten Pipetten konnte er ausfindig machen, davon eins gefüllt mit Rosenwasser, eins fast überquellend mit Moschus-Versatz und im dritten ein kläglicher Rest eines Lavendelkonzentrats. Sorgfältig verstaute er den Schatz wieder, zog eine Notiztafel und ein Stück Kreide hervor um sich ‚Duftextrakte besorgen‘ zu notieren.
Er setzte sich an den Tisch, doch machte er sich noch nicht die Mühe ordentlich heranzurücken. Echte Macht, die lag verschlossen in den Schubladen dieses Schreibtisches, dessen war Noa sich sicher. Siegelformen, Stempel, Wappenzeichnungen, das zeugte von Autorität. Die rechte Wahl von Papier, Tinte und Wachs mögen einer Täuschung helfen, aber die Insignien eines Hohepriesters weckten blinden Gehorsam. Mit den Mitteln, die ihm so frei gegeben wurden, konnte der Schreiber erstmal seiner Berufung walten.
Also wählte er dichtes Papier, platzierte es auf der Schreibfläche, einen Kiel aus Metal mit einer flachen Tintenschale, in welcher er eine dichte, kohlasche-graue Tinte anrührte. Mit der Konsistenz zufrieden, setzte er messerscharfe Zeichen.
 
An die Diplomatin Sloan Levi,
im hohen Dienst der Edlen Fenria Vildaban zu Silberburg.
Silberburg, Tag 19 des Achtmonds im Jahre des Herrn ██ nach Anlandung
Dem Herrn obliegt die Prüfung, dem Gerechten das Gute Werk.
 
Betreffend das Anliegen der Shaz’Hazzyl vom Treibervolk

Ehrenwerte Diplomatin Sloan Levi,

Am heutigen Abend sinnierte ich am Herzbrunnen der Stadt Silberburg über die genaue Ausgestaltung der durch Euch beauftragten Chronik, als sich etwa zum zehnten Glockenschlag nach dem Zenit eine hünengleiche Gestalte im Schatten des Reise-Pavillons materialisierte. Fast ragte die Person das doppelte über meine eigene Länge empor, da bemerkte ich Schuppen und Krallen, Hörner und Zähne. Es ist meines scharfen Verstands zu verdanken, dass ich mich nicht gleich auf den vermeintlichen Dämon stürzte, welcher sich in Kürze als Shaz’Hazzyl vorstellte und bekundete in friedlicher Absicht zu sprechen. Für die rechte Widergabe ihres Namens in der königlichen Sprache will ich mich nicht verbürgen.

Ihr wisst um mein freundliches und offenes Gemüt, welches ich mit Weisheit und Vorsicht wohl temperiert weiß. Diese Qualitäten erlaubten es mir die nur schwer zu erahnenden, gar okkulten Absichten der Kreatur zu erarbeiten. Nach Zeugnis der Wesenheit des Treibervolks, habe vor zwei Jahresläufen eine ‚Erwachung‘, hier zitiere ich befreit von den willkürlich-unkontrollierten Zischellauten, stattgefunden. Ein hoher Mann ihres Volkes, ich nehme an damit ist nicht körperliche Größe gemeint, sei daraufhin zum Menschenvolk in Ansilon gewandelt, um sein geheimes Wissen mit den Bewahrern zu teilen. Der Name der Person sei ‚Xrrsh’Tzarrr‘ und er werde seitdem von seinem Volk vermisst. Für den Namen des Hochgestellten verbürge ich mich, unter der Voraussetzung Shaz’Hazzyl kann buchstabieren.

Shaz’Hazzyl sucht daher rechtens nach Sitte von König und Gott um eine Audienz bei Euch, der Diplomatin der Edlen. Bar einer redlichen Adresse im tiefsten Sumpf, war es mein Vorschlag zur Güte, dass der Bittsteller auf dem Platz am Silberburger Herzbrunnen verweilen soll, wenn ich anwesend bin.

Auf den fragenden Klang Eurer Stimme will ich mit Verzückung antworten.

Mein Leben ein ewiges Streben, dem Lichte des Herrn.
Lang lebe das Königreich des Lichts.

Noa Feldspan
Chronist auf Probe der Edlen Fenria Vildaban zu Silberburg

Sorgsam, annähernd perfekt, faltet er den Bogen Papier passend zu den Absätzen. Er greift zum Flakon mit Rosenwasser, tröpfelt der Autor beim Parfümieren doch genau auf die Jahreszahl, diese gänzlich verschmierend. Noch bevor Noa es bemerken kann, schiebt er den Brief auch schon in einen feinen, aber nicht auffälligen Umschlag und leimt ihn sorgfältig zu. Adrett adressiert gibt er ihn dann bei der Wache vor Sloans Büro ab.
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Sloan
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Re: Ein Brief wird für Sloan in der Silberburger Bank abgegeben.

Beitrag von Sloan »

Als Sloan am Morgen das Bankgebäude betrat und in den ersten Stock marschierte, empfing sie ein ungewohnter, jedoch recht milder Blumenduft. Der Wachmann grüßte freundlich und erwähnte beiläufig, dass er die Post auf den Tisch ins Büro gelegt hätte. Ihm dankbar zulächelnd, schloss die Diplomatin die schwere Tür des Büros auf und als hätte man einen Hammer direkt über der Tür platziert, empfing sie ein Geruch, der den gesamten kleinen Raum in Beschlag genommen hatte und sich nun gnadenlos auf Sloan stürzte. Eiligen Schrittes strebte die findige Diplomatin gen Fenster und riss beide Flügel weit auf. Leise nach Luft japsend, fand sie dann doch recht schnell den Verursacher des morgendlichen Überfalls, auf dem kleinen Stapel Briefe auf dem Schreibtisch. Der Duftbrief wurde geöffnet und noch vor seiner Lektüre, wedelnd aus dem Fenster gehalten, während Sloan die restliche Post sichtete.
Als der Geruch des Rosenwassers sich erträglich mit den Gerüchen der Stadt vermischt hatte, wollte der Brief gelesen und im Anschluss beantwortet werden, um dann in den Händen des Bankiers Hadrian zu landen.


Werter Herr Feldspan,
auch wenn ich nun eine Weile überlegt habe, wie ich diesen Brief wie üblich, mit einer positiven Kolorierung beginnen könnte, so vermag ich es nicht uneingeschränkt.
Gut, vielleicht könnte ich anerkennen, dass Ihr den Euren Brief schmücken, ihn aus der Masse des täglichen Mühsals heraus heben wolltet, aber lasst Euch ein für alle Male gesagt sein: So nicht, Feldspan!
Selbst ein einziger Tropfen Eures schon leicht ranzigen Rosenöls wäre vermutlich zu viel des Guten gewesen. Ihr aber habt, Tropfen für Tropfen über den Brief gegossen. Zuviel ist und bleibt einfach zuviel.

Wo Ihr in Sachen Parfümierung zu viel gegeben habt, da gleicht Ihr diesen Umstand im weiteren Verlauf des Brief durch ein 'zu wenig' wieder aus. 
Was genau wollt Ihr mir nun sagen? Das dieser Shaz’Hazzyl einen Kumpanen vor einiger Zeit in Ansilon bei den Bewahrern verloren hat?

Mir fällt hier nun folgende Geschichte zu ein: Unter einer Straßenlaterne steht ein Betrunkener und sucht und sucht. Ein Wachmann kommt daher, fragt ihn, was er verloren habe, und der Mann antwortet: “Meinen Schlüssel.
Nun suchen beide. Schließlich will der Wachmann wissen, ob der Mann sicher ist, den Schlüssel gerade hier verloren zu haben, und jener antwortet: “Nein, nicht hier, sondern dort hinten — aber dort ist es viel zu finster.

Einen Rat, den auch Ihr hättet gern geben dürfen und welcher Eure Kompetenzen nicht überschritten hätte, könnte lauten: Dann sucht doch zuerst dort, wo er verloren wurde: in Ansilon.

Da aber nun das Kind in den Brunnen gefallen ist, werde ich mich wohl oder übel dieser Sache annehmen müssen und als bald am Brunnen nach eben jener Echse Ausschau halten.

In diesem Sinne, so schütze und segne Euch der Herr, verbleibe ich

gez. 
Sloan Levi
Diplomatin des Königreiches
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