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Der Bankier in Nebelhafen erhält einen Brief, adressiert an eine Luinil, nicht weiter stand darauf.
Er steckte jenen zurück, um ihn ja nur dann herauszuholen, sobald das entsprechende Gesicht ihm vor die Nase lief.
"Nur sie hörst du?" hatte man ihm gesagt, so würde er sich daran halten.
Der Brief ist recht leicht, im sandigen Ton, der an die Wüste erinnern mag,
die Aufschrift 'Luinil' ist beinahe Dramatisch kursiv und geschwungen geschrieben,
als handle es sich um eine Einladung zu einer Hochzeit.
Dreht man ihn dann sieht man, die hellblauen Wachstropfen,
in welche amateurhaft eine Blüte der Myosotis in den Wachs hineingedrückt wurde.
Sobald das Siegel gebrochen wird, kommt neben dem herausfallenden kleinen mit weiteren Blüten verzierten Stängel,
noch ein blasses Blatt zum Vorschein und entfaltet darauf das Gesuch.
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Luinil, es ist so weit.
Ich darf dich zu uns einladen, die Taraa selbst hat es gestattet, schon am kommenden Abend, wenn es dir recht ist!
Sie wird auch da sein zusammen mit den anderen Amazonen, je nachdem wie beschäftigt sie gerade sind.
Es gibt einiges was ich dir zeigen möchte, du wirst es sicher auch ganz interessant finden sicherlich.
Du wirst nichts zu Essen oder Trinken mitnehmen brauchen, wir haben genug hier und wenn wir fragen darfst du
sicher auch hier Übernachten und mit uns in der früh Essen, aber das steht dir ja frei!
Vielleicht finden wir auch nochmal ein wenig Zeit zum Sprechen, ich würde gerne mehr erfahren.
Aber das können wir auch ein anderes Mal machen und einfach nur ein bisschen mein Zuhause genießen.
Ich freue mich schon, dich zusehen und ich bin sicher, die Amazonen sind auch ganz gespannt auf dich.
Das ist das erste Mal, dass ich jemanden zu uns Einlade, also zeig dich von deiner besten Seite!
Ich hole dich dann ab vor den Toren.
Yeva
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Die Schrift ist weitaus eiliger verfasst worden, dennoch sieht man hier und da wie sie länger verweilt haben muss,
als ihr wohl die richtigen Worte fehlten.
Doch behält sie den Schwung bei, als wurde ihr dies schon von klein auf angelernt.
Was man jedoch nicht mit ungeübten Blick sehen kann, ist die kleine, fast unsichtbare Spur
am unteren Rand des Pergaments mehr ein sanfter Schatten, der sich still in die Faser geschlichen hat
und nur unter einem bestimmten Winkel im Licht aufscheint.
Es könnte fast wie ein Fehler des Materials erscheinen, so zufällig und unscheinbar ist es.
Doch vielleicht war es mehr?
Ein Moment der Zerstreutheit oder eine kleine Unachtsamkeit,
die während des Schreibens geschah und ihren stillen Abdruck hinterließ, ohne den Fluss der Worte zu stören.
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