- Die Prüfung -
Zurück in Nebelhafen übergebe ich dem Echsenmenschen den verlorenen Helm. Seine Augen leuchten vor Freude, und er drückt mir eine auskömmliche Belohnung in die Hand. Endlich kann ich mir etwas gönnen.
Ich gehe durch die Tore der Stadt und sehe geschäftige Straßen, die voller Leben sind. Händler preisen lautstark ihre Waren an, Handwerker bieten ihre Dienste feil. Die Geräusche und Gerüche sind überwältigend. Nach den Erlebnissen der letzten Tage fühle ich mich hier zum ersten Mal sicher und angekommen.
Mit den Groschen in der Tasche miete ich mir ein Zimmer in der gemütlichen Taverne nahe des Marktplatzes. Rosalinde, die Wirtin, begrüßt mich freundlich und zeigt mir mein Zimmer. Es ist einfach, aber sauber, mit einem bequemen Bett und einem Fenster, das auf den belebten Platz hinausgeht. Nachdem ich mich ausgiebig erfrischt und meine schmutzigen Kleider gewechselt habe, fühle ich mich wie neugeboren.
Ich verlasse mein Zimmer, gehe die Treppe nach unten, in den Gastraum der Taverne. Dort lasse ich mich an einem der massiven Holztische nieder, die Beine noch schwer von den letzten Tagen und meine Gedanken wirr von all den neuen Eindrücken. Rosalinde kommt zu mir, und ich bestelle ein deftiges Mahl. Kaum habe ich meine Bestellung aufgegeben, breitet sich der betörende Duft von gebratenem Fleisch und frischem Brot im Raum aus und lässt mir das Wasser im Mund zusammenlaufen. Während ich auf mein Essen warte, beobachte ich die lebendige Szenerie um mich herum. Die Taverne ist ein geschäftiger Ort, erfüllt vom warmen Licht flackernder Kerzen und dem leisen Summen von Gesprächen und Lachen. Ein Kamin prasselt an der gegenüberliegenden Wand und taucht den Raum in ein gemütliches Licht. Der Tisch neben mir ist von einer Gruppe Einheimischer besetzt, die ausgelassen Geschichten austauschen und dabei ihre Krüge heben. Ich höre Fetzen ihrer Gespräche, Geschichten von abenteuerlichen Reisen und alten Legenden, die die Fantasie anregen. Ein bärtiger Mann mit einer lauten Stimme erzählt gerade eine besonders spannende Erzählung von einem Seeungeheuer, das angeblich vor Jahren die Fischerboote bedroht haben soll. Ein paar Tische weiter sitzt eine Gruppe Reisender. Ihre Kleidung ist bunt und abgenutzt, sie scheinen von weit hergekommen zu sein. Sie lachen herzlich und teilen Essen und Geschichten aus ihren Heimatländern. Eine Frau in einem leuchtend roten Mantel erzählt gerade eine Anekdote über eine missglückte Handelsreise, die alle um sie herum in schallendes Gelächter ausbrechen lässt. Schließlich bringt Rosalinde mein Essen: ein dampfender Teller mit saftigem, gebratenem Fleisch, knusprigen Kartoffeln und einem Laib frischen Brots. Der Duft ist himmlisch, und als ich den ersten Bissen nehme, breitet sich ein wohliges Gefühl der Zufriedenheit in mir aus. Der Geschmack ist so köstlich, dass ich mich ganz auf mein Mahl konzentriere, jeden Bissen genießend.
Gestärkt trete ich nach draußen und beginne die Stadt zu erkunden. Nebelhafen strahlt einen unvergleichlichen Charme aus, der mich sofort in seinen Bann zieht. Die schmalen Gassen schlängeln sich wie kleine Geheimwege zwischen den farbenfrohen Häusern hindurch. Jedes Haus hat einen eigenen, kleinen Garten, der mit einer Fülle von Blumen in voller Blüte geschmückt ist. Der Duft von Jasmin und Rosen liegt in der Luft und vermischt sich mit der frischen Brise, die vom Meer herüberweht. Während ich durch die Gassen spaziere, entdecke ich immer wieder kleine, liebevoll eingerichtete Geschäfte. Ein altes Antiquariat, in dem auch Reagenzien verkauft werden, zieht mich besonders an. Durch das Schaufenster sehe ich antike Bücher und Karten, die förmlich darauf warten, erforscht zu werden. Der Besitzer, ein freundlicher älterer Herr mit einem warmen Lächeln, winkt mir zu, als ich vorbeigehe. Die Menschen in Nebelhafen sind unglaublich freundlich und hilfsbereit. Ein Fischer, der gerade dabei ist, seine Netze zu flicken, grüßt mich herzlich und bietet mir eine frisch gefangene Makrele an. Eine Gruppe von Kindern rennt lachend an mir vorbei, verfolgt von einem fröhlich bellenden Hund. Überall spüre ich eine tiefe Verbundenheit der Bewohner mit ihrer Stadt und dem Meer, das sie umgibt. Nebelhafen hat eine beruhigende Wirkung auf mich. Jeder Schritt, den ich mache, enthüllt eine neue Facette dieses bezaubernden Ortes und lässt mich die unheimlichen Ereignisse bei meiner Ankunft für einen Moment vergessen.
Ich komme mit den hiesigen Händlern und Handwerkern schnell ins Gespräch. Ich frage nach Arbeit und siehe da, sie haben immer kleine Aufgaben, die gut bezahlt werden. Ob es das Auffinden von Gegenständen ist, das Überbringen von Botschaften oder das Beschaffen von Waren, mein Lebensunterhalt ist dadurch gesichert.
Nun kann ich mich auf mein eigentliches Ziel konzentrieren: mehr über meine magischen Fähigkeiten zu erfahren. Könnte ich es sogar schaffen, eine vollausgebildete Magierin zu werden? Diese Frage treibt mich um. In den belebten Straßen von Nebelhafen frage ich die Einwohner nach Personen, die in der Ausbildung von Magiern erfahren sind. Schnell wird mir der Name Hermine genannt, sie beschreiben mir eine Frau, die sich oft in der Nähe des Marktplatzes aufhält.
Neugierig und ein wenig nervös mache ich mich auf den Weg. Der Marktplatz ist voller Leben, voll mit Menschen, die ihren täglichen Geschäften nachgehen. Ich lasse meinen Blick schweifen und entdecke schließlich eine Frau, auf die die Beschreibung passt. Sie ist von mittlerem Alter, eher unscheinbar gekleidet, doch ihre Gesichtszüge und ihre wachen Augen verraten Wissen, Weisheit und Intellekt.
Mit klopfendem Herzen gehe ich auf sie zu. „Entschuldigt werte Frau, seid ihr Hermine?“ frage ich vorsichtig. Sie wendet sich mir zu und mustert mich aufmerksam. Einen Moment lang schweigt sie, dann nickt sie langsam.„Ja, das bin ich. Und ihr seid?“„Mein Name ist Claire de Lune. Ich habe gehört, dass Ihr in der Ausbildung von Magiern erfahren seid. Ich möchte mehr über meine magischen Fähigkeiten lernen. Ich würde mich gerne einer Prüfung unterziehen. Könntet Ihr mir dabei helfen?“ Hermines Augen funkeln interessiert. „Magische Fähigkeiten, sagt Ihr? Das ist keine einfache Reise, werte Frau de Lune. Es erfordert Hingabe, Disziplin und einen starken Geist. Seid Ihr Euch sicher, dass Ihr dafür bereit seid und seid Ihr sicher jetzt schon eine Prüfung dafür abzulegen?“
Ich nicke fest entschlossen. „Ja, das bin ich.“
Sie lächelt leicht und deutet mir, ihr zu folgen. „Ihr seid erstaunlich selbstbewusst, aber lassen wir das Formelle. Ich bin Hermine und du bist Claire. Dann komm mit. Wir werden sehen, was in dir steckt.“
Wir verlassen den geschäftigen Marktplatz und gehen durch die engen Gassen der Stadt, bis wir an ein kleines, verstecktes Haus am Rand von Nebelhafen kommen. Hermine öffnet die Tür und führt mich in einen Raum, der vollgestopft ist mit alten Büchern, seltsamen Artefakten und funkelnden Kristallen.„Dies wird der Beginn deiner Ausbildung sein,“ sagt sie. „Sei gewarnt, es wird nicht leicht sein, aber wenn du durchhältst, könntest du eines Tages eine großartige Magierin werden.“
Hermine überreicht mir eine Seite Papier. Ich fühle wie wichtig die bevorstehende Herausforderung ist. Es ist der Beginn meiner Ausbildung. Es ist der Schritt in eine ungewisse Zukunft oder der Schlüssel zu meiner Vergangenheit. Meine Hände zittern während ich die Seite entgegennehme. Hermine schaut mich ernst an und macht klar, dass bevor ich den magischen Pfad einschlagen darf, ich 15 Fragen beantworten muss, die auf dem Papier niedergeschrieben sind. Sie gibt mir eine Stunde Zeit. „Diese Fragen sind nicht nur dazu da, um dein Wissen zu testen, Claire,“ erklärt Hermine. „Sie sollen auch deine Fähigkeit zeigen, klar zu denken und zu verstehen, was es bedeutet, Magie zu wirken. Nimm dir die Zeit, die du brauchst, und überlege sorgfältig. Dies ist ein wichtiger erster Schritt.“ Ich nicke und setze mich an einen alten Holztisch, der mit seltsamen Symbolen und Markierungen übersät ist.
Ich starre auf das Blatt Papier vor mir. Ein Gefühl der Verzweiflung überkommt mich. Die Begriffe und das Vokabular sind mir fremd. Ich habe keine Ahnung, wie ich diese Fragen beantworten soll. Doch plötzlich höre ich in meinem Geist seltsam vertraute Stimmen. Sie flüstern mir Worte und Sätze zu, die mir merkwürdig bekannt vorkommen. Ich lese mir die Fragen erneut vor... langsamer, konzentrierter.
Die Stimmen in meinem Kopf werden lauter und deutlicher. Plötzlich ergibt alles einen Sinn. Die Begriffe, die vorher wie Kauderwelsch klangen, ergeben nun eine klare Bedeutung. Es ist, als ob ein Schleier vor meinen Augen gelüftet wird, und ich erkenne die Antworten auf jede Frage.
((Anmerkung: Um Testergebnisse nicht zu beeinflussen, handelt es sich bei den Fragen und Antworten nicht um tatsächliche Bestandteile der Magierprüfung. Die Leserschaft möge mir diesen fiktiven Ausflug verzeihen.))
„Was ist die Essenz der Magie?“ Eine Stimme in meinem Kopf antwortet: „Die Essenz der Magie ist die Energie, die alle Lebewesen und die Natur durchdringt und verbindet.“ Ich schreibe die Antwort nieder, und es fühlt sich richtig an.
„Wie beeinflusst der Mondzyklus das magische Wirken?“ Wieder höre ich eine klare Antwort: „Der Mondzyklus beeinflusst die Stärke und Art der magischen Energien, die zur Verfügung stehen. Vollmond verstärkt Magie, während Neumond sie beruhigt.“
Mit wachsender Zuversicht beantworte ich die nächste Frage: „Beschreibe eine Methode zur Reinigung eines Kristalls.“ In meinem Geist sehe ich das Bild von reinem Wasser und Sonnenlicht: „Ein Kristall kann gereinigt werden, indem er in fließendes Wasser gehalten und dann im Sonnenlicht getrocknet wird.“
Die Fragen sind plötzlich so klar und eindeutig vor meinem geistigen Auge, als ob ich sie immer schon gewusst hätte. Es ist ein sehr leichter Test, der lediglich das Basiswissen von Zauberkundigen abfragt. Lächelnd beginne ich, jede Frage sorgfältig zu beantworten. Die Zeit vergeht wie im Flug, und bevor ich mich versehe, habe ich alle 15 Fragen beantwortet. Ein Gefühl der Erleichterung und Zufriedenheit durchströmt mich.
Schließlich setze ich den Stift ab und übergebe das Blatt Papier an Hermine. Sie nimmt es entgegen und nickt anerkennend. „Gut gemacht, Claire. Nun lass uns sehen, wie du dich geschlagen hast.“ Sie beginnt, die Antworten durchzugehen, während ich nervös auf ihre Reaktion warte. Nach einer Weile legt sie das Papier zur Seite und sieht mich an. „Du hast Potenzial, Claire. Deine Antworten zeigen, dass du sowohl Wissen als auch einen intuitiven Zugang zur Magie hast. Deine Reise wird schwierig sein, aber ich sehe, dass du die nötigen Fähigkeiten mitbringst. Willkommen auf dem Pfad der Magie. Du bist nun eine Magiekundige.“ Ein Gefühl des Triumphs und der Freude durchströmt mich. Dies ist erst der Anfang, aber ich bin bereit für das, was vor mir liegt. Mit Mut und Entschlossenheit werde ich alles dafür tun, um meine magischen Fähigkeiten zu entwickeln und zu meistern. Ich benötige einen Mentor oder eine Mentorin. Das Bild einer bestimmten Person formt sich vor meinem geistigen Auge...
(Fortsetzung folgt)