Die Templerin Liliths hatte ihr Pferd vor dem Eingang zum Minotaurenlabyrinth vergessen. Also mussten sie erneut durch die verdammte Wüste, um ihr treues Ross einzusammeln. Die Runen brachten das kleine Grüppchen zu einem Teleporter im Amazonengebiet und als sie durch die verdammte Wüste stiefelten – in Vollplatte – kam Cataleya auf die Idee.
Die Ketzer hatten Schilder aufgestellt, um die Grenze Solgards zu markieren. Wäre es nicht ein Spaß, ein weiteres aufzustellen? In derselben Optik, um so zu tun, als würden die Solgarder ihre Grenze bis ins Gebiet der Amazonen ausweiten. Wie dreist.
Alec sprang auf den Gedanken auf und merkte an, dass zwei Schilder glaubhafter und auffälliger waren als eines.
Aber am Ende des Tages war er froh, dass er eines aufgestellt hatte und es überlebte.
Die kleine Tüftelgemeinschaft aus Cataleya, Alec und Almina fertigten zwei Schilder und zwei Pfosten an. Für den Anstrich und die Aufschrift orientierten sie sich an den Markierungen, die bereits an der Grenze zwischen Wüste und Prärie standen. Nur die Signatur von Tonya Darez – einer neuen Bekannten – vermochten sie nicht nachzuahmen. Cataleya frustrierte das, sie wollte die Schilder möglichst perfekt nachbilden. Aber die Bemerkung, dass Tonya in ihrem aktuellen Zustand vermutlich nicht zur Säge greift, brachte ein Schmunzeln auf die Züge der Kriegerin.
Die beiden Schilder wurden mit gelber Farbe bepinselt und beschriftet, bevor Alec mit einem Schleifstein und einer rauen Feile den Einfluss der Witterung nachahmte. Es sollte glaubhaft wirken und so aussehen, als stünden die Schilder bereits eine kleine Weile dort.
Nach der Fertigstellung brechen sie erneut in die verdammte Wüste auf. Alec freut sich auf den Tag, wenn kein Sand mehr in den Sabatons knirscht. Außerdem schaffen es immer einige Körner in seine Stiefel. Ob Almina mit ihren hohen Stiefeln davon verschont bleibt?
Aus irgendeinem dummen Grund – vermutlich mangelnde Weitsicht oder Ungeduld – nehmen sie sich zu zweit dem Unterfangen an. Der hünenhafte Schmied hat sich an die Priesterin, die noch deutlich grün hinter den Ohren ist, gewöhnt. Sie haben schon so einige Biester zusammen erschlagen. Deswegen bemerkt sie sofort seine Unruhe und weiß sie richtig zu deuten.
Er hat es gerade geschafft, eine Vertiefung mit der Spitzhacke zu schlagen, um den Pfahl in die festere Erde unter dem Sand zu treiben, als sie Gesellschaft bekommen. Die junge Amazone – ebenfalls grün hinter den Ohren – und eine Frau, die ihm fremd ist. Beide sind in seinen Augen so harmlos wie zwei Löwenjungen, die herumtollen. Vermutlich erschreckt sich die Löwentochter selbst, wenn ihr das erste Brüllen entfährt. Dennoch übt sie es stetig.
Sie brüllt. Nach Unterstützung. Bedauerlich, er hätte sie zu gerne blutend im Sand liegen gelassen. Aber so nah an der Amazonenstadt ist Flucht die naheliegendere Option. Wer weiß, wie viele Frauen in glänzenden Rüstungen angeklimpert kommen.
Zumindest ein Schild steht und markiert die neue Reichsgrenze. Die Frage ist nur wie lange. Doch das soll nicht mehr sein Problem sein. Einen Versuch war es wert!
Almina hört aufs Wort, als er den Rückzug befiehlt. Sie ist schlau genug, um zum Seebachtal zu reiten und nicht in den Schlund Solgards. Er treibt sein Pferd an, direkt an der jungen Amazone vorbei. Aber die Unterstützung ist längst da – die Kaiserin höchstpersönlich – mit einem Pfeil im Anschlag. Mit einem gefiederten Andenken und einem empörten Brüllen im Rücken prescht er davon und lässt Staub hinter sich aufsteigen.
Während die Pfeilspitze zärtlich sein Fleisch von innen streichelt und er die Wüste ein weiteres Mal verflucht, bleibt ihm zumindest die Gewissheit, dass etwas Hass gesät wurde. Stolz hat er damit niemanden gemacht, aber selbst die Götter brauchen zeitweise etwas, über das sie schmunzeln können.

