Rou

Rollenspielforum für Geschichten.
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Rahouwa Se'lassi
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Re: Rou

Beitrag von Rahouwa Se'lassi »

Tag 159

Erneut war ich im Morgengrauen bei den Trollen. Jetzt zum Nachmittag habe ich ein Lager im Feenwald aufgeschlagen. Ich lausche dem Knistern des Feuers und weiß nicht recht was ich schreiben soll. Die Zeit fließt wie ein Bach dessen Ufern sich eisig zusammen ziehen, langsam dahin und ich fließe mit. Im Land meiner Väter hieß es immer, dass alles seine Zeit hat. In ChuXi war man da deutlich tiefsinniger. Wie es Ruta und Tesfaye wohl geht? Oder meiner Mah? Ob sie noch leben? Ruta gewiss, sie wird wohl mitlerweile verheiratet sein, vielleicht sogar ein oder zwei Kinder schon haben. Ich habe ihren Vater nie als besonders freundlichen Menschen wahrgenommen und hatte auch nie das Gefühl, dass er viel für seine Bastard-Tochter übrig hatte. Doch Ruta versicherte mir immer, dass sie sich in ChuXi wohl fühle. Und Tesfaye? Ob er zurück gekehrt ist nach Eriwandu oder die Gelegenheit genutzt hatte, seinen eigenen Weg zu suchen?

*Keine Randnotizen
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Rahouwa Se'lassi
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Re: Rou

Beitrag von Rahouwa Se'lassi »

Tag 160
Ich bin gestern wirklich früh an meinem Lager im Feenwald eingeschlafen und heute morgen führte mich mein Weg direkt nach Nebelhafen. Ich hatte kurz gezögert, ob ich nicht den Bergpass nehmen sollte, doch für die Arbeiten an der Esse war es eindeutig zu früh. Auch wenn sie in der Regel tief schlafen, doch will ich nicht riskieren, dass sie vom klingenden Amboss geweckt werden, ehe Solkr seine Zeit ankündigt.

Am Ende habe ich mich heute doch nicht an den Amboss gestellt. Da ich nicht weiß, wass ich mit all den abgehangenen Kräutern anfangen soll, die er mir da gelassen hat, habe ich mir überlegt sie zu Tee zu verarbeiten, soweit sie dafür geeignet sind. Und so nahm der Tag irgendwie ruhig vor sich hinplätschernd stetig mit etwas beschäftigt sein, seinen Lauf. Ich griff mir zunächst ein paar Schriftrollen und einen Kohlestift und begann, dutzende Kannen Wasser aufzusetzten. Und je einen Becher mit verschiedenen Kräutern, Schalen, getrockneten Früchten und gefrorenen Honig herzustellen. Immer wieder verrieb ich jene Dinge, wog sie ab, mischte sie, kochte sie auf und probierte sie, bis ich die Kombinationen in Geschmack und Wirkung hatte, die ich mir vorgestellt hatte. Insgesamt schuf ich damit heute drei Rezepte. In den nächsten Tagen werde ich mir die Zeit nehmen und einen angemessenen Vorrat für die Wilde Jagd, aber auch für mein Reisegepäck anlegen.
Als ich mich für drei Mischungen entschieden hatte, gefiel mir der Gedanke, eines kleinen dichtgewebten Jutebeutelchens, in dem ich den Tee aufbewahren wollte und so nahm ich mir heute ebenso dafür Zeit, meine Vorstellung in die Tat um zu setzten. Das Ergebnis war eher Bescheiden, trotz Aufwand und Mühe, aber seinen Zweck würde es gewiss erfüllen. Ich verzierte den Beutel noch mit kleinen Vogelknochen, nachdem ich mit den winzigen Nieten die mir zunächst in den Sinn kamen, immer den groben Stoff beschädigt hatte. Diese Arbeit führte mich gleich zur Nächsten und ich erneuerte meinen Frischfleischbehälter.
Und als ich den letzten Korb geflochten hatte und mich umsah, stellte ich fest, dass es bereits dämmerte. Ich begann noch aufzuräumen und für die große Zubereitung vorzubereiten. Ehe ich mich nach oben verzog.
Es ist noch immer seltsam hier zu schlafen und zu wissen, dass er nicht da ist. Ich höre immer mal wieder das leise Murmeln des Hauses, wenn es mit dem Nordwind von der Küste her streitet. Der vertraute Geruch, der sich langsam gänzlich zu einem Anderen wandelt, zieht manchmal wie eine Aromaschleife an meiner Nase vorbei und erinnert mich…

Kann nicht schlafen, geh mich nochmal rumtreiben.

*Randnotizen: „Achte auf die weiße Raupe“*
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Rahouwa Se'lassi
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Re: Rou

Beitrag von Rahouwa Se'lassi »

Tag 161

Viel habe ich nicht geschlafen, als ich im Morgendämmern mein Rüstzeug anlegte. Mein treuer Goa führte mich in die Steppe und von dort aus weiter in die Vulkanebene. Zum ersten Mal betrat ich die düsteren Gänge der Drochsal alleine. So ganz verstehe ich noch nicht, wie andere diesen Kreaturen im Nahkampf standhalten - alleine. Das ein oder andere Mal, stolperte ich und schlug hart hin, doch alles in allem war es eine gute Übung für die Beweglichkeit im Kampf. Es ist eine völlig andere Art, als die, die ich gewohnt bin und in einer Gruppe würde ich das als sehr chaotisch wahrnehmen. Und dennoch, selbst diese Taktik könnte ich mir in einer Gruppe vorstellen.

Als die Pfeile in meinem Köcher zu neige gingen, verließ ich diesen unseligen Ort und ritt nach Fjellgat. Ich traf die Skaldin und den Rest des Tages verbrachte ich mit ihr in Fjellgat. Es tat mir gut einfach mit ihr am Feuer zu sitzen, von den Neuen zu hören, von mir zu erzählen. Es ist doch etwas anderes, ob du mit jemanden am Feuer sitzt dem man vertraut oder irgendwelchen Reisenden. Ehe ich mich wieder auf den Weg nach Nebelhafen machte, gab sie mir noch die Rezepte, die sie für „ihn“ zusammengestellt hatte.

Am gestrigen Abend, als es mich nochmal rausgetrieben hat, traf ich wieder auf Knisterfinger. Auch jemand dem ich durchaus vertraue und den ich in regelmässigen Abständen sehe. Jemand der sich scheinbar besser an die Jahreszeiten des Lebens anzupassen weiss, denn ich. Ich lud ihn und die anderen zu einem geselligen Abend ein. Ich würde wohl sehen ob sich daraus was ergibt, oder ob wir am Ende zu zweit zusammen hocken und Würfeln. In dem Fall würde ich wohl auch die weiße Raupe dazu einladen - sofern ich sie mal wieder treffe.

Nachdem ich mich heute noch etwas in Nebelhafen rumgetrieben habe, habe ich mein Schlaflager in Fjellgat aufgesucht.

*Randnotiz: „Winterweizen“*
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Rahouwa Se'lassi
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Re: Rou

Beitrag von Rahouwa Se'lassi »

Tag 162

Die Skaldin und ich zogen in aller Frühe los. Wieder waren wir die Drochsal bekämpfen. Vermutlich hatte es sich in Fjellgat schon rumgesprochen, denn als wir aus den östlichen Flügel in den westlichen wechselten schlossen sich in kurzer Folge noch der Leitwolf und der Bär an. Die Hatz wurde zu einem Plündergang der bei den Draken noch fortgesetzt wurde.

Den Rest des Tages hatte ich mehr oder weniger in Nebelhafen verbracht, ehe mich ein grauer Wurm veranlasste, doch wieder nach Fjellgat zu ziehen, aber ich fange am Anfang an.

Als ich zurück nach Nebelhafen kam, war es ruhig und ich zog mich ins Haus zurück und begann damit den Tee, den ich vor ein paar Tagen zusammen gestellt hatte, in größeren Mengen zusammen zu stellen. Es kostete mich fast den gesamten Nachmittag, doch es hat mich nicht gedauert. Als ich mich ans Feuer setzte, um mich nach der Arbeit etwas auszuruhen und vielleicht auch auszutauschen, saß ich lange Zeit alleine da. Ich machte mir Gedanken darüber wie die Lage in Nebelhafen war. Ich würde schon gerne etwas beitragen, doch habe ich wenig Lust mich groß zu kümmern. Mir kam in den Sinn, dass davon gesprochen wurde, dass Groschen wohl beisammen gehalten wurden. Es gab sogar den Vorschlag von weiteren Steuern, den ich eher ablehne. Doch kenne ich jemanden, der durchaus bereit ist mehrere tausend Taler springen zu lassen. Kurzum klopfte ich an die Pforten, denen ich jene Taler anbieten wollte. Doch sprach sich entweder mein Anliegen nicht rum oder es bestand doch kein größeres Interesse. Vielleicht überdenke ich den Einfall auch einfach nochmal. Wenn er mich nicht los lässt, trag ich ihn vielleicht mal an das Ohr der Bürgersprecherin. Ich zog mich zurück zum Feuer und zum Abend gesellten sich noch rote Feder und der grüne Druide dazu. Wir tranken Tee und rote Feder sprach darüber wie unzufrieden sie hier sei und sich umsehen würde. Ihr gefiel die Baukunst wohl der Suromesen - hätte ich von ihr jetzt nicht unbedingt erwartet, andererseits schien sie allerdings nicht nur einen Freund da unten zu haben und war wohl auch in der Vergangenheit mit der Lebensform gut zurecht gekommen. War mir sicherlich nicht das liebste Thema, doch sowas kommt öfter vor, wenn man an öffentlichen Feuern sitzt. Zugespitzt hatte sich die Situation erst, als ein junges Ding dazu kam. Sie hatte das Gespräch auf Magie gelenkt und ich hörte schon nur noch mit halben Ohr hin. Irgendwann fragte sie nach Zauberstäben und der grüne Druide gab ihr bereitwillig Antwort, wärend er mit dem Stab den er selbst hielt auf den Boden tockte.
Eine Stimme in meinem Kopf mahnte die ganze Zeit, ich sollts Maul halten. Dennoch fragte ich den grünen Druiden drauf an, ob die Wachen ihn noch nicht auf seinen Stab angesprochen hätten. Es kam diese gängige Ausrede von Wanderstab und alter Mann, wobei fast alle, die sich dieser Ausrede bemächtigen über Schlachtfelder und durch Höhlen kriechen.
Ich wollte mich eigentlich nicht damit auseinandersetzten und mir wars im Grunde auch egal, wer nen Stab trägt oder nicht. Dennoch war das ganze Gespräch vorab wie ein kleiner spitzer Splitter. Es wurde sich drüber geärgert, das sich nichts ändern täte und gleichzeitig saß man hier voll Scheinheiligkeit, in keinster Weise bereit, das anzunehmen was geboten war. Der grüne Druide zeigte sich als waschechter Solgarder, der nicht nur wie zu erwarten war, über die Suromesen und ihre Verbündete herzog, nein er legte noch einen drauf und machte die Greifen verantwortlich für jeden Nebelhafener der sich Ärger angelacht hat. Schlussendlich reagierte die Wache und es war schon bemerkenswert, mitanzusehen mit wie wenig Widerworten man den Anweisungen, im Vergleich zu der Tirade zuvor, folge geleistet wurde. Ich habe alles genau beobachtet, mir kam es so vor, als wenn die Wache auch nicht wirklich Interesse hatte, wegen so einer Lapalie ein Fass aufzumachen. Dennoch reagierte sie und das war das deutliche Zeichen, nach dem viele hier fragten. Ich würde es ab jetzt bezeugen können. Der grüne Druide ließ es sich nicht nehmen, das Knochenweib noch zu verpfeifen. Schlussendlich hatte ich mit meinem verärgerten Gezeter diese Geister gerufen und so folgte ich der Wache die eine Patroullie machte und wollte noch einige Taler abheben als Spende für den Kerl. Auch diese folgenden Ereignisse beobachtete ich gebannt, mit interessanten neuen Erkenntnissen.

Nun nach diesem ärgerlichen Ereignis, dass ich mir hätte sparen können, füllte ich meinen Köcher nach und zog los, all das bei den Drochsal zu lassen. Ich traf dort meinen Goldsack und wir zogen gemeinsam fort, wobei ich vermehrt in den Nahkampf ging.
Zurück in Nebelhafen traf ich die blaue Kriegerin und wir unterhielten uns. Sie erzählte mir davon, was dem Chronisten genau geschehen war und wir tauschten uns etwas aus, bis dieser elendige suromesische graue Wurm dazu kam. Ich hatte meine Portion Selbstgerechtigkeit für diesen Tag schon und so lauschte ich ein wenig, wärend er seinen Eindruck bei der Bürgersprecherin machte. Ehe mir das Palaver zu viel wurde und ich zurück nach Fjellgat reiste.
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Rahouwa Se'lassi
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Re: Rou

Beitrag von Rahouwa Se'lassi »

Tage 163 bis 176
Ist schon eine Weile her, dass ich was niedergeschrieben habe. Nachdem ich meine Lager gefüllt hatte, habe ich meine Sachen gepackt und mich in die Gipfel der Eiswiesen zurück gezogen und mir fast einen Wochenlauf gegeben, mir über die gesamte Situation Gedanken zu machen. In ChuXi sprach man immer davon, wenn das Leben zu rasant sei, im Da’ho zu schwimmen und sich treiben zu lassen. Der Da’ho ist bei ihnen der Fluss des Lebens. Wir Mädchen wurden ganz besonders angehalten uns im Da’ho zu bewegen und tatsächlich haben mir die Übungen damals geholfen, mit der damaligen Situation zurecht zu kommen. Und so blieb ich oben auf den Gipfeln. Meine ersten Gedanken galten meinem Überleben, Wärme, Nahrung, Wasser. Alleine das Sammeln von Holz und die Hatz nach Fleisch nahmen den meisten Teil des Tages in Anspruch und so hatte ich wenig Zeit mich auf mein Leid zu konzentrieren. Erst zum Abend hin, wenn ich am Feuer saß und meinen Tee kochte. Dort oben, schienen viele Dinge ihre Wichtigkeit zu verlieren und mit jedem Tag mehr kehrte Frieden in mein Herz. Meine Gedanken wandelten sich auch, ließen immer mehr ab von den Eindrücken der vorangegangenen Tage und richteten sich wieder mehr auf mich selbst. Dort oben in den Gipfeln hatte ich das Gefühl, der Geister- und Ahnenwelt der Barbaren näher zu sein. Es war nichtmal so, als hätte ich mich beobachtet gefühlt. Es war vielmehr so, als wäre stetig jemand da, der mir wohlwollende Gesellschaft leistete - auch wenn ich nicht im Ansatz sagen könnte, wer es war. Dennoch blieb die Frage offen, was dieses Band zu dieser Welt für mich zu bedeuten hat. Warum war mir das passiert?

Ich blieb etwa einen Wochenlauf oben in den Gipfeln und als ich zurückkehrte nach Fjellgat, war ich so befreit in meinen Gedanken, dass ich mich selbst in Fjellgat erst zurecht finden musste. Ich traf als erstes auf den Leitwolf. Wir sprachen etwas und ich erzählte ihm kurz wo ich war und wie es mir ging. Danach wappnete ich mich und zog nach Nebelhafen, um meine Vorhaben die ich hatte wieder aufzunehmen.
Am gleichen Abend noch traf ich auf meinen Meister. Eine der eher seltsamen Begegnungen. Er hatte nichtmal mehr im Sinn was geschehen war und wie ich mir fast gedacht hatte, war er mit seinen eigenen Dingen beschäftigt gewesen. Gewiss kam das Thema auch auf, dass ich nicht wie sonst auffindbar war. Ich weiß bis jetzt nicht richtig was ich davon halten soll. Einerseits scheine ich ihm wenig von Wert zu sein, wenn er mich stehen lässt und es dann auch noch vergisst. Andererseits muss ich für ihn auch nicht von Wert sein, ich bin seine Schülerin - mehr nicht. Ich habe keinerlei Bezug zu Dingen die ihm Wichtig erscheinen. Ich habe ihm wenig anzubieten, um meinen Wert zu steigern, andersrum hat er mir eine Menge an Erfahrung und Wissen zu bieten. Auch war die Situation das alles in der Bank zu klären vor einigen Unbeteiligten eher ungewohnt für mich. Alles in allem hatte ich nur etwas zu verlieren und irgendwie glaubte ich ihm seine Kopflosigkeit sogar bis zu einem gewissen Grad. Ich spüre schon deutlich, dass es es da eine „Grenze“ seines Vertrauens gibt und es wundert mich auch nicht. Ich würde an seiner Stelle vermutlich nicht anders handeln und das kann ich nur aus den wenigen Abschnitten sagen, die ich aus seinem deutlich längerem Leben kenne. Kurz um, die Ausbildung würde weiter gehen - was mich sehr erleichtert.

An den folgenden Tagen begann ich meine Geschäfte wieder aufzunehmen und stellte zu meiner Verwunderung fest, dass die Geschäfte gerade hervorragend liefen. Einen ganzen Tag war ich fast damit beschäftigt die Zahlen meiner Finanzen großzügig aufzustocken. Ich kann gerade behaupten mir mangelt es an sehr sehr wenig. Eigentlich an nichts - alles was ich tun könnte oder besorgen könnte, wäre eine nicht erforderliche Zugabe an Reichtum. Das hielt meine Stimmung entspannt und so genoß ich auch wieder das ein oder andere Gespräch am Lagerfeuer. Wie ich feststellen durfte ging es dem Chronisten schon wieder recht gut und auch die Patroullien haben nachwievor nicht nachgelassen. Gestern hatte sich noch der Zwergenpaladin zum Feuer gesellt. Er schien mir die Wogen zwischen mir und meinem Meister glätten zu wollen, wenngleich mir gestern keine Wogen bekannt waren, die nicht fürs erste geglättet gewesen wären. Doch es lenkte meine Gedanken wieder etwas zu dem Schüler-Meister-Verhältnis, dass ich nur aus ChuXi kannte.

Ich bin doch über mich selbst verwundert, wievielen Lebensweisen ich aus dieser Zeit zusage, obwohl ChuXi wohl der schrecklichste Ort war an dem ich bisher lebte. Bei all der Gewalt, dem Drill und auch den Begegnungen mit Drochsal dort, waren die Beziehungen immer streng geklärt und all dem Übel ein hübsches Gewand aus Seide übergezogen. Ich hatte dem Zwergenpaladin erklärt, dass es meine Pflicht als Schülerin sei, meinen Meister zu verstehen und die Pflicht meines Meisters darin bestand, sich verständlich zu machen. Diese Worte kamen einfach so aus meinem Mund ohne dass ich darüber nachdachte, doch als ich sie selbst hörte, dachte und denke ich immer noch „Ja genauso finde ich das richtig!“. Es sind Regeln die ich aus ChuXi kenne - es ist nicht wichtig was die beiden voneinander denken. Es besteht ein Grundvertrauen, dass ein Meister überhaupt einen Schüler annimmt und ein Schüler einen Meister anfragt. An meinem Grundvertrauen hatte sich nichts geändert, also war es meine Pflicht zu versuchen meinen Meister zu verstehen. Wäre mein Meister geistig elitärer, würde vermutlich auch jeder davon ausgehen, dass es eine Lektion von Bescheidenheit, Loyalität oder Vertrauen war, die mich auf die Probe stellte. Anhand der Situation in der Nebelhafener Bank, könnte man sogar sagen, dass er auf meine Befindlichkeiten Rücksicht nahm. Ich glaube das zwar nicht so recht, ich glaube eher, dass er mit seinen Gedanken oft an anderen Orten ist, als der Rest von ihm - aber ich werde diese Auslegung nicht ignorieren.

*Randnotizen: "Schwarze Kristalle und Drachenknochen" und "Such den alten Sjaman"*

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Rahouwa Se'lassi
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Re: Rou

Beitrag von Rahouwa Se'lassi »

*Ein zerknittertes und dann glattgestrichenes Pergament, dessen Rückseite mit einem Bauplan für ein Teleskop bezeichnet ist*

Belagerung von Nebelhafen 1. Mondlauf nach der 1. Wintersonnenwende

Die letzten Tage waren wild. Heute prallte der Kopf eines Menschen an meiner Schulter ab und ich habe das erste mal auf jemanden gezielt und geschossen, mit dem ich mal am Feuer saß. Glaub ich. Wollte ich sie wirklich töten? Ich kann mich an die Euphorie erinnern, die ich verspürte, als ich sie traf. Aber wollte ich sie wirklich töten? Ich hab weitere Pfeile gezogen, weiter gezielt und geschossen. Ich glaub ich wollte sie wirklich töten, oder? Ich sitz am Lagerfeuer, noch immer in Bereitschaft und kann nur schwer verarbeiten was gerade passiert ist alles. Es fühlt sich so an, als wäre das nicht mir passiert. Dieser tote Schädel.. es war würdelos und doch, es fühlt sich an, als würde der Schrecken ausbleiben. Man sollte doch Schrecken fühlen oder? Angst, Grusel, sowas oder? Ich saß gerade noch mit dem Halbblut und der Kleinen vom Hafen zusammen, sie waren auch da. Ich hab das Gefühl gar nichts zu fühlen.

Es stinkt, überall riecht man Blut, Tod und Rauch noch. Es ist so unwirklich. Das Halbblut sagte, wenn man Dinge zählt, kann man Sachen für sich ordnen.

Es begann so schnell, als die Warnung der Greifen kam, nahm jeder sie sofort ernst. Das war glaub ich vor zwei Tagen, vielleicht auch Drei. Ich hab mich schon auf mehrere Tage am Wachlager eingerichtet, als sie plötzlich da waren. Unsere Belagerer, angeführt von jener mit der ich am Feuer saß. Sie waren auf Eroberung aus.... Ich hatte eine gute Position in ihrem Rücken, aber ich traute mich da noch nicht zu schießen. Nicht den ersten Schuss machen, nicht das erste Blut vergießen. Ich hatte Skrupel...
Doch dann fingen die Gefechte an, ich hatte anfangs einige Schwierigkeiten, was mir einige Prellungen und Quetschungen einbrachte. Doch dann fand ich mehr oder weniger in den Kampf. Ich spürte keine Schmerzen als ich mit den Riesen zusammen den Hafen verteidigte. Und dann saßen wir fürs Erste fest.

Am nächsten Tag, also gestern... gestern war so ein endloslanger Tag. Es dauerte immer mit den Leuten zu reden, dass raus zukriegen, was man noch nicht wusste. Danach hatte ich den Roten als Begleitung. Er wurde noch weiter ausgerüstet, ehe wir los ritten über die magischen Pfade. Auch ein seltsamer Geselle. Ist mitten in dieser Unruhen geraten. Seine Kappe wurde gerade noch fertig gestellt als sie den Kampfeslärm hörten, hatte er gesagt. Wir trafen einen Kerl, einen Kerl von dem ich nicht richtig wusste, was ich von ihm halten sollte persönlich. Befand ich gestern aber nicht für wichtig. Ich hatte mich entschlossen ihm zu vertrauen, nachdem ich meinen eigenen Meister nicht fand. Und dann führten uns unsere Wege nach Fjellgat. Dort sprachen wir am Feuer, ich fühlte mich sicher und wir warteten auf die Zwerge. Es war früher Abend, die Sonne neigte sich nach Westen als wir in ihr Schiff stiegen und zu rudern anfingen. Mir schien den meisten war nicht allzuwohl dabei. Doch keiner heulte rum. Wir erzählten uns Geschichten, von unseren Seefahrten, wärend wir segelten. Und kaum zurück in Nebelhafen war alles wieder turbulent. Soviele Menschen waren zusammen gekommen. Über dem Feuer hing der Topf mit Gemüsesuppe. Ich kann gar nicht so genau sagen, was wann genau passiert war oder beschlossen wurde. Doch wir bauten schließlich Barrikaden auf. Zweifehalfte Barrikaden.. Tische, Schränke, Zäune... alles was wir fanden. Ich zweifelte, ich zweifelte stark, doch wollte ich die Zuversicht anderer nicht schmälern. Die Krieger von ChuXi hatten immer wieder über Moral gesprochen.
Ich weiß nicht recht wie ich es schaffte, aber ich schaffte es, mich im Dämmern nochmal zum spähen aus dem Dorf zu stehlen. Ich beobachtete diesen seltsamen Zaun aus Knochen, der noch immer steht, mit diesem unheimlichen Funkeln. Ich beobachtete vom Nordpass, Späher, Magier und Schützen auf der Brücke. Und in Nebelhafen rief ich nach der Bürgersprecherin, ja sie war in Gefangenschaft geraten, wir konnten sie heute aber befreien.
Meine Augen brennen. Ich versuche zu schlafen, mit den Fingern an den Wurfmessern.

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Rahouwa Se'lassi
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Re: Rou

Beitrag von Rahouwa Se'lassi »

Tag 313
Ich sitz an meinem Lager in der Bucht, neben mir schnarcht mein großer kleiner Brodir. Wenn ich zum Himmel sehe, klafft dort am Firmament ein riesiger Riss, als hätte jemand das Sternenzelt aufgeschlitzt und die Wundränder spreizen sich weit auseinander. Im Inneren sieht man eine andere Sphäre oder Dimension, die wie ein Spiegelbild der Welt gleicht, in der ich nun lebe und doch auch vielleicht wieder nicht. Denn auch meine Welt ist dabei sich zu verändern. In den vergangenen Tagen konnten wir alle hier immer wieder Sternenregen beobachten und die ersten Sterne trafen nun ein. Sie rissen Krater von mehreren Pferdelängen Durchmesser. Am schlimmsten traf es, soweit mir bekannt ist, den Schlangenhein. Nahe dem Ahnenbaum hat sich etwas in den Boden versenkt und schaurige Elementare in Kraft und auch zum Teil im Aussehen anders als jene die mir hier bekannt sind, entstehen dort durch seltsame Gebilde.
In der Steppe gibt es mehrere kleinere Krater und ich konnte gestern beobachten, wie die Luft zu brennen begann. Erst war es nur ein Flirren der Luft, dann hörte man ein Knistern von Feuer das sich nährt und plötzlich wurde ich in der Steppe angegriffen von Feuerzauber. Ich wusste gar nicht wie mir geschah und bin noch immer verwundert, wie ich da mit heiler Haut hinaus kam. Ich vermute es lag an dem magischen Schutz der gesamten Truppe, auf die ich dort traf und die mich sofort mit in die magische Verteidigung einschloss. Ich war noch nicht wieder in die Gipfel gezogen und schloss mich, nach den Untersuchungen dieser Krater, bei denen nicht wirklich mehr bekannt wurde, als dass was ich schon niedergeschrieben habe, einer Großhatz an.
Als die Rüstungen gestern schließlich abgelegt wurden, traf ich auf meinen großen kleinen Brodir mitten in Solgard. Er erzählte mir, dass im Schlangenhain Feuerelementare wüteteten und so ritten wir dort hin. Ein Elf mit Bogen schloß sich uns noch an, dessen Name ich schon wieder vergessen habe, aber wenn ich ihn bald wieder sehe, werde ich ihn sicherlich noch erkennen. Mit den besten Absichten versuchten wir den Feuerelementaren Einhalt zu gebieten, doch ich bin mir nicht sicher, ob wir damit wirklich Schaden abgewendet haben oder mehr Schaden angerichtet haben. Die Atmosphäre ist erdrückend, mein großerkleiner Brodir spricht immerzu von der Endzeit und den Abenteuern die der große Ratgeber angekündigt hatte. Irgendwie bezweifel ich, dass es die Endzeit ist, doch es könnte sicherlich die Ankündigung eines neuen Zeitalters sein. Ich bin mir ungewiss, ob ich in diesem leben will, wenn Wälder Kratern weichen und die Angst neue Ausmaße erreicht. Wie groß kann Angst werden, ehe der Geist des Verstandens kollabiert? Die Resultate solcher Angst sah ich schon öfter. Manche vegitierten sabbernd vor sich hin, andere führten sich auf, wie Füchse mit einer Pfote in einer Falle. Wird das auf die Lebewesen hier zu kommen oder werden wir es nochmals schaffen, gemeinsam dieser Gefahr zu trotzen? Ich zähl mich zweifellos da in die Menge mit ein. Solange ich noch Leute treffe mit funktionierenden Verstand und zielgerichteten Sinn, kann ich mich halten. Doch könnte ich der Angst widerstehen, wenn sie alle sabbernde geistlose Gestalten sind oder Füchse die sich sogar selbst die Glidmaßen abkauen, um dem Grauen zu entgehen? Ich weiß es nicht, ich glaube spätestens dann sieht es nicht mehr gut für mich aus.

Ich höre die Brandung aus der Bucht und mir kommt alles so unwirklich vor. Das Leben verändert sich für mich gerade wie in einem Falkenflug, schnell und gefährlich. Ich war in die Gipfel gezogen, auf der Suche nach Antworten. Ich glaube fest daran, dass Korvakarhu mich damals gelenkt und geführt hat. Mich zu ihnen gebracht hat und mich gezeichnet hat. Mich dazu brachte einen Schwur zu leisten, vor dem selbst mein Gaunerherz Respekt hat. Das muss doch einen Sinn haben, oder? Immer wieder fragte ich mich nach diesem Sinn. Ich ehre die Ahnen, Samartijasch und Aeiti, doch gebunden fühl ich mich an Korvakarhu. Es ist kein fanatisches Band, aber es ist auch nicht abzustreiten. Wenn die Ahnen nun rufen, was soll ich tun? Keiner der Ahnen hat je auf mich gezeigt. Ich bin ein Mensch, keine Riesin. Ich will diesem alten Pfad nicht folgen, es ist gänzlich gegen meine Natur, gegen mein Wesen und doch versteh ich das Gesetz dahinter und an diesem ersten Gesetz ließ sich, in keinem Land, in keiner Welt in der ich je lebte, etwas ändern. Ich sprach mit meinem Meister darüber, auch wenn er nicht mehr mein Meister ist. Diese Bande sind gelöst, ich glaube aber, ich werde ihn dennoch weiter Meister nennen, solang es mir noch möglich ist. Allle Banden der Verpflichtungen - bis auf meinen Blutschwur - sind zur Zeit für mich gelöst, zumindest fühlt es sich so an. Ich will zwar noch mit der Hauptmann sprechen und eine klare Linie ziehen und zurück geben, was mir anvertraut wurde, doch nachdem mein Meister die Bande gelöst hat, fühle ich auch dahingehend keine Verpflichtung mehr. Es überrascht mich ein wenig, wie gut es mir damit geht, wie wohl ich mich fühle. Ich hatte gehofft, ein beschauliches Leben zu führen. In den Gipfeln meine Antworten zu suchen und zwei drei Mal im Mondlauf ins Tal runter zu kommen, um Vorräte aufzufüllen, Freundschaften zu pflegen und mich Jagden anzuschließen. Fern ab von dem was sie Politik nennen. Fern ab von den meisten Zwängen die eine Gesellschaft mit sich bringt. Doch diese klaffende Wunde über uns allen am Firmament, lässt mich an dieser gewonnen Freiheit zweifeln.

Mein Blutschwur, auch im nördlichen Fjellgat rast das Leben mit all seinen Veränderungen. Der Stamm wächst und je mehr er wächst, desto mehr fühle ich mich wie eine Fremde unter ihnen. Ich werde nicht mehr eingeladen zu den Ritualen, ich spüre das bemessende Auge des Leitwolfes auf mir, wenn ich anwesend bin. Ich glaube zwar, dass es durchaus ein persönliches Band gibt zum Leitwolf, nicht selten kämpften wir Seite an Seite, doch es ist unverkennbar, dass er mich sofort zerfleischen würde, wenn ich seinem Rudel Gefahr bringen würde - er verschenkt sein Vertrauen nicht und für jedes Quentchen prüft er genau und lässt keinen Zweifel an den Folgen. Doch im Gespräch mit meinem Meister ist mir auch klar geworden, dass es an mir liegt. Würde ich auf die Sjamanen zutreten und sie bitten, Klarheit zu schaffen, dann wäre die Situation wohl für alle einfacher. Aber ich muss gestehen, wenn die Klarheit da ist, dann gibt es kein „Ach heute lieber nicht“ für mich mehr, dann trage ich die volle Verantwortung und kann sie nicht mehr einfach Abstreifen, oder - und ich bin mir nicht sicher, ob ich mich davor nicht sogar etwas mehr gefürchtet habe - die Ahnen weisen mich ab. Doch in den Gipfeln wurde mir klar, dann bin ich genau das was ich jetzt bin - eine Verbündete über die Geisterwelt. Es klingt so einfach, warum beschäftigt es mich nur so sehr?

Und dann gibts da auch noch die goldene Horde. Die Kommandantin ist nachwievor mein Vorbild. Sie wirkt immer so stark, so furchtlos, so kriegerisch. Ich habe überlegt, ob ich sie fragen soll, ob sie mich im Nahkampf unterrichtet, doch ich schätze sie will mich in der goldenen Horde sehen als Gegenzug. Ich mag sie alle, aber auch das wäre eine lebenslange Verpflichtung. Ein Band, dass mein Gaunerherz respektiert.
Warum scheue ich mich nur so sehr davor Verpflichtungen einzugehen? Ich merke ja selbst, dass ich Anschluss suche, dass es mir zusetzt, niergends völlig dazu zu gehören. Aber andererseits liebe ich diese Freiheit, hin zu gehen wohin ich will, Freundschaften zu pflegen zu wem ich will. Die goldene Horde gibt mir immer das Gefühl willkommen zu sein, dazu zu gehören. Ich kriege immer meinen Anteil, sie helfen mir mehr als ich ihnen und doch geben sie mir kein Gefühl von Schuld die ausgeglichen werden müsste. Wenn ich nur ausdrücken könnte, wie dankbar ich dafür bin - ohne gleich Verpflichtungen einzugehen.

Ich traf vorgestern auf meinen Augenschmaus, ihm scheint es besser zu gehen. Gut für ihn. Er sprach immer davon, wie gut das ist, irgendwo dazu zu gehören - Aussagen die mich aus seinem Mund immer irritierten und zum Nachdenken anregten. Suche ich vielleicht wegen ihm Anschluss irgendwo? Weil ich seinen Worten zu sehr Glauben im Verstand schenkte und gleichzeitig Worte die mein Herz nie erreichten? Hätte ich meinen Vater - nie kennengelernt, könnte ich vielleicht sogar glauben, dass er es ist - nein nicht mein Vater, auch wenn es vom Alter vielleicht hinkommen mag, aber dafür seh ich ihn zu gerne an und hab meinen Spass dabei. Fakt ist, ich sehe in ihm einen Gleichgesinnten, aber das ist auch gleichzeitig Unsinn, ich kenne ihn kaum, hatte nie die Möglichkeit ihn wirklich kennen zu lernen, ich konnte ihn nur beobachten und mit der Natur scheint ihn nicht wirklich viel zu verbinden. Aber auch er gab zu, dass wir uns in der Sache der Freiheitsliebe ähnlen. Streuner in Zeit und Raum, immer der Nase nach und mit dem Puls des Lebens tanzend.

Ich versuche gerade nicht nach oben zu sehen, was mir aussergewöhnlich gut gelingt. Es ist schon erstaunlich, wie selten man in den Himmel blickt, wenn dort alles so verläuft, wie man es kennt. Es gehört nicht zu meiner Gewohnheit häufiger hoch zu sehen, als Wetter und Zeit zu bestimmen - doch jetzt, zieht der Himmel den Blick immer wieder magisch an. Ich hab gehört an all dem sei der Stinkstiefel schuld - eine neue Seite von ihm. Ich hab schon Lust ihn gerade zu dieser Zeit zu beobachten - auch ihn sah ich gestern in der Steppe. Ich werde mich mal aufmachen und schauen, ob ich irgendwie verhindern kann, dass die Natur noch mehr Schaden nimmt. Wenn nicht, wäre es die Möglichkeit des Lebens, aus Asche wieder nährenden Boden zu schaffen.
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