Was sie wirklich ist, das weiß keiner so genau - etwas Drache, etwas Wolf, etwas Katze (auf jeden Fall ihr Charakter!), etwas Eidechse, ... irgendwie "Etwas" von allem.
Als hätte jemand die verschiedensten Kreaturen und Tiere der neuen Welt genommen und zusammen mit einem großen Kübel goldener Farbe in einen Häcksler geworfen und kräftig durchgemischt.
Das Ergebnis steht vor uns, ein prachtvolles und majestätisches Geschöpf - eine goldene Chimäre.
Manche Geschichtsbücher umschreiben Chimären als gefährliche Monster und hungrige Bestien, aber bei diesem Exemplar handelt es sich um ein hochintelligentes,
neugieriges und temperamentvolles Wesen, voller quirliger Emotionen.
Sie ist auch stolze (Mit-)Besitzerin eines Menschen, namens Pandor.
Nach dem sich ihr Mensch dazu entschlossen hat sesshaft zu werden, musste sie einer gewissen "Mirja Vildaban" ein Mitbenutzungsrecht einräumen.
Zunächst wurde diese "Mirja" mit Argusaugen beobachtet, aber schon nach kurzer Zeit wurde aus dem Misstrauen ein vertrauensvolles "wir stecken unter einer Decke", gar ein
"Pech gehabt, dich habe ich jetzt auch adoptiert!" - Verhältnis. Außerdem, und das muss das Fabelwesen anerkennend eingestehen, ist die Gefährtin ihres Menschen eine herausragende und mutige Jägerin, mit wilden roten Haaren und einem gefährlichen Aufwärtshaken.
Aber was noch viel wichtiger ist ... Mirja ist eine Bardin!
Wie wundervoll sie doch auf ihrer mahagonifarbigen Laute spielen und noch dazu so schön singen kann!
Stundenlang kann sie Mirjas Melodien zuhören und stimmt oft zu einem, "ihres Verständnisses nach", harmonisch schönen Duett ein.
Sehr zum Leidwesen umliegender Fensterscheiben, die den hochfrequenten Lauten der Chimäre, außer einem klirrenden Scheppern, nichts entgegensetzen zu haben.
Wegen der letzten musikalischen Duetteinlagen, die den Vildabanbau vier Fensterscheiben, zwei Porzellanvasen und einen großen Spiegel gekostet haben, werden solche Gegenstände von der Chimäre vorsichtshalber aus sicherer Entfernung Probebesungen.
"Pfff... Glas, hat doch keine Ahnung von Musik und den Gefühlen eines kreativen Fabelwesens!"
Außer der Leidenschaft zum Singen, hat dieses mystische Exemplar auch andere Vorlieben und Hobbys.
Da gibt es also die Dinge, die sie mag!
Zum Beispiel ... Schnecken!
Die flutschen nämlich so herrlich zwischen ihren Fangzähnen und das macht so ein lustiges "Sschlurpp Sschlurrp" Geräusch.
Die Schnecken mit Haus ... schmecken nussig, die schleimigen ohne Schale ... schmecken fruchtig zitronig!
Bereits jetzt fiebert sie, als selbsterkorene Feinschmeckerin, den unbekannten Schneckenarten entgegen.
Vielleicht gibt es ja welche die nach süßem Marzipan, oder sogar nach Schimmelkäse schmecken?!?
Wie dem auch sei, seit dem die Vildaban den großen Hof an der Ostküste bezogen haben schauen alle Nachbarn neidig über den Gartenzaun und bewundern die meterhohen prächtigen Nutz/- und Zierpflanzen.
"Hey Vildaban! Sagt mal ... habt ihr kein Schneckenproblem?"
"Schneckenproblem? Nie gehabt. Wieso?"
Bis jetzt ist das mysteriöse Verschwinden der schleimigen Plagegeister auf dem Vildabanhof ein ungelöstes Rätsel!
Wartet! Bevor ich euch noch mehr über diese Schneckenverschlingerin verrate, will ich euch das geheimnisvolle Fabelwesen erst einmal vorstellen - natürlich
namentlich.
Ja, ihr habt richtig gehört, diese Chimäre hat einen wundervollen Namen, auf den sie ganz besonders stolz ist.
Leider entpuppt sich dieser in der gemeinen Menschensprache als schwer auszusprechender Zungenbrecher und würde übersetzt sowas bedeuten wie "
goldener Himmelssturm".
Die kleinen Vildaban, ich glaube ihr nennt sie "Kinder", haben dieses charismatische Geschöpf einfach
>Goldi< getauft.
Aber aus "musikalischen" Gründen nennt ihr Mensch sie
>Remi<. Das ist eine Abkürzung und steht für
>DoRemi<.
Oh, das ist eine lustige Geschichte, die muss ich euch erzählen!
Es ereignete sich vor ungefähr 7 Jahren im Garten des Wolfbaus (Vildabananwesen), als die Zwillinge gerade einmal mit der Nasenspitze über die Tischkante lugen konnten.
Gerade als das stolze Geschöpf mit inbrünstiger Entschlossenheit zu helfen, die Beduinen aus Mirjas großem Blumenbeet baggerte
(das hat sie sich bei ihren Menschen abgeschaut -sie nennen es Unkraut jäten), klimperten Lenja und Arken, nebeneinander auf der Klavierbank sitzend, im Haus einige Noten auf dem schweren Flügel.
"Mamir! Mamir ... schau ... schau !!! Wir können genauso toll spielen wie du!", ertönte das begeisterte Jauchzen der Kinder, die gerade von rechts nach links alle Tasten ausprobierten.
Lächelnd stellte sich Mirja neben ihre Kinder und erklärte
".... das ist die Tonleiter - DO - RE - MI ...", dabei drückte sie kräftig und langezogen die einzelnen Tasten.
Kennt ihr das Gefühl, wenn ihr eine Melodie, oder einen Refrain hört und sich auf einmal alle feinen Härchen auf eurem Körper aufstellen?
So eine richtige
autonome sensorische Meridianreaktion (ASMR) ... mit Gänsehautgarantie? Genau das ... waren die ersten 3 Töne der Tonleiter für die fleißige Gartenhelferin!
Der Klang der langgezogenen Noten, traf genau die richtige Stelle und jagte ihr ein angenehm prickelndes Gefühl über ihre Schuppen.
"Mamir ... DO RA NIIii ...!" dabei flogen die Kinderhände über die schwarzen und weißen Tasten.
Liebevoll verscheuchte die Mutter die kleinen Wirbelfinger von der Klaviatur.
"Nej mîn welp ...! Hört genau hin ... - DOOOO - REEEEE - MIIII .... ", dabei drückte sie die weißen Tasten durch.
OHHHHH, da waren sie wieder, diese herrlich klingenden Töne, die dem Wesen ein verträumtes-tiefenentspanntes Schnurrgeräusch - PfffFhhhchRRrrrRrr - entlockten. Sie musste diesen ominösen Vibrationen einfach auf den Grund! Sowieso war die Gartenarbeit auf freiwilliger Basis und konnte bestimmt warten. Stolzen Schrittes trollte sich Untier zum Haus, stellte sich auf die Hinterläufe und lehnte sich mit den Pranken gegen die hölzerne Hauswand. Verstohlen und neugierig blinzelte sie durchs Fenster in die gemütliche Stube hinein. Da saßen Arken und Lenja!
Nebenbei bemerkt - Remi liebt die Zwillinge abgöttisch und würde keinen Augenblick lang zögern, Pandor als lebenden Schutzschild zu missbrauchen, um die Kinder und Mirja zu retten. Das ist keine, durch mitgebrachte, oder "rein zufällig fallen gelassene" Leckereien erkaufte Liebe, sondern eine, seit der Geburt der Kinder, innige Verbundenheit. Das sind ihre Menschen, ihr Rudel und ihre Familie!
"Und jetzt zusammen ... DOOOO ... REEE .... MIII .... ", spornte die Bardin ihre kleinen Musiker an.
"MMHHHHrrRSchnuRrRRRrrrRRr".
Tief gruben sich die Krallen der Chimäre in das Holz und übertrugen den wohligen Schauer, in Form von Schwingungen auf die Wand.
Das Holz komplimentierte dies mit einem knarzenden Geräusch, das im inneren der Stube, als leichtes Beben wiederhalte.
Die Chimäre stoß einen hitzigen Atem durch ihre Nüstern, der augenblicklich die Fensterscheibe beschlug.
"Mamir ... Goldiii ... GoOlldiii!", rief Arken begeistert und deutete eifrig auf den grotesk-ulkig aussehenden Abdruck auf der Scheibe.
Es war die Chimäre, die fasziniert ihr ganzes Dasein, auf das gläserne Hindernis presste, das die kühle Außenwelt von der musikalischen Innenwelt trennte.
"DoooOOoo - ReeÄäeee ... - Miiyyyiii", klimperte just in dem Moment Lenja, mit einem hochkonzentrierten Blick, auf dem Klavier.
"MMRhhgrrhHSCHNUURRrRRFGhhRRrArrSchrrfff", dieses Mal brachte das Erschauern der Chimäre das ganze Haus zum Erzittern.
Wäre sie nicht der "goldene Himmelssturm" der sie einmal war, hätte sie vor wohliger Wonne dahinschmelzen können.
Berauscht rollte sich die die Chimäre zu einem überdimensionierten goldenen Knäuel vor dem Fenster zusammen und lauschte den kleinen Musikanten.
Seit da an heißt unsere
"goldener Himmelsstürmerin" - Doremi (Remi), Goldi, aber auch
Goldi Schuppenglanz ist gern gehört
.
Ach, da gibt es noch einige erwähnenswerte Vorlieben dieser seltenen Kreatur!
Lange Zeit hat sie mit ihren Menschen im Norden gelebt, wo sie ihre Vorliebe für Eiszapfen entdeckt hat.
Das kühlende Gefühl in ihrem Maul und dann dieses plötzlich auftretende "Kopfkribbeln" (
Gehirnfrost) entzücken sie ganz besonders.
Dabei werden ihre Pupillen so richtig groß und, als hätte sie einen spirituellen Dopaminschub, hüpfen beim ersten Einsetzen des Kopfkribbelns, tausend bunte Lichter vor ihren Augen rum.
Außerdem mag sie es kleine Dunstwolken mit ihren Nüstern in die kalte Luft zu schnorcheln,
sich im hohen Gras rumzuwälzen, mit unglaublicher Geschwindigkeit durch die Lüfte zu sausen,
künstlerische Prankenabdrücke im Schnee, Schlamm, Sand, Wänden, Teppichen, auf frischgewaschener Wäsche, ... zu hinterlassen.
Ihre Menschen vermuten, dass sie damit ihr Territorium ala
"Ich war hier" markiert, oder einfach alles
"Chimären-genehmigt".
Nur Arken und Lenja kennen, auf Grund diverser Fingerfarbeneskapaden, Remis Vorliebe für bunte Kleckse.
Außerdem liebt sie Komplimente über ihr Äußeres und ihre akrobatischen Flugeinlagen.
Dann bauscht sie sich so richtig auf und stolziert prahlerisch auf dem Hof herum.
Was sie nicht mag - Schafe!
Dieses skurrile goldene Fabelwesen ist fest davon überzeugt, dass es sich bei Schafen um intelligenzbefreite Huftiere handelt, deren einzige Existenz nur daraus besteht
- Platz wegzunehmen, kauend auf den Wiesen rumzustehen und dumm aus der Wäsche ... äh ... Wolle zu gucken.
Außerdem was soll dieses
"Bähhh Mähh Bähhh" -
halten die sich etwa für was Besseres?!
Als bekennende Feinschmeckerin verschmäht sie zwar keinen Lammbraten, aber so roh, hopsend, wollig, ... -
NEEEEE!
Ungeschoren verheddert sich deren Wolle viel zu leicht zwischen ihren Fangzähnen und dann liegen diese Wollebrocken auch noch so schwer im Magen!
Nicht nur einmal, musste sie die Wollreste katzenartig herauswürgen und die kamen natürlich, wie kann es anders sein, auch mal in aus ihren Nüstern raus!
Für so ein stolzes Wesen ist das oberpeinlich!
Gefrustet über so ein Woll-Würg-Hoppala, dass ihr ausgerechnet in der Öffentlichkeit passierte, hat sie sich ein Schaf vom Nachbarsbauern geschnappt und es aus großer Höhe, mit richtig viel Schwung und Karacho, auf ein umliegendes Ackerfeld fallen lassen.
Das bescherte ihr nicht nur ein Gefühl der Euphorie und Genugtuung, besonders beim, von laut zu immer leiser werdenden "
MÄÄÄÄääähhhh >
Puff<", sondern legte auch den Grundstein für ihr geheimes Hobby ... das sogenannte
"Schaf-Weitwurf-Bomben".
Dabei hat sie herausgefunden, dass die knubbligen Schafe beim Aufprall viel weiter über die Felder hüpfen, als die weniger wolligen Wurfgeschosse und dass Drall und Windgeschwindigkeit eine unglaublich wichtige Rolle dabei spielen! Bis jetzt hat sie es immer nur bis zum über-über-überliegenden Nachbarsgrundstück geschafft.
Sie ist fest entschlossen weiter zu üben, um eines Tages ihren bestehenden Wurfrekord zu brechen und es und es bis zum großen Teich zu schaffen!