Zwischen Knochen und Sturm

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TaelanHastur
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Zwischen Knochen und Sturm

Beitrag von TaelanHastur »

Zwischen Knochen und Sturm
 
Taelan saß allein, die Stirn in die Hand gestützt, den Blick auf die verstreuten Bücher vor ihm gerichtet. Vor ihm lag ein durcheinandergeratener Haufen von Schriften, die er in den letzten

Stunden wahllos aus den Regalen gezogen hatte. Es fanden sich Abhandlungen über die Grundprinzipien der vier Elemente, Auszüge zur Theorie der Knotenpunkte, Notizen zum Verhältnis

von Resistenz und Wirkungsmatrix. Und auch ein Werk über druidische Magie still zur Seite gelegt, ein stummer Zeuge eines alten Zweifels. Ein raues Seufzen entwich ihm. Gedanken wirbelten,

doch seine Finger strichen mechanisch über eine aufgeschlagene Seite ohne wirklich zu lesen. Der Zweifel war nicht neu. Aber heute hatte er begonnen, ihn laut zu denken: Die Nekromantie

reicht nicht. Es war kein einzelner Moment, der ihn an diesen Punkt gebracht hatte. Vielmehr war es die Summe zahlloser Kämpfe gegen Kreaturen, gegen fremde Magier, gegen jene, die

das Reich bedrohten. Immer wieder hatte er seine Kräfte entfesselt, Untote gerufen, Rituale gesprochen, Verderbnis kanalisiert. Doch am Ende blieb etwas zurück: das Gefühl, dass es nicht genügte.



Die Nekromantie war durchdringend und präzise doch selten hilfreich für andere. Wo andere Magier ihre Gefährten schützten, heilten oder stärkten, blieb ihm nur, tatenlos zuzusehen.

Seine Kraft war dunkel, direkt aber nie weit genug. Manchmal sehnte er sich danach, sie zu teilen: Ein Schild über viele, ein Feuer, das nicht nur tötet sondern bewahrt. Er begann,

darin eine Schwäche zu sehen. Nicht in der Lehre selbst die war kraftvoll. Doch ihre Ausrichtung war einseitig: zu fokussiert, zu kompromisslos. Taelan lehnte sich zurück und rieb sich

die Augen. Sein Blick fiel erneut auf das Buch über Elementarmagie. Der Gedanke war nicht neu. Er war langsam gewachsen leise, aber stetig -, und heute Abend hatte er Form angenommen.

Langsam schob er das Buch über druidische Magie beiseite. Nicht aus Ablehnung sondern mit stiller Klarheit. Der Weg des Druiden hatte ihn einst gereizt: seine Nähe zur Natur, zum Kreislauf.

Doch was er gesehen, was er erlebt hatte, ließ die Vorstellung vollkommener Harmonie fremd erscheinen. Das war nicht der seine. Zwischen Knochen und Sturm Er schlug das Buch über

elementare Knotenpunkte auf. "Des Ort Sanct", flüsterte er eine Formel, schwer von Bedeutung. Mit dem Finger fuhr er das Verzeichnis entlang: Nachtschatten. Knoblauch. Obsidian. Eine andere

Magie, ebenso fordernd aber mit offenerem Blick. Die Stunden verstrichen, und Seite um Seite füllte sich mit neuen Zeichen. Er zog Schriftrolle um Schriftrolle heran, studierte Formeln, verglich

Skizzen. Die Grundzüge waren ihm vertraut zu viel hatte er über das astrale Gefüge gelernt, um ganz fremd zu sein. Doch der Umgang mit den vier Elementen stellte neue Anforderungen:

keine Kraft aus der Totenebene, sondern ein Formen der Energien, die ihn umgaben.



Ungezähmt, lebendig, vielschichtig. Anfangs war es trocken: Theorie, Begriffe, Strukturen. Doch irgendwann

mitten zwischen Formeln und Erläuterungen regte sich etwas in ihm. Kein Totengerippe, kein Schatten. Sondern flammende Pfeile. Schützende Erdwälle. Ein zischender Wassersturm. Etwas hatte

sich geöffnet. Nicht in der Welt in ihm. Und seine Magie trat hindurch. Taelan schüttelte den Kopf und lächelte schwach. Es würde Zeit brauchen, bis er sich in dieser Schule so sicher bewegen konnte

wie einst in der Nekromantie. Doch etwas regte sich in ihm ein Gefühl, das lange geschwiegen hatte: gespannte Erwartung.Es war nicht allein die Macht, die ihn reizte und auch nicht bloß das

Unbekannte. Es war ihr Zusammenspiel: die Aussicht, durch neue Wege zu wachsen, durch fremde Kräfte zu verstehen. Er zog ein leeres Pergament zu sich, tunkte die Feder und schrieb mit fester

Hand: Die Grenzen der Nekromantie und das Potenzial der Elemente Persönliche Betrachtungen Einen Moment blieb sein Blick auf der Zeile liegen. Kein Abschied. Kein Verrat. Nur der nächste Schritt.

Dann begann er zu schreiben nicht für Ruhm, nicht für Lob, sondern um zu begreifen, wohin sein Weg ihn führte. Und warum er ihn gehen musste. Taelan lehnte sich zurück und ließ den Blick über die

hohen Regale schweifen. Es war kein Ende. Kein Bruch. Nur ein Übergang einer, wie ihn nur ein Magier vollziehen konnte, der den Mut hatte, sich selbst zu hinterfragen.



Draußen rüttelte der Wind an den Fensterläden. Taelan hob den Blick, schloss das Buch. Dann stand er auf, ließ das Licht der Kerzen zurück und trug die Entscheidung mit hinaus in die Nacht.

Am nächsten Morgen ließ ihn die Entscheidung nicht los. Zwischen Knochen und Sturm Schlaf hatte er kaum gefunden; Gedanken kreisten weiter, hartnäckig und fordernd. Der Tag dämmerte

grau über Surom, und Taelan erwischte sich dabei, wie er immer wieder an das zurückdachte, was ihn zu diesem Entschluss geführt hatte. Und doch so klar die Entscheidung auch war, sie ließ sich

nicht einfach mit einem Federstrich besiegeln. Die Unsicherheit nagte, schärfer als je zuvor. Hatte er zu früh aufgegeben? War die Nekromantie wirklich erschöpft oder war er selbst an ihre Grenzen

gestoßen? Und war es nicht auch ein bequemerer Weg, jetzt zu wechseln, statt sich dem vollen Tiefgang der Nekromantie zu stellen? Taelan stand lange am Fenster der Bibliothek. Vor seinem inneren

Auge tauchten die ersten Lektionen auf: die Faszination für die Schwelle zwischen Leben und Tod, das staunende Entsetzen, als er seinen ersten Zombie rief. Damals hatte er geglaubt, dass Macht alles

bedeuten könnte dass der, der den Tod lenkt, auch das Leben versteht. Mit der Zeit jedoch hatte sich sein Blick gewandelt. Er dachte an jene Feinde, die unter seinen Zaubern fielen und doch entkamen

, weil ihre Seelen sich seiner Magie widersetzten. Der nächste Schritt blieb ihm verschlossen: das Erwecken wahrer Gefallener zu mächtig, zu gefährlich, zu fern seiner Reichweite. Auch in den eigenen

Reihen gab es oft Verletzte, manchmal schwer. Doch nie Tote. Und Taelan blieb oft nur, zu beobachten, zu analysieren, zu fragen, was hätte sein können wenn seine Magie anders ... Diese Erinnerung

schmerzte tiefer, als er sich eingestand. Es war nicht bloß der Drang nach "besserer" Magie, der ihn vorantrieb. Es war das Eingeständnis eines Mangels. Einer Niederlage. Er war nicht der Herr über Leben

und Tod, für den er sich einst gehalten hatte. Viel zu lange hatte er geglaubt, den Tod meistern zu können dabei war es der Tod gewesen, der ihn gemeistert hatte.



Doch der Schmerz verlor seinen Schrecken. Der Schritt zum Elementarismus war kein Triumph und keine Flucht. Es war die bewusste Entscheidung, den Stillstand zu durchbrechen, sich dem eigenen

Scheitern zu stellen und etwas Neues zu wagen. Ein Rest Trotz blieb. Wenn schon Wechsel, dann radikal. Keine halben Wege, keine Wiederholungen. Die Elemente boten ein Terrain, das in alle Richtungen

offenstand wild, neutral, unbestechlich. Ohne Trost. Ohne Dogma. Man musste sich behaupten, immer neu, immer wieder. Es war eine Rückkehr zum Anfang zu dem, was ihn überhaupt zur Magie geführt

hatte: die Bereitschaft, sich selbst aufzugeben, um etwas Größeres zu verstehen. Nur diesmal nicht als Beherrscher, sondern als Suchender. Jeder Zauber würde ihm die Fehler des letzten vorhalten jeder

Fortschritt zeigen, wie wenig er Zwischen Knochen und Sturm wusste. Er schrieb weiter, ruhig und entschlossen: "Die Nekromantie ist nicht gescheitert. Ich bin an ihre Grenzen gestoßen und vielleicht auch

an meine eigenen. Aber die Elemente versprechen nichts. Sie fordern. Sie geben nur dem, der bereit ist, wirklich zu lernen, zu riskieren, und an sich zu arbeiten." Er erinnerte sich an einen alten Mentor.

Was man studierte, hatte der einmal gesagt, sei nebensächlich. Entscheidend sei nur, wie man mit dem umgeht, was einem fehlt. Damals hatte er das für banale Weisheit gehalten. Heute nicht mehr.

Taelan verbrachte den Morgen mit Vergleichen, Zweifeln, Korrekturen. Er stellte sich vor, eines Tages wieder hier zu sitzen mit leeren Händen, neuen Büchern, neuen Zweifeln. Aber diesmal war da keine Angst.

An ihre Stelle trat etwas anderes: Neugier. Vielleicht sogar Vorfreude. Vielleicht war das Fortschritt nicht das Überwinden alter Magie, sondern die Bereitschaft, weiterzugehen. Als die Sonne durch die Fenster

der Bibliothek fiel, spürte er zum ersten Mal seit Langem Zuversicht. Nicht weil er wusste, dass alles gelingen würde sondern weil er wusste, dass es den Versuch wert war.



Mit neuem Enthusiasmus griff er zu den Büchern über Elementarmagie. Bereit zu lernen, zu scheitern, zu wachsen und weiterzugehen. Wohin auch immer ihn die Elemente führen mochten.
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