Erlebnisse eines Nordmannes

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Thjondar
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Re: Erlebnisse eines Nordmannes

Beitrag von Thjondar »

Hin zum Verständnis - Zwischen Leben und Tod
  
  
 Die Zeit verging und Thjondar lernte emsig die machtvollen Worte und wie er sie am besten kombinieren kann. Er lernte, wie er ganz nach Solkrs Art in Wut und Kraft Feuer auf seine Feinde herab regnen lassen konnte. Wie er mit Geschick und Fürsorge nach Aeitis Willen Krankheiten und Wunden zu heilen vermochte. Aber auch, wie er mit dem Mut und der Klarheit Varjots in dunkelster Nacht sehen konnte und so geschickt den Kampf zu seinen Gunsten lenken und dirigieren konnte.
 Er lernte, in Ruhe zu verharren, um sich so besser auf die zu ihm sprechenden Ahnen konzentrieren zu können und zu hören, was sie zu sagen hatten.
  
 Doch stetig kamen in ihm die Bilder hoch, die ihn sein halbes Leben lang begleiteten. Seine Familie, viele seiner Brüder und Schwestern, die im Kampf fielen. Immer wieder sah er sie.
 Ob sie wohl einen ehrenhaften Tod fanden? Ob sie nun in den Hallen der Ahnen weilen und auf ihn herab sehen? Waren sie Teil des Kreislaufs geworden und kehrten zur Natur zurück?
 Oder waren sie gar in der Zwischenwelt gefangen?
 Erzählungen machten unter den Schamanen die Runde, dass die Seele eines Nordmannes, der nicht ehrenhaft im Kampf starb, sondern durch Krankheit, Unfall oder ähnlichem, in eben jener gefangen war. Und zwar so lang, bis er die Möglichkeit erhalten würde, sich zu beweisen.
  
 Und so geisterten viele viele Fragen in seinem Kopf herum, auf die es Antworten zu finden galt.
  
  
 Es dauerte einige Tage, bis er endlich den alten Segimer im Dorf antraf.
 Er musste doch helfen können, Klarheit zu erlangen.
 Der alte Schamane, der in seinem Leben schon so einiges erlebt hatte,
 erkannte die Dringlichkeit hinter der Situation, in der sich Thjondar befand und
 trug ihm auf, sich reisefertig zu machen.
 Wahrscheinlich hatte er eine Ahnung, was die Visionen zu bedeuten hatten.
  

 
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 Zusammen mit Solvaig und Krimhald machten sie sich sogleich auf nach Norden.
 Das Reich der Vogelweiber war ihr Ziel.
 Auf dem Weg schlachteten sie sich durch unzählige dieser Kreaturen, bis sie schließlich eine Höhle erreichten. Ein kleiner Ort der Stille inmitten der kreischenden Harpyien im eisigen Norden.
 Im Inneren der Höhle erreichten sie dann ein zutiefst magisch und rituell anmutendes Fleckchen Grün, das, den Gesetzen der Natur folgend, dort eigentlich nicht sein sollte.
 Mit einem mulmigen Gefühl im Bauch nahmen die Barbaren dann Platz, während der Alte sich sogleich an seinem Kräuterbeutel zu schaffen machte.
 Begleitet von einem monotonen Gesang, der eher an ein Brummen erinnerte, hauchte der betagte Schamame dann ein Gemisch verschiedenster Kräuter in die Richtung der Mitgereisten.
 Es dauerte nicht lang und Thjondar, sowie seine beiden Beigleiter fielen in einen tiefen Schlaf.
 
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 Endlos schien er zu fallen, rundherum eine Dunkelheit und Leere, wie er sie noch nie in seinem Leben erlebt hatte.
 Bis er schließlich, vom Aufprall durchgerüttelt, vermeintlich erwachte.
 Er fand sich in einer Siedlung wieder und es musste lange Zeit zurück liegen. Die Umgebung sah aus, als befände er sich in einem Dorf der Sieben Gipfel. Um ihn herum geschäftiges Treiben.
 Viele der Krieger dort grüßten ihn. Doch sein Blick galt ihnen nicht. Thjondar schien etwas zu suchen, während er sich durch die Gassen bewegte.
 Nach einer Weile erspähte er eine lange Treppe, die hinauf führte zu einer großen Halle. Das riesige Eichentor war verschlossen und links und rechts neben dem Eingang hielten zwei stolze Krieger eisern Wache. Aus dem Inneren konnte man ein Lachen und Singen hören. Der Geruch von Fleisch und Met lag in der Luft und Thjondar atmete tief ein.
Ein wahrhaft überwältigendes Fest musste in der Halle zu Gange sein. Entschlossen stapfte er die Stufen hoch, während eine kalte Brise seinen Körper umspielte.
Doch die Brise wurde schnell stärker und erste Schneeflocken begannen zu fallen. Der Himmel verdunkelte sich, so dass das Dorf hinter ihm nunmehr kaum zu sehen war.
 Thjondar stockte in seiner Bewegung.
 Sehnsüchtig der Blick auf die vor ihm liegende Halle. Doch genauso übte der mittlerweile über dem Dorf tobende Sturm eine Faszination auf ihn aus.
  
  
 Es schien, als stellten sich ihm die beiden Wachen in den Weg, um ihm den Zutritt zu verwähren.
 Also wandte er sich dem Dorf zu.

 "Wachen...., Wache halten...., Muss aufpassen...!",

 schoss es ihm wieder und wieder durch den Kopf.
 
 
 
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 Einen solchen Kampf, wie er ihn gerade in seinem Kopf ausfocht, hatte er in der Realität noch nie kämpfen müssen. als er sich entschlossen wieder auf den Weg in Richtung Dorf machte.
Denn seine Suche schien noch nicht beendet. Ihm entgegen kamen einige der Dorfbewohner. Fluchtartig eilten sie hinauf zu der Halle.
 Und Thjondar? Er setzte seinen Weg stoisch fort, direkt in das Unwetter hinein. Der Sturm, das Eis und die Kälte schienen ihm nichts auszumachen. Er fühlte sie nicht, als wären sie Teil von ihm.
 Und er suchte und suchte in den Wirren des tobenden Unwetters. Wonach? Vielleicht nach Dorfbewohnern, die sich allein nicht in die schüzenden Hallen retten konnten. Vielleicht nach seiner Frau. Vielleicht aber auch nach einem Ort, an dem er selber Schutz finden würde, obwohl sich dieser bereits hinter ihm auftat.
  
  

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 Ein lautes Knarzen unterbrach seine Gedanken.
 Die Wachen am Eingang zu Halle waren dabei, die Tore zu schließen.
 Und so rannte er nun doch los. So schnell, wie er noch nie gerannt war, eilte er zurück zur Halle.
 Nach einem kurzen von Wehmut geprägten Blick zurück trat er schließlich ein.
Eine wohlige Wärme ergriff ihn sogleich. Viele Männer und Frauen saßen an der festlichen Tafel, an deren Ende ein mächtiger Stuhl frei war.
 Viele bekannte Gesichter hatten sich in der Halle versammelt:
 Krieger, mit denen er einst Seite an Seite gekämpft hatte.
 Sein Bruder, den er in der letzten Schlacht vor dem Aufbruch in die Neue Welt verloren hatte.
 Und nicht zuletzt der erlösende und liebende Blick seiner Frau.
 Einige Tränen rannen ihm die Wangen herab, jetzt wo er sie in Sicherheit wusste.
  
 Varjot, Solkr und Aeiti waren auch hier und überblickten das Geschehen von ihren mächtigen Stühlen aus.
 Neben dem noch unbesetzten Stuhl an der Tafel stand eine in Lumpen gehüllte greise Gestalt, die einladend auf den Stuhl deutete.
 Und Thjondar ging geradewegs auf ihn zu, um neben ihm Platz zu nehmen.
  
 Abrupt endete das Erleben hier und er fand sich in der Höhle wieder.
 Noch etwas benommen berichtete er sogleich dem alten Schamanen von seinen Erlebnissen.
 Und diesem war klar: Großvater Winter erhob Anspruch auf Thjondar.
  
  
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 Der Adler hatte ihn also erwählt. Der Wächter zwischen der Ahnen- und der Geisterwelt.
 Vieles würde sich dadurch erklären lassen. Dass ihm in seinem Leben der Tod scheinbar auf Schritt und Tritt folgte. Dass ihm Sturm und Kälte nichts auszumachen schienen.
Ja, dass sie ihn regelrecht anzogen und er sich inmitten eines eisigen Sturmes sogar wohl fühlte.
 Als Wächter zwischen der Welt der Lebenden und der Toten sollte er fortan fungieren.
 Und er war bereit, sich dieser Aufgabe zu stellen.
 Die meisten der Schamanen, die er kannte, kümmerten sich um die Lebenden und das Leben.
 Doch auch hier musste Gleichgewicht herrschen.
 Denn wo Leben ist, ist auch unweigerlich der Tod.
 Und genau, wie sich die Elemente untereinander beherrschen und regulieren, so war es in seinem Verständnis auch mit Leben und Tod.
 Ein Jedes musste im Gleichgewicht sein.
  
 Mit Hilfe der anderen Schamanen des Dorfes machte er sich daran, weiter die Worte zu studieren, die es ihm ermöglichten mit der Kraft der Ahnen Wunder zu wirken.
  
 Vielleicht war es damit auch möglich in der Zwischenwelt Gefangene herbei zu rufen, auf dass sie noch einmal die Möglichkeit bekommen würden ehrenhaft zu sterben, um so doch noch in die Hallen der Ahnen einziehen zu können.
 Eine große Gnade, die er ihnen dann mit Winters Hilfe zuteil werden lassen könnte.
 Vielleicht ließen sich aber auch mit Hilfe dieser Worte die Ahnenhelden selbst, wenn auch nur niedere, um Unterstützung bitten.
  
 Nach dem, was er bisher gelernt hatte, mussten die Worte "Algiz", "Eiwaz"und "Durasaz" wohl so etwas bewirken können.
 Spinnenseide würde er dafür wohl auch benötigen, war er sicher.
 Wahrscheinlich auch diese kleinen schwarzen Perlen, um den Wesen das Reisen durch die Ebenen hier her zu ermöglichen.
 Doch was noch?
 Knochen, die den Tod selbst symbolisieren mit Sicherheit auch.
 Und so machte er sich, mit den drei Reagenzien bewaffnet, daran, die Worte wieder und wieder vor sich hin zu sprechen. In verschiedenen Reihenfolgen, anders betont, unterschiedlich laut gesprochen.
 Doch viele Male geschah nichts.
  
 Bis er schließlich "Algiz Eiwaz Durasaz" in der richtigen Folge mit einem eher befehlenden Unterton sprach und sich ganz kurz und schemenhaft vor ihm eine geisterhafte Gestalt zu materialisieren schien. Völlig verblüfft staunte er über die Erscheinung, wenn auch sie nicht lange währte.
 Irgend etwas musste fehlen. Etwas, dass dem Herbeigerufenen die Kraft gibt hier zu verweilen.
 "Alraunen....", dämmerte es ihm. Genau die Wurzel, die er auch benötigte um sich selbst und seinen Brüdern und Schwestern Kraft zu schenken.
 Das musste einfach das fehlende Teil sein.
 Und so sprach er die Worte erneut. Mit Nachdruck. Befehlend. Und mit den unversehrten Alraunen.
  
Sogleich begann die Luft um ihn herum zu flimmern. Und aus dem Flimmern formte sich nach und nach eine schemenhafte Gestalt. Ähnlich groß wie er selbst, mit einer Bärenmaske auf dem Haupt.
Mit Axt und Schild bewaffnet stand sie nun vor ihm. Bereit zu kämpfen, bereit zu sterben.
  
In dem Bewusstein, welch große Verantwortung nun auf ihm lastete, zog er aus, um weitere Kenntnisse über das Ahnen-, Toten- und Geisterreich zu erlangen.
Auch wenn es ihn am Ende an Orte und zu Personen führen würde, die unweigerlich mit Gefahr verbunden waren.

Sein Ziel war es, das erlangte Wissen zum Wohle seines Stammes und seiner ganzen Art einzusetzen, damit sie am Ende alle in die Halle der Ahnen einziehen könnten.
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Thjondar
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Re: Erlebnisse eines Nordmannes

Beitrag von Thjondar »

Tod.
Überall Tod...

Woch auch immer er ging, wo er weilte, stand und lag: Er spürte ihn, sah die Gefallenen vor seinen Augen. 
Sie sprachen zu ihm, doch noch war alles so durcheinander.
Aber einer Sache war er sich sicher:
Die Geister der Gefallenen, die Ahnen und Sarmatijasch selbst waren in Aufruhr.
Warum, wusste er nicht zu sagen.
Den anderen Schamanen der Nordmänner schien es wohl ähnlich zu gehen.

Nun galt es, gemeinsam herauszufinden, was die Visionen bedeuten.
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