Die Insel der Nebel

Rollenspielforum für Geschichten.
Benutzeravatar
Fel Maris
Beiträge: 42
Registriert: 06 Mai 2024, 10:27
Has thanked: 15 times
Been thanked: 62 times

Re: Die Insel der Nebel

Beitrag von Fel Maris »

Notwendige Erläuterung/Hinweis:
Die Insel der Nebel ist ein OOC-Bereich und dient der ersten Orientierung für Spieler, die erst einmal einen ruhigen Einblick in die Spielmechaniken gewinnen können.
Entsprechend gibt es zahlreiche Hinweistafeln und Erklärungen zur Funktionsweise des Spiels.

Die Insel der Nebel ist ausdrücklich kein Rollenspielbereich: Die Charaktere passieren diesen Bereich nicht tatsächlich, jeder Charakter hat seine eigene Geschichte, wie er letztlich auf die Neue Welt gelangt ist.

Dieser Thread beschreibt ein fiktives Szenario, das mit der Vorstellung spielt, dass ein solcher Neulingsbereich tatsächlich mit all seinen Eigenheiten erlebt wird.

Tatsächlich werden keine der beschriebenen Beobachtungen und Eindrücke den Weg in das Rollenspiel finden, sobald Fel irgendwann diesen Bereich verlassen und die eigentliche Spielwelt betreten kann. Solange das noch nicht der Fall ist, dient es mir als Zeitvertreib und auch um den Charakter, seine Motivation, Denkweise und Vergangenheit besser kennenzulernen.


Vor Jahren fragte Ludwig mich einmal, was ich mit meinem Leben vorhätte. Was die Pläne und Ziele wären, die sich darin finden, die mich beflügeln und motivieren würden. 

Ich erinnere mich gut an den Abend: Wir hatten unsere heimlichen Unterweisungen bei der blinden Seherin gerade hinter uns gelassen und waren auf ein paar zusammengenagelten Planken mit einer Laterne in der Hand in die westlichen Sumpfwiesen hinausgestakt. Die meiste Zeit des Jahres stand das Wasser hier eine gute Hand über dem Boden, aber "Boden" war eine irreführende Bezeichnung für eine Sammlung von Schlick, toten Ästen, Blättern und ähnlichem. Er erweckte den Eindruck von Solidität, solange man nicht dumm genug war seinen Fuß darauf zu setzen um diesen Eindruck zu prüfen. Wer dieses Wagnis doch einging, der versank sogleich bis zum Hals ohne je tatsächlich festen Grund unter die Schuhe zu bekommen.
In der Masse zu schwimmen war faktisch unmöglich, selbst für jene, die diese Fertigkeit erlernt hatten - aber solange man nicht zappelte, würde man auch nicht weiter untergehen, sondern im Gleichgewicht treiben.  
Entwürdigend, aber nicht sonderlich gefährlich, solange es noch einen Begleiter gab.

Ohne einen Begleiter sah es anders aus: Dieses Areal hier war die Brutstätte von Brackwasserkrebsen und diese betrachteten alles als Beute, was sich in ihre Reichweite begab. Eben diese Krebse waren aber auch ihrerseits begehrtes Gut: sie wuchsen bis zu doppelter Fingerlänge heran und waren zwar nicht gerade als Delikatesse bekannt, aber dafür in scheinbar unerschöpflicher Menge vorhanden: Wer hier zur Abendstunde hinausfuhr, der konnte immer irgendwo die Lichter anderer Krebssammler sehen. Insbesondere wenn dann Nebel aufzog, streute das Licht der Laternen weit, zeichnete weiche Aureolen, die den halben Sumpf zum glühen brachten. 

Damals dachte ich mir nicht viel bei der Frage, aber das Gefühl von Befremdung ist noch immer deutlich im Blick zurück. Was bedeutete diese Frage? Für mich war der Blick nach vorn immer ein sehr kurzer gewesen. Zunächst konzentriert darauf etwas im Magen zu haben oder einen trockenen Platz zum schlafen. Später dann darauf meinen Status zu halten, sich abzeichnenden Gefahren auszuweichen. 

Aber es gab keinen Plan dahinter, keinen Antrieb. Ich ließ mich einfach tragen wie ein Blatt, das der Herbstwind auf eine Reise entführte. Wie farblos war das neben der sprudelnden Vorstellungskraft Ludwigs, der mir bereits im Detail beschreiben konnte, welche Schritte in den kommenden Jahren auf ihn warteten, der voller Zuversicht bereit war sich diese noch ungeformte Zukunft Untertan zu machen. 
Sein Weg schien bereits vorgezeichnet: Abschluss der Schusterlehre, dann Auszug als Geselle aus Rossensprung, danach andernorts formelle Ausbildung zum Jungmagier. Während er mir all das in glühenden Farben beschrieb, hegte ich keinen Zweifel daran, dass es genau so kommen würde.

Wie konnte ich neben dieser überströmenden, schöpferischen Kraft nun einfach die Schultern zucken und zugeben, dass ich ganz zufrieden mit meiner Stelle als Schreiber für Haus Telketh war, dass mich der Sumpf gar nicht so sehr störte, wie die Klagen es manchmal erscheinen ließen, dass selbst die Magie zu mir gekommen war, wie eine unerwartete zusätzliche Hausarbeit auf einer bereits ausführlichen Liste?

"Sobald ich hier herauskomme, werde ich das Elfenvolk suchen. Nicht einmal um meinen Vater zu finden, sondern einfach um mehr über mein Erbe zu lernen, darüber, wer ich bin und wer ich sein kann."

Er strahlte. Und ich fühlte mich .. interessant. Ich lauschte seinen Plänen, fasziniert und erstaunt zu gleichen Teilen über seine Fähigkeit die noch ferne Zukunft mit kraftvollen Worten zu fassen, wie ein Schreiber, der zum ersten Mal Tinte auf noch jungfräuliches Pergament ausbringt.

Ich fühlte kein schlechtes Gewissen wegen der rasch gesponnenen Lüge. 

Jetzt, Jahre später, verstehe ich die Vergeblichkeit dieser frohen Pläne. Ich habe gesehen, wie die Karten sich ausspielten. Das ist es, denke ich, was es bedeutet aufzuwachsen: Zu erkennen, dass man am Ende doch nur ein Blatt ist, das stärkere Winde herumwirbeln. 

Jetzt haben sich mich auf diese Insel hier getragen, an einen Platz dessen Eintönigkeit wie ein Spiegel für mich selbst ist. 

Vielleicht wird es Zeit, dass ich aus einer alten Lüge endlich eine Wahrheit mache, auch wenn Ludwigs eigene Pläne schon lange nicht mehr das sind, was sie damals waren. Wenigstens einer von uns kann sein Wort halten.

Vielleicht.


 
Benutzeravatar
Fel Maris
Beiträge: 42
Registriert: 06 Mai 2024, 10:27
Has thanked: 15 times
Been thanked: 62 times

Re: Die Insel der Nebel

Beitrag von Fel Maris »

Ein neuer Tag. Ein alter Tag. Der Regen fällt und die Gespräche laufen, festgefahren in ihren Bahnen wie ein Bach, der sich mit den Jahrhunderten ein Bett in den Fels grub. 

Warum bin ich hier?

Warum bin ich noch immer hier?

Die Wanderung über die ruhig liegende Insel offenbart nichts Neues, selbst im Muster der gegen den Strand laufenden Wellen glaube ich mittlerweile ein Muster zu finden. Das ist irrational, aber allein der Gedanke zerrt bereits an meinen Nerven.

Ich bin dieses Ortes müde. Wieviele Tage?
Ich habe aufgehört zu zählen, aber aus den einzelnen Blättern ist ein ganzer Stapel geworden, hastig hingeworfene Erinnerungen an die Lektionen aus dem Mund einer Blinden und eines zynischen Säufers. 

Eigenartig, wieviel Trost darin liegt.

Würde ich dahin zurückkehren, wenn ich könnte?

Die Frage begleitet mich durch den Tag, bleibt ein treuer Gefährte, während ich auch heute ein neues Blatt Papier eintausche und dem Schneider einmal mehr dabei helfe seine Schere zu schleifen. Die Frage ist an meiner Seite als die Sonne am Nachmittag ihr Gesicht hinter grauen Wolken verbirgt. 

Und dann - unversehens, ungeplant - finde ich mich vor dem scharfen Blick des Fährmanns, der mich fixiert und .. misst. Als wäre er hier nicht Dienstbote, sondern König. 

Zum ersten Mal spüre ich wie die klamme Furcht von mir fällt als er spricht.

"Du hast dir viel Zeit gelassen, Fel."

Ich erinnere mich an diese Stimme. Sie ist ..
Das ist das letzte Posting in diesem Thread, aber hoffentlich nicht von und mit Fel.
Ihre Zeit auf der Insel der Nebel endet mit der Ankunft auf der neuen Welt. 
Antworten