Zu Hause
Dieses unbeschreibliche Gefühl von Heimat, Vertrautheit und Geborgenheit.Man hatte sie frei gelassen.
Frei gelassen um in Solgard den Hass zu verbreiten. Gezielt gegen ihre Familie agiert um Jaster aus der Reserve zu locken.
Mit Lügen und Folter gespickt und versucht zu brechen.
Dann heraus geschmissen wie einen Köter.
Ihr ganzer Leib fühlte sich an, wie eine einzige Pein, jeder einzelne Knochen tat weh, jeder Muskel war so zum zerreißen gespannt gewesen, dass sie jeden einzelnen von ihnen spürte.
Aber immerhin spürte sie noch.
Es war hart an der Grenze gewesen, die Grenze des Erträglichen, nicht doch einzuknicken und zu reden.
Aber da war dieser Trotz.
Diese innere Sicherheit, welche nur Liebe geben konnte.
Liebe zu ihrer Familie. Liebe zu dem einen Mann ihres Lebens, Liebe zum Leben selbst.
„Dein Bruder hat nicht so viel ausgehalten, er sollte sich ein Beispiel an dir nehmen“
„Dein anderer Bruder schafft es nur, sich auf einen Kampf mit mir einzulassen, wenn er eine Heerschar im Rücken hat“
„Ich hab gehört, das Miststück liebt einen Kerl der hässlich wie die Nacht ist, und ein Säufer obendrein“
Ihre Worte hatten schon viel ausgerichtet, aber sie wusste, das dieser Blick auf sie nur ein Blick ist, der von viel zu wenig Wissen zeugte.
Weder war Amarius eingeknickt unter der Folter, noch brauchte Jaster ein Heer im Rücken um Mut zu beweisen.
Und Knut.. Schönheit lag im Auge des Betrachters, sie sah in ihm etwas anderes, als andere.
Sie konnte seine gute Seite sehen, sein Herz.
Nicht nur die Narben, die einfach zu jedem dazu gehörten, die ihn geprägt hatten, die ihn zu dem gemacht hatten, was er jetzt ist.
Während Cataleya jeden einzelnen Fingernagel ihrer linken Hand zog, rief sie sich alle Gesichter vor Augen. Rief sich das Gefühl in den Verstand und ins Herz, welches sie die letzten Monde immer begleitet hatte.
Was selbstverständlich gewesen war, und ihr jetzt die Stärke verlieh, stand zu halten.
„Rede endlich du verdammtes Miststück“, die Faust, die in ihrem Gesicht landete, zeugte von der Wut, die ihr Schweigen in der Wächterin hervor brachte.
„Brechen kannst du jeden, es braucht nur Zeit, oder das richtige Druckmittel“, die Stimme des fremden Schmiedes, dessen Gestalt an die von Knut erinnerte, drang ebenfalls an ihr Ort.
„Sie ist nicht Ohnmächtig, sie ist nur nicht hier, cleveres Biest“, sprach der Schmied.
Diese Erkenntnis brachte Cataleya noch mehr zum kochen.
Irgendeine Phiole mit stinkendem Zeug wurde ihr unter die Nase gehalten und brachte sie sofort zum Würgen.
Der Blutverlust, der Flüßigkeitsmangel und die körperliche Pein war kaum zu ertragen und sie befand sich wirklich oft am Rande der Ohnmacht.
Aber sie schwieg.
Keine der Fragen der Wächterin bekam eine Antwort.
Ihr Blut wurde in einer Schale aufgefangen, irgendwas wollte Cataleya damit tun.
Dann wurde ihr eine Rune in die Hand gedrückt. Nach einer gefühlten Ewigkeit in dieser Zelle und auf dem Nagelstuhl.
Einige Wunden wurden durch Magie geheilt, einen Becher Wasser gestand man ihr zu. Salziges Wasser.
Der Magier schien enttäuscht, dass sie frei gelassen wurde.
Am Reisepunkt Solgard angekommen, schleppte sie sich in die Stadt.Allerdings auf Umwegen, sie war nackt und blosgestellt.
Immernoch in Ketten.
Zu Hause angekommen, trank sie erst einige Becher Wasser, wusch sich und zog sich einige leichte Stoffteile über.
Dann legte sie sich ins Bett.
Ihre Geschwister würden am Morgen folgendes Vorfinden:
Eine im Gesicht demolierte Tonya, die bleich in ihrem Bett liegt und sich nicht wecken lässt.
In der Küche liegen Eisenketten, durchgeknippst mit Jasters Werkzeug.
Ein leerer Becher Wasser
Viele blutige Verbände.