Kristallgeschichten

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Aira
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Re: [Quest] Schlafende Artefaktwächter weckt man nicht...

Beitrag von Aira »

Ihr Schädel dröhnte und ihr Körper schmerzte, als hätte sie diese Drachenseelen auch physisch bekämpft. Sie hatte keine Ahnung, was in den letzten Stunden ab dem Moment der Explosion konkret um sie herum geschehen war. Sie erinnerte sich nur noch daran, wie sie Roreks Seite verlassen hatte, als die gequälten Seelen aus Thak'chren, diesem Quarzdrachen ausbrachen. Im Augenwinkel hatte sie gesehen, wie auch die kleine, schmächtige Amazone losrannte, nur um von den Drachenseelen umgeworfen zu werden. Doch sie konnte sich wieder hochrappeln und nur kurze darauf standen sie beide Seite an Seite, während sie ihre Geister auf die Wesen konzentrierten. Die verfluchten Magier und Krieger, die nichts anderes zu tun hatten, als die Seelen weiter zu foltern und zu bekämpfen, zerstörten jedoch lediglich deren physische Manifestation. Die Essenzen ihre Seelen waren noch immer auf diesem Höllenfeld präsent. Und das wusste die Amazone genauso gut wie sie.

Es war schon ein wenig paradox: Sie, Vyktorya, eine untote, unsterbliche Nekromantin und Hüterin der Seelen. Und die kleine Amazone Ali’Shondra, die ehemalige Hohepriesterin ihres Volkes und Hüterin des Lebens. Sie waren Licht und Dunkelheit. Die perfekten Seiten der Medaille der Welt. Leben und Tod.

Das Gespräch was sie beide noch Stunden zuvor geführt hatten, war für Vyktorya inspirierend gewesen. Endlich war da noch jemand, der Seelen wahrnahm und ihre Welt, ihr Sein, ihre Herkunft studiert hatte. Auch wenn Ali’Shondra sie als „Licht“ benannte. Doch Vyktorya zweifelte nicht daran, dass es dasselbe war. So viele neue Fragen und Blickwinkel hatten sich aufgetan. Doch bevor sie hier weiter forschen konnte, musste zuerst die Aufgabe erledigt werden.

Sie hatte nur am Rande wahrgenommen, wie sich um sie und Ali’Shondra herum ein schützender Käfig aus Licht und Dunkelheit manifestiert hatte, während die beiden Hüterinnen ihre Geister auf eine andere Ebene katapultierten und sie irgendwann scheinbar für einen flüchtigen Moment zu verschmelzen schienen. Licht und Dunkelheit im harmonischen Tanz miteinander, während ihre Geister mit den Essenzen der Drachen, die von den Magokraten gefanden, gequält und in Thak'chrens Körper gepresst wurden, kämpften. Nie zuvor hatte es Vyktorya mit den Seelen derart mächtiger Wesen aufgenommen. Sie waren mächtig und sie waren wütend. Trotz ihrer neugewonnenen Freiheit waren sie doch noch immer gebrochen und nichts Anderes mehr als purer Instinkt und Wut. Sie attackierten die beiden Hüterinnen, nicht gewillt sich von ihnen leiten zu lassen und es brauchte all ihre gemeinsame Kraft, um diese gebrochenen Seelen soweit zu überzeugen, dass sie von einem weiteren Kampf absahen. Ali’Shondra bildete dabei das warme, einladende Licht, während Vyktorya die schützende Decke der Dunkelheit war. Im Nachhinein würde sie niemals diesen Kampf wirklich in Worte fassen können. Es war ein rein mentales Ringen gewesen, bis die Drachenseelen schließlich nachgaben und in eine Ebene zurückkehrten, die für sie richtiger war, als die hiesige.

War es der Äther? Oder hatten die Drachen gar ein eigenes Totenreich? War Vyktoryas Annahme, dass der Äther von den Seelen aller Lebewesen, egal welcher Rasse gespeist wurde, falsch? Ali’Shondra hatte hier eine andere Auffassung, doch was war richtig? Oder hatten sie im Grunde beide Recht? Gab es vielleicht Zwischenebenen? Das waren alles Fragen, die Vyktorya nur kurz erneut durch den Kopf schossen, als sie mit ihrem Geist beobachtete, wie die Seelen dieser gequälten Drachen ihren Weg gingen. Wohin auch immer…

Dann kehrte die Realität mit einem brutalen Faustschlag zurück. Sie konnte noch beobachten, wie der Käfig aus Licht und Dunkelheit langsam zerfaserte und die kleine Amazone neben ihr wieder ihre menschliche Gestalt annahm. Nur flüchtig hatte sie den Blick auf das warme, glänzende Licht erhascht, was sie erschreckte und zugleich seltsam wärmte.

Nachdem sie sich beide vergewissert hatten, dass ihre Aufgabe erledigt war, kehrte ihre Aufmerksamkeit zur Schlacht zurück. Thak'chren war fort. Und mit ihm wohl auch Shirin. Noch immer tummelten sich die Krieger und Magier auf dem Schlachtfeld. Zwischen den Menschen ritten goldene Elfen umher und sie erhaschte den Blick auf einige Echsenmenschen, riesige Baumwesen und einer Amazone, die auf Ali’Shondra zugeschossen kam. „Ich muss Rorek finden…“, sprach sie laut denkend aus und setzte einen Schritt voran. Sie taumelte und spürte, wie Schmerzen und Schwere ihren Körper durchströmten. „Rorek war das Erste Ziel des Drachen! Er verschwand einfach!“, es war Malvors besorgter Bass, der Vyktoryas Aufmerksamkeit kurz fesselte und auf ihren Schüler lenkte. Sofort rauschte neues Adrenalin durch ihren Körper und sie beschleunigte ihre Schritte. Erschöpft aber beseelt von der Angst stolperte sie durch den riesigen Krater, den die Explosion von ihren Bannzirkeln übriggelassen hatten, hinüber zu dem Platz, wo sie Rorek zuletzt verlassen hatte. Doch… er war fort. Hektisch sah sie sich auf dem Schlachtfeld um. Nirgends konnte sie den vertrauten Blondschopf entdecken. Weder unter den lebenden, noch unter den leblosen Körpern die teilweise verstreut lagen. Obwohl sie schon so lange tot war, spürte sie, wie ihr Herz dennoch die menschliche Reaktion nicht vergessen hatte: Es raste förmlich und schnürte ihr die Kehle zu, als sie die Augen schloss und sich auf die Präsenz von Roreks Geist in ihrem konzentrierte. Er lebte, doch sie konnte ihn nicht greifen. Was zur Hölle war hier los?

Gerade wollte sie versuchen Malvor und den zwischenzeitlich herbeigeeilten de Mondes und Amanda zu erklären, was sie fühlte, als ein saftiger Fluch einer vertrauten Stimme sie aufmerken ließ. Malvor, der Käfermagier, machte erschrocken einen Satz zurück und blinzelte auf Rorek, welcher direkt vor ihm aus dem Nichts aufgetaucht war. Rorek wirkte vollkommen benommen, aber offenbar sonst unverletzt. Später, als sich all die Aufregung gelegt hatte und sie endlich zuhause waren, konnte Rorek das ganze soweit rekonstruieren, dass Thak'chren ihn offenbar in eine Art Astralgefängnis versetzt hatte. Offenbar aus Wut und Rache darüber, dass Rorek eindeutig der Drahtzieher dieser Bannfalle war. Was für ein verdammt schlauer Drache. Aber sie konnten froh sein, dass es nur ein Astralgefängnis war. Und dass Rorek zurückgekehrt war, deutete darauf hin, dass Thak'chren an Kraft verlor.

Nun konnten sie nichts weiter tun als abzuwarten. Shirin hatte offenbar Thak'chren wie geplant von der Schlacht weggelockt. Doch keiner wusste genau wo sie waren. Nun… Vyktorya konnte es sich anhand einer von Shirins Bemerkungen während ihrer Planungen denken. Aber sie würde nicht nachsehen. Sie konnte der Drachenmagierin nicht helfen, nicht in diesem Zustand. Sie würde selbst einige Tage benötigen, bis sie wieder ihre eigenen Gedanken sortieren konnte und das Hintergrundrauschen des Äthers wieder stiller wurde. Es war ewig her… seit ihr Körper so schmerzte…

Und dann... wurde es Zeit sich um die restlichen Kristallwesen zu kümmern...
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Shira'niryn
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Re: [Quest] Schlafende Artefaktwächter weckt man nicht...

Beitrag von Shira'niryn »

~•~

»Nur noch ein Tag!«

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Nur noch ein Tag und dann würde es so sein. War da eine gewisse Angst? Ein gewisser Zweifel? Von wem kam der Zweifel? Das war schwer zu sagen, denn je mehr Zeit verging, je schwieriger war es zwischen Naurm und Shirins Gedanken sowie Erinnerungen zu differenzieren. Sobald sie in Glaedi war, war es einfacher. Die Gedanken klarer, die Kraft wieder deutlicher spürbar. So würde der Ort des Rituals nicht nur wegen der Goldgeschuppten der sechsten Brut in Naurms Heimatsphäre sein, sondern auch schlicht, weil das Wirken von Magie hier so viel einfacher war. Die arkanen Stränge schienen hier spürbarer, leichter greifbarer zu sein und Shirins, sowie Naurms Handeln weniger verwirrt und desorientiert.

Sie hatte sich noch einmal mit Zah'niryn zusammengesetzt, deren Schmerzen durch das Einwirken der Hüterin sich stark reduziert hatten, um die Anweisungen für das Ritual noch einmal durchzugehen und niederzuschreiben. Fehler durften nicht gemacht werden und sie konnte wohl vom Glück reden, dass die Goldgeschuppte ein so umfangreiches Wissen besaß. Aber was würde man auch von einem Drachen der sechsten Brut erwarten?

Der heutige Tag würde dazu dienen Vorbereitungen zu treffen. Es standen einige Reagenzien auf der Liste der Goldgeschuppten. Neben Knoblauch, Alraune, Schwarze Perlen, Spinnenseide, Blutmoos und Drachenblut, waren auch Kristalle nicht irrelevant, die den Schutzkreis stärken und die Magier mit Kraft versorgen sollten. Das Ritual würde aus fünf Schritten bestehen, mit jeweils einem oder mehr Zaubern, die alle Fehlerfrei durchgeführt werden mussten. Nicht einfach und etwas, was jeden Anwesenden einiges seiner Kraft kosten würde. So gut wie keiner der Anwesenden war in der Lage die Magie der Drachen zu nutzen und so war es grundsätzlich an ihr selber die Kraft, die die anderen in die Zauber gaben, für sich umzuwandeln und zu lenken. Jeder Anwesende würde eine lebendige Quelle der Energie am morgigen Abend sein.

Ritualvorbereitung.png

Und so führte ihr Weg sie erneut nach Glaedi, zu welcher die Verbindung in letzter Zeit immer stärker wurde, damit auch vor Ort die Vorbereitungen getroffen werden konnten. Sorgsam wurde aus Drachenblut der Schutzkreis gezogen, jener doppelt und dreifach auf Lücken überprüft, ehe sie sich in Naurms Gestalt begab um auf die andere Form der Magie zugreifen zu können. Umständlich wurde der zur Seite gelegte Sternensplitter mit den Klauen umgriffen, ehe jeder der präparierten Kristalle nacheinander in ihren Fokus genommen wurde. Mit der enormen Energiequelle, welcher der Sternensplitter darstellte, dauerte es zwar noch immer lange alle Kristalle entsprechend aufzuladen, jedoch bei weitem war es nicht so kräftezehrend, als hätte sie das in Shirins Heimatebene gemacht.

»H'apera – Amendon – Viteron – Porkk'a – Gardon«

Eine Silbe, für einen Kristall. Ein Kristall für eine Ecke des Schutzkreises. Sobald jeder Kristall geladen war, löste sie die Drachengestalt wieder auf und sank mit einem erschöpften Schnaufen auf die Knie. Träge robbte sie an die Seite der Goldgeschuppten und dem bewusstlosen Livius, wobei letzter besorgt betrachtet wurde. Sein Zustand hatte sich nicht im Ansatz geändert und sie hoffte, dass Zah'niryn recht behalten würde, wenn es darum ging, dass er aufgeweckt werden konnte. Nun aber hieß es sich auszuruhen und zu hoffen das am morgigen Abend möglichst viele helfende Energiequellen anwesend sein würden.
»• She wears strength and darkness equally well, the girl has always been half goddess, half hell. •«
~ Nikita Gill
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Livius Quintus
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Re: [Quest] Schlafende Artefaktwächter weckt man nicht...

Beitrag von Livius Quintus »

~•~

»Ausharren«

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Dunkelheit und Stille. Es war nicht wie in einem Schlaf, wo die Dunkelheit einen ummantelt und man im nächsten Augenblick, Stunden später, aufwachte. Nein, ganz im Gegenteil. Mir schien, als wäre ich die ganze Zeit bei vollem Bewusstsein gewesen, während Sekunde um Sekunde verstrich. Wie lange ich bereits in dieser Dunkelheit gefangen war, konnte ich nicht sagen. Es fühlte sich wie eine Ewigkeit an.

Meine Gedanken schweiften umher, während ich ausharrte. Die letzten Erinnerungen, die ich hatte war, wie ich dem Drachenangol dabei zusah, wie es gegen die Felswand prallte und ein Teil davon absplitterte und sich in meine Brust bohrte. War ich tot? Fühlte sich so der Tod an? Wenn ja, wo ist dann die Kälte, die sich langsam dem Leib anschmiegt, wie man von sterbenden oft zu hören bekam? Ich konnte nichts fühlen, nichts sehen, noch hören. Es war, als stünde ich im Nichts. Ein Gefängnis, aus dem ich nicht alleine auszubrechen vermochte, wie es schien. Jegliche versuche zu sprechen, irgendwie zu kommunizieren oder mich zu bewegen endeten darin, dass ich mir ungewiss war, ob ich überhaupt in der Lage war, gegen die Dunkelheit anzukämpfen. Und so harrte ich aus. Sekunde für Sekunde. Stunde für Stunde. Oder waren es gar Tage? Die Ungewissheit war erdrückend.

Die Tatsache, dass ich weder Tag noch Nacht erlebte raubte mir jegliches Zeitgefühl. Doch nach gefühlten Ewigkeiten, die ich alleine mit meinen Gedanken verbrachte, konnte ich etwas erkennen. Ein kleiner, weisser Punkt, der sich in der Ferne bildete. Stück für Stück näherte es sich mir und wuchs dabei an, bis es mich erreichte. Ich konnte beobachten, wie sich das Licht tänzelnd, Tentakeln gleich, nach mir ausstrecke. Jetzt, unter dem Schein des Lichts, erkannte ich meinen Körper und sah, wie das Licht sanft über meine Stirn und dem Loch in meinem Mantel streichelte. Das erste Mal seit langem fühlte ich eine wohltuende Wärme, die sich mit der Zeit im ganzen Körper ausbreitete, je weiter das Licht meinen Leib umhüllte. Ich spürte, wie mein Leib an Kraft dazugewann, wenngleich es nicht ausreichte, um mich aus der Starre zu holen, in der ich gefangen war.
Nach einer Weile zog sich das Licht schliesslich auf die gleiche Art zurück, wie auch die Wärme in mir wich. Es formte sich erst zu einer ovalen Lichtform, die immer weiter die Silhouette einer wohlgeformten, trainierten Frau annahm. Das Licht wich und nur noch die Frau stand vor mir. Es war ein mir unbekanntes Gesicht, doch ähnelte es von den Zügen den Amazonen, die ich bereits kennenlernte. Als meine Augen auf dem hübsch anzusehenden Antlitz der Frau zum Ruhen kamen, schenkte sie mir ein sanftes und aufmunterndes Lächeln, ehe es sich mit einem Handwink verabschiedete und mich allein in der Dunkelheit zurückliess.

Wenngleich ich wieder alleine war, wusste ich zumindest, dass irgendwo alles gegeben wurde, um mich wieder zurückzuholen. Ein kraftspendender Gedanke, der mich ermutigte, weiter auszuharren.

~•~
You either die a hero, or you live long enough to see yourself become the villain
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Xa'Velle Belin
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Re: [Quest] Schlafende Artefaktwächter weckt man nicht...

Beitrag von Xa'Velle Belin »

Sternanisduftgeschwaengerte Gedanken

Den Weg zu ihrem Unterschlupf im Wald kannten bereits zu viele Menschen, also wich sie, wann immer ihr der Sinn nach etwas Ruhe stand, an diesen Ort aus. Waehrend sie also hoch oben auf dem Berggipfel auf einem kleinen Vorsprung sass, der Blick ueber die schroffen Klippen glitt und selbst die Baeume und Straeucher am Fusse des Berges nur noch als kleine Puenktchen wahr zu nehmen waren, klaerte sich fuer gewoehnlich ihr Geist, so gut es eben ging.

Neben ihre eigenen Gedanken, die, zugegeben fuer eine einzelne Person schon genug Vielfalt und Fuelle mit sich brachten, mischten sich auch die der vermaledeiten Woelfin und die des verrueckten und ueber alle Masse boesartigen Drachen. In ihrem Kopf herrschte also selten ein ertraeglicher Geraeuschpegel, der sie ausgeglichen und tatsaechlich aufnahmefaehig fuer die Dinge, die um sie herum geschahen, sein liess. Manchmal strengte es sie mehr an, als sie sich selbst und schon gar nicht anderen eingestehen wollte- wie auch an diesem Abend. Fuer gewoehnlich, wie bereits erwaehnt, gelang es ihr hier oben, wo der Wind die klare, salzige Luft in Boen um die sensible Nase Nimues peitschte, den Kopf von laestigen Gedankenfetzen zu befreien und die Last, wenigstens fuer einige Augenblicke, von den Schultern abzuwerfen. Doch an diesem Abend schien dies ausser Kraft gesetzt zu sein..


Denn noch immer- es waren bereits Stunden seit der Begegnung mit Balthasar vergangen und unzaehlige Schritte Entfernung zwischen das Pflaster Ansilons und ihren jetzigen Aufenthaltsort gebracht!- steckte ihr dieser Geruch in der Nase!
Innerlich fluchte sie, denn es schien fast so, als haette der Duft, der den drahtigen, schwarzhaarigen Magier auf sonderbare Art und Weise natuerlich zu umgeben schien, sich regelrecht in ihrer Nase festgesetzt und umso mehr sie versuchte, diesen Geruch zu ignorieren, umso staerker flackerte er bei jedem neuerlichen Atemschoepfen auf. Dabei gab es doch nun wirklich wichtigeres, als herauszufinden, wonach Balthasar.. dieser ausnehmend huebsche Bundmagier.. roch. So verflucht gut roch. Skotos schaltete sich an dieser Stelle ein und liess sich zu einem der schon oft zum Besten gegebenen, haemischen Lachen verleiten.


<<Na, hat er dir deinen huebschen Kopf verdreht, Kleine?>>
<<Was habe ich dir in Bezug auf „Kleine“ gesagt, Skotos?>>
<<Ach, jetzt kommt wieder dieses leidige Thema.>>

Sie konnte regelrecht hoeren, wie der Drachen am liebsten Gift und Galle gespuckt haette.
<<Immer wenn ich etwas sage, dass du nicht hoeren magst, drohst du mir mit derselben Leier. Vernichtung, Ausloeschung meiner Existenz. Dabei solltest du deinen Fokus auf die Existenzausloeschung von jemand ganz anderem legen- und jetzt stell dich nicht duemmer als du bist, Epi‘lhechthike!>>

Irgendwann war der Drache dazu uebergangen, sie anstelle der bevorzugten Anrede -Kleine- bei diesem Namen zu nennen. Ein muedes Schnauben erhielt er als Reaktion auf seine Worte, ja, sie wusste nur zu gut, worauf er ansprach, aber bereits in Glaedi, der Heimatebene Naurms, zu der sie in Begleitung Shirins und Ali’shondras aufgebrochen war.. Ach. Schwermuetig seufzend schloss sie die rotgeraenderten Augenlider und hob die feingliedrigen Finger an die Schlaefen, um sachten Druck auf die Seiten auszuueben.
<<Skotos, ich habe es dir bereits gesagt. Ich moechte mich nicht wiederholen muessen.>>
<<Aber warum? Du kannst deine Gedanken nicht vor mir verbergen, Epi’lhechthike, gib dir erst gar keine Muehe. Du hasst sie- ihr Tod waere kein Verlust und der Krieger? Ach, dem weinst du doch erst recht keine Traene nach, halte mich doch nicht fuer dumm.>>
Die Stimme des Drachen, so leise und lockend der Tonfall auch gewaehlt war, der unterschwelligen Schaerfe der Worte tat es keinen Abbruch. Die Augen zwar nach wie vor geschlossen haltend, antwortete sie mit sachtem Schuetteln des Kopfes und auf Worte verzichtend, kraft ihrer Gedanken.

<<Du weisst nichts ueber die Menschen- und auch wenn du glaubst, du koenntest in mir lesen wie in einem Buch, so weisst du letztendlich doch gar nichts. Aber ich verrate dir etwas: Ich hasse Shirin nicht. Im Gegenteil, sie ist mir ans Herz gewachsen.>>
Vor ihr geistiges Auge schoben sich die Bilder des Zusammentreffens mit Shirin, die Groesse bewiesen und sich ihr, und ihrer nur vermeintlich gut zurueck gehaltenen Abneigung, entgegen gestellt und dass letztendliche Missverstaendnis, aus der Welt geschafft hatte. Das hatte Nimue imponiert und die Drachenmagierin hatte sich ihren Respekt verdient und so etwas wie Freundschaft eingebracht, auch wenn Nimue das bis zu den juengsten Ereignissen selbst nicht klar gewesen zu sein schien.  

<<Und Livius und ich moegen unsere Differenzen gehabt haben, aber wie du weisst, waren wir lange Zeit ein Paar. Das werde ich nicht vergessen. Egal was da kommen mag. Er wird mir nie gleichgueltig sein.>> Abschliessend sagte sie noch einen weiteren Satz.
<<Die Formen der Liebe sind so unterschiedlich wie die Menschen, die uns begegnen, selbst.>>

Mit einem unbestimmten Laecheln auf den Lippen oeffnete sie die Augen und straffte die Schultern.
<<Damit wir uns nicht falsch verstehen: Zah’niryn bleibt am Leben. Darueber wird nicht verhandelt.
Ich habe gespuert, dass du bereits etwas boesaertiges ausgeheckt hast, Skotos. Ich ahne, dass es eine guenstige Gelegenheit zu sein scheint, meine Macht zu mehren, aber ich sage es noch einmal, ganz verstaendlich: Wir werden ihr Leid nicht vergroessern, wir werden ihr Leid nicht verkuerzen, wenn sie das nicht will. Das einzige, was wir tun werden, ist das worum sie bittet. Und ihre Schmerzen lindern. Nicht mehr, nicht weniger. Shirin hat sie bereits gesagt, was getan werden muss, daran halten wir uns. Mir ist einzig und allein wichtig, dass Shirin und Livius ueberleben. Mir liegt an ihnen, ich warne dich, Skotos. Ich schwoere, wenn du..>>


Das Knurren, was ihre Kehle hinaufkroch, nahm an Bedrohlichkeit zu, waehrend sie die Finger zu Faeusten ballte, doch der Dunkle sollte sie schon bald unterbrechen und es anders versuchen.
<<Aber du hast doch auch gespuert, wie sie durch dich hindurch geblickt hat- was wenn sie uns verraet? Bei dem bevorstehenden Ritual.. es koennte so viel schief gehen, denk doch nur ueber die Folgen nach! So wuerde nur das Blut der Goldgeschuppten an deinen Haenden kleben.. und das der Weissen und des unnuetzen Wolf-Kriegers.>>

<<..der kein Wolf-Krieger mehr ist und durch den jetzt offenbar ebenfalls Drachenblut fliesst..>> ergaenzte sie etwas gereizt.
<<Sie wird doch wissen, was der..alberne.. Magier ist. Also wird sie auch wissen, was wir sind. Die Gefahr, dass sie wegen irgendeines laecherlichen Disputs in ferner Zukunft vielleicht, verraet, was wir sind, ist einfach zu gross. Warum unnoetig ein Risiko eingehen? Jetzt sind sie schwach- sie alle. Ergreif die Gelegenheit beim Schopfe, sei doch nicht toericht. Hoer auf den guten alten Skotos, Epi’lhechthike. Ich sage, das tut alles nichts zur Sache- wir bringen sie trotzdem um. Denk doch nur an den huebschen, weissen Untergrund in Glaedi, und den schoenen satten Kontrast, den das Blut bilden wird..>>

Der Drache, der fuer diese Kombination offenbar eine besondere Schwaeche hatte, geriet ins Schwaermen. Nimue hingegen stiess den Atem geraeuschvoll aus, nur um dann seufzend wieder Luft in ihre Lungen zu saugen. Ach, ja richtig. Sie hatte es tatsaechlich geschafft einige Herzschlaege lang nicht wieder von dem aufwirbelnden Sternanisduft in den Bann gezogen zu werden, hervorragend! Verflucht, wie sollte sie da einen klaren Kopf behalten. Ein wutentbranntes Schnauben, dass Skotos aufgrund seines Gekichers ausgeloest hatte spaeter, rieselten einige kleine Steinchen den Hang hinunter und Nimue besann sich der Hoehe und liess sich ohne weiteres unnoetiges Gezappel wieder nieder.

Wieder lachte der Dunkle gehaessig und floetete den Namen <<Balthasar. Balthasar. Balthasar.>>
 <<Eigentlich bin ich hierhergekommen um Ruhe zu finden. Um einen Weg zu finden, mich am besten auf den morgigen Tag einzustimmen. Ich muss meine Gedanken beisammenhalten, um von groesstmoeglichem Nutzen zu sein. Es verbleibt nur noch ein Tag. Ein verdammter Tag, Skotos. Wie ich schon sagte, Shirin und Naurm, wie auch immer die Verschmelzung der Beiden aussehen soll: Ich fuerchte mich vor dem Ausmass des Ganzen, ich fuerchte mich davor, sie.. zu verlieren. Davor das es misslingt, davor, dass Livius auch nach dem Ritual nicht erwacht, aber du wirst das nicht noch zusaetzlich gefaehrden, verstanden? Und wirst du es doch tun, finde ich einen Weg, um dich zu toeten, dich wieder aufzuwecken und dich wieder zu toeten. Und das in schoenster Regelmaessigkeit. Bis ans Ende meiner Tage. Und wie du ja weisst, haben wir sehr viel Zeit.>>


Jetzt war es an ihr die Worte zu floeten und einen Augenblick spaeter materialisierte sie sich im Schutze der Dunkelheit an die Stelle Ansilons, von der Xapoa sie am Abend von dem Gespraech mit dem Elemenaristen fortgeschleppt hatte.. Es galt schliesslich noch herauszufinden, was es mit diesem Geruch nun auf sich hatte- vorher wuerde sie ohnehin kein Auge zu tun koennen.

Bevor sie in die kleine Seitenstraße einbog, die zum Haus des Gewuerzhaendlers fuehrte, zog sie die Kapuze ueber den blonden Schopf, schob die blonden, widerspenstigen Straehnen sorgsam aus der Stirn und sagte sehr leise an ihren unliebsamen Begleiter gewandt. „Ach, und sagst du noch einmal seinen Namen auf diese eine, sehr bestimmte Art und Weise, toete ich dich erstrecht.“
Der Drache, der einen Tonfall waehlte, der vermitteln sollte, dass er kein Wasserchen trueben koennte, fragte unschuldig.
<<Epi’lhechthike? Wessen Namen meinst du? Mhm. Ich weiss beim besten Willen nicht, wen du meinen koenntest.>>
Gerade als sie vergnuegt schmunzelte und dachte, er haette tatsaechlich begriffen, dass es Grenzen gab, die selbst er nicht zu uebertreten hatte, wurde sie eines Besseren belehrt, als er aus dem hintersten Winkel ihres Kopfes kraehte:
<<Ach, jetzt weiss ich wen du meinst: Der, der fragte, was mit dir nicht stimmt, weil auch der Paladin, sich jetzt schon eine Weile lang nicht bei dir hat blicken lassen, ach den meinst du! Wie war noch gleich sein Name? BALTHASAAAAR, eh?>>

 
Das Letzte, was man noch hoeren koennte, bevor eine blaugerobte, hochgewachsene Gestalt fluchtartig aus der Gasse stob und in Richtung der Waelder verschwand, war ein lautes Knacken, dass verhiess, das die Klinke der Tuer des Gewuerzhaendlers unter unerklaerlichen Umstaenden zu Bruch gegangen war..
Der Schaden war wohl auch prompt beglichen worden, indem ein Beutel voller Goldmuenzen vor der Tuer platziert wurde, aber vom Verursacher war keine Spur mehr zu sehen, als der erschrockene Haendler den Schaden betrachtete und die Muenzen an sich nahm.


In der Sicherheit ihrer Huette angelangt, wurden die Stiefel von den Fuessen gestriffen.
Die Ergruendung des Duftes musste wohl doch noch etwas warten.. Wie so vieles andere auch. Das Erforschen des goldenen Angol-Quarzes beispielsweise. Laengst hatte sie sich dessen widmen wollen, doch mit dem wenigen Wissen, dass sie innehatte, war es ihr nicht sinnvoll erschienen. Die Hilfe Shirins zu erbitten, hatte sich in dem Wust der juengsten Ereignisse schlichtweg bisher einfach nicht ergeben- und am Anfang hatte sie dieser ja auch wenig vertrauensvoll gegenueber gestanden. Und jetzt war ihr Leben bedroht- verflixt und zugenaeht!

Gedanken ordnen, ein ums andere Mal, aufs Wesentliche konzentrieren, mahnte sie sich selbst, waehrend Skotos es sich nicht nehmen liess, eine weitere gut platzierte Spitze fallen zu lassen.
<<So ists recht! Nicht an drahtige Magier mit wilden, schwarzen Haaren denken. Sehr brav, Kleine! Ich bin uebrigens auch ganz stolz auf dich, dass du gar nicht darauf eingegangen bist, dass er dich ins Bett bringen wollte.>>
Wie eine laestige Fliege, die zielstrebig ins Blickfeld fliegt, wurde der Einwand des Drachen mit einer Handbewegung abgeschmettert. Zuallererst wuerde das Hauptaugenmerk nun wohl darauf liegen, gemeinsam mit Ali’shondra ein weiteres Mal nach Glaedi zu reisen, die Prozedur wenn noetig, zu wiederholen und dann nach Anweisung der Drachendame das Ritual vorzunehmen. Die schlanken Beine wurden undamenhaft auf das Schreibpult gewuchtet, an den Unterschenkeln gekreuzt und mit grimmiger Miene an die hoelzerne Wand des Schlafzimmers gestarrt.
„Widerwaertiger Drache. Wenn wir dich doch bloss anstelle Zah’nyrins eintauschen koennten..“

Seufzend fiel der Kopf in den Nacken und die Augen schlossen sich seufzend fuer ein unruhiges Nickerchen.
..Magic, madness, heaven, sin.. don't say I didn't say, I didn't warn ya..
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Aira
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Re: [Quest] Schlafende Artefaktwächter weckt man nicht...

Beitrag von Aira »

Eine junge, schüchterne Botin wird versuchen Kontakt zu einer Botin der Amazonen aufzusnehmen, um einen Brief für Ali'Shondra an die goldene Stadt weiter zu leiten:

Werte Ali'Shondra,

ich hoffe Ihr seid nach dem Kampf vor einigen Tagen wohl auf.

Mein Gefährte und ich konnten inzwischen, nachdem wir uns erholt hatten, alle weiteren Kristallwesen, bis auf ein letztes, beseitigen. Das letzte verbliebene Kristallwesen befindet sich auf dem Friedhof von Ansilon. Es hat eine Lich-Gestalt und wiederholt folgendes Rätsel:

„Aus Schwarz wird Tod, aus Licht wird Not“

Da meine Magie keinerlei Auswirkungen hatte, vermute ich, dass hier Licht oder Heilige Magie die Lösung sein könnte. Vielleicht möchtet Ihr Euch das Wesen einmal näher ansehen und Euer Glück versuchen?

gez.
Vyktorya Alvlem
Hüterin der Seelen


Die Nachricht an Shirin, wird Vyktorya selbst bei Moira in der Magieakademie abgegeben, um sich auf diesem Wege auch zu erkundigen, ob Shirin seit dem Kampf wieder gesichtet wurde:

Werte Shirin,

Rorek und ich konnten die verbliebenen Kristallstatuen in Silberburg, vor der Tänzelnden Bärin in Ansilon sowie vor unserem Anwesen entfernen.

Es verbleibt nur noch das Lich-Wesen von dem Ihr mir geschrieben hattet. Ich konnte mit meiner Magie nichts ausrichten. Ich vermute, dass der Teil mit dem „Licht“ in dem Rätsel die Lösung ist, daher habe ich Ali’Shondra eine Nachricht zukommen lassen. Vielleicht kann ihre Magie hier mehr bewirken.

Im Übrigen hoffe ich, dass Ihr wohlauf seid. Wir haben Euch beim Kampf aus den Augen verloren, jedoch wurde uns berichtet, dass Ihr den Kristalldrachen offenbar erfolgreich weglocken konntet, so wie es Euer Plan war?

gez.
Vyktorya Alvlem
Meistermagierin
Hüterin der Seelen

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Shira'niryn
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Re: [Quest] Schlafende Artefaktwächter weckt man nicht...

Beitrag von Shira'niryn »

Tatsächlich wird Moira Vyktorya eine Auskunft geben, wenn auch vermutlich keine wirklich hilfreiche. So hätte sie die Akademieleiterin tatsächlich nach den Kampf gesehen, doch wirkte sie so zerstreut und desorientiert, dass sie sich seither nicht um die Belange oder dergleichen gekümmert hätte.

»Ich hab sie einmal angesprochen und sie wusste nicht einmal, dass ich sie gemeint habe, als wäre sie eine andere Person! Und ihre letzte Unterhaltung mit mir, wirkte wie ein Abschied. Mehr weiß ich leider auch nicht.«

Desweiteren würde sie sich über einen Haufen Arbeit beschweren und dann in ein Philosophieren über mögliche Elementarhelferlein verfallen.
»• She wears strength and darkness equally well, the girl has always been half goddess, half hell. •«
~ Nikita Gill
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Shira'niryn
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Re: [Quest] Schlafende Artefaktwächter weckt man nicht...

Beitrag von Shira'niryn »

~•~

»Von Tod und Wiedergeburt«

~•~

»Wer seid ihr?«
»Was seid ihr?«
»Wie lautet euer Name?«


Die Fragen schwirrten noch immer im Kopf umher, während sie auf der kleinen Terrasse des Hauses aus hellem Weißholz saß und das mittlerweile giftgrün, schimmernde Augenpaar zum Sternenfirmament empor gelenkt hatte. Es war spät in der Nacht und alle schienen bereits zu schlafen, doch sie selber war nicht müde. Der smaragdfarbene Kristallkörper in der Form eines Drachens war erfüllt von einer brodelnden Energie, welche sich so anfühlte, als würde sie jeden Moment hinaus brechen wollen und doch äußerte es sich nicht in unbestimmter Unkontrollierbarkeit, sondern eher in einem ungeduldig und quirligen Wesen – als hätte sie einfach Unmengen an Energie zur Verfügung.

In ihrem Kopf herrschte Chaos, seitdem das Ritual abgeschlossen wurde und die Seelen zu einer einzigen verschmolzen waren. Es war ein wenig so, als würde sich da ein großes Bild voller Erinnerungen auftun, gemischt, kreuz und quer, ohne Zuordnung und besah sie sich eine Erinnerung, führte jene sie zu weiteren, die sie vorher gar nicht bemerkt hatte. Es war schwer zu bestimmen welche davon der Menschenfrau gehört hatten und welche der Drachendame. Der Tarcil hatte Recht, Stücke die mit einer Erinnerung behaftet waren, wie ein Buch welches die Menschenfrau mal geschrieben hatte, halfen dabei eine Erinnerung zu finden oder zuzuordnen. Aber das alles half nicht sonderlich – es war noch immer chaotisch und das schürte ihre neu gewonnene Ungeduld.

»Wer seid ihr?«
Offenbar war sie etwas Neues, jemand neues? Sie war weder die Menschenfrau, die viele Shirin nannten, noch war sie eine der Drachendamen, weder die schneeweiße Naurm, noch die goldgeschuppte Zah'niryn – und doch hatte sie zahlreiche Erinnerungen von diesen. Wie sollte sie das beantworten?

»Was seid ihr?«
Ihr Körper bestand aus dem Drachenangol und sie spürte die Drachenmagie, welche in diesem ruhte, mit jeder kristallinen Faser ihres Körpers. Wie ein lebender schillernder, drachenförmiger Kristall in der Farbe eines reinen, grünen Smaragdes. Sie war Drachenmagie, in der Gestalt eines Kristalldrachens. Konnte man das so nennen? Gab es eine Richtlinie dafür? Etwas war anders, als es die Erinnerungen in ihrem Kopf darstellten. Als würde sie die Welt aus einem anderen Blickwinkel betrachten, als würde sie hinter gewisse Dinge sehen, ein Gefühl für das astrale Gefüge haben, als wäre sie vielmehr ein Teil von diesem, als es vorher der Fall gewesen war. Zwei Angolquarze hatte sie bisher gesehen und genau diese zwei hatten eine gewisse Anziehungskraft auf sie ausgeübt. War das Zufall? Bei der Berührung des Eluvren durchflimmerte ein eigenartiges Gefühl ihren Kristallkörper, wie ein kleiner, positiver Stromschlag, der ihr vermittelte, zu was dieser Angol in der Lage war. Intuitiv würde sie sagen, wenn sie es beurteilen müsste. Die Frage nach dem 'Was' war offenbar leichter zu beantworten, als die Frage nach dem 'Wer', auch wenn sie noch lang nicht alles entdeckt hatte, zu was sie fähig sein würde.

»Wie lautet euer Name?«
Ein weiter Punkt über den sie nachzudenken hatte, denn offenbar war „Drachin“ wie man bisher nun immer sagte, keine Anrede, die es galt auf Dauer zu behalten. Einen der alten Namen zu nehmen, war mit einem falschen Gefühl behaftet, denn immerhin war sie keiner der drei mehr. Sie war keiner der drei und doch alle zusammen, in einer neuen Persönlichkeit. War es dann nicht sinnig, einen Namen zu wählen, der die Namen der drei auffangen würde? Shirin, Naurm, Zah'niryn. Die Magierin des Ysam enis Alwanzessar, die zersprungene Seele der vierten Brut, die Nachfahrin der sechsten Brut Ppyrs. Eine ganze Weile spielte sie in ihren Gedanken mit den Namen, während sie den Sternenhimmel über Ivren'mir betrachtete und irgendwann kristallisierte sich etwas hervor, was sich richtig anfühlte. Shira'niryn.

Doch das war vorher alles passiert? Die letzten Tage im Leben der 'Drei' waren verschwommen, als würden die Erinnerungen unter einer Last zerbrechen. Sie fand Erinnerungen über das Ritual mit dem Drachenangol, welches offenbar von Zah'niryn so sorgfältig geplant und schließlich von einer ganzen Reihe an vertrauten Personen durchgeführt wurde. Es war schwer dem Verlauf in ihren Erinnerungen zu folgen und so kristallisierten sich relevante Punkte des Abends vor ihrem inneren Auge.

~•~

Das Zusammentreffen der Personen, die Shirin um Hilfe gebeten hatte. Davion als Bundsbruder, die Elfen, in dem Wissen das sie das 'Richtige' tun würden, Thrilmanduil, der nicht das erste Mal den beiden half, die Amazonen, welche Leben eher schützten, als es zu zerstören und schließlich Nimue, in der die Menschenfrau wohl eine Freundin gesehen hatte.

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Sie erinnerte sich daran, dass die Amazonen und Nimue sich um den leblosen Leib des Mannes kümmerten, der weiterhin in der Nähe der Goldgeschuppten gelegen hatte. Ein merkwürdiges Gefühl kroch durch die kristallinen Fasern ihres Körpers als sie an den Mann dachte und etwas flammte wie ein kleiner Funke in ihrem Inneren auf – das Versprechen ihn zu retten. Den Wunsch einen Fehler zu begleichen. Unruhe schwappte kurz über den smaragdgrünen Kristallleib, dann kehrte jedoch wieder Ruhe ein, als ihr bewusst wurde, dass sie noch nicht so weit war. Dass sie ihre Gedanken noch ordnen und ihre Kraft kennenlernen musste.

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Sie sah Bilder über die Forderungen der Elfen, die sie stellten, damit sie beim Ritual helfen würden. Die Überwachung des neuen Wesens – der Grund warum sie sich nun hier auf Ivren'mir befand und nicht in den schützenden Hallen des Bundes. Die Erläuterungen von Shirin im Anschluss, über das Ritual mit den fünf kräftezehrenden Phasen und schließlich die Goldgeschuppte, die ihren letzten Lebensfunken an den Drachenangol übergab um im Anschluss sterbend aufzusteigen. Ein großes Opfer und eine weitere Nachfahrin von Garymaranya aus der ersten Brut war gegangen.

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Bilder vom Saphir-Sternensplitter in Davions Händen und den Smaragd-Sternensplitter, sowie dem großen Nyame-Bernstein bei den Amazonen. So viel Macht an einem Fleck, dass sie selbst jetzt noch das Knistern im Schutzkreis spüren konnte, als sie erste Phase abgeschlossen hatten, um den Drachenangol zu verändern. Ab dann wurden die Bilder verschwommener, sie nahm die Worte der Ritualisten noch wahr, die bezwecken sollten, das die Seelen sich aus dem Körper lösten, doch ab den Punkt als der Menschenkörper tot zu Boden sackte und die Seelenlichter sich lösten, war alles Schwarz.

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Das nächste was sie in ihren Erinnerungen finden konnte waren stechend, brennende Schmerzen und ein dumpfes, wie taubes Gefühl, als sie das erste Mal als die Kreatur, die sie nun war, die Umgebung registrierte. Etwas hatte den Ritualkreis zerstört, die Ritualisten nach Hinten geworfen und sie stand als das, was sie nun war, im Mittelpunkt.

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Sie spürte das Misstrauen der Anwesenden und irgendwie verstand sie es, wenn sie nach den Erinnerungen fischte, die mit Thak'chren zusammenhingen, den es noch immer zu besiegen galt, sowie mit den Bildern, die sich ihr über Naurm oder Shirin offenbarten. Da war viel Leid und Zerstörung in dem Leben der Beiden gewesen. Getrieben von dem Glauben etwas Richtiges zu tun und es war nun an Shira'niryn für sich herauszufinden, was das Richtige sein würde.
»• She wears strength and darkness equally well, the girl has always been half goddess, half hell. •«
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Ba'thal
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Re: [Quest] Schlafende Artefaktwächter weckt man nicht...

Beitrag von Ba'thal »

Der Morgen des Ritualtags
Als Fürst galt es, auch und vor allem die unangenehmen Aufgaben zu übernehmen. Dazu gehörte es, wenn gefordert, Forderungen zu stellen und Versprechen einzuhalten.
Der Peth en Ithryn brachte durchaus nachvollziehbar vor, dass sich die Edhil um den neuen Körper – und den neuen Geist – von der Ithril Shanaz kümmern würden, ihn überprüfen würden, um so einen Makel frühzeitig zu entdecken. Und dann das Versprechen des Tarcils einzuhalten. Dies galt, wenngleich ohne das Versprechen, auch für Livius, denn er auch sollte überprüft werden, um eine Korrumpierung seines Geistes durch den Splitter des Drachenangols zu erkennen und… nun, die notwendigen Schritte einzuleiten.
Das Versprechen. Es war kein schönes. Eher ein düsteres. Möglichst schnell und möglichst schmerzlos, sollten sich bei ihr Wahnsinn breitmachen. Einmal werde er es tatsächlich bei dem Ritual wiederholen, aber zu dem Zeitpunkt wusste er dies freilich nicht.
Ungeachtet seiner eher emotionslosen Natur fühlte sich der Elf am Morgen des Ritualtags betroffen. Er wusste, dass Shirin sterben würde und er hatte wahrlich nicht viele Freunde unter den Edain, sodass es ein besonderer Verlust war. Gewiss, sie war sterblich und der Tod ihr vorherbestimmt, doch konnte er sich dessen zum Trotz nicht verweigern, einen leichten Stachel der Trauer zu empfinden. Eine ungewohnte, fast schon vergangen geglaubte Gefühlsregung. Zuletzt fühlte er dies, als Silicaras unterging, was mittlerweile nun doch auch einige Jahresumläufe her war. Seltsam – als er sich mit seinem eigenen Tod beschäftige, fühlte er sich eigentlich nicht sonderlich betroffen, sondern akzeptiere dies.
„Ihre Erinnerungen werden weiterleben, egal, ob das Ritual gut oder schlecht ausgeht“ erklang die Stimme Ba’thals in seinem Kopf. Zuletzt suchte Naeldir öfter den Kontakt zum Letzten der caledhil, des letzten Lichtelfen, dessen Geist im Ârgalad Rî weiterlebte, denn er fand in der noch einmal deutlich größeren Abgeklärtheit einen gewissen Trost, wenngleich seine wahrlich kalte Art, auch ihm selbst gegenüber, den Edhel oftmals vor Problemen stelle, eine größere Bindung zu diesem einzugehen. Es glich eher einer Zweckbeziehung mit Pflichterfüllung. Ein Ratgeber. Kein Mentor. Kein Freund.
Der Elf seufzte. Gewiss, ihre Erinnerungen würden weiterleben, aber die Ithril selbst nicht. Er kannte sie seit vielen Jahren und war mit ihr gemeinsam auf Expeditionen gewesen, um Orte der Angolquarze aufzusuchen und Orte, die von diesen bewahrt wurden. Am Abend hieß es, Abschied zu nehmen. Erinnerungen waren den Edhil durchaus heilig, das Gedenken an die Altvorderen von Bedeutung, doch keine Erinnerung würde das ersetzen können, was am Abend unweigerlich verloren gehen würde, nämlich ein Leben, nicht eine, sondern gleich drei Persönlichkeiten, die zu einer werden sollten. Sie hatte es ihm angekündigt – und dies war auch der Grund, warum sein Volk die neue Wesenheit überprüfen musste, um zu verhindern, dass das, was entstand, zu noch größerem Unheil, Leid und Chaos führen würde.
Es wurde an der Zeit, sich vorzubereiten. Die Grotte war dafür sein liebster Ort, hier spürte er die Kraft, die ihn umgab, und sowohl sein Körper, als auch sein Geist – und unweigerlich auch der von Ba’thal – nahmen diese auf. Und es war ruhig und still. Neuerdings fast schon ein Privileg.
 
Der Abend des Ritualtags
Er hatte die Zeit nicht im Blick und entgegen seines Vorhabens konnte er sich nicht mit dem Peth en Ithryn eine Stunde vorher treffen. Er fühlte sich ruhig. Die relative Einsamkeit half stets. Doch er musste sich beeilen. Die Umstände erforderten Rüstung und Waffen, denn wenn wieder einmal etwas nicht nach Plan verlief, musste er eingreifen können.
Zum Glück war Berion, der Peth en Ithryn, noch in der Schmiede zugegen, genau wie die Ithril en noss, Tintalle. Während Berion dem Tarcil schon die Zusage gab, ihn zu begleiten und zu helfen, wollte Tintalle noch darüber nachdenken. Die Forderungen, die Berion stellte und die Naeldir zu überbringen hatten, waren jedoch auch für sie ausreichend. Und vielleicht war es auch Neugierde? Bis auf ihn hatte jedenfalls kein Edhil wirklich Grund dazu, sich zu beteiligen und seine Rolle würde die eines Beobachters sein.
Er war dankbar für ihre Entscheidungen, denn selbstverständlich waren diese nicht. Es gab viele Risiken, viele Unabwägbarkeiten und am Ende konnte eine Feindin erschaffen werden. Nicht sonderlich viele gute Punkte und er selbst machte nicht davon Gebrauch, einen Befehl zu erteilen. Es sollte kein eingeforderter Dienst sein, was ihre Beteiligung nur bedeutsamer machte.
Trotz seines Verspätens kamen sie pünktlich an. Eine überaus überschaubare Gruppe war anwesend. Zwei Amazonen, eine Adaneth, der Lindhel Thrilmanduil sowie nur ein Bundmagier, Davion. Naeldir kam nicht umhin, etwas erleichtert zu sein ob Balthasars Fehlen.
Die Ithril Shanaz war natürlich auch anwesend und führte alle nach Glaedi, einer Ebene, in der man die arkanen Energien praktisch fühlen konnte. Zum ersten Mal war er hier und hätte der Besuch nicht einen weitaus bedeutsameren Anlass, hätte er diese Ebene wohl bewundern können.
Nun, das konnte er nicht. Man musste Prioritäten setzen. Vielleicht eines Tages…
Shirin hatte offenbar tatsächlich mit der Hilfe der Drachin der sechsten Brut soweit möglich alles vorbereitet. Bevor es wirklich losging, galt es, die Forderungen der Edhil zu übermitteln. Insgeheim sorgte er sich weniger um Shirins Reaktion – nun ja, sie würde ja sterben – sondern vor Davions, der dies Vorhaben wohl eher als Erpressung und Art von Entführung ansehen würde.
Erstaunlicherweise hielt sich der Ithron aber zurück, monierte zwar die Wortwahl, aber nicht das Anliegen selbst. Vielleicht hatte er auch einfach keine Wahl, schließlich war er zwar durchaus geschickt in den magischen Künsten, aber doch eindeutig in der Unterzahl und wie sie alle mit einem wichtigeren Vorhaben hier. Die Forderungen wurden angenommen. Das hatte der Tarcil sich doch schwerer vorgestellt.
Zeit, das Ritual zu beginnen, womit seine Rolle zum Beobachter wurde. Er hätte die Kraft des Eluvrens im Ârgalad Rî nutzen können, um zu helfen, doch dies hätte ihn unweigerlich so geschwächt, dass er nicht mehr hätte tun können, was vielleicht notwendig war.
 
Das Ende
Und so starb Shirin Shanaz, Ithril en Edain, Mitglied der Ysam enis Alwanzessar. Und mit ihr Naurm, Drachin der vierten Brut. Zah'niryn, Drachin der sechsten Brut, hatte sich bereits vorher geopfert, um dies alles zu ermöglichen. Und doch geschah… nichts. Zumindest für einige Augenblicke, ehe sich ein Kristalldrache… nun, herauskristallisierte. Doch dann geschah wieder nichts. Der Elf wurde unruhig. Das Ritual musste zu Ende gehen und er sich zumindest rudimentär vom Erfolg vergewissern. Und so war es an der Zeit, die Worte zu sprechen, gewandt an Davion:
„Wenn sie es nicht beendet, beende ich es. Tut mir leid.“
Der Ithron schien die Worte nicht mitzubekommen, was vielleicht auch besser war. Der Elf wusste genau, wie kalt er wirkte, doch in Wahrheit war er wenig erpicht darauf, dies zu tun. Trotz aller Makel, die Shirin besaß, trotz der Wut, die Naurm entfesseln konnte, war sie doch eine Freundin. Doch er hatte seinen Frieden geschlossen. Versprechen würden eingehalten werden.
Bis auf – es war nicht notwendig, denn ausnahmsweise – und er war Malethon wahrlich dankbar dafür – ging ein Plan auf. Die Ithril hatte zurecht ihr Vertrauen in den Plan von Zah’niryn gelegt.
Er sah, wie sich Davion, der Bundmagier, um Shirins Leichnam kümmerte und der Fürst war ihm in diesen Moment mehr verbunden, als er es jemals für denkbar hielt. Doch all die Zeit zeigte er nichts davon. Die Angelegenheit war zu wichtig, um schwach und betroffen zu wirken.
Er wusste, Davion würde sich angemessen kümmern, das musste reichen, während Naeldir sich dem Drachen zuwenden musste. Der hatte einen recht… hungrigen Blick auf den Eluvren im Diadem geworfen, der ihn zugegebenermaßen etwas beunruhigte. Verdammt, konnte das Podest nicht höher sein? Es geziemte sich nicht für den Fürsten, zu knien, doch er wollte nicht von oben herab auf das kleine Drachenwesen blicken. Er wusste recht wenig über Drachen und von kleinen Drachen noch weniger – reagieren Drachen gereizt, fühlen sich bedroht, wenn jemand von oben herabblickt? Welcher Teil der Seelen dominierte? *Was* war dort vor ihm?
Seine Hand wagte nicht, die Drachin zu berühren, die wenig begeistert schien und vor allem noch kein Wort sprach, weshalb er es bevorzugte, abzuwarten, auch wenn er Probleme hatte, seine Neugierde niederzuringen. Dies war immerhin ein besonderes Ereignis. Ein Körper aus Angol, aus einem einzigartigen Angol. Er war in diesen Dingen zu sehr Forscher, um nicht gleichzeitig an neue Möglichkeiten zu denken.
Davion kehrte zurück und als die Drachin positiv auf diesen reagierte, ahnte Naeldir, dass das Ritual zumindest etwas erfolgreich war. Die Bestätigung sollte folgen, als sie sprach. Der Peth en Ithryn nahm Davion jedoch zu einem Gespräch beiseite und sagte diesem den Zugang zu Ivren’mir zu, sodass der Ithron die Drachin besuchen konnte, wenn er wollte, wobei es auch dem Drachenwesen freistand, jederzeit die Insel zu verlassen.
Die Edhil würden sich nicht als Kerkermeister aufführen und der Fürst verstand nur zu gut, wieso das Entgegenkommen an Davion notwendig war. Mitleid war ihm in all der Zeit nicht fremd geworden, auch für einen ehemaligen Feind nicht, deshalb kostete es ihm keine Überwindung, diesen Zugang zu bestätigen. Die Edhil würden überwachen können, doch um des Friedens Willens musste man dem Magierbund ebenfalls etwas anbieten.
Derweil fragte er sich, ob „überwachen“ auch noch „erziehen“ bedeuten musste, denn das kristalline Wesen war unerwartet quirlig. Wie ein Neugeborenes, in der Tat, die Ithril hatte auch damit Recht behalten. Leider verfügte niemand über die Kenntnisse, wie man einen fremdartigen Geist in einem Körper, geformt aus Angol, versehen mit alter und mächtiger Drachenmagie, erziehen könnte.
Spannende Zeiten würden anbrechen. „Wie der Phönix aus der Asche. Eine Drachin aus Drachenangol. Shirin hätte das sicherlich gemocht“ dachte sich der Elf. Als er zur Seite blickte, sah er Ba’thal und wusste, was kam, noch bevor die Stimme für ihn erklang.
„Wenn Ihr das nicht noch bereut, junger Edhel.“
 
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Livius Quintus
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Re: [Quest] Schlafende Artefaktwächter weckt man nicht...

Beitrag von Livius Quintus »

Shirin war tot. Seit die Hohepriesterin der Amazonen mich auf die recht grobe und direkte Art darüber in Kenntnis gesetzt hatte, dass sie nicht mehr existieren würde, schwirrte mir dieser Gedanken im Kopf herum und liess mich weder den Tag, noch die Nacht über, zur Ruhe kommen.

So viele Gedanken, die ich nicht ordnen konnte und Gefühle, die mich beinahe zerbersten liessen. Ich dachte als ehemaliger Zenturio, der es gewohnt war, naheliegende Personen für immer zu verlieren, wäre ich auf so etwas vorbereitet gewesen. Doch dass sie so plötzlich aus unser allen Leben gerissen wurde und ich keine Möglichkeit hatte, mich persönlich von ihr zu verabschieden, setzte mir schwer zu.
Obwohl ich alles in meiner Macht stehende tat, um sie im Kampf gegen Thak’chren zu unterstützen, scheiterte ich. Nicht wenige hielten meinen Einsatz für narrenhaft und hoben nochmal hervor, dass es einem Wunder glich, dass ich überlebte. Doch tief in mir drin wusste ich dennoch, dass ich das Richtige getan habe.

Shira’niryn. Ein quirliger, energiegeladener smaragdgrüner Kristalldrache. Das war nun also das, was aus dem Ritual zur Rettung der Beiden hervorging. Nicht die Verschmelzung der Hochmagierin des Bundes und der weissen Drachendame Naurm – nein, auch die Drachin Zah’niryn aus der sechsten Brut verschmolz sich mit ihren Seelen, nachdem es offenbar ihre letzte Kraft nutzte, um den Drachenangol zu erwecken. Die smaragdgründe Kristalldrachin war somit das Vermächtnis der Dreien, das Erinnerungen aus allen Seelen in sich trug und sie somit in gewisser Weise auch mit mir verbunden war. Den Grossteil der letzten Jahresläufe verbrachte ich zumindest in der Nähe der Drachenmagierin, was einen grossen Berg an Erinnerungen anhäufen liess.

«Du magst zwar nicht die Shirin sein, die ich kenne. Genauso wenig Naurm oder Zah’niryn, doch ich hoffe, dass du uns länger erhalten bleiben wirst und nicht verschwindest. Immerhin trägst du einen Teil ihrer Erinnerungen in dir. Das verbindet uns. Irgendwie.»

Im Nachhinein weiss ich nicht so recht, was mich dazu brachte, diese Hoffnung auszusprechen. Ich schätze es war eine gewisse Trennungsangst. Angst, dass die Erinnerungen, die Shira’niryn in sich trug, sonst verloren und sie nur noch in meinem Kopf existent wären.
Der Anblick der so kindlich und naiv wirkenden Kristalldrachin rang mir tatsächlich ein Lächeln ab, während ich ihr dabei zusah, wie sie ein erfreutes Schnaufen von sich gab und die kristalline Schnauze an meine Hand drückte.

«Du bist ja auch ein Teil von mir.»

In gewisser Weise hatte sie wohl Recht. Sie, als auch die anderen berichteten mir, dass sich ein Splitter des Drachenangols in meine Brust direkt in das Herz bohrte. So glücklich wie in diesem Moment, kein Mensch zu sein, war ich noch nie. Wenn ich auch vermutlich nur durch das Drachenblut und der Lebensenergie, die mir von Zah’niryn eingehaucht wurde überlebte und mit der Essenz zurück zum Bewusstsein gerufen wurde. Doch das tat die Goldbeschuppte nicht nur, um mich zu retten, wie ich zu hören bekam. Sondern auch um meinen Körper auf den Drachangol abzustimmen, der ihre Vermutung nach meinen Körper über kurze oder lange Zeit verändern würde.
Während ich Shira’niryn, das Vermächtnis der Dreien - wie sie sich selbst nannte - betrachtete, kam ich zu einem Entschluss. Auch wenn ich darin versagte, Shirin und Naurm vor ihrem Ende zu bewahren, konnte ich sie noch immer ehren, indem ich es mir zur Aufgabe machte, sie unter meinem Schutz zu nehmen.

«Damit ist es beschlossen, wir müssen gegenseitig aufeinander Acht geben, mh? Das Vermächtnis der Drei beschützen.»

Im späteren Verlauf des Tages verdeutlichte ich nochmal, dass das versprochene Wort einer Schwinge für die Ewigkeit hielte, woraufhin sie sich erkundigte, ob es denn mit einem Versprechen eines Drachen zu vergleichen wäre. Die Frage erstaunte mich zwar, doch bestätigte ich selbstredend, dass es zutrifft. Selbst wenn ich offiziell kein Mitglied mehr der Vereinigung war, trug ich noch immer die gleichen Ansichten. Und damit auch die, dass ein Versprechen bis in die Ewigkeit halten und bindend sein würde.

«Das müssen wir. Und wir müssen nach Ivren’mir!»

Erwiderte sie und schlug ein paar Mal mit den Flügeln, was mir wieder ein kurzes Lächeln entlockte. Schliesslich jedoch kamen wir der Forderung des Peth en Ithryn nach und fanden uns auf der Insel ein, wo ich letzte Vorbereitungen traf und Die Bundmagier, wie auch Nimue kontaktierte.

Das Wissen, dass Shirins Körper noch immer in Glaedi lag und das Ritual schon etwas länger her war – auch wenn die Zeit in Glaedi deutlich langsamer verstrich - liess mich unruhig werden und so lud ich alle Drei ein, sich in der Magieakademie einzufinden, von wo aus wir uns in Naurms Ebene begaben und den Leichnam bargen, um ihn an einen Ort zu führen, wo Shirin ihre letzte Ruhestätte finden würde. Hoch oben auf einem Plateau einer Gebirgskette, von wo aus man einen Grossteil der Landschaft der neuen Welt überblicken konnte. Ich wusste zufällig durch einen Ausflug, den wir wenige Wochenläufe vor der Falle dorthin unternahmen, dass es eines der Orte war, die etwas Besonderes für sie darstellten. Das war der Grund, warum ich ihnen diesen Platz vorschlug.

Nachdem alle Anwesenden ihren letzten Abschied nahmen übernahm Balthasar die schwere Aufgabe, ihren Leib dem reinigenden Feuer zu übergeben. Ein Anblick, den ich nur schwer ertrug. Und doch war es ein trostspendender Gedanke zu wissen, dass ihr Leiden endlich ein Ende nahm und sie zur Ruhe gebettet werden konnte. Frei von Schmerz, Müdigkeit und ständigen Problemen und Nöten.

Shirins letzte Ruhestätte.png

Wir unterhielten uns oftmals darüber, wie die Welt sich verändern würde, nachdem das Konstrukt bekämpft wurde. Doch niemals hätte ich erwartet, dass du nicht mehr Teil davon sein würdest. Dass wir ein letztes Mal Gedanken austauschen würden.
Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie verworren unsere Beziehung anfangs war und das Naurm um ich versuchten, dich zu töten.
Doch das Schicksal spielte uns einen Streich und es kam, wie es kommen musste: Du wurdest meine Mentorin.
Ich werde nie vergessen, was du für mich getan hast, du mir gezeigt und mich gelehrt hast. Ich bedauere sehr, dass der Wandel nicht früher eintrat und nur so wenig Zeit blieb, um uns 'richtig' kennenzulernen.
Ich hoffe, dass du nach all den Jahren des Leidens, dass du nun endlich deine Ruhe gefunden hast und an einem Ort bist, der dich glücklich macht. Frei von Schmerz, Müdigkeit und ständigen Probleme und Nöten.
Deine letzten Worte an mich werde ich ewig in Erinnerung halten. Auch wenn ich nicht da war, als du sie niedergeschrieben hast, bin ich mir sicher, dass du das weisst.
Bedauerlicherweise habe ich nichts dabei, dass ich dir mitgeben kann, doch das spielt keine Rolle. Alles, was ich dir hätte geben können, hast du bereits erhalten.
You either die a hero, or you live long enough to see yourself become the villain
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Shira'niryn
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Re: [Quest] Schlafende Artefaktwächter weckt man nicht...

Beitrag von Shira'niryn »

~•~

»Von den ersten Schritten«

~•~

Der Vorteil nicht schlafen zu können, lag wohl darin, dass sie in endloser Grübelei verfallen konnte, während andere schliefen. Oder war das ein Nachteil? Sie langweilte sich auf jeden Fall – doch auf der anderen Seite hatte sie so auch die Zeit schlau aus den Erinnerungen zu werden, die ihr mit der Geburt geschenkt wurden. So verbrachte sie die Nächte einfach grübelnd und eingerollt, wie ein kleiner Hund, auf dem Bett, nahe des Mannes, der den Splitter ihrer selbst in seiner Brust hatte. Ab und an rutschte sie näher zu ihm, was zu einem daran lag, dass der Drachenangolsplitter in seiner Brust etwas Anziehendes hatte, auf der anderen Seite lag das aber auch einfach an dem unruhigen Schlaf des Mannes, der den Verlust der Magierin betrauerte. Manchmal erwachte er, manchmal rann ein nasser Zeuge der Trauer über seine Wangen und sie hätte gern etwas dagegen unternommen – aber das konnte sie nicht effektiv. Alles was sie konnte war in der Nähe zu bleiben, denn sie hatte in den letzten Tagen gelernt, dass sie immerhin ein wenig Trost spenden konnte.

~•~

Alles war fremd in dieser Welt und doch irgendwie vertraut. Bei vielen Dingen die sie die letzten Tage gesehen hatte, hatte sie das dumpfe Gefühl, sie bereits in Vergangenheit gesehen zu haben und doch wusste sie, dass das nicht von ihr kam, sondern von den wirren, chaotischen Erinnerungen in ihrem Inneren. Manchmal wirkte es auch ein wenig so, als hätte sie eine andere Art das Geschehen zu beobachten, als sie es aus den Erinnerungen kannte – ein anderes Gespür, ein anderes Gefühl für das, was sie umgab.
Teilweise war es intuitives Handeln oder ein Name der vor ihrem inneren Auge aus einem großen verworrenen Puzzlebild hinaus klimperte. Sie wusste im groben was „gut“ und was „schlecht“ war und doch gab es noch viele Einzelheiten die für sie keinen Sinn ergaben, schlicht weil sie aus dem Chaos der Erinnerungen nicht schlau wurde und die Gefühle zu den Erinnerungen gänzlich fehlten. Alles was Gefühle betraf, musste sie neu lernen, gab es doch nichts, worauf sie zurückgreifen konnte.

•Da war ein Mann in ihren Erinnerungen dem Schmerzen zugefügt wurden, große Schmerzen, absichtlich offenbar, aber der Mann der es tat, schien es nicht leid zu tun.

•Sie sah wirre Kämpfe um eine große Maschine herum, die durch ihre Kraft das Wetter beeinflussen konnte. Manchmal sah sie sich auf der Seite jener, welche die Magierin als Brüder in Erinnerung hatte, manchmal sah sie sich auf der anderen Seite, gar im Kampf gegen jene Brüder. Warum?

•Da war eine Stadt die unter Meteoriten fast zerschlagen wurde und doch keine Trauer in den Gesichtern der Urheber. Dann war da eine Stadt die in der Feuersbrunst der Weißgeschuppten verging und sie sah die Tränen im Gesicht der Magierin. Wo war der Unterschied?

• Sie sah Leichen, die ohne Bekümmerung in der Mimik zur Seite geräumt wurden, dann aber Leichen über die man sich, wie in Trauer, beugte. Wie sie es die letzten Tage bei Shirins Leichnam gesehen hatte.

•Da war ein Mann mit Zorn und Hass im Gesicht, mit gezückter Waffe sich der Magierin gegenüberstellend. Ein endlos erscheinender Kampf – aber dann, ein Wimpernschlag später, war da eben jener Mann dort, gegenüber von der Drachenmagierin, voller Vertrauen und Loyalität.

~•~

Es war einfach alles so verwirrend und erdrückend zugleich. Sie war nur wenige Tage auf dieser Welt und der Großteil, mit dem sie konfrontiert wurde, bestand aus Trauer, Schmerz und Misstrauen – was sich im Grunde gut mit den Erinnerungen deckte, die ihr zur Verfügung standen. So viel Dunkelheit, dass sie gar verstand warum die Drei sich geopfert hatten.

»Das Leben scheint mehr schwer, als leicht zu sein.«

»Manchmal ist es das. Es gibt Höhen und Tiefen. Doch das Wichtige ist, den Blick voranzurichten und sich auf den nächsten Hoch zu freuen.«

»[...]Wie hältst du das aus...?«

»Weil ich weiss, dass der Schmerz und das Leiden [...] ein Ende nimmt. Ein Lichtblick in der Finsternis, wenn man so will.«

»Und was ist dann mein Lichtblick?«


Der Mann mit dem Teil ihrer Selbst im Herzen hatte es wohl nicht sonderlich einfach sich mit dem kleinen smaragden Kristalldradchen auseinander zu setzen, dessen Wesen noch mehr dem eines Kindes glich, auch wenn die Fortschritte zügig und bemerkenswert waren. Sie lernte schnell, hatte eine gute Auffassungsgabe und den Vorteil über eine Vielzahl an Erinnerungen zu verfügen. Dennoch gab es Dinge, die sie hinterfragen musste, einfach weil die Erinnerungen so chaotisch und widersprüchlich zueinander waren. Sie stellte Fragen, viele Fragen, unendlich viele einfache und weniger einfache Fragen und jeder ertrug sie – bisher, voller Geduld, wie man es bei einem Kind tat.

»Ist Macht etwas sehr Wichtiges?«
[...]
»Und würde sie sich nicht dennoch für dich freuen... oder... freut man sich nicht...mehr für Menschen von denen man sich getrennt hat?«
[…]
»Aber ist verheimlichen oder... verschweigen nicht auch etwas schlechtes?«
[…]
»Aber... wenn das Ziel ist Macht zu bekommen... dann hat man am Ende Macht... aber kein Ziel mehr? Ich hab das Gefühl... das viele Dinge kompliziert sind.«
[…]
»Ich sag noch immer das falsche, oder?«


~•~

Und dann war da auch noch immer das Wissen, dass Thak'chren am Leben war und sie spürte tief in ihrem glimmenden Kern, dass er vernichtet werden -musste-. Es führte kein Weg daran vorbei, als wäre das eine Aufgabe, die sie unbedingt erledigen musste. Aber wie, wenn sie noch nicht einmal das ganze Ausmaß ihres Seins und ihrer Kräfte verstand? War das eine Aufgabe, die nicht nur sie zu erledigen hatte? Würden andere Helfen obwohl sie den kleinen Kristalldrachen nicht kannten?
»• She wears strength and darkness equally well, the girl has always been half goddess, half hell. •«
~ Nikita Gill
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