Re: [Quest] Schlafende Artefaktwächter weckt man nicht...
Verfasst: 15 Mai 2020, 10:57
Das es so endete hatte sie nicht kommen sehen. Nein, bis zuletzt hatte sie nicht begriffen, dass es darauf hinauslaufen wuerde. Im Nachhinein schalt sie sich selbst eine Naerrin.
Was hatte sie denn geglaubt, dass passieren wuerde?
Dass auf wundersame Weise Shirins Koerper wiederhergestellt und die darin befindlichen Seelen.. oder was auch immer.. repariert sein wuerden, nachdem die Elfen, Amazonen und Magier des Bundes zusammengekommen waren, um das Ritual durchzufuehren?
Dumme, einfaeltige Gans!
<<Na na na, Kleine, nimm es nicht so schwer.>>
Oh. Oh, oh, oh! Wenn sogar Skotos troestende Worte fuer sie uebrig hatte, dann musste es wirklich schlimm um sie stehen, dachte sie und schlug die Hand vor Augen.
<<Als deine luesternen Gedanken noch ohne Unterlass um den, von sich selbst so ueberzeugten, duerren, merkwuerdig riechenden Kerl kreisten, haette ich mir zwar die Klauen in den Leib stossen und die Gedaerme heraus reissen moegen.. aber.. dich ueber diese von ihnen viel gepriesene.. Magokratie.. lustig zu machen, zaehlte aber auch wirklich nicht zu deinen besten Einfaellen!>>
Die Haelfte des Satzes bekam einen eigentuemlichen Unterton, der verhiess, dass der Drache sich gerade zusammen riss, um nicht in lautes Gelaechter auszubrechen.
Jetzt war es an ihr, sich am liebsten die Gedaerme aus dem Leib reissen und die feinen Schlingen saeuberlich vor ihren Fuessen auftuermen zu wollen. Verdammter Skotos! Sie hatte nur darauf gewartet, dass er ihr dieses Trauerspiel buchstaeblich unter die „Nase rieb“.
<<Von welchen luesternen Gedanken redest du widerliches Geschoepf eigentlich? Meine Gedanken sind bluetenrein. Bluetenrein und unschuldig. Still jetzt!>>
<<Von wegen rein! Seit Tagen sind sie duester und schwer, von Trauer, Schmerz und Melancholie zerfressen. Eigentlich entspricht dies genau meinem Geschmack. An so etwas labe ich mich sooo gern. Aber diese Flut aus Erinnerungsfetzen am.. eigenen Leib.. zu erfahren, ertrage ich nicht laenger.>>
Stille machte sich breit. Eine zeitlang konnte sie ihren eigenen Gedanken nachhaengen.
Shirin hatte grosses Glueck gehabt, hatte Nimue festgestellt. Wenngleich ihr die Bundmagier bei jedem Aufeinandertreffen bisher unnahbar vorgekommen waren und ihr den Eindruck vermittelt hatten, stets ueber den Dingen zu stehen, so hatte sie begriffen, dass sie in der Hochmagierin nicht nur eine Verbuendete, sondern auch eine Freundin, mehr noch, eine Schwester gefunden hatten. Selbst wenn Shirin zuletzt wohl mehr Feinde als freundlich Gesinnte gezaehlt hatte, so wusste Nimue doch, dass dies keine Rolle spielte. Nicht die Anzahl derer, die sich nach dem Ableben an ihrem Grabe versammelten war wichtig, sondern wie tief sich die Versammelten Shirin gegenueber verbunden gefuehlt hatten. Und da bestand fuer Nimue kein Zweifel, tiefer haetten die Gefuehle auf Seiten der Trauernden nicht sein koennen.
Auch Livius, der vor langer Zeit in einem Gespraech einmal erwaehnt hatte, dass er sich mit Shirin eher notgedrungen umgab, weil er sich mit Naurm verbuendet hatte, hatte seine Meinung geaendert und war tief getroffen vom Verlust seiner Mentorin, die scheinbar auch zu einer wertvollen und hoch geschaetzten Freundin fuer ihn geworden war.
<<Ach. Schon wieder der Wolfskrieger..-Magier. Koennen wir uns nicht auf den anderen, den roten Wolf konzentrieren? Den Blutruenstigen meine ich. Das wuerde Spass machen, Epi’lhechthike! Ausnahmsweise wuerde ich es sogar gut heissen, wenn du der Frostweissen freie Hand laesst. Sie wird ihn gewiss dafuer strafen wollen, dass er es gewagt hat, dich anzuknurren. Ist es nicht so? Wie nennt ihr das? Rangfolge?>>
Der Drache draengte sich wieder in den Vordergrund und zog mit ganzer Kraft an ihrem ohnehin schon aufgeriebenem Geduldsfaden.
Wie es Ali’shondra, der Hueterin – es war doch der Amazone zu verdanken, Livius aus seinem todesaehnlichen Schlaf aufzuwecken und letztendlich zu heilen, oder nicht? – wohl gelungen war, hatte sie angesichts der Beerdigung der sterblichen Ueberreste Shirins gar nicht erst erfragt, aber das wuerde sie bestimmt bei einer sich bald bietenden Gelegenheit in Erfahrung bringen. Livius war am Leben- fuers Erste zaehlte nur das.
Als sie auf ihn getroffen war, hatte sie sich die groesste Muehe gegeben, sich nicht anmerken zu lassen, wie gross die Erleichterung war, ihn wohlauf zu sehen. Livius hatte ihre „weiche Seite“ in juengster Zeit viel zu oft belaechelt, er brauchte nicht auch noch zu wissen, wie viel Sorge es ihr bereitet hatte, ihn verletzt und dem Tode naeher als dem Leben sehen zu muessen. Ausserdem hatte er jemanden mit sich gefuehrt, der Nimues ganze Aufmerksamkeit eingefordert hatte.
Der Kristalldrache, der das Resultat des aufwaendigen und kraeftezehrenden Rituals war, trug den wohlklingenden Namen Shira’niryn. Sehr passend, befand Nimue. Ein Zusammenschluss aus den drei Seelen, die miteinander verschmolzen waren. Mit ihrer quirligen und direkten, aber auch nuechternen Art und Weise hatte der Drache sogleich Nimues Sympathie erlangt, der Anblick des smaragdgruenen Angolquarzwesens loeste zeitgleich aber auch Bekuemmerung aus. Als Shira’niryn auf sie zugetapst kam und sie betrachtete, schien sie sie aus einer Erinnerung Shirins wiederzuerkennen und sagte:
„Sie war sehr traurig wegen dir.“
Bei den Alten! Die nur muehsam zurueckgehaltenen Emotionen, broeckelten augenblicklich wie in der Sonne trocknender Schlamm und ein kleiner, abgehackt klingender Laut loeste sich aus Nimue ploetzlich staubtrocken gewordener Kehle.
Als die Gruppe bestehend aus dem Kristalldrachen, der sich stets in der Naehe zu Livius hielt, Davion, Balthasar und Nimue komplett war, brachen sie nach Glaedi auf um den Leichnam Shirins zu bergen.
Die Begeisterung ueber die fremdartige Ebene die sie beim ersten Besuch verspuerte hatte, war wie weggeblasen. Umso naeher sie der Schlucht und somit auch dem Stein kamen, auf dem man sie aufgebahrt hatte, umso bleierner fuehlten sich ihre Beine an, sie hatte Muehe, ihre Schritte fortzusetzen. Die Magier hatten eine Diskussion gefuehrt, wie man mit ihrem Leib verfahren wuerde- sie war davon ausgegangen, dass Shirin ihren engsten Vertrauten offenbart haette, was sie sich gewuenscht haette. Wieso hatte sie selbst nicht gefragt?
<<Weil es unwichtig ist, Kleine! Was macht es fuer einen Unterschied? Es sind Knochen, nichts weiter.>>
<<Kein Wort mehr, ich warne dich, Skotos!>>
<<Ruhig Blut!>>
<<Nein, ich meine es ernst, du bist jetzt besser still. Mach es nicht noch schlimmer.>>
Trotz ihrer Warnung sprach der Drache weiter, aber er klang nicht angriffslustig.
<<Manchmal vergesse ich, dass die Menschen so eingeschraenkt und kleingeistig in ihrem Denken sind: Wieso beweinst du sie? Sieh das einmal so. Waere dies alles nicht passiert, waere sie, wie jeder andere Mensch, an den du dein Herz haengst, irgendwann einmal gestorben. Sie trug Naurm in sich, sie hat dir erzaehlt, was dies fuer Auswirkungen auf ihren Koerper hatte und dass sie schon laenger um die Konsequenzen wusste und darunter litt. Sie haette dem nicht sehr viel laenger stand halten koennen. Im Grunde genommen hatte sie doch grosses Glueck, dass sich so viele ihrer angenommen und dies fuer sie ermoeglicht haben. Die Lebensspanne eines Menschen, uebertrieben dargestellt, ist ein Augenaufschlag fuer uns, nicht wahr? Ihre Seelen sind gerettet worden- sogar alle. Miteinander vereint in diesem kleinen, huebschen Drachen. Und noch dazu wurden die Erinnerungen der Seelen erhalten. Moeglicherweise nicht alle. Zah’niryn kennen wir nicht, Shirin ist nicht mehr mit Naurm allein- vielleicht wird die Freundschaft zwischen euch nicht weiter bestehen, vielleicht wird sie eine andere werden und vielleicht seid ihr euch heute zum letzten Mal begegnet? Wer weiss das schon? Aber bedenke, dass sie uns nun moeglicherweise viel laenger auf unserem Weg begleiten koennte. Veraenderung muss nicht immer etwas Schlechtes sein. Ist das denn nichts? Troestet dich das nicht?>>
Wie vom Blitz getroffen war sie in ihrer Bewegung erstarrt. Wieviel Ueberwindung es ihn wohl gekostet haben musste, ihr seine Sicht der Dinge mitzuteilen? Er haette sie auch noch Tage, Wochen ..ewig.. so weiter leiden lassen koennen. Lag es wirklich daran, dass er sich selbst dieser Pein nicht laenger aussetzen wollte oder faerbte nicht nur sein schlechter Einfluss auf sie, sondern umgekehrt auch etwas von ihrem.. gu.. nun ja.. etwas von ihrem Einfluss auf ihn ab?
Ein Gefuehl, als wenn eine Tuere zugeschlagen wuerde, ergriff fuer einen Augenblick Besitz von Nimue. Ein Schmunzeln huschte ueber das fein geschnittene Gesicht. Das sie das hinterfragte hatte ihm offensichtlich nicht gepasst, hm!
Ohne sich dessen bewusst gewesen zu sein, hatte sie wieder den Weg zum Gebirgsgipfel gewaehlt, den sie fuer gewoehnlich aufsuchte, wenn sie aufgebracht war oder nachdenken wollte. Doch als sie es begriff, denn es hing noch eine letzte, kaum wahrnehmbare Nuance des verbrannten Ginsengs in der aufgezehrten Erde, ergriff sie die Flucht.
Es wuerde, wenn ueberhaupt jemals wieder, lange dauern, bis sie diesen Ort wieder freiwillig aufsuchen wuerde. Nie wuerde sie das Bild vergessen, dass sich ihr geboten hatte, als der Bundmagier Shirins Leichnam behutsam in die Arme gehoben hatte. Als Balthasar seiner Gabe freien Lauf liess und seine Gestalt zu purem Feuer wurde, umfingen die Flammen den Koerper.
Mit einem gequaelten Gesichtsausdruck hatte Nimue stoisch, waehrend sich unaufhoerlich Traenen ihren Weg ueber ihre Wangen bahnten und ungebremst im weich-fliessenden Stoff des dunklen Kleides versickerten, den Anblick ertragen. Auch wenn es sie ungeheuerlich viel Kraft kostete, es waere ihr nicht richtig erschienen, den Blick abzuwenden.
Nach einer Weile hatte das Feuer den Leib vollstaendig verzehrt und mittels Telekinese wurden die Ueberreste in einer mitgebrachten Urne aufgefangen, versiegelt und mittels Erdmagie auf einer Bodenplatte verankert.
Dies war jetzt Shirins Ort. Ihre letzte Ruhestatt.
Was hatte sie denn geglaubt, dass passieren wuerde?
Dass auf wundersame Weise Shirins Koerper wiederhergestellt und die darin befindlichen Seelen.. oder was auch immer.. repariert sein wuerden, nachdem die Elfen, Amazonen und Magier des Bundes zusammengekommen waren, um das Ritual durchzufuehren?
Dumme, einfaeltige Gans!
<<Na na na, Kleine, nimm es nicht so schwer.>>
Oh. Oh, oh, oh! Wenn sogar Skotos troestende Worte fuer sie uebrig hatte, dann musste es wirklich schlimm um sie stehen, dachte sie und schlug die Hand vor Augen.
<<Als deine luesternen Gedanken noch ohne Unterlass um den, von sich selbst so ueberzeugten, duerren, merkwuerdig riechenden Kerl kreisten, haette ich mir zwar die Klauen in den Leib stossen und die Gedaerme heraus reissen moegen.. aber.. dich ueber diese von ihnen viel gepriesene.. Magokratie.. lustig zu machen, zaehlte aber auch wirklich nicht zu deinen besten Einfaellen!>>
Die Haelfte des Satzes bekam einen eigentuemlichen Unterton, der verhiess, dass der Drache sich gerade zusammen riss, um nicht in lautes Gelaechter auszubrechen.
Jetzt war es an ihr, sich am liebsten die Gedaerme aus dem Leib reissen und die feinen Schlingen saeuberlich vor ihren Fuessen auftuermen zu wollen. Verdammter Skotos! Sie hatte nur darauf gewartet, dass er ihr dieses Trauerspiel buchstaeblich unter die „Nase rieb“.
<<Von welchen luesternen Gedanken redest du widerliches Geschoepf eigentlich? Meine Gedanken sind bluetenrein. Bluetenrein und unschuldig. Still jetzt!>>
<<Von wegen rein! Seit Tagen sind sie duester und schwer, von Trauer, Schmerz und Melancholie zerfressen. Eigentlich entspricht dies genau meinem Geschmack. An so etwas labe ich mich sooo gern. Aber diese Flut aus Erinnerungsfetzen am.. eigenen Leib.. zu erfahren, ertrage ich nicht laenger.>>
Stille machte sich breit. Eine zeitlang konnte sie ihren eigenen Gedanken nachhaengen.
Shirin hatte grosses Glueck gehabt, hatte Nimue festgestellt. Wenngleich ihr die Bundmagier bei jedem Aufeinandertreffen bisher unnahbar vorgekommen waren und ihr den Eindruck vermittelt hatten, stets ueber den Dingen zu stehen, so hatte sie begriffen, dass sie in der Hochmagierin nicht nur eine Verbuendete, sondern auch eine Freundin, mehr noch, eine Schwester gefunden hatten. Selbst wenn Shirin zuletzt wohl mehr Feinde als freundlich Gesinnte gezaehlt hatte, so wusste Nimue doch, dass dies keine Rolle spielte. Nicht die Anzahl derer, die sich nach dem Ableben an ihrem Grabe versammelten war wichtig, sondern wie tief sich die Versammelten Shirin gegenueber verbunden gefuehlt hatten. Und da bestand fuer Nimue kein Zweifel, tiefer haetten die Gefuehle auf Seiten der Trauernden nicht sein koennen.
Auch Livius, der vor langer Zeit in einem Gespraech einmal erwaehnt hatte, dass er sich mit Shirin eher notgedrungen umgab, weil er sich mit Naurm verbuendet hatte, hatte seine Meinung geaendert und war tief getroffen vom Verlust seiner Mentorin, die scheinbar auch zu einer wertvollen und hoch geschaetzten Freundin fuer ihn geworden war.
<<Ach. Schon wieder der Wolfskrieger..-Magier. Koennen wir uns nicht auf den anderen, den roten Wolf konzentrieren? Den Blutruenstigen meine ich. Das wuerde Spass machen, Epi’lhechthike! Ausnahmsweise wuerde ich es sogar gut heissen, wenn du der Frostweissen freie Hand laesst. Sie wird ihn gewiss dafuer strafen wollen, dass er es gewagt hat, dich anzuknurren. Ist es nicht so? Wie nennt ihr das? Rangfolge?>>
Der Drache draengte sich wieder in den Vordergrund und zog mit ganzer Kraft an ihrem ohnehin schon aufgeriebenem Geduldsfaden.
Wie es Ali’shondra, der Hueterin – es war doch der Amazone zu verdanken, Livius aus seinem todesaehnlichen Schlaf aufzuwecken und letztendlich zu heilen, oder nicht? – wohl gelungen war, hatte sie angesichts der Beerdigung der sterblichen Ueberreste Shirins gar nicht erst erfragt, aber das wuerde sie bestimmt bei einer sich bald bietenden Gelegenheit in Erfahrung bringen. Livius war am Leben- fuers Erste zaehlte nur das.
Als sie auf ihn getroffen war, hatte sie sich die groesste Muehe gegeben, sich nicht anmerken zu lassen, wie gross die Erleichterung war, ihn wohlauf zu sehen. Livius hatte ihre „weiche Seite“ in juengster Zeit viel zu oft belaechelt, er brauchte nicht auch noch zu wissen, wie viel Sorge es ihr bereitet hatte, ihn verletzt und dem Tode naeher als dem Leben sehen zu muessen. Ausserdem hatte er jemanden mit sich gefuehrt, der Nimues ganze Aufmerksamkeit eingefordert hatte.
Der Kristalldrache, der das Resultat des aufwaendigen und kraeftezehrenden Rituals war, trug den wohlklingenden Namen Shira’niryn. Sehr passend, befand Nimue. Ein Zusammenschluss aus den drei Seelen, die miteinander verschmolzen waren. Mit ihrer quirligen und direkten, aber auch nuechternen Art und Weise hatte der Drache sogleich Nimues Sympathie erlangt, der Anblick des smaragdgruenen Angolquarzwesens loeste zeitgleich aber auch Bekuemmerung aus. Als Shira’niryn auf sie zugetapst kam und sie betrachtete, schien sie sie aus einer Erinnerung Shirins wiederzuerkennen und sagte:
„Sie war sehr traurig wegen dir.“
Bei den Alten! Die nur muehsam zurueckgehaltenen Emotionen, broeckelten augenblicklich wie in der Sonne trocknender Schlamm und ein kleiner, abgehackt klingender Laut loeste sich aus Nimue ploetzlich staubtrocken gewordener Kehle.
Als die Gruppe bestehend aus dem Kristalldrachen, der sich stets in der Naehe zu Livius hielt, Davion, Balthasar und Nimue komplett war, brachen sie nach Glaedi auf um den Leichnam Shirins zu bergen.
Die Begeisterung ueber die fremdartige Ebene die sie beim ersten Besuch verspuerte hatte, war wie weggeblasen. Umso naeher sie der Schlucht und somit auch dem Stein kamen, auf dem man sie aufgebahrt hatte, umso bleierner fuehlten sich ihre Beine an, sie hatte Muehe, ihre Schritte fortzusetzen. Die Magier hatten eine Diskussion gefuehrt, wie man mit ihrem Leib verfahren wuerde- sie war davon ausgegangen, dass Shirin ihren engsten Vertrauten offenbart haette, was sie sich gewuenscht haette. Wieso hatte sie selbst nicht gefragt?
<<Weil es unwichtig ist, Kleine! Was macht es fuer einen Unterschied? Es sind Knochen, nichts weiter.>>
<<Kein Wort mehr, ich warne dich, Skotos!>>
<<Ruhig Blut!>>
<<Nein, ich meine es ernst, du bist jetzt besser still. Mach es nicht noch schlimmer.>>
Trotz ihrer Warnung sprach der Drache weiter, aber er klang nicht angriffslustig.
<<Manchmal vergesse ich, dass die Menschen so eingeschraenkt und kleingeistig in ihrem Denken sind: Wieso beweinst du sie? Sieh das einmal so. Waere dies alles nicht passiert, waere sie, wie jeder andere Mensch, an den du dein Herz haengst, irgendwann einmal gestorben. Sie trug Naurm in sich, sie hat dir erzaehlt, was dies fuer Auswirkungen auf ihren Koerper hatte und dass sie schon laenger um die Konsequenzen wusste und darunter litt. Sie haette dem nicht sehr viel laenger stand halten koennen. Im Grunde genommen hatte sie doch grosses Glueck, dass sich so viele ihrer angenommen und dies fuer sie ermoeglicht haben. Die Lebensspanne eines Menschen, uebertrieben dargestellt, ist ein Augenaufschlag fuer uns, nicht wahr? Ihre Seelen sind gerettet worden- sogar alle. Miteinander vereint in diesem kleinen, huebschen Drachen. Und noch dazu wurden die Erinnerungen der Seelen erhalten. Moeglicherweise nicht alle. Zah’niryn kennen wir nicht, Shirin ist nicht mehr mit Naurm allein- vielleicht wird die Freundschaft zwischen euch nicht weiter bestehen, vielleicht wird sie eine andere werden und vielleicht seid ihr euch heute zum letzten Mal begegnet? Wer weiss das schon? Aber bedenke, dass sie uns nun moeglicherweise viel laenger auf unserem Weg begleiten koennte. Veraenderung muss nicht immer etwas Schlechtes sein. Ist das denn nichts? Troestet dich das nicht?>>
Wie vom Blitz getroffen war sie in ihrer Bewegung erstarrt. Wieviel Ueberwindung es ihn wohl gekostet haben musste, ihr seine Sicht der Dinge mitzuteilen? Er haette sie auch noch Tage, Wochen ..ewig.. so weiter leiden lassen koennen. Lag es wirklich daran, dass er sich selbst dieser Pein nicht laenger aussetzen wollte oder faerbte nicht nur sein schlechter Einfluss auf sie, sondern umgekehrt auch etwas von ihrem.. gu.. nun ja.. etwas von ihrem Einfluss auf ihn ab?
Ein Gefuehl, als wenn eine Tuere zugeschlagen wuerde, ergriff fuer einen Augenblick Besitz von Nimue. Ein Schmunzeln huschte ueber das fein geschnittene Gesicht. Das sie das hinterfragte hatte ihm offensichtlich nicht gepasst, hm!
Ohne sich dessen bewusst gewesen zu sein, hatte sie wieder den Weg zum Gebirgsgipfel gewaehlt, den sie fuer gewoehnlich aufsuchte, wenn sie aufgebracht war oder nachdenken wollte. Doch als sie es begriff, denn es hing noch eine letzte, kaum wahrnehmbare Nuance des verbrannten Ginsengs in der aufgezehrten Erde, ergriff sie die Flucht.
Es wuerde, wenn ueberhaupt jemals wieder, lange dauern, bis sie diesen Ort wieder freiwillig aufsuchen wuerde. Nie wuerde sie das Bild vergessen, dass sich ihr geboten hatte, als der Bundmagier Shirins Leichnam behutsam in die Arme gehoben hatte. Als Balthasar seiner Gabe freien Lauf liess und seine Gestalt zu purem Feuer wurde, umfingen die Flammen den Koerper.
Mit einem gequaelten Gesichtsausdruck hatte Nimue stoisch, waehrend sich unaufhoerlich Traenen ihren Weg ueber ihre Wangen bahnten und ungebremst im weich-fliessenden Stoff des dunklen Kleides versickerten, den Anblick ertragen. Auch wenn es sie ungeheuerlich viel Kraft kostete, es waere ihr nicht richtig erschienen, den Blick abzuwenden.
Nach einer Weile hatte das Feuer den Leib vollstaendig verzehrt und mittels Telekinese wurden die Ueberreste in einer mitgebrachten Urne aufgefangen, versiegelt und mittels Erdmagie auf einer Bodenplatte verankert.
Dies war jetzt Shirins Ort. Ihre letzte Ruhestatt.