[Mini-Quest Silberburg] Schnee in Silberburg
Verfasst: 05 Apr 2020, 17:31
Es ist erst wenige Tage her, seit der gute Wachmann Heinrich Finkenhof im Kreise seiner Liebsten und den Ordensmitgliedern der Ritterschaft sein letztes Geleit erhielt. Die bewegende Rede des Priesters Isarius Keltor hing sicherlich dem ein oder anderen der Anwesenden noch nach, insbesondere jener Moment, als die Seele der Stadtwache aufstieg und in die Arme des Herrn geschlossen wurde.
Leider war nicht für alle dieser Tag mit soviel Frieden verbunden. An anderer Stelle in Silberburg herrschte große Aufregung und das Leben der Soldaten, die in Silberburg so weit es in ihrer Macht liegt für Ruhe und Ordnung sorgten, ging weiter...
Ein Tag wie jeder andere – oder?
Im Hafen war kein Tag wie der andere. Jeder Morgen brachte neue Abgründe in diesem abseits gelegenen Viertel in Silberburg zu Tage. Frederick Rhabe, Wachtmeister Silberburgs und Kommandant des Schützenregiments des Hafens, hatte sich nach fast 20 Jahren Dienst längst daran gewöhnt. Er war noch vor seinem achtzehnten Geburtstag zum Orden gegangen. Damals war er noch jung, naiv, voller Ideale und angetrieben vom Drang seine Familie zu ernähren und als Held stolz zu machen. Anfangs wollte er eigentlich die Ritterlaufbahn einschlagen, doch bereits als Rekrut änderte er seine Meinung. Trotz allem bereute er seine Entscheidung nicht.
Selbst an so Tagen wie heute.
Manchmal gab es eben diese Tage, da hatte man bereits beim Aufstehen förmlich im Urin, dass der kommende Tag einfach nur beschissen wird. Als Rhabe heute Morgen mit dickem Schädel und schlechtem Frauenparfüm an den Kleidern aufwachte, wusste er es mit absoluter Gewissheit. Darum wunderte er sich auch gar nicht, dass das Hafenviertel ein einziger Moloch war, als er zum Wachwechsel antrat.
Heute Morgen waren gleich zwei Schiffe in den engen Hafen eingelaufen. Beide waren randvoll mit Ladung, die nun gelöscht werden musste. Hafenarbeiter rannten und brüllten durcheinander und nicht selten stand es kurz vor einer Schlägerei. Zum Glück war allen das hart verdiente Gold wichtiger und man schaffte es irgendwie sich nicht in die Quere zu kommen. Allerdings gab es da gerade an solchen Tagen immer diesen einen Idioten… Der, der dieses gefährliche Gleichgewicht aus der Balance brachte und das Chaos auslöste.
An diesem Tag war es ein unachtsam weggeschnipptes, brennendes Zündhölzchen, mit dem sich ein Hafenarbeiter zuvor eine Pfeife angezündet hatte, um sich einen Augenblick Pause zu gönnen. Zunächst würde man es für einen dummen Unfall halten, dass dieses verfluchte Zündhölzchen genau die Pfütze Lampenöl traf, die aus einem undichten Fass auslief. Die Explosion war gewaltig, als die gesamte Ladung Öl hoch ging. Mit Mühe konnten die Wachen und Hafenarbeiter das Feuer in den Griff kriegen und noch schlimmeres verhindern. Zum Glück gab es nur leicht Verletzte. Dennoch dauerte es weit bis nach dem Mittaggeläut, bis nur noch einige Glutnester schwelten.
Der rote Mantel und weiße Wappenrock waren rußgeschwärzt, als Rhabe endlich die Wachstube betrat und tief durchatmete. Mittlerweile war sein Dienst schon mehr als zur Hälfte um. Schon jetzt sehnte er sich zurück an den Busen der Stallmagd mit dem furchtbaren Parfüm. Also weit weg von der elenden Schreibarbeit, die er nun vor sich hatte. Er kannte wirklich keinen Soldaten, der gerne Protokoll und Berichte führte, doch sie alle wussten, dass es wichtig war. Jeder hatte in seiner Laufbahn schon einmal den Moment erlebt, wenn die Berichte unvollständig oder nicht vorhanden waren und man sich dann irgendwie aus der Scheiße manövrieren musste. Selbst dieser verdammte von Assuan hatte das damals eingesehen, auch wenn seine Einträge ins Wachbuch auch später entweder sehr knapp oder überaus unterhaltsam zu lesen waren. Irgendwie vermisste er ja diesen Irren… Rhabe hatte den Bericht endlich abgeschlossen, als die Tür zur Wachstube aufgerissen wurde. „Stadtwache Rhabe!“, der junge Soldat absolvierte den Salut sauber und akkurat, wie frisch von der Kadettenausbildung. Wenn er sich ihn so ansah… aye, der Bursche war wirklich noch grün hinter den Ohren. „Wache, was gibt es?“ „Es gab einen Raub! Waren wurden aus dem Lagerhaus gestohlen!“ Innerlich seufzte Frederick Rhabe auf und verabschiedete sich von einem Abend mit seiner kleinen Magd. Das Parfüm war grässlich, doch hatte dieses Weib wahrlich ihre Vorzüge…
Rhabe ließ sich von dem jungen Wachen zurück zu den Docks führen, wo er den Hafenmeister, die beiden Schiffskapitäne sowie deren Oberste Maats und ein paar Lagerarbeiter antraf. Es fehlte nicht viel und die hitzige Diskussion, in die sie verwickelt waren, würde in eine handfeste Auseinandersetzung übergehen und er hätte hier eine Horde wildgewordener Paviane, die mit allem was in Reichweite war aufeinander einprügelten. Es kostete ihm, dem jungen Wachmann, sowie einer weiteren Wache einen guten Stundenlauf die Herrschaften zu beruhigen. Dabei musste Rhabe dem Burschen zugestehen, dass er doch gar nicht so grün hinter den Ohren war. Jedenfalls bekamen sie schließlich einen Überblick über die Lage. Offensichtlich hatten ganz dreiste Langfinger das Feuer ausgenutzt, um die Lagerhäuser auszuräumen. Schuldzuweisungen, wer besser hätte aufpassen müssen, waren hier nun unangebracht. Nun galt es viel eher die Diebe zu schnappen und die Waren zu finden. Sofort ließ Rhabe einige Trupps zusammenstellen, die die Kanalisation durchkämmten. Dies war der einzige Weg hinaus aus dem Hafen, den man beinahe ungesehen nehmen konnte. Die Tore waren zur Zeit des Feuers viel zu heikel, denn dort rannten immer wieder die Helfer mit Wasser und Decken entlang, dennoch wurden auch dort Wachleute hingeschickt, um Befragungen durchzuführen.
Sein Wachwechsel war schon längst überschritten. Rhabe saß immer noch in der Wachstube und durchforstete die Berichte und die Liste der gestohlenen Waren. Eines fiel ihm direkt auf: die Waren sind nicht wahllos gestohlen worden. Es waren allesamt Lieferungen, die von einer, maximal zwei Personen getragen werden konnten und sie waren ausnahmslos wertvoll. Da gab es ein Päckchen mit einem Seidenkleid – der Hafemeister hatte einen Wert daneben notiert, der Rhabes Sold um das zweifache überstieg – welches für eine Edeldame in Winterberg bestimmt war. Eine Lieferung edelsten, reinsten Tabaks, schweineteures Zeug von dem sein alter Kamerad Darbar sicher feuchte Träume bekommen würde. Spezielle Handwerkszeuge, die höchstens noch die Zwerge herzustellen vermochten. Und natürlich goldene Geschmeide, Rüstungsstücke, Waffen. Insgesamt waren es ein Dutzend Gegenstände die fehlten, die jedoch im Gesamtwert sicher ein oder zwei Millionen Goldstücke wert waren. Das machte Rhabe wieder einmal bewusst, welche Schätze in den Lagerhäusern lagen.
Seufzend rieb der Soldat sich die Schläfen und beschloss seinen Bericht am nächsten Tag zu beenden. Er sehnte sich nun nach einem guten Bier. Also machte er sich auf den Weg in den Silbernen Krug, wo Marissa schon bei seinem Eintreffen ein frisches Glas griff und zu zapfen begann. Rhabe steuerte seinen gewohnten Platz an und war nur wenig überrascht, als er dort nicht allein war. Er blickte in das lederne, wettergegerbte Gesicht von seinem alten Kameraden Darbar Graubart. Der alte Haudegen war schon seit Jahren im Ruhestand, doch hielt er sich immer noch regelmäßig darüber auf dem Laufenden was in Silberburg so passierte.
„Na, Jungchen. Siehst’n bisschen angekokelt aus, hm?“, nuschelte der Alte mit seiner Pfeife zwischen den Zähnen und lauschte ruhig was Frederick Rhabe zu berichten hatte. „Aye… klingt fast wie früher… weißt‘ noch? Da sin‘ erst Waren… dann Mädch’n verschund’n, an jeder Ecke gabs dieses weiße Drogenpulver. Und dann dieser komische schwarze Rächer, aye?“, erwiderte Darbar, während er an seiner Pfeife herum kaute. „Hm. Hast Recht. Ob es dieselben sind?“, Rhabe runzelte die Stirn und genoss nachdenklich sein kaltes Bier. „Weiß nich‘, aber es is‘ schon verdächtig. So geht’s schon seit Jahrzehnten… alle zwei Jahre… Guck‘ mal in die Berichte rein.“ Rhabe brummte lediglich und wechselte das Thema. Heute wollte er den Kopf frei bekommen und nicht weiter darüber nachdenken… morgen… aye, morgen stellte er den Bericht fertig und würde die alten herausholen, denn so ganz ließ ihn das nicht los…
Leider war nicht für alle dieser Tag mit soviel Frieden verbunden. An anderer Stelle in Silberburg herrschte große Aufregung und das Leben der Soldaten, die in Silberburg so weit es in ihrer Macht liegt für Ruhe und Ordnung sorgten, ging weiter...
Ein Tag wie jeder andere – oder?
Im Hafen war kein Tag wie der andere. Jeder Morgen brachte neue Abgründe in diesem abseits gelegenen Viertel in Silberburg zu Tage. Frederick Rhabe, Wachtmeister Silberburgs und Kommandant des Schützenregiments des Hafens, hatte sich nach fast 20 Jahren Dienst längst daran gewöhnt. Er war noch vor seinem achtzehnten Geburtstag zum Orden gegangen. Damals war er noch jung, naiv, voller Ideale und angetrieben vom Drang seine Familie zu ernähren und als Held stolz zu machen. Anfangs wollte er eigentlich die Ritterlaufbahn einschlagen, doch bereits als Rekrut änderte er seine Meinung. Trotz allem bereute er seine Entscheidung nicht.
Selbst an so Tagen wie heute.
Manchmal gab es eben diese Tage, da hatte man bereits beim Aufstehen förmlich im Urin, dass der kommende Tag einfach nur beschissen wird. Als Rhabe heute Morgen mit dickem Schädel und schlechtem Frauenparfüm an den Kleidern aufwachte, wusste er es mit absoluter Gewissheit. Darum wunderte er sich auch gar nicht, dass das Hafenviertel ein einziger Moloch war, als er zum Wachwechsel antrat.
Heute Morgen waren gleich zwei Schiffe in den engen Hafen eingelaufen. Beide waren randvoll mit Ladung, die nun gelöscht werden musste. Hafenarbeiter rannten und brüllten durcheinander und nicht selten stand es kurz vor einer Schlägerei. Zum Glück war allen das hart verdiente Gold wichtiger und man schaffte es irgendwie sich nicht in die Quere zu kommen. Allerdings gab es da gerade an solchen Tagen immer diesen einen Idioten… Der, der dieses gefährliche Gleichgewicht aus der Balance brachte und das Chaos auslöste.
An diesem Tag war es ein unachtsam weggeschnipptes, brennendes Zündhölzchen, mit dem sich ein Hafenarbeiter zuvor eine Pfeife angezündet hatte, um sich einen Augenblick Pause zu gönnen. Zunächst würde man es für einen dummen Unfall halten, dass dieses verfluchte Zündhölzchen genau die Pfütze Lampenöl traf, die aus einem undichten Fass auslief. Die Explosion war gewaltig, als die gesamte Ladung Öl hoch ging. Mit Mühe konnten die Wachen und Hafenarbeiter das Feuer in den Griff kriegen und noch schlimmeres verhindern. Zum Glück gab es nur leicht Verletzte. Dennoch dauerte es weit bis nach dem Mittaggeläut, bis nur noch einige Glutnester schwelten.
Der rote Mantel und weiße Wappenrock waren rußgeschwärzt, als Rhabe endlich die Wachstube betrat und tief durchatmete. Mittlerweile war sein Dienst schon mehr als zur Hälfte um. Schon jetzt sehnte er sich zurück an den Busen der Stallmagd mit dem furchtbaren Parfüm. Also weit weg von der elenden Schreibarbeit, die er nun vor sich hatte. Er kannte wirklich keinen Soldaten, der gerne Protokoll und Berichte führte, doch sie alle wussten, dass es wichtig war. Jeder hatte in seiner Laufbahn schon einmal den Moment erlebt, wenn die Berichte unvollständig oder nicht vorhanden waren und man sich dann irgendwie aus der Scheiße manövrieren musste. Selbst dieser verdammte von Assuan hatte das damals eingesehen, auch wenn seine Einträge ins Wachbuch auch später entweder sehr knapp oder überaus unterhaltsam zu lesen waren. Irgendwie vermisste er ja diesen Irren… Rhabe hatte den Bericht endlich abgeschlossen, als die Tür zur Wachstube aufgerissen wurde. „Stadtwache Rhabe!“, der junge Soldat absolvierte den Salut sauber und akkurat, wie frisch von der Kadettenausbildung. Wenn er sich ihn so ansah… aye, der Bursche war wirklich noch grün hinter den Ohren. „Wache, was gibt es?“ „Es gab einen Raub! Waren wurden aus dem Lagerhaus gestohlen!“ Innerlich seufzte Frederick Rhabe auf und verabschiedete sich von einem Abend mit seiner kleinen Magd. Das Parfüm war grässlich, doch hatte dieses Weib wahrlich ihre Vorzüge…
Rhabe ließ sich von dem jungen Wachen zurück zu den Docks führen, wo er den Hafenmeister, die beiden Schiffskapitäne sowie deren Oberste Maats und ein paar Lagerarbeiter antraf. Es fehlte nicht viel und die hitzige Diskussion, in die sie verwickelt waren, würde in eine handfeste Auseinandersetzung übergehen und er hätte hier eine Horde wildgewordener Paviane, die mit allem was in Reichweite war aufeinander einprügelten. Es kostete ihm, dem jungen Wachmann, sowie einer weiteren Wache einen guten Stundenlauf die Herrschaften zu beruhigen. Dabei musste Rhabe dem Burschen zugestehen, dass er doch gar nicht so grün hinter den Ohren war. Jedenfalls bekamen sie schließlich einen Überblick über die Lage. Offensichtlich hatten ganz dreiste Langfinger das Feuer ausgenutzt, um die Lagerhäuser auszuräumen. Schuldzuweisungen, wer besser hätte aufpassen müssen, waren hier nun unangebracht. Nun galt es viel eher die Diebe zu schnappen und die Waren zu finden. Sofort ließ Rhabe einige Trupps zusammenstellen, die die Kanalisation durchkämmten. Dies war der einzige Weg hinaus aus dem Hafen, den man beinahe ungesehen nehmen konnte. Die Tore waren zur Zeit des Feuers viel zu heikel, denn dort rannten immer wieder die Helfer mit Wasser und Decken entlang, dennoch wurden auch dort Wachleute hingeschickt, um Befragungen durchzuführen.
Sein Wachwechsel war schon längst überschritten. Rhabe saß immer noch in der Wachstube und durchforstete die Berichte und die Liste der gestohlenen Waren. Eines fiel ihm direkt auf: die Waren sind nicht wahllos gestohlen worden. Es waren allesamt Lieferungen, die von einer, maximal zwei Personen getragen werden konnten und sie waren ausnahmslos wertvoll. Da gab es ein Päckchen mit einem Seidenkleid – der Hafemeister hatte einen Wert daneben notiert, der Rhabes Sold um das zweifache überstieg – welches für eine Edeldame in Winterberg bestimmt war. Eine Lieferung edelsten, reinsten Tabaks, schweineteures Zeug von dem sein alter Kamerad Darbar sicher feuchte Träume bekommen würde. Spezielle Handwerkszeuge, die höchstens noch die Zwerge herzustellen vermochten. Und natürlich goldene Geschmeide, Rüstungsstücke, Waffen. Insgesamt waren es ein Dutzend Gegenstände die fehlten, die jedoch im Gesamtwert sicher ein oder zwei Millionen Goldstücke wert waren. Das machte Rhabe wieder einmal bewusst, welche Schätze in den Lagerhäusern lagen.
Seufzend rieb der Soldat sich die Schläfen und beschloss seinen Bericht am nächsten Tag zu beenden. Er sehnte sich nun nach einem guten Bier. Also machte er sich auf den Weg in den Silbernen Krug, wo Marissa schon bei seinem Eintreffen ein frisches Glas griff und zu zapfen begann. Rhabe steuerte seinen gewohnten Platz an und war nur wenig überrascht, als er dort nicht allein war. Er blickte in das lederne, wettergegerbte Gesicht von seinem alten Kameraden Darbar Graubart. Der alte Haudegen war schon seit Jahren im Ruhestand, doch hielt er sich immer noch regelmäßig darüber auf dem Laufenden was in Silberburg so passierte.
„Na, Jungchen. Siehst’n bisschen angekokelt aus, hm?“, nuschelte der Alte mit seiner Pfeife zwischen den Zähnen und lauschte ruhig was Frederick Rhabe zu berichten hatte. „Aye… klingt fast wie früher… weißt‘ noch? Da sin‘ erst Waren… dann Mädch’n verschund’n, an jeder Ecke gabs dieses weiße Drogenpulver. Und dann dieser komische schwarze Rächer, aye?“, erwiderte Darbar, während er an seiner Pfeife herum kaute. „Hm. Hast Recht. Ob es dieselben sind?“, Rhabe runzelte die Stirn und genoss nachdenklich sein kaltes Bier. „Weiß nich‘, aber es is‘ schon verdächtig. So geht’s schon seit Jahrzehnten… alle zwei Jahre… Guck‘ mal in die Berichte rein.“ Rhabe brummte lediglich und wechselte das Thema. Heute wollte er den Kopf frei bekommen und nicht weiter darüber nachdenken… morgen… aye, morgen stellte er den Bericht fertig und würde die alten herausholen, denn so ganz ließ ihn das nicht los…