A 'alw trî i vel en Ardas

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Jeanne-Antoinette de Molay
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A 'alw trî i vel en Ardas

Beitrag von Jeanne-Antoinette de Molay »

1. Von den Menschen und ihren Spielzeugen

„Die Edain verhalten sich wie Kinder, man gibt ihnen ein glimmendes Holzstück und kurz darauf stehen sie selbst in Brand.“

Sie dachte einen Moment über ihre Worte bei dem Gespräch mit Berion und Lise nach, als Lamath sollte sie von solchen emotionalen Ausbrüchen absehen. Aber unter Freunden durfte man durchaus seine wahren Gedanken kundtun. So sehr sie auch immer versucht war, einem jeden zunächst unvoreingenommen entgegen zu treten… es fiel ihr in dieser Zeit besonders schwer. Erst vor wenigen Tagen wollten die alten Völker ein ungezwungenes Fest, ausgerichtet von Tintalle, genießen und sich lediglich unbeschwert über die Erfahrungen, Erlebnisse und Freuden der befreundeten Völker unterhalten. Letzten Endes saßen sie doch zusammen an einem Tisch und diskutierten die neuesten Geschehnisse in den Städten der Edain.
Kristallene Wesen, die rätselsprechend in den Städten wachten. Quarzene Wesen, die arglose Bürger angriffen. Ein riesiger Kristalldrache, der Angolvorkommen aufsuchte?
Ebenso war die Rede von einer neuen Art des Angolquarzes… Wahrlich, die Edain waren Kinder, zumindest in den Augen der Edhil. Ein junges Volk, welches seine eigenen Fähigkeiten selten einzuschätzen vermochte und immer auf der Suche nach „mehr“ war. Umso beunruhigender empfand sie das Bestreben des kleinen Kreises an Ithryn, welche unter dem Namen „Ysam enis Alwanzessar“ auftraten und schon vor Jahren Zerstörung in die Welt brachten unter dem Vorwand eine erneute Magokratie erreichen zu wollen. „Magokraten…“, entfuhr es ihr, gepaart mit einem leisen Seufzer.

Sie suchte das Haus des Wissens Ivren’mirs auf und ließ sich von Madhellon eine Abschrift des alten Notizbuches der Tarcil von Caraslutha reichen. Es war das einzige ihr bekannte Werk, welches das Treiben der Magokraten aus der Sicht einer Außenstehenden dokumentierte und die Ansichten der Tarcil deckten sich durchaus mit ihren eigenen. Selbst die Magokraten, welche von den heutigen Edain beinahe als allwissende Ithryn verehrt werden bedienten sich Mächten, die sie nicht verstanden. Erschufen Konstrukte, welche sie nicht zu beherrschen wussten. Nahmen mehr Angol, als sich neu bilden konnte.
(Notizbuch der Tarcil: https://www.dieneuewelt.de/hp/?menue=we ... id=01cf8d5)

Aber wie sollten die Edhil dieser Tage sich verhalten? Bisher übten sie sich in Zurückhaltung, ließen die Probleme und Sorgen der Edain nicht die ihren sein. Eine Vorgehensweise die vielleicht nicht länger verfolgt werden könnte. Sie würden Ivren’mir auch nicht aus dem Arda-Netz lösen und die Insel in neue Gefilde führen, so wie es mit Caraslutha geschah. Dennoch ließ Nium’waen die Sorge um die Eluvren-Grotte nicht in Ruhe, was würde den Angol-Drachen davon abhalten auch diese aufzusuchen und dabei vermutlich ganz Ivren’mir zu zerstören? Sie dachte über das Schreiben der Ithril Shirin Shanaz nach, in welchem sie alle Völker um Hilfe bei der aktuellen Bedrohung bat. Unweigerlich kam ihr auch das jüngste Ereignisse zwischen Ansilon und Nordhain in den Sinn, als ein gewaltiger Erdelementar seinen Weg zur Handelsstadt suchte. Den Erzählungen der anderen nach war auch da ein Adan zu verantworten, der sich den Mächten der Angolquarze bediente… ohne Rücksicht auf das Leben anderer. Es war ihr ein Dorn im Auge. Die Geschichte des großen Aufblühens und baldigen Untergangs der Magokraten würde sich wohl wiederholen und dieses Mal war es ihrer Generation der Edhil vergönnt, dem beizuwohnen und das Spiel aus der Ferne zu beobachten. Ihr war bewusst, dass mehr getan werden musste, um dem zerstörerischen Einfluss auf die Welt entgegen zu wirken, der zwangsläufig mit diesem Machtkreislauf einhergehen würde.

2. Die Söhne Malethons: Gwaewon, Feanoron und Arda

Die folgenden Tage verbrachte sie ebenso mehr Zeit in den Hallen des Wissens, als gewöhnlich. Ein Umstand, der dem Bibliothekar und Hüter des Wissens Madhellon durchaus gewahr wurde. Es entstanden einige Gespräche zwischen den beiden Edhil über Ereignisse vergangener sowie aktueller Tage, den Inhalten der Lichtglanzsammlung und gelegentlich auch über belanglose Sachen. Der sonst eher als mürrisch bekannte Bibliothekar schien sich an dem plötzlichen Interesse an seinen heiligen Hallen durchaus zu erfreuen, was sich in einer besseren Laune als gewöhnlich äußerte.
Nium’waen hingegen genoss die ruhige Atmosphäre zwischen all den Büchern und schon bald weiteten sich ihre Studien auf mehr als nur Nachforschungen über die Magokraten aus. Langsam erwachte etwas in ihr, was sie schon seit Jahren nicht mehr verspürt hatte. Als sie gerade damit fertig war, eine der beschriebenen Arkanogenesen aus der Lichtglanzsammlung zu lesen, ließ sie den Blick nachdenklich durch den Raum des oberen Stockwerkes wandern. Das goldgrüne Augenpaar blieb an einem der marmornen Podeste hängen, auf den verschiedenste Sammlungsstücke der Geschichte ausgestellt wurden. Ausgerechnet der perlmuttartige Schimmer einer Half en Arda war es, der ihren Blick auffing. Mit einem Mal wurde ihr bewusst, dass das Gefühl der letzten Tage eines war, welches sie erst zu zwei Gelegenheiten in ihrem langen Leben vernahm.
Das erste Mal muss kurz nach dem Übertreten der Schwelle zum Erwachsenenalter gewesen sein. Sie war sich damals bewusst, eine Rolle in der Gesellschaft übernehmen zu müssen und hatte sich für den Weg einer Maethril entschieden und den Kampf mit der Klinge perfektioniert. Dem Sinnbild Feanorons nacheifernd hatte sie so Jahre damit verbracht, ihr inneres Feuer zu nähren und an Stärke zu gewinnen. Darauf aufbauend fühlte sie schon recht bald erneut den Drang, sich dem Leitbild Malethorns zu nähern und eiferte seinem zweiten Sohn, Gwaewon nach. Die Lehren des Kind des Windes verhalfen ihr dabei, ihr Geschick zu mehren und den Kampf mit dem Bogen zu meistern. Und viele Jahre begnügte sie sich mit diesen Fähigkeiten. Erst jetzt, als sie erneut einen Weg suchte den Ithryn zu trotzen und die vollkommene Macht der Angolquarze zu verstehen, keimte in ihr der Gedanke auf, dass es an der Zeit sein könnte auch dem Pfad des letzten Sohnes von Malethon zu folgen.
Arda sollte der sein, der am längsten von den drei Söhnen währen würde und seine Gabe war die Weisheit. In gewisser Weise war ihr immer bewusst gewesen, dass auch sein Pfad eines Tages bestritten werden musste. Dennoch verspürte sie in der Vergangenheit immer ein Maß an Zurückhaltung, würde das Meistern des letzten Aspekts doch unweigerlich auch ihren Aufstieg zu den Sternen bedeuten. Ein Ziel, welches zwar jeder Edhil tief in sich trägt und über seine lange Lebensspanne verfolgt, letzten Endes aber auch ein endgültiger Abschied von den vertrauten und schönen Dingen der Welt bedeutete. Tröstend war wohl der Umstand, dass Ardas Lehren umfangreich waren und die Definition des Meisterns eine vage.
Sie besann sich der alten Verse, welche die Dreieinigkeit beschrieben:

I'mil en-naur a e' math.
Die Kräfte des Feuers und des Fühlens.
I'mil e-gwelu a en inc ledin.
Die Kräfte der Luft und der freien Gedanken.
I vel e' gae panna i gor thalu a hollen; a 'alw trî i vel en Ardas.
Die Kraft der Erde füllt die Scheibe und gesegnet durch die Macht Ardas.


3. Altes Erbe, neue Wege

„Du möchtest also nun den Weg einer Ithril gehen?“, hakte Madhellon nach, welcher aufgrund seiner Arbeit in der Bibliothek durchaus mehr mitbekam, als Nium’waen zunächst dachte. „Zumindest ist es mein Wunsch, mich mehr mit den Lehren Ardas zu befassen und das Potenzial meiner Blutmagie auszuweiten.“ erwiderte sie. Ein sanftes Lächeln zeichnete sich auf Madhellons Gesicht ab und er sprach weiter: „Es liegt mir fern, dich belehren zu möchten… ich würde lediglich einige meiner Gedanken zu diesem Vorhaben äußern. Denn auch, wenn schon andere Edhil vor dir nach der Dreieinigkeit strebten, ist es immer noch eine Seltenheit sich gänzlich seiner Waffen zu entsagen, um die Studien der Magie aufzunehmen.“ Seinen eigenen Worten zum Trotz schob er ihr dann jedoch ein fein beschriftetes Pergamentstück über den marmornen Tisch zu. Ein flüchtiger Blick verriet ihr, dass es eine Auflistung verschiedener Werke und ihrer Aufenthaltsorte war. Neben den eigenen Hallen, fanden ebenso Schriften aus der Bibliothek der Freunde der Weisheit in Silberburg Erwähnung, wie auch der Magieakademie. „Des Weiteren möchte ich dir empfehlen, schon jetzt eine Half en Arda an dich zu nehmen und nahe zu tragen.“ Mit diesen Worten legte er auch eben jene erwähnte Muschel neben das Pergament. Noch aus den Tagen der Sternenreise, als Silicaras dem Untergang nahe war, befand sich eine feingliedrige Kette an der Muschel. Dankbar nickend nahm Nium’waen die Liste an sich und legte die Kette um ihren Hals.
Sie erinnerte sich an die Ritualbeschreibung aus der Lichtglanzsammlung. Die Half en Arda, auch Ardas-Muschel in der Gemeinsprache genannt, sollte ihr zunächst helfen ihre Verbindung zum Arda-Netz zu stärken. Gleich den Vorbereitungen damals, würde sie die Muschel nahe ihre Herzens tragen und sie mit Gedanken, Sorgen und Träumen in Stunden tiefster Meditation füllen. Nach einigen Tagen würde sie die Muschel schließlich im Meer ausspülen und sie so von allem reinigen, was sie ihr zuvor erzählte. Dieser Prozess sollte dazu dienen, auch den Geist zu befreien und ihn für die Ströme des Arda-Netzes empfänglicher zu machen.

Gleichwohl machte sie sich auch bereits Gedanken um den praktischen Nutzen, der aus ihren neuen Studien entspringen würde. Auf ihren letzten, langen Reisen wurde sie Zeugin gar wundervoller Anwendungsmöglichkeiten die in diesen Teilen der Welt vollkommen fremd schienen. So traf sie auf eine Stadt der Edhil, welche dem Erbe der Lichtelfen in einem solchen Maße nacheiferten, dass sie durch Manipulation der Ardaslinien reinweiße Gebilde erschufen, die den Bauten eben jener Elfen der Vorzeit gleichen sollten. Sie hatte Ithryn getroffen, welche sich der Ahnenforschung verschrieben und denen es möglich war, die zu den Sternen aufgestiegenen Edhil anzurufen und um ihren Beistand zu bitten. Eine Form der Magie, welche auf Außenstehende vermutlich der Nekromantie nicht unähnlich erschien… im Gegensatz zu dem Einsatz anderer Völker jedoch ohne Zwang erfolgte und eben nicht auf den seelenlosen Körper eines Verstorbenen abzielte. Zuletzt hatte sie einige Jahre in einer Stadt verbracht, deren Zentrum ein riesiges marmornes Gebilde zierte, in dessen endlos wirkendem Innern wohl die größte Sammlung Artefakte beherbergt werden musste, die auf der Welt existierte. Diese Ithryn bezeichneten sich selbst als Tiril Baich‘engyl, Bewacher magischer Gegenstände und Artefakte, die sich in der Sicherung, Verwahrung und dem Schutz eben solcher Gegenstände verstanden. Sie hatten früh erkannt welche Gefahren diese Dinge beherbergten, wenn man sie den falschen, zumeist menschlichen, Händen überließ. Sie sann eine Weile über die Möglichkeiten dieser Anwendung der Magie nach. Während die Edain ihre Studien meist den zerstörerischen Aspekten widmeten und nur Kraft aus Artefakten saugen wollten, sah sie es als die Aufgabe der Edhil an, dem entgegen zu wirken. Hätten die Edhil Ivren’mirs schon bei der ersten Entdeckung der Angol-Quarze reagiert, wäre der Welt viel Leid erspart geblieben…
Es war an der Zeit, Berion aufzusuchen und ihm von ihrem neugewählten Pfad zu berichten.

1 Edain: Menschen
2 Lamath: Diplomat/in
3 Edhil: Hochelfen
4 Ithryn: Magier (pl.)
5 Tarcil: Fürst/in
6 Caraslutha: Ehemalige Nachbarsinsel von Ivren‘mir
7 Arda-Netz: gleichbedeutend mit den Leylinien
8 Eluvren: blassblauer Angolquarz, gezüchtet von den Elfen Carasluthas
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