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Falynidil
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Beitrag von Falynidil »

Vorgeschichte:

Sold’Orbb- Arach-Tinilith. Falynidils Blick war starr nach vorne gerichtet. In Reih und Glied stand sie gemeinsam mit den anderen Yathin, vor der Lehrerin, die jede der Dunkelelfenfrauen eindringlich musterte. Direkt neben Falynidil stand Felynidil, ihre Zwillingsschwester. Von Kindheit an hatten beide sich einen erbitterten Konkurrenzkampf um die Gunst ihrer Mutteroberin geliefert. Zwar im Blute vereint, waren sie im Grunde Feinde. Tatsächlich hatte sich im Laufe ihrer Ausbildung an der Arach Tinilith abgezeichnet, dass die beiden Dunkelelfen mit Abstand die besten ihres Jahrganges waren. In zahlreichen Prüfungen hatten sie die Ausbilderin das eine ums andere Mal beeindruckt. Zwar hatte diese sich dies nicht anmerken lassen, aber es war offensichtlich, dass die Zwillinge einen besonderen Status inne hatten. Falynidil hasste Felynidil dafür, dass sie überhaupt existierte. Hinzu kam, dass ihre Schwester einen Hauch mehr Begabung besaß, was die Eifersucht ihr gegenüber nur noch weiter anheizte. Wenn sie nach der Ausbildung in den Dienst des Adelshauses treten würden, würde dies Probleme machen – da war sich Falynidil sicher.   Im Laufe der Ausbildung hatte es eine Yathin eines anderen Hauses gegeben, die den Zwillingen tatsächlich Paroli hatte bieten können. Die Zwillinge hatten diese bei einer Erkundung im Unterreich „verunglücken sehen“. Zumindest hatten sie das hinterher behauptet. Eigentlich steckte ein perfider Plan dahinter, der zum Ziel hatte besagte Yathin den Gefahren des Unterreichs zu überantworten – und das erfolgreich. Dies war eine der wenigen Begebenheiten, bei der die Zwillinge an einem Strick gezogen hatten; sie waren beängstigend effizient. Nichtsdestotrotz wussten Beide, dass sich eines Tages die eine über der anderen erheben musste – es war der Lauf der Dinge in der Gesellschaft der Drow. Jetzt waren sie unmittelbar davor sich in den Dienst eines Hauses zu stellen. Die finale Weihe sah die Beschwörung eine Spinnendämons im Rahmen einer feierlichen Zeremonie vor, bei dem die Yathin Falynidil und Felynidil die Ehre hatten persönlich mitzuwirken. Ihre Aufgabe sollte es sein mittels Ritualdolches etwas Blut zu opfern um Lloth zu huldigen. Lange hatte Falynidil darauf gewartet, endlich bot sich diese sagenhafte Chance. Am Vorabend der Zeremonie machte sie sich auf, den Schwarzmarkt Sold’Orbs zu besuchen. Die Karavanenmeister des Unterreichs hatten oft die verblüffendsten Gegenstände zu verkaufen. Sie hatte schon im Vorfeld Schriftverkehr (unter einem Pseudonym) mit Kiltaz, dem Karavanenführer, aufgenommen, da dieser allerhand Sonderbares besorgen konnte.  „Dieses Gift ist also unsichtbar und hinterher nicht nachweisbar?“ „Aber ja, Verehrteste – absolut keine Spuren!“, versicherte ihr Kiltaz   Falynidil, die mit einem Illusionszauber getarnt war, grinste in sich hinein und bezahlte Kiltaz großzügig. „Hervorragend“, dachte sie sich. Am Folgetag kam es zu der Zeremonie und die beiden Zwillinge waren eine wahre Zierde für alle Anwesenden - ein Aushängeschild für die Arach Tinlith. Wie sie sich bewegten, wie sie die Lloth preisenden Gebete aufsagten und darüber hinaus von Hausmagiern und Waffenmeistern zahlreicher Häuser, die dem Ritual als Gast beiwohnten, durch ihr Äußeres beeindruckten. Sie begaben sich nun vor die Opferschale und zeitgleich nahmen sie den Ritualdolch und ritzten sich damit den Unterarm etwas auf um wenige Blutstropfen in die Schale fallen zu lassen. Doch plötzlich erstarrte FelynidilL und sank leblos zu Boden – es war erst wenige Momente her, seitdem sie sich geritzt hatte. Chaos und Verwunderung brach unter den Anwesenden aus. „Ein wahres Opfer - lloth zu ehr!“, brachte Falynidil ehrfürchtig hervor. Es war ihr Meisterstück. Niemand zweifelte an ihr: das perfekte Schauspiel. Sie hatte sich über den leblosen Körper Felynidils gebeugt und zärtlich über die Wange der Schwester gestreichelt. Es war der Abschied von der der besten Feindin. Man hatte sie später auf ihr Zimmer gebracht. Zunächst wurde sich natürlich gefragt, wie es dazu kommen konnte. Da aber die tatsächliche Todesursache nie ganz aufgeklärt werden konnte, konnte der Tod nicht mit ihr in Verbindung gebracht werden. Einige Zeit später wurde Falynidil in den Stand einer vollwertigen Yathin erhoben und betrat nun Sold’Orb mit dem Ziel ein Haus zu finden, das sie zum Wohle Lloths formen konnte.

 
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Re: Fremde Pfade

Beitrag von Falynidil »

Prolog

Das Dämonennetz – eiserne Festung Lloths (unbestimmter Zeitpunkt)

Antriebslos schwirrte der Schemen, der von Felynidil nach ihrem Tod übrig geblieben war, durch das astrale Meer, am Rande des Dämonennetzes. Sie hatte zwar noch Erinnerung an ihr Leben als lebendige Priesteranwärterin, doch waren diese nicht länger von Belang, seit ihr sterblicher Körper verendet und dem Verfall preisgegeben wurde. Zeit und weltliche Angelegenheiten hatten keine Bedeutung in dieser Existenzebene, am Fuße der Festung Lloths. Keinen natürlichen Zwängen unterlegen, existierte sie schlichtweg und speiste mit ihrer Seelenenergie diese Ebene, in der die Spinnengöttin Lloth herrschte. 

Die eiserne Festung ist Lloths innere Zuflucht in dieser Ebene. Sie steht inmitten der Ebene und je nach der Gunst, in der man zu Lebzeiten gestanden hat, konnten sich die Seelen ihrer Anhänger unterschiedlich weit nähern. Felynidil stand vor dem Abschluss ihrer Ausbildung an der Arach Tinilith, als sie von ihrer Schwester Falynidil vergiftet und somit getötet wurde. Daher war es ihr lediglich möglich, sich am Rande des Dämonennetzes aufzuhalten, obgleich ihre Liebe zu Lloth (oder war es lediglich die langsam verblassende Erinnerung daran?) sie wie eine unsichtbare Kraft ins Innere der Ebene zog. Zwei Kräfte, die entgegengesetzt wirkten. Selten passierte etwas in der eisernen Festung, das von so weit entfernt hätte beobachtet werden können und wenn, war es das Einzige, das die Gleichmütigkeit in Felynidils Geist hatte verdrängen können. Ein einziges Mal war es seit ihres Aufenthaltes dazu gekommen, als eine gewaltige Fontäne aus violetter Energie aus der Festung empor gestoßen war. Bis heute. Erneut war es ein nebelartiges, violettes Licht, das sich seine Bahn aus der Festung suchte. Doch dieses mal schien es weniger ungerichtet, wie die Fontäne zuvor. Tatsächlich bahnte es sich seinen Weg, seinen Weg in Richtung des Sektors, in dem sich Felynidil befand. Ihr von der Unendlichkeit der Dinge gleichmütig gewordener Geist erwachte plötzlich zum Leben und beobachtete den Nebel, der sich wie ein lebendiges Spinnennetz durch die Ebene bewegte. Am Rand der Ebene angekommen schien das Netz einzelne Schemen, ähnlich dem Status von Felynidil, zu sondieren. Felynidil konnte den Energieschub der Kreaturen spüren, den diese erhielten, als das Netz sie berührte. Daraufhin manövrierten sie und ein paar weitere Schemen ebenfalls in die Richtung des Netzes, denn was es zu bieten hatte, schien wertvoll. Das Netz suchte nach etwas, dass war sicher und bisher war es offenkundig nicht fündig geworden… bis Felynidil in den violetten Nebel eintauchte.
 
Es fühlte sich erhaben an, dieses Gefühl. Es war ein Stück von Lloths Aufmerksamkeit, den die Schemen spürten, die von dem Nebel erfasst wurden. Es war überwältigend für jene, die so weit entfernt von ihr am Rande des Dämonennetzes ausharrten, eigentlich ohne jede Aussicht auf jedweder Beachtung. Zu unbedeutend waren ihre Leistungen zu Lebzeiten gewesen. Doch plötzlich kippte das Gefühl und Felynidil spürte, wie die Kraft sie ins Innere der Ebene zog. Ein unheimlicher Druck lastete nun auf ihr, da diese violette Energie offenbar mühelos gegen die Kraft anarbeitete, die Felynidil eigentlich am Rand der Ebene hielt. Sie passierte in rasantem Tempo ein schier unendlich groß erscheinendes Plateau und raste mit zunehmender Geschwindigkeit auf die eiserne Festung zu. 

Wenig später fand Felynidil in einer Kammer inmitten der Festung wieder, wo sie, unfähig sich zu bewegen, ausharren musste. Drei Yochlol, sechs Fuß hohe Kreaturen aus stinkendem Schlamm, die mit mehreren Tentakeln aber nur einem Auge ausgestattet sind, näherten sich. Als Lebende hätte der Klang ihrer synchron ausgesprochenen Worte in ihren Ohren geschmerzt, doch hier war Felynidil sich nicht sicher, ob sie tatsächlich auf konventionelle Weise sprachen. „Die Spinnengöttin hat eine Verwendung für dich, Felynidil. Du erhältst die einmalige Chance deiner Existenz doch noch einen Sinn zu verleihen, wenngleich anders geartet, als zu Lebzeiten.“. Die ehemalige Priesterin war noch immer überwältigt vom Glück, das sie erfahren hatte, sodass es einen Moment brauchte, um die Situation zu erfassen. Natürlich würde sie Lloth auch im Tod keinen Wunsch abschlagen, schließlich hatte die Göttin die Macht, Felynidils Existenz zu einer ewigen Qual zu verwandeln. „Ich diene Lloth im Leben wie im Tod, uneingeschränkt.“. 

Diese Antwort eröffnete ein gellendes Lachen der drei Yochlol, deren Tentakeln ekstatisch umher wirbelten. Violettes Licht erfasste den Raum und griff auf Felynidil über. Sie bemerkte wie sich ihr schemenhafter Körper verfestigte und gleichzeitig zusammen schrumpfte. Acht Beine wuchsen ihr und plötzlich nahm sie den Raum um sich herum aus einem Spinnenkörper wahr. Sie spürte den Boden unter sich, nach so langer Zeit. Absolute Euphorie machte sich in ihr breit. Die Ehre, von Lloth in eine Spinne verwandelt worden zu sein, erfüllte sie mit Stolz. Gewiss, nur eine sehr kleine, aber mehr hatte sie auch nicht erwarten dürfen. „Du wirst weiterhin an diese Ebene gebunden sein, da sie der Quell deiner Kraft bleiben wird.“, erklärte die mittlere der drei Yochlol und fügte hörbar amüsiert an: „Sofern deine Schwester sich dazu entscheidet, wird sie dich in die materielle Ebene beschwören und wer wäre besser geeignet… um ihr dort als Vertraute zu dienen?“. Felynidils Euphorie versiegte plötzlich, nachdem die Yochlol den Hintergrund ihrer Verwandlung offenbart hatte. Dies war also der Plan der Spinnengöttin. Wiedervereinigung mit der eigenen Mörderin. Als sie gerade gestorben war, hatte sie selbst aus dem Totenreich nach Möglichkeiten gesucht, sich an Falynidil zu rächen. Doch Rache hatte keinen Platz im Tod, war nicht mehr von Relevanz. Die Aussicht darauf, in die materielle Ebene zurückzukehren, gefiel Felynidil. Es versprach Abwechselung. Noch bevor sie ihre nächste Frage stellen konnte, antwortete die Yochlol bereits darauf. „Die Ilharess des Hauses Filifar wird ihren Pfad wechseln müssen und du wirst sie davon überzeugen. Lloth wird helfen eure Verbindung herzustellen.“. Felynidil begann insgeheim zu zweifeln, ob sich ihre Schwester auf eine solche Verbindung einlassen würde, doch noch bevor sie ihre Zweifel in Worte fassen konnte, kamen ihr die drei Yochlol zuvor.

„Du wirst sie überzeugen müssen. Scheiterst du, wie zuletzt als Lebende, wird im Dämonennetz nie wieder Platz für dich sein.“
Felynidils Antwort darauf erfolgte prompt: „Ich diene Lloth im Leben und im Tod, ewig.“
Zuletzt geändert von Falynidil am 02 Jun 2019, 16:29, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Fremde Pfade

Beitrag von Falynidil »

SoldˋOrbb

Sie hätte es nicht für möglich gehalten, dass etwas in Sold’Orbb geschehen könnte, das sie so sehr aus der Bahn werfen konnte. Sie war außer Atem, ihr Haar blutverschmiert, panisch. Eine trügerische Stille hatte den Ort eingenommen, an dem sie sich versteckt hielt. Sie riskierte einen Blick und erspähte einen maskierte Assassinen, der sich ihr näherte. Ihren Kräuterbeutel hatten diese elendigen Vhaeraun-Bastarde ihr entrissen, wodurch sie nun nicht imstande war, auf ihre von Lloth gegebene Kraft zurückzugreifen. Dann: ein zielstrebiger Blick. Der große Dunkelelf, dessen Maske unter seine Kaputze golden glitzerte, hatte sie entdeckt. Sie drückte sich von der Mauer ab und lief. Beiläufig bemerkte sie, dass sie mit einem Feenfeuerzauber belegt worden war. Sie leuchtete wie ein Stern in der Nacht. Es gab keine Möglichkeit mehr sich zu verstecken. Sie eilte durch einen Irrgarten aus Wegen und Gassen, inmitten der niederen Viertel Sold’Orbbs. Sie kannte sich hier nicht aus, jede Gasse sah aus wie die Nächste. Sie kam auf eine Gabelung zu: „Links oder Rechts?“. „Rechts!“, hörte sie eine Stimme sagen, deren Ursprung die Priesterin nicht zuordnen konnte. Intuitiv folgte sie der Anweisung, nur um auf eine weitere Gabelung zuzusteuern. „Links!“, erneut diese Stimme. Der Weg machte einen harten Knick, wie Falynidil bemerkte, als sie um die Ecke bog. Sie wollte abbremsen, doch es war zu spät. 

Um die Ecke hatte sich ein übernatürlicher Abgrund aufgetan, ein gigantischer Riss zwischen der materiellen Ebene und der Astralebene. Falynidil fiel, lies ihre Verfolger zurück und ein Gefühl der Glückseligkeit machte sich in ihr breit. Sie würde sterben, dachte sie. Lloth begegnen. Doch dann passierte etwas Unvorhergesehenes: ein Lichtball fiel parallel zu ihr, nur einen Meter entfernt. Zu ihrer Überraschung materialisierte sich etwas daraus: eine sonderbare Spinne, schemenhaft und durchsichtig, wie Falynidils Kleid „Elamshin“. „Folge dem Pfad, den ich dir zeige und du wirst leben, Falynidil.“, sprach die Spinne. Völlig verwirrt starrte die Priesterin die Spinne noch einen kurzen Moment lang an, ehe sie den näher kommenden Boden unter sich bemerkte und dem nahenden Tod in die Augen blickte.

Schweisgebadet schreckte die Priesterin hoch. Sie atmete noch immer heftig. Ein Alptraum? Sie fuhr sich durchs Haar und blickte in den Spiegel, der über der Kommode der Ilharess-Kammer hing. Das war kein Alptraum. Es war eine Vision. Die Zukunft? Möglich. Langsam schärfte sich ihr Geist wieder und der Verstand übernahm, wo zuvor noch Triebe und Instinkte für ihre Entscheidungen zuständig gewesen waren. Durch die Eroberung Winterbergs hatte sie sich die letzten Jahre um die Verwaltung von zwei Städten kümmern müssen. Ein aufwändiges und mühevolles Aufgabenfeld. Entlastung hatte sie dabei kaum erhalten. Einerseits wollte sie keinen Mann mit Verwaltungsverantwortung, die über Kriegsentscheidungen hinausgingen, betrauen. Andererseits war keine ihrer Jungpriesterinnen bereits so weit im Glauben gefestigt, dass diesen zu viel Verantwortung gut getan hätte. Also hatte sie sich selbst darum kümmern müssen. Nach und nach kam ihr der Traum wieder ins Gedächtnis und er warf Fragen auf. Könnte so ein Szenario real werden? Die Ilharess des ersten Hauses von Vhaeraun-Anhängern bedrängt. Inmitten Sold’Orbbs? Sie hob den Blick zur Decke, an der ein wundervolles Mosaik eines Abbilds der Spinnengöttin zu bestaunen war. Vielleicht habe ich den Überblick über Sold’Orbb verloren? Vielleicht genügte es nicht Sold’Orbb nur mit einem Auge zu übersehen. Die Gesellschaft der Dunkelelfen verzeihte keine Schwäche. Zeigte man Schwäche, würde man durch einen Stärkeren ersetzt. In Geschichtsunterricht der Arach Tinilith hatte sie von zahlreichen mächtigen Häusern erfahren, die solch ein Schicksal erlitten hatten. Doch Winterberg war nicht mehr und jetzt würde sie sich wieder ausschließlich um Sold’Orbb und die Verwendung der in Winterberg erbeuteten Güter kümmern. Dieser Gedanke beruhigte sie und ließ sie zum Taggeschäft übergehen. Während der nächsten Wochen dachte sie jedoch noch häufig über die Spinne, die ihr erschienen war und deren Worte nach.
 
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Re: Fremde Pfade

Beitrag von Falynidil »

Einige Wochen später

Während der nächsten Wochen hatten sich Gerüchte gehäuft, dass ein Vhaeraun-Kult sich in Sold’orbb hatte etablieren können, während das erste Haus mit der Ausbeutung Winterbergs beschäftigt war. Falynidil hatte diese Gerüchte, nicht zuletzt wegen des Traumes, den sie gehabt hatte, für sehr ernst genommen, obwohl der erste Magier als auch der Waffenmeister sie fortwährend hatten beruhigen wollen. Sie war sich irgendwann gar sicher gewesen, dass es sich mitnichten um einen Traum, sondern um eine göttliche Vision gehandelt haben musste. Sie hatte schon die eine oder andere davon in ihrem Leben gehabt. Immer hatten diese wichtige Impulse, wenn auch nur kryptisch, bereitgehalten. Auch konnte Falynidil die Stimme der Spinne nicht vergessen. Nicht nur wegen dem „was“ diese gesagt hatte, es war genauso das „wie“. Diese Stimme schien ihr, je länger sie diese im Geiste rekapitulierte, irgendwie vertraut. Doch Falynidil gelang es nicht den Schleier zu lüften und zu offenbaren, woran sie die Stimme des Wesens erinnerte. 

Seit der Vision hielt sich Falynidil nur noch unter Begleitung einer schlagkräftigen Eskorte in Sold’Orbb auf. Es ärgerte sie enorm, dass dies mittlerweile notwendig geworden war. Ihre frühere Freiheit, sich selbstständig überall zu bewegen, war nur noch eine ferne Erinnerung. Dies war der Preis der Macht. Selbst wenn sie ihre klerikalen Fähigkeiten nutzte, um unbemerkt unter den Bürgern zu wandeln, hatte sie oftmals das Gefühl, dass von Personen durch diese Maskerade hindurchgeblickt wurde. Zwar verfügte sie über mächtige Gebete, die einen Angreifer hätten töten können, aber was nützte dies in der Gesellschaft der Dunkelelfen, in der es selten zu offenen Auseinandersetzungen kam. Ein Sprichwort lautete, dass die Drow vorallem andere Drow als Feinde fürchteten, weil sie mit denselben Mitteln arbeiteten. Als Emporkömmling und gegen fremdartige Feinde hatten ihre vielseitig einsetzbaren Fähigkeiten des astralen Pfades wahrlich vortrefflich genützt. Sie wusste auf eine Vielzahl von Unwegbarkeiten eine passende Antwort. Doch in dieser speziellen Sache beschlich Falynidil das Gefühl, dass das Ausharren an der Spitze der Macht speziellere Fähigkeiten erforderte. Sie wusste zwar, wie sie einen Kopf zum Explodieren bringen lassen konnte, konnte aber nicht in diesen hineinsehen oder Informationen erzwingen. Am Beispiel des Verhörs ließ sich dieses Problem wie folgt beschreiben: die meisten Verräter ließen sich lieber alle Gliedmaßen einzeln abschneiden, ehe sie ihre Hintermänner oder Vhaeraun selbst verrieten. Viel nützlicher wäre es tatsächlich gewesen, die Folter auf einer geistigen, statt einer körperlichen Ebene zu vollziehen. So könnte man den Folteropfern bspw. die Präsenz ihres Gottes vorgaukeln, um wichtige Informationen zu erpressen oder ihren Geist dem Wahnsinn preis zu geben. körperliche Folter durch Gebete, die Falynidil bisweilen praktiziert hatte, hatte da tatsächlich Grenzen und war in ähnlichem Maße auch ohne klerikale Kräfte möglich. „Geistesmanipulation.“, dachte Falynidil bei sich und befand, dass ein Angriff auf die letzte Festung eines Wesens durchaus Vorteile haben könnte. Darüber hatte sie auch bereits Literatur studiert. Diese wurde in ihrem eigenen klerikalen Pfad jedoch nur in als Randthema durch Gebete wie bspw. Manabrand oder Wissensvergleich bedient. Weiterführende Gebete hatten ein spezielles Studium erfordert und überstiegen Falynidils derzeitge Fähigkeiten. Sie war bereits auf ähnliche Weise an ihre Grenzen gestoßen, als sie versucht hatte den Enapere-Dämon für die Eroberung Winterbergs zu nutzen. Weiterführende Kenntnisse im Bereich der Beschwörung hätte sie zu dieser Zeit vielleicht davor bewahren können, selber als Energiespender für den Dämon zu dienen. 

Zudem waren ihre Fähigkeiten im Bereich der Täuschung zwar nicht zu verachten, inmitten einer Rasse von Meistern der Täuschung waren diese jedoch für starke Angreifer zu durchschaubar, um einen verlässlichen Schutz darzustellen. Auch hier bot der allgemeine Klerikalpfad, den Falynidil seit der Akademie beschritten hatte, nur ein begrenztes Repertoire an Täuschungsmöglichkeiten. Die Priesterin stutzte bei diesen Überlegungen. War der Pfad, für den sie sich einst entschieden hatte, tatsächlich noch ihre Bestimmung? Nie hatte sie Zweifel gehegt, nie hatte sie Szenarien erwägt, die sie hätten zweifeln lassen. Doch seit dieser Vision hatte sich dies geändert. Ein dreimaliges schweres Klopfen riss sie aus den Gedanken und eine Stimme drang von Außen herein: Malla Ilharess, eure Eskorte ist Abmarschbereit, wie ihr es befohlen habt!“. Die Priesterin atmete kräftig durch und drückte sich an dem Pult hoch, an dem sie eben noch nachgedacht hatte. Sie würde zu einem späteren Zeitpunkt weiter darüber sinnieren.
 
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Re: Fremde Pfade

Beitrag von Falynidil »

Gejagt

Sie machte sich auf den Weg zu Kiltaz, dem Karavanenführer, dessen Dienste sie auch früher schon in Anspruch genommen hatte. Nimruil, Malagarn und Xun’far waren für den Schutz ihrer Ilharess von Tas’Rhadul ausgewählt worden. Zielstrebig durchschritt die kleine Delegation die Stadt, an dessen anderem Ende Kiltaz Lager vorzufinden war. Der schnellste Weg führte über den Marktplatz, der gesäumt war von Ständen und einem regen Treiben. Die sich dort aufhaltenden Dunkelelfen, die auf die Filifardelegation aufmerksam wurden, tritten hastig zur Seite und senkten ehrfürchtig ihr Haupt. Als sie einen Edelsteinhändler passierten, über dessen Stand eine große Plane aufgespannt war, stach Falynidil etwas ins Auge, das ihre Leibwächter wohl nicht bemerkten. Ein in eine Robe gehüllter Dunkelelf, der sein Gesicht im Schatten einer Kaputze verbarg, stand an einem Stützpfeiler und machte unauffällig Handzeichen in der dunkelelfischen Handsprache. Er signalisierte just in diesem Moment das Symbol für: „Das sind sie.“. Der Priesterin, die den Blick nicht von ihm abwand, gelang es im nächsten Moment einen Blick unter die Kaputze des Mannes zu erhaschen und was sie sah, ließ ihr kurz das Blut in den Adern gefrieren. Er trug dieselbe Maske wie der Assassine aus ihrer Vision. Sie kam nicht dazu Kommandos zu rufen, denn was folgte, geschah wie in Zeitlupe. Der Pfeiler der Plane wurde umgestoßen und die große Plane fiel auf die Delegation. Falynidil gelang es gerade noch zu verhindern, dass auch sie unter der großen Plane des Standes blind gemacht wurde. Sie bemerkte, wie Handarmbrüste auf sie gerichtet wurden und sprintete hinter einen Tresen um sich kurz darauf weiter von dem Ort des versuchten Anschlages zu entfernen. Die Assassinen, vier an der Zahl, ignorierten Nimruil, Malagarn und Xun’far, die bereits ihre Säbel gezückt und sich aus der Plane herausgeschnitten hatten. Doch zu diesem Zeitpunkt war Falynidil, gefolgt von den 3 Angreifern bereits 30 Meter von den drei Bewachern entfernt. Die hohe Anzahl von Besuchern und die Unübersichtlichkeit des Ortes selbst, machte es ihnen unmöglich ausfindig zu machen, wohin Falynidil gelaufen war. Also teilten sie sich auf. 

Falynidil musste runter vom Markt, der kaum Schutz bot und sie hatte auch bereits bemerkt, wie sie mit einem Feenfeuerzauber belegt wurde. Wie einen heller Stern bei Nacht würden ihre Verfolger sie erspähen können. Sie bemerkte die aufkommende Panik in ihr. Am Rande des Marktes baute sich ein kleinerer Kämpfer vor ihr auf, der eine ähnliche Maske wie ihre übrigen Verfolger trug. „Vhaeraun lässt dich grüßen, Falynidil Filifar“, hallte es dumpf unter der Maske. „Elgynirr Alu!“ fauchte Falynidil zurück, woraufhin ein Energiebolzen den kleinen Dunkelelfen in zwei Hälften teilte und dessen Blut Falynidil wie ein Fontäne bespritzte. Ihre Haare hatten sich mit seinem Blut rot gefärbt. Sie spürte einen Griff von Hinten, der sie am Arm hielt. Parallel dazu hatte der Assassine ihren Kräuterbeutel mit einem Dolch von ihrem Gürtel gekappt. „Was opferst du Lloth nun, na?“, er lachte diabolisch. Doch das Lachen blieb ihm im Hals stecken, als Nimruil von einem Holzverschlag auf ihn herabstürzte und seine Säbel in dessen Kopf versenkte. „Stirb, Vhaeraun Abschaum!“, zischte der Sargtlin. Ein anderer Assassine kam zusehens näher und Nimruil meinte über die Schulter zu der nun wieder freien Falynidil. „Lauft weiter, malla Ilharess. Ich werde sie aufhalten. Sollte ich scheitern, seid wenigstens Ihr sicher. Lloth tlu malla!“. Intuitiv folgte sie der Anweisung des Sargtlinen, der sich nun vollends umdrehte und die Zwillingssäbel geschickt in der Hand drehte. Einst hatte sie ihn als Bruder gekannt. Nun aber war er nichts weiter als eine nützliche Figur auf ihrem Schachbrett. Er erfüllt den Zweck, zu dem er geboren wurde. In der Hektik vergaß Falynidil es ihren Kräuterbeutel wieder aufzunehmen und eilte davon. Es konnten nicht mehr viele Attentäter übrig sein. 3 vielleicht, abzüglich dem, den Nimruil wohl gerade erledigte, eventuell noch 2. Immer mehr glich sich diese Situation ihrer Vision und sie spürte, dass ihre Verfolger ihr dicht auf den Fersen waren. „Links!“, „Rechts!“, „Rechts!“. Auf ihrer Flucht hörte sie wieder diese Stimme. Sie folgte dieser abermals intuitiv. Der Leitsatz aus der Vision: „Folge dem Pfad, den ich dir zeige und du wirst leben.“, war präsenter denn je. Sie konnte die Schritte ihrer Verfolger hören, als sie in eine Gasse einbog, die sich als Sackgasse entpuppte. Die Straßen hier waren verwinkelt und scheinbar fiel es den Attentätern trotz der Feenfeuerverzauberung schwer, Falynidil zu lokalisieren. Sie atmete angestrengt und sah sich um. Hohe Wände zu allen Seiten und nur ein Ausweg: dem aus dem sie gekommen war. Reflexartig griff sie an ihr Halfter. Es gab keinen Ausweg, es würde hier enden. So oder so. Als sie die Schlangenpeitsche ergriff, erwachten die Schlangen prompt zum Leben und züngelten herum. Falynidils Atem normalisierte sich und vor ihr materialisierte sich ein violetter Lichtball. „So sehen wir also wieder, liebste Schwester.“, waren die ersten Worte des  übernatürlichen Wesens und nach einem Moment der Irritation begann sich sich das Bild in Falynidils Kopf zu fügen. 

Sie brauchte nur etwas mehr Zeit. Nun wieder bei klarem Verstand, losgelöst von Panik, richtete sie den Blick vor sich auf den Weg und sprach: „Ellg Ssussum“, woraufhin sich eine Kugel der Dunkelheit um die Priesterin ausbreitete. Sie brauchte etwas Zeit und der Attentäter würde sich ihr nun vorsichtiger nähern, da er eine Falle wittern würde. Die Kugel hüllte sowohl den Lichtball, als auch Falynidil in tiefstes Schwarz. Sie würde das benötigte Quäntchen Zeit bekommen.

Die Stimme war ihr tatsächlich vertraut, wenngleich sie sie weniger verzehrt in Erinnerung hatte. Sie gehörte ihrer Zwillingsschwester Felynidil, derer sie sich zu Akademie Zeiten entledigt hatte, weil Falynidil deren Konkurrenz fürchtete. „Die Göttin wählte mich unter Tausenden aus, um dir fortan zu dienen, Falynidil. Deine Feinde sind erstarkt und du musst dich von deinem alten Pfad lossagen, um neuen Herausforderern gewachsen zu sein. Sprich „Lar Gre’as’anto Aterruce“ um mich in diese Ebene zu rufen! Folge dem Pfad, den ich dir zeige und du wirst leben, Falynidil“. Kaum hatte die Lichtgestalt dies gesagt, materialisierte sich Schwarze Perle, Alraune, Blutmoos und Spinnenseide in Falynidils Händen. Wo waren diese hergekommen? Eine göttliche Gabe? Es blieb keine Zeit dies weiter zu ergründen, gab es doch eine viel wichtigere Frage zu beantworten. Falynidil schloss daraufhin die Augen und dachte nach. Welch Ironie. Mit jedem Wort Felynidils fügte sich das Bild, dessen Rahmen bereits durch die damalige Vision gelegt worden war. Lloth hatte Felynidils Seele scheinbar in einen Zustand gebracht, in dem diese mit einem Gebet gerufen werden konnte. Welch Ironie! Kurz machte sich Widerstand in ihr breit, ein innerer Konflikt. Sie sollte nun also diejenige zu ihrer Rettung rufen, die sie einst hinterrücks ermordet hatte? Oh liebe Mutter Lloth, das sieht dir ähnlich. Schritte drangen an ihr Ohr, der Attentäter war fast da. „Mach schon… mit diesen Kräutern wirst du ihn auf deiner gewohnten Art und Weise nicht besiegen können! Du musst dich für Neues öffnen…“. Die Priesterin sammelte ihre Konzentration, presste die Reagenzien in ihrer Hand zusammen und sprach die Worte: „Lar Gre’as’anto Aterruce“, woraufhin sich der violette Ball ausdehnte und in die schemenhafte, ambivalente Spinne verwandelte, die Falynidil in ihrem Traum gesehen hatte. Sie kicherte amüsiert was in dieser Gesamtsituation völlig irritierend war. „Du magst deine Schutzgebete nicht wirken können, ich jedoch schon…“. Was nachfolgend geschah, fühlte sich an wie in Trance. Falynidil spürte wie die Felynidil Gebete wirkte und dass sie nun durch diese geschützt wurde. Zweifel waren ausgelöscht. Sie umgriff ihre Schlangenpeitsche fester und trat aus der Kugel der Dunkelheit hervor, was den Attentäter sichtlich überraschte. „Gibst auf, xas? Grüße die elendige Lloth im Dämonennetz von mir!“. Falynidil erwiederte nichts, sie griff ihn einfach nur an. Der Attentäter war gut mit dem Säbel und es gelang ihm sogar zwei der drei der Schlangen zu enthaupten, doch die dritte fand ihr Ziel und bohrte ihre Giftzähne in den Hals des Kriegers. Reglos, vom Gift gelähmt, sank er zu Boden, wo er sterben sollte. Die durchsichtige Spinne trat nun ebenfalls aus der Kugel der Dunkelheit hervor und gluckste spinnenartig:

„Wir werden viel Spaß miteinander haben, Schwesterchen. Der Pfad von Illusion und Täuschung wird dir gefallen.“

Falynidils Blick war noch einen Moment auf den Sterbenden gerichtet, bevor sie dem Wesen zuwendete, das allem Anschein nach einst ihre Schwester gewesen war. Ihr Verstand war geschärft, ihre Gedanken nun klar. Zwar hatte sie es immer als Bestimmung empfunden, sich den Prüfungen Lloths mit einem breiten Spektrum an Möglichkeiten zu stellen, doch die Dinge hatten sich verändert. Sie hatte schon vorab über die Grenzen ihres klerikalen Pfades sinniert und war selbst zu der Erkenntnis gekommen, dass ihre Fähigkeiten an der Spitze der Macht der Drowgesellschaft nicht mehr so effizient gewesen waren, wie auf dem Weg dorthin. 
Die Beschwörung des Enapere-Dämon und die vielen ergebnislosen Verhöre waren eine Sache, die Gefahr durch Attentäter eine Andere. „Illusion, Täuschung und Beschwörung…“, dachte sie bei sich, und erweiterte die Formulierung der Spinne somit. Dann fasste sie einen Entschluss. Um ihren zukünftigen Herausforderungen gewachsen zu sein war es nötig das grobe Schwert durch die feine Klinge zu ersetzen. Lloth hatte die Priesterin rechtzeitig auf diese Notwendigkeit aufmerksam gemacht. Falynidil würde sich spezialisieren. 
„So Lloth wünscht, dass unsere Existenzen wiedervereint werden… dann sei es so.“, erwiederte Falynidil kühl und sah Felynidil abschätzend an. 
 
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