Seelen im Zweiklang - Eine Freundschaft überdauert die Ewigkeit

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Ines Waldtau
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Registriert: 16 Apr 2020, 13:06

Seelen im Zweiklang - Eine Freundschaft überdauert die Ewigkeit

Beitrag von Ines Waldtau »

Der Wind strich über feuchten Bohlen des Hafenstegs auf der Suche nach feinen Ritzen und ungeschützter Haut welche er mit seinem Brodem erschauern lassen konnte. Der Nieselregen, welcher als Vorbote für das herbstliche Wetter daher kam, wandelte den Grund und Boden in unzählige kleine Spiegel. Von der Taverne her erklang der vielstimmige Gesang von Freibeuter Liedern, schräg und teilweise rauchig
daher gebrüllt.
„Fünfzig Mann und nur einen Strick...“ Eine vollschlanke Blondine wankte in unheilvollen Schlangenlinien den Steg entlang, in ihrem Arm ein zierliches Mädel mit wild zerzausten braunen Locken, welche lallend in das Lied mit einstimmte. Nur langsam, viel zu langsam arbeitete die kalte Nachtluft daran, die beiden trunkenen Frauen zu wecken. Kindisch gackernd wie zwei Hennen torkelten sie den Steg entlang singend
wie Seeleute, die seit Jahrzehnten rauchten und soffen, bis sie heiser waren.
Nikea wankte nur noch aufrecht weil Ihr Arm über der Schulter von Ines hing und diese sie so gesehen mitschleifte, längst schon war die Brünette zu keiner sinnvollen Handlung mehr fähig. Die dicke Blonde gluckste freudig.

„Ich sag dir was, du verträgscht nischts, du gehörscht zu den Weichflöten nach Anschilon.“
„Ja jaaa, aufn Kopp,“ kam die lallende Antwort. In der, von Schlieren verzerrten, Sicht der Dicken wurden die Umrisse eines kleinen Ruderbootes immer deutlicher. Eines dieser winzigen Fischerboote mit denen sie nahe dem Ufer Krabbenreusen auslegten. Es kostete Ines viel Mühen und beinahe eine Stunde Zeit um ihre dürre Freundin in das Boot zu zerren. Einer ungewöhnlichen Ruder-Technik, mit nur einem der zwei Ruder, folgend, fuhr die Blondine mit ihrer Freundin Richtung Ansilon. Selbst auf dem Wasser vollführten die beiden Schlangen Linien. Es musste etwa die Mitte des Sees sein, als die Brünette aufwachte und Ines anstarrte.
„Bei de hoschheilije Ale Fässer der Pala...dingens, wo schind wir?“ Ines stand auf und stemmte die Hände in die Hüften, was ihr eine groteske Pose eines wohlbeleibten und abgehalfterten Piraten verlieh.
„Wir schind Freibeuter im Namen des Mets. Ich habe gesprochen.“ das Brünette Mädel lachte prustend los, und stemmte sich unsicher nach oben. Keine der beiden Damen ahnte das ihre Haltung den Schwerpunkt des Bootes gefährlich verlagert hatte. So war es nicht verwunderlich, dass ein Schwall aus Met und halb verdautem Käse der den Hals von Nikea empor kroch und sie dazu veranlasst sich über den Rand beugen zu wollen, das Boot in Schieflage brachte. Mit zwei spitzen Schreien die heiser im Nebel der nahenden Morgendämmerung verklangen fielen die Frauen ins Wasser. Als Ines realisierte, dass nur eine von ihnen schwimmen konnte, nämlich sie selbst, zog sie Nikea an sich und strampelte was das Zeug hielt. Sie trudelte mit ihrer zappelnden Freundin im Arm auf dem See umher unschlüssig in welche Richtung des nächste Ufer läge.

Zwischen die feinen Perlen vom nieselnden Regen, mischten sich Tränen der Verzweiflung auf beiden Gesichtern. Weg geblasen war die Wirkung des warmem Mets, hinfort getragen die einlullende Wirkung Tabak schwangerer Tavernen Luft. Alles war so klar und so aussichtslos. „Ich werde dich niemals loslassen.“ Ines' Stimme klang gebrochen, einem Flehen gleich, das in einem Orkan von dem Gebrüll anderer, einfach so verklingt. Und während sie ein weiteres Mal nach fasste um Nikea zu umschlingen, erklang gespenstisch ruhig die Stimme von Nikea.
„Du weißt das wir es zu zweit nicht schaffen werden, rette dich.“ wisperte Nikea, Ines wollte aber nicht aufgeben.
„NIKEA WEHE DU LÄSST LOS!“
„Ines ich... wenn du an mir fest hältst wirst du mit nach unten gezogen.“ Ines erschauderte, sie selbst mühte sich ab jedes Wort hervor zu pressen und sich über Wasser zu halten beim sprechen und Nikeas Worte klangen so endgültig.
„Nikea ich kann dich nicht los lassen, verlange das nicht. Bitte!“ Doch der Blick ihrer Freundin blieb hart, es schien Stunden zu dauern bis sich ein feines Lächeln zeigte.
„Du musst, aber ich werde warten bis du mich findest und dann werden wir auf ewig vereint sein. Du musst stark sein und zwar hier drinnen.“ Dabei legte das Wesen seine Hand auf den Brustkorb, dort wo das Herz gelegen hätte.
Die Zeit schien still zu stehen, während Ines die Hände zurück zog und Nikea herab sinken ließ. Dann gluckerte es nochmal leise während die dicke Blondine flennend wie eine Zweijährige auf dem See trieb und mit den Armen und Beinen ruderte wie ein Frosch im Brunnen
„Bis Bald Nikea. Bald werden wir die Tavernen und Rauchstübchen wieder gemeinsam besuchen.“

~ ~ ~ ~ ~

Schwerelos trieb sie umher, das Gefühl sich dem Grunde des Sees zu nähern hatte schon vor so langer Zeit aufgehört. Alles war so still. Als Nikea ihre Augen öffnete war dort … nichts. Einzig in der Ferne glomm ein hauchfeines Licht. Dies konnte der Weg sein, von dem sie in so vielen Predigten des Herrn gehört hatte. Immer sagten sie es koste Mühen und Aufopferung ins Reich des Herrn und des Lichtes gelangen zu können. Sie streckte dem Licht eine Hand entgegen, es half nicht. Nikea ließ sich nicht entmutigen und setzte an zu schwimmen als wäre dieses Schwarz um sie herum der See. Wieder verharrte sie an Ort und Stelle, offenbar war der Weg ins letzte Reich des Lichtes doch nicht so einfach.

„Sie kann ihr helfen, Ja Ja, kann sie.“ Nikea sah sich um woher die Stimme gekommen war, doch konnte sie nichts ausmachen, dass in ihrer nähe war oder einen Mund besaß. Ihre Frage was sie tun müsste blieb vorerst unbeantwortet. Wütend wollte sie mit der Faust auf den Boden hauen, doch glitt ihre Hand nur vor ihrem Blick auf und ab. Nichts war hier um getroffen zu werden.
„Sucht die schmale Frau einen Ausgang? Ja? Sucht sie? Ja?“ Nikea wollte antworten doch in diesem … Nichts … wollte ihr nicht einmal ihre Stimme gehorchen. VERDAMMT und ZUGENÄHT! Natürlich wollte sie hier raus, wollte dem Licht entgegen. Es war als würde die Stimme ihren Kopf lesen oder ihre Gedanken, denn es erschien ein weiteres Licht. Nicht so rein und klar wie das weit entfernte aber es war da, so nahe das Nikea es greifen könnte.

„Schmale Frau kommt hier raus, ja? Soll Sie die Schmale mitnehmen, Ja? Ja?“ Das nahe verschwommene Licht sah verführerisch aus. Nun im Grunde sah es aus wie ein Irrlicht über einem Sumpf, Nikea kicherte innerlich, oder es war das letzte Lichte Reich für die Säufer und Sänger.
Ihre Hand glitt auf das verschwommene Licht zu. Der Moment den sie zögerte war so kurz das er kaum wahrnehmbar war. Sollten die Priester ihr Lichtreich behalten, sie würde in die letzte Taverne gehen die es gab. Einen großen Schluck Met, herzhaftes Fleisch und übel riechender Käse. Dies wäre der Ort an dem Ines sie am ehesten wiederfinden würde.

„Greif nur zu, zu trinken haben wir genug, ja haben wir. Likastra wird sich um die Schmale kümmern.“ Dieser Name, kurz vor dem Ziel zögerte Nikea nun doch, hießen so die Diener des Herrn, vielleicht eine uralte Druidin? Was sollte das Grübeln, Nikea wollte nie in das stocksteife Lichtreich der Priester, dies war ihre Pforte zur letzten Feier. Ihre Hand umschloss das verschwommene Licht und der einsetzende Sog raubte
der zierlichen Frau den Atem.

~ ~ ~ ~ ~

Umgeben von wabernder Dunkelheit oder nicht?

Eine rauchige Stimme fließt in groteskem Gesang durch die Stille. Der Gestank von faulem Ei und getrocknetem Blut vermengt sich mit träger schwerer Luft und formt einen Nebel der sich ölig verschmiert auf die Erscheinung der jungen Frau legt. Wabernd formt sich eine Gestalt aus dem Dunst, gierige Krallen streifen über den Rücken der blassen Frau, welche reglos am Boden liegt. Nikea rieb sich den Nacken und schaute hinauf in den Himmel. Zumindest hätte dort ein Himmel sein sollen. Was sie sah ließ ihr das Blut in den Adern gefrieren. Dort wo der Himmel sein sollte, wuchsen zwischen Nebel artigen Armen abertausend stechend roter Augen. Das Licht, wo war das Licht, sie war hier falsch! Panik kroch in ihr herauf während sie sich hektisch umsah. Dort war es, es schwebte über eine matschigen Pfütze bereit, Nikea nach Hause zu
bringen. So zumindest deren Hoffnung. Schmatzend rannte sie durch den Matsch und packte das Licht, nur um fest zu stellen das es unter ihren Fingern zerfiel. NEIN … Wo bist du hin? Dort! Das Licht hatte sich nur an einen neuen Ort begeben. Dieses Mal würde sie keine Zeit verlieren, wieder stürmte Nikea durch den blubbernden Morast.
„Hab ich dich!“ Doch in ihren geschlossene Händen verging das Licht zusehends und verschwand.
„Warum will die schmale Gastfrau sie verlassen, Warum? Warum?“ Aus den Bodennebeln erhob sich eine wabernde Kreatur. Ihre Umrisse brauchten lange bis sie erkennbar waren. Wo Nikea dachte nichts könnte sie mehr schockieren raubte ihr die Erscheinung ohne weiteres, erneut den Atem. Ihr Herz stockte und setzte Schlag um schlag aus.

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„Die Schmale, sie hat kein Herz, Nein Nein. Sie ist im Reich der Nebelherrin Likastra. Dieser gehören die Sümpfe, sie schickt die Irrlichter, sie schickt Farbenspiele, jede Leiche im Sumpf gehört ihr. Ja, ja.“
„Ich bin nicht in einem Sumpf versunken du... DU... DU...“
„Die Schmale will kämpfen! Will sie? Will sie?“ Die Klaue aus Rauch und Gestank packte die Kehle von Nikea und drückte sie in den Morast hinein. Sie wollte sich wehren und strampelte, doch es half nichts. Der dicke Schlick drang in ihre Kehle und raubte ihr jegliche Luft zum Atmen. Gurgelnd und gluckernd erschlaffte ihr Leib ein weiteres Mal innerhalb so kurzer Zeit, dieses Mal erfüllt von nagender Machtlosigkeit.
Durch den Rauch hindurch flüstern weitere Stimmen, sie gieren nach frischem jungem Fleisch.
'Fooooorrrrmmbaaaarrr' – 'Verrrdrrreheeeen'

Das Gieren der Stimmen wird lauter, mehr und mehr Krallen suchen den Leib Heim und beginnen sogar erste kleine Risse zu hinterlassen. Unsanft wurde der Leib aus dem Morast hervor gerissen, Nikea würgte den Schlick herauf und spie ihn röchelnd auf den Boden, noch immer lebte in ihr der Drang zu atmen, der Drang sich an die Luft und ihren Herzschlag zu klammern. Likastra hob die zierliche Gestalt mit einem
groben Ruck empor und zwang Nikea, ihr in die Augen sehen.
„Wird die Schmale artig sein? Wird sie? Sie muss!“
„Nimm deine Finger weg du dreckiges Miststück!“ Natürlich war es die falsche Antwort. Likastra zog Nikea sehr nahe heran und strich mit der Geifer triefenden Zungenspitze über die Wange des Mädchens. Jeder Fingerbreit dieser widerlichen Berührung hinterließ ein zischendes Brennen, während die glitschigen Körperflüssigkeiten der Dämonin sich in die Haut der Frau fraßen.
„AAAAAAAARRRRH – FAHR ZUR HÖLLE!“ wieder drückte die unnachgiebige Nebelklaue den Kopf von Nikea in den Morast. Nochmal durchlebte sie den Zeitpunkt ihres Todes, wieder ertrankt sie qualvoll und wieder riss der Dämon sie empor und starrte sie an.
„Wird die Schmale dienen? Wird sie artig sein?“ - „Ich sehe dich wieder wenn sich das Schwert eines Paladins durch deine Eingeweide bohrt.“ kam es röchelnd von Nikea. Wie lange sie sich schon gegen die Dämonin wehrte, wusste sie längst nicht mehr. Tag und Nacht, Sonne,
Mond, all diese Begriffe waren hier unten nicht existent. Immer wenn es dieser abscheulichen Kreatur zu langweilig wurde, dachte sie sich neue Wege aus um Nikiea zu zusetzen. So gab es, gefühlt, Wochen in denen sich Likastra damit begnügte Nikea zu schlagen. Dann wieder wurden die Spiele wie diese Dämonin es nannte perfider. Sie öffnete so etwas wie Tore, eher noch Fenster in welchen sie Nikea zeigten, dass die Welt wie sie sie kannte im Chaos versunken war. Vergewaltigungen ihrer Freundin Ines oder die Morde an Nikeas Familie waren die Höhepunkte zu welchen Likastra gellend gackerte wie ein kicherndes Huhn. Über allem jedoch stand das immer wieder kehrende Erlebnis um ihren eigenen Tod. Ob eingesperrt in einem knarzenden Holzkäfig, baumelnd von einem Baum, an den Füßen gefesselt und herab gelassen... Ertrank sie ein ums andere Mal. Nikea spürte wie ihre Kräfte aufgezehrt waren, sie war kaum noch bereit zu kämpfen. Ob man mit diesem Dämon verhandeln konnte?
„Sie ist hier um Spaß haben mit der Schlanken, ja ja.“ Innerlich sackte Nikea in sich zusammen, sie konnte diesem Wesen nichts mehr entgegen setzen, nicht nach all diesen Äonen des Leidens.
„Ich möchte eu....chrrr“ Weiter kam sie nicht, Likastra hatte ihre Kehle gepackt und drückte sie fest gegen den Boden. Nikea zitterte am ganzen Leib, ihre Finger schlossen sich um das, was das Handgelenk der Dämonin war. Mit flehender Panik in ihren Augen röchelte sie ihre Bitten um Gnade hervor. Zwecklos! Ihr Antlitz versank Fingerbreite um Fingerbreite im Morast welcher sofort damit begann sich an sie zu
schmiegen als wäre er ein kalter liebloser Galan. Nikea konnte es spüren, auch wenn es so quälend langsam geschah, sie konnte fühlen wie der Morast an ihrer Wange herauf kroch und ihre Mundwinkel erreichte.
„Niiichrrrt b...b...tte“ Doch alles was sie erreichte war ein verzücktes Kichern Likastras während der Schlamm in ihren Rachen floss. Die Dämonin ließ wieder einmal das vermeintliche Leben aus Nikeas Kehle aufsteigen in Form kleiner Luftblasen. Als sie Nikea herauf zog, und ihr erlaubte den Schlick hoch zu würgen und auszuspeien sah sie die junge Frau forschend an. Kraft und Hilflos versuchte Nikea sich zusammen zu rollen, und dreht sich auf die Seite während Likastra diesen Moment sichtlich genoss und das Schlamm verklebte Haar des Mädchens nach
hinten schob.
„Wird die Schlanke artig sein, wird sie? Wird sie?“ - „Bitte nicht mehr.“ - „Sag ihr, dass die Schlanke artig ist!“ Mit diesen Worten erhöhte sich der Druck auf den Hals Nikeas wieder.
„Stop, bitte, ich werde artig sein, bitte bitte ich werde artig sein!“
„Bringt sie hinab ins Wurzelwerk der Sumpfeiche, als Mane wird sie dort die Ewigkeit fristen.“ Die Dämonin tat einen Wink und etliche verzerrte Kreaturen wuselten hervor um Nikea davon zu tragen. Zu einem riesigen toten Baum unter dessen Stamm, inmitten der Wurzeln ein Mahlstrom waberte in welchem Nikea mit den anderen Dienern hernieder fuhr. Die Seele die eben noch unschuldig und des Lebens froh im Körper einer jungen Frau steckte, fand sich wieder, verformt zu etwas Abartigem. Keinen vollständigen Schritt hoch, in einen gedrungenen Körper gezwängt der vor Eiter kaum noch so etwas wie Haut aufwies, ward die Seele der jungen Frau zu schändlichen Arbeiten gezwungen. Kanonenfutter für den Nebelgeist dessen Name sie nicht aussprechen konnte ohne sich in Schmerzen zu winden. Das Mädchen Nikea wusste nicht, ob es Jahre, Jahrzehnte oder gar Jahrhunderte waren die sie hier verbrachte. Dahin vegetierend als Spielzeug einer sadistischen Herrscherin, welche eine Seele ums andere durch die Sümpfe in ihr Reich zog. Manchmal durfte Nikea verschwinden, wenn Likastra mit neuen Seelen spielte, aber oft, viel zu oft, musste sie zusehen und helfen die Unschuldigen zu quälen und zu verführen.
Likastra schien es Freude zu bereiten sie zum äußersten zu reizen, hätte ihre neue Gestalt weinen können hätte sie ununterbrochen geheult. Einzig getrieben von dem Gedanken, zu Ines zurück kehren zu können, biss sie sich durch die Torturen. Jeder Hieb, jede Beleidigung, jede Erniedrigung zehrte an ihrem Wesen. Aber irgendwann würde sie wieder bei jener sein die ihr Leben gegeben hätte um sie zu retten. In ihren wirren, verknoteten Gedanken sah sie sich und Ines Met saufend, die Wasserpfeife schmauchend in einer Taverne sitzen. Wenn sie sich Mühe gab Likastra zufrieden zu stellen, vielleicht würde diese sie weniger quälen? Einen Versuch war es wert. So tat sie alles was die Dämonin wollte, und spielte vor Freude daran zu haben. Bis Likastra sie zu sich rief.

„Sie hört von den Mühen der Schlanken... der Schlanken gefällt ihre Arbeit. Es will ihr noch mehr dienen ja, JA?“ Die abartige Gestalt die Nikea nun war, kroch im sumpfigen Schlamm vor dem was die Herrscherin als Thron bezeichnete.
„Die Schlanke wird ihren Willen erfüllen, sie verehrt die Herrscherin der Irrlichter“ Nikea hasste es so zu sprechen aber es könnte helfen Likastra zu überzeugen.
„Die Schlanke wird entsandt mehr zu suchen, mehr zu finden. Mehr wie die Schlanke eine war. Diese wird einen neuen Körper brauchen,“ Es wirkte seltsam wie der Nebelgeist mit der Fingerspitze an ihr Kinn pochte. Ehe die Dämonin sich wohl entschied.
„Hübsch wird sie die Schlanke machen. Ja ja. Wie sie früher war, Oh ja. Männer und Kinder soll sie in den Sumpf locken.“
Es war die Erfüllung eines Traumes. Über unzählige Zeiten hinweg hatte sie sich an diesen Gedanken und diesen Moment geklammert. Likastra legte ihr Klaue auf dem Haupt Nikeas ab und murmelte in uralten Worten einen unheilvollen Segen. In den ersten Momenten spüre Nikea gar nichts. Erst nach und nach spürte sie wie die Last diese Ebene von ihr abfiel, das kriechen als verdrehtes Monstrum war vorbei, so erhob sie sich und gab sich dem unheiligen Fluss hin. Dann hob Likastra sachte ihr Kinn an. Nikea spürte wie ein Teil der Macht des Dämons auf sie überging.

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„Nun soll die Schlanke gehen. Ja gehen soll die Schlanke, wandeln zwischen den Ebenen und ihr neue Seelen und Körper bringen.“ Nikea spürte ihr Bewusstsein wieder. Alles war wieder da. ALLES. Doch vor ihrem Ziel, stand der Beweis ihrer Treue zu Likastra. Ein Beweis der, auch wenn er falsch und tückisch war, einen schwer wiegenden Preis fordern würde.

Es war ihr erster Versuch, die anderen Jägerinnen hatten es ihr erklärt. Jägerin! Sie war nichts weiter als ein Irrlicht in wunderschöner Gestalt, eine machtvolle Lüge. Mit einem ihrer Fingernägel riss sie eine der unsichtbaren Wände der Domäne von Likastra ein, grade weit genug, dass sie hindurch schlüpfen konnte. Nikea setzte den Fuß voran und ging durch den Riss. Sie war zurück in der niemals endenden Leere, eben
jener Heimat der rastlosen die auch für sie zur Falle wurde.
Einem Wolf gleich schwebte Nikea durch die leere Anderswelt, eine Beute... nein ein Opfer war nahe. Sie selbst konnte mittlerweile ohne größere Anstrengung zwischen dieser Ebene und der Domäne wechseln, aber niemanden herüber ziehen. Nun war es an ihr zu beweisen, dass Likastra sie nicht überwachen brauchte. Es war an ihr zu beweisen, dass sie ohne Ketten und Augen hinter sich dienen würde, und wenn das ein Menschenleben kostete, dann war es halt so. Vielleicht würde sich später die Möglichkeit bieten das Opfer sogar zu retten.

Der junge Holzfäller wirkte im ersten Moment desorientiert, er hatte die gleiche Panik, wie sie damals, in seinen Augen. Es dauerte wohl einen menschlichen Herzschlag an, dieses Gefühl von Mitleid welches sie für ihn empfand. Er war auf dem Weg dem Licht der letzten Ruhe entgegen. Nikea glitt auf ihn zu und schwebte um ihn herum. Lasziv hauchte sie ihm lobende Worte für seine starken Arme in die Ohren. Er misstraute ihr anfangs, welch Ironie. Sie gab ihm etwas Zeit, die war -hier- eh nicht von Bedeutung.
„Wir könnten,“ säuselte sie verführerisch „ein letztes Ale mit auf den Weg ins Licht nehmen.“ Er schmunzelte und griff nach langsam nach ihrer Hand. Seine Frage was für ein Ort dies sei und wohin sie gingen überspielte sie mit einer Bemerkung über Magier und ihre Spielereien. Als wäre es ungewollt, lies sie den Träger ihres Kleides von der Schulter gleiten und gewährte der Seele des Burschen deutlichste Einblicke.
Nun begann sie mit ihm ein Katz und Maus Spiel, wobei sie ihn bei der Hand nahm und tänzelnd vom Licht fort führte.
„Hinter dieser Türe warten Stunden der Freude auf uns beide, du musst mir aber versprechen sanft zu sein. Wirst du mich dennoch begleiten?“ Ein Moment der Stille, nun käme es auf seine Entscheidung an. Er musste aus freiem Willen folgen. 'Mach schon.' Nikea setzte eine Miene tugendhafter Unschuld auf und stellte sich dem Geist des Holzfällers als ein leichtes Opfer dar.
„Ich werde auf dich acht geben, das erste Ale geht auf mich. Also ja, ich werde dich begleiten.“
„Schließe deine Augen, und spitze deine Lippen holder Jüngling.“ Er tat wie sie ihm angewiesen hatte und stolperte voran, es war beinahe zu einfach. Ein simples Schweben zur Seite reichte aus, und das nächste was sie vernahm war sein gellendes Gewimmer während Likastra sich ihm … vorstellte.

Sie öffnete wieder einen Spalt im Gefüge der Ebenen und glitt herüber. Dieses mal ein Reich welches ihr Fremd und zugleich so warm und vertraut vorkam. Zumindest einige Äonen Ruhe vor der Nebeldämonin wollte sie haben. Likastras Einfluss fühlte sich hier nur verschwindend gering an, dennoch war es schwierig sich vollkommen sicher zu fühlen. Traurig dachte sie an damals, Ines, die Tavernen, ihr sorgloses Leben.
Beinahe kam es ihr vor als könnte sie nach ihrer Freundin greifen, als sei diese ihr nahe. Nikea ließ sich treiben während sie ihren Gedanken nach hing. Sie konnte nicht erklären welcher Ort dies war, alleine die Nähe zu Ines und das fehlen von Likastras gierigem Sog, ließen Nikea lächeln. Zum ersten Mal seit etlichen Zeitaltern.
„Ines du hast es versprochen, wo bist du?“

~ ~ ~ ~ ~

Acht Monate später an der Akademie der Magier

„Nun gut Fräulein Waldtau, erzählt mir bitte von dem Wesen. Welches ihr wahrzunehmen glaubt.“
„Sagt ruhig Ines, Herr Gregor.“ Ines versuchte dem anderen Schüler zu erklären, dass sie ihre verstorbene Freundin manchmal in ihren Träumen sah und deren Stimme hörte wie sie suchend nach ihr rief. Kein Detail sollte ausbleiben vielleicht würde es helfen sie zu finden.
„Schwebte sie denn oder war das Gebilde Nebel artig?“
„Nein sie ist klar zu erkennen, ich finde keinen Grund daran zu zweifeln das es meine besten Freundin ist“ Der ältere Schüler nickte dann mehrmals und wies auf eine Bank in der Nähe.
„Ines, was du gesehen hast muss nicht zwingend ein Fall für einen Priester des Herrn, oder sogar einen Nekromanten sein. Es gibt weitaus mehr Wesen dort draußen als man sich träumen lässt. Druiden als Beispiel werden oft von einem Tier begleitet welches ein Spiegel ihrer Seele ist, und sogar wir von der Schule der Illusion haben astrale Wesen die wir als Vertraute kennen. Sie sind freie Wesen die zwischen den Ebenen wandeln können, und manchmal fühlen sie sich einem von uns, so sehr verbunden das sie bei uns bleiben. Hast du jemals versucht dich Nikea zu öffnen, ihren Ruf zu erwidern?“
„Erwidern? Wie meint ihr das?“
„Nun auf mich wirkt es als würde Nikea nach dir suchen, und wenn sie deine beste Freundin ist, wie du sagst, warum lässt du dich nicht darauf ein?“ Ines nickte stumm, seine Frage war berechtigt, war da noch die Angst ob ihres Versagens? Ines blieb kaum Zeit ihre Handlungen zu hinterfragen. Gregor hielt ihr eine handvoll Reagenzien hin. Schwarze Perle, Alraune, Blutmoos und Spinnenseite. Ines kannte sie vom Namen
her war sich aber nicht vollkommen sicher, was genau, wofür benutzt wurde.
„Kal Ex Xen wären die Worte...“ meinte Gregor aufmunternd und Ines verstand sein schmales Grinsen. Er wollte das sie es gleich jetzt und hier versuchte.

Was wusste sie bisher? Man brauchte dieses Gedankenkonstrukt. Sie musste sich vorstellen nach Nikea zu rufen jene hier her zu holen. Dann die Reagenzien, ihr Blick fiel hinab auf die Dinge in ihrer Hand. Ihre geistige Kraft und dann, sollte es in der Theorie, klappen. Ein letzter Blick ging zu Gregor herüber welcher nochmals aufmunternd nickte, seine Hand aber in der Tasche für Kräuter behielt. Ines stockte für einen
Moment, würde er versuchen Nikea zu töten? Dann schalt sie sich selbst als alberne Gans, dazu hatte er keinen Grund, aber wenn etwas schief ging würde er vorbereitet sein. Ruhig sprach Ines die Worte und versteifte sich auf das Bild in ihren Gedanken. Jenes Bild von Nikea wie, diese, Ines rufend, umher streifte. Dann öffnete die dickliche Blondine ihren Geist immer weiter und gab den Fluss ihrer Kraft frei.
„Kal – Ex – Xen“
„Ines?“ Der Ruf kam von weit her und er klang dumpf als würde man durch mehrere Lagen Stoff brüllen.
„INES!“
„Nikea?“ Ines blickte auf und vor ihr stand Nikea, keinen Tag älter als sie es damals auf dem See war. Und auch wenn ihre Gestalt noch verschwommen war wurde sie sehr langsam deutlicher und schärfer.
„Ines! Wo bist du?“
„Nikea? Ich bin … hier, folge meiner Stimme.“ Ines kam es wie ein niemals endendes Wunder vor. Die Stimme ihrer Freundin war nun laut und deutlich und auch ihre Gestalt war rein und klar als wäre sie niemals weg gewesen.
Ein Herzschlag von Ines verging. Noch einer verhallte in ihrem Brustkorb. Dann fielen die Frauen sich weinend in die Arme.
„Es tut mir so Leid, ich werde dich nie wieder gehen lassen, nie wieder hörst du?“ Nikea drückte sich stumm an Ines und lauschte deren Worten, sie würde ihrer Freund nicht sagen was geschehen war, Ines würde es vielleicht nicht verstehen. Für diesen Moment reichte es ihr, bei ihr zu sein.
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