Aus der Tiefe: Die Jagd beginnt

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Thril | Xrrsh
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Aus der Tiefe: Die Jagd beginnt

Beitrag von Thril | Xrrsh »

 
Einleitung
 
Der Fall der großen goldenen Städte lag Jahrtausende zurück, und einige Echsenmenschen hatten auf einem umnebelten Archipel, fern der neuen Welt, eine sichere Heimat errichtet.
Hier, im dampfenden Dschungeln von Zssann’Xrr, lösten die ersten Sonnenstrahlen des neuen Tages die kalte Nacht ab und läuteten den Weckruf des Ch’klann* ein.

Die Gemeinschaft traf letzte Vorbereitungen für die große Jagd und stimmten sich darauf ein.
Die Jäger konnten bereits den süßen Duft des Blutes in der Luft schmecken, allen voran ihre blitzschnellen und todbringenden Gefährten, die Sichelklauen. Sie waren bereits seit dem Vortag unruhig und sehnten sich mit jeder Muskelfaser ihrer kraftvollen Beine nach dem Rausch der Jagd!

Schon seit der Ankunft der Gemeinschaft auf dem von der Außenwelt völlig isolierten Dschungel-Archipel sahen die Kinder der Weltenschlange das große Potenzial der schlanken Echsenwesen, die sich wie ein Strauß auf zwei langen und kräftigen Beinen fortbewegten und ein Maul voll scharfer Zähne besaßen, welches trotz des verhältnismäßig kleinen Kopfes eine ernstzunehmende Gefahr für Beutetiere und auch andere Zweibeiner darstellen konnte. Besonders markant waren jedoch die großen Sichelförmigen und rasiermesserscharfen Klauen an den Füßen der Kreaturen, mit denen sie sowohl an größerer Beute und Hängen emporklettern können, als auch ihre Opfer in verheerender Art durch kraftvolle Tritte aufzuschlitzen vermögen! Diese Wesen, von Humanoiden Rassen gerne als Reitechsen verwendet – so es gelingt ihr Vertrauen zu gewinnen und ihr unbändiges Wesen unter Kontrolle zu halten – nahmen auf den drei Inseln einen Platz als Spitzenprädator ein – bis zur Ankunft der Gemeinschaft der Echsenmenschen.
Diese erkannten sehr schnell das immense Potenzial der Sichelklauen als Arbeitstier so wie auch später die Vorzüge und den wohltuenden Nutzen als Haustier. Über die Dekaden wurden die Sichelklauen so im Alltag des Lebens im Ch'Klann ein integraler Bestandteil. So musste ein Schlüpfling sich hier zu Beginn seiner Reifeprüfung eine wilde Sichelklaue aus den Dschungeln auswählen und versuchen sie an sich zu binden.
Eine Aufgabe die oft mehrere Tage oder gar Wochen dauern mochte und auch für ein Kind der Weltenschlange nicht ohne Risiko war – denn die Sichelklauen waren nicht nur schnell, sondern auch durch und durch wild und oft in Rudeln unterwegs!
Und manchmal geschah es durchaus, dass ein Schlüpfling nicht mehr von dieser Prüfung zurückkehrte...

Xrrsh'tzharr hatte seine Reifeprüfung bereits vor über einem Jahrhundert hinter sich gebracht, und obwohl er ein Nissian S'shay* der Traumformer war fühlte er sich gleichsam als Jäger und sehr mit seiner Sichelklaue verbunden. Sicher war auch die geschärfte Wahrnehmung für den Willen und den ewigen Traum mit dafür verantwortlich eine Art instinktives Band zu den Lebewesen um sich aufbauen zu können.
Auch am Tag der großen Jagd waren Er und sein treuer Begleiter im Jagdtrupp vertreten.
Das Ziel der Jagd war eine Gruppe von Bergtrollen auf der dritten Insel. Ebenbürtige Gegner und reichhaltige Beute zugleich! Es würde sich sicher lohnen.
  
Der Weg führte herab zum Strand, und von dort ein Stück über die tiefen Gewässer des Archipels , um von einer zur nächsten Insel zu gelangen. Obwohl die Sichelklauen nur zwei Beine besaßen, waren sie jedoch auch im Wasser äußerst agil und, wie gewohnt, schnell! Der kräftige Schwanz wurde wie ein Ruder benutzt, und der langgezogene und gelenkige Hals gestattete beim Tauchen flink nach Fischen zu schnappen. Einzig Kiemen zur Unterwasseratmung besaßen sie nicht, doch konnten sie dennoch sehr lange unter dem Wasserspiegel bleiben ohne Luft holen zu müssen.
 Auch wenn die große Jagd nichts übermäßig Außergewöhnliches mehr war, und die Abläufe und Wege im Grunde jedem Mitglied des Ch'Klann bekannt waren, verspürten dennoch alle eine merkwürdige, noch ungreifbare Anspannung.
  
Die Archipelgewässer waren gerade überquert als sich der Himmel zuzog und man sich am Strand sammelte. Doch der Jagdtrupp machte eine beunruhigende Feststellung: zwei Jäger fehlten. Rasch machte sich ein ungutes Gefühl in der Gruppe breit und die Jäger förderten diesen Zustand noch durch das Teilen ihrer Gedanken und Besorgnis.

Etwas stimmte nicht! Der Himmel hatte sich in unnatürlichem Tempo weiter zugezogen und verdunkelt. Düstere Gewitterwolken waren über dem Archipel erschienen, jedoch lag kein Donnergrollen in der Luft. Etwas finsteres bahnte sich seinen Weg durch den Traum!
Gerade sah man vom Strand aus den Kopf eines der Jäger aus dem Wasser hervorschnellen, voran die Arme und Klauen emporgerissen, als wolle er mit aller Kraft versuchen dem Wasser zu entfliehen – als die Gestalt des vertrauten Stammesmitgliedes von einer Fontäne dunklen Wassers verdeckt wurde, die unter seinem Körper durch das Wasser gen Himmel empor stieß und ihn vollständig verschwinden ließ!
Nach einem Augenschlag herrschte Stille und die Wasseroberfläche beruhigte sich wieder, doch Schlieren roten Blutes durchzogen das Wasser.
Man starrte nur gebannt auf die Stelle wo eben noch das Mitglied des Ch'Klann voller Entsetzen um sein Leben zu kämpfen versuchte, gegen etwas dem er , dem sie alle weit unterlegen waren!

Aus den tiefsten Tiefen der Meere hatte eine uralte Kreatur ihren Weg in die Gewässer des Archipel gefunden, und mit ihr ihre verderbte Brut! Ein Rhylion* war gekommmen und verkündete durch den unheilvollen Sturm, dass das jähe Ende nun gekommen sei....

Der Tag der Schrecken aus der Tiefe - an jenem Tag begann die große Jagd,doch anders als ursprünglich gedacht!
Die Jäger kamen aus den Tiefen, und die Beute waren alle Bewohner des Archipels. Der Ch'Klann wurde im Sturm völlig vernichtet, und die Kinder der Weltenschlange sahen einem aussichtslosen Schicksal entgegen.
Nicht nur dass Rhylion wütete, auch seine kleineren Nachkommen und andere düsteren Kreaturen in ihrem Gefolge, angezogen durch die unstillbare Gier, Hunger und Verderbtheit, fraßen sich erbarmungslos durch alles was sich in Reichweite befand.
In dieser Nacht verlor Xrrsh'tzharr jeden den er kannte, bis auf sein eigenes Leben...
  
Nur mit letzter Kraft, einer gehörigen Portion Glück und dank des Opfers seiner treuen Sichelklaue war es ihm gelungen diesem apokalyptischen Unheil mit dem Leben davon zu kommen. Der Preis jedoch war höher als irgendwer ermessen konnte. Er war allein. Seine Brüder und Schwestern tot. Sein Jagdgefährte mit den Sichelklauen - tot. Als letzter Überlebender seines Ch'Klann, an fremden Gestaden gestrandet, nach unerbittlicher Hetzjagd durch die Tiefen der Meere.
Erschöpft, geschunden und schwer verwundet fand er durch das mentale Leuchtfeuer des Ch'Klann dieser neuen Welt an dessen Ufer.
Man hieß ihn hier willkommen, und versorgte seine Wunden. Und er erholte sich auch recht schnell, körperlich jedenfalls.
Doch in seinem Leben, seinem Geist, klaffte ein Loch. Und in dessen Abgrund sah er immer wieder die gefräßigen Mäuler der Ungetüme aus den Tiefen...
  
Tag um Tag war es ein Kampf, sich aufzuraffen, neue Kraft zu schöpfen und vor allem Wache an den Ufern zu halten! Jeden Tag blickte er auf den Ozean und hielt Ausschau nach Anzeichen. Er könnte nicht damit leben wenn die Ungetüme dank ihm den Weg an diese Gestade gefunden hätten. Doch was brachte all die Vorsicht, all das Warten?
Ein Warten auf den Tod? Ein Ausharren und verstecken bis das nächste Unheil sich offenbarte? Nein....
  
Er kannte die anderen im Ch'Klann noch nicht gut, doch er bemerkte von welcher Verpflichtung und welchem Antrieb und Leben alle erfüllt waren. Ein kleiner Lichtblick, zurück auf ein Stück Heimatempfinden. Ein Gefühl welches sich Xrrsh nun wiederholen musste, sich wieder erkämpfen musste. Es war als befände er sich auf einer gänzlich neuen Jagd, und seine Beute würde das Leben selbst sein! Er würde sich sein Leben wieder holen und vorbereitet sein, Stück für Stück.
Nach Wochen waren seine Wunden weitgehend verheilt und er selbst war wieder bei vollen Kräften. Mehr noch sogar, er spürte deutlich wie er über sich hinaus gewachsen war. Doch auf jeder bisherigen Jagd fehlte ihm etwas, wie ein Teil seiner selbst. Er dachte unentwegt an seine Sichelklaue, und auch an das tragische Ende welches sie auf sich nahm um ihren Vertrauten zu schützen.
  
  
Wehmut...und Wut erfüllten ihn. Doch auch eine ungewohnte immense innere Kraft.
Er war bereits gestärkt und fortgeschritten genug den Ewigen Traum mit seinem Willen zu formen um sich diese Umstände nutzbar zu machen, ganz im Sinne des Gedankens sein sich sein Leben zurückzuholen. Die vielen Jahre die Sichelklaue an seiner Seite verbrachte brachten vor allem eines mit sich: Erinnerungen und Gefühle. Er kannte das Wesen seiner Sichelklaue beinahe wie sein eigenes, als wären ihre Seelen verbunden. Und so entschloss er sich am Ewigen Traum eine kleine Änderung zu seinem Vorteil vorzunehmen: das Wesen und die Erinnerungen von Sichelklaue zurück an seine Seite zu holen, wenn auch nur für begrenzte Zeiträume.
So suchte sich Xrssh'tzharr einen Ort im Sumpf an dem die magischen Drachenlinien besonders stark spürbar waren, und begann mit der Errichtung eines Sternensteinkreises aus eigens für den bevorstehenden Zweck ausgewählten Edelsteinen: das Beschwören einer magischen Gestalt, angefüllt mit dem Wesen seiner verlorenen Sichelklaue...



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 * Ch’klann – so wird ein Dorf oder eine Stadt bei Echsenmenschen bezeichnet,oft auch Gemeinschaft

 * Nissian S'shay – ein Schüler der einen Lehrmeister im Ch‘Klann gefunden hat

 *Rhylion – Rhylions sind gigantische Ungeheuer der Tiefsee aus grauer Vorzeit. Sie sind bösartig und äußerst gefräßig! Funfact: Die Hochelfen bewahren ein Jungtier geschrumpft in einer Badewanne auf ;-)
  
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