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Ich hab' mir etwas mitgebracht - oder davon, Dinge vor sich herzuschieben

Verfasst: 02 Okt 2020, 23:38
von Luinil Ahton
Luinil:
Puh, war das anstrengend. Luinil hatte den Abend damit verbracht, in geduldiger Kleinarbeit aus ihrem Knochenvorrat einen Haufen zu basteln, der mit etwas wohlwollen an ihren früheren Diener “Ärger” erinnerte. Dabei war ihre Natur alles andere als Geduldig. Vielerlei Knochen verschiedenster Grösse, mühsam hergestellter Knochenleim sowie ein Haufen weiterer, teils nutzloser Utensilien hatte sie bereitgestellt. Zu guter letzt wühlte sie vergebens in ihrer Truhe, um einen grünen Hut zu finden. 

Den Umstand, dass sie ihre Diener nicht mehr erschaffen konnte, nahm sie grösstenteils hin. Es war in erster Linie umständlich und nervig, dass ihre Nekromantie, genau genommen ihre gänzliche Befähigung zur Magie, nicht mehr “funktionierte” wie sie nicht Müde wurde, zu betonen. Aber noch störte es sie nicht so sehr, dass sie dagegen etwas unternehmen wollte. 

Je weiter ihre Arbeit fortschritt, umso mehr fühlte sie sich von dem Knochenhaufen beobachtet. Zwar hätte ein Betrachter, insbesondere einer mit magischer Gabe, sehr schnell bemerkt dass ihr Werk keinerlei Leben oder Unleben erfüllte, doch immer mehr spürte sie den Blick unzähliger Augen auf sich. Sie wuchsen ihm aus den einzelnen Knochen heraus und starrten sie an, wann immer sie den Blick abwendete. Oder war es nur das Gefühl des beobachtet werdens?

Dings:
Es dauerte Wochen, ehe es sich seiner Sinne überhaupt erst ermächtigen konnte. Sinne? Wo immer es auch war, dieser Ort war anders. Ein Ort, der sich Gesetzen und Regeln unterwarf. Das Wesen aus Unordnung, welches zu Besuch gekommen war, kam ursprünglich von hier, und hatte es mit zurückgenommen.

Es verstand die Natur dieses neuen Ortes und auch die Bindung zu dem anderen Wesen nicht. Es war an selbiges gebunden? War es nun selbst einer Regel unterstellt? Was war eine Regel überhaupt? Die Natur des anderen Wesens war leichter zu ergründen, darum hatte es das andere Wesen auch zu sich geholt.

So gelang es dann irgendwann auch, durch dieses Wesen diesen neuen Ort zu erfassen. Zuerst bekam es ein Gespür für Zeit. Ein seltsames Konzept von Geschehnissen und Zusammenhängen, von Aktion und Reaktion. Darauf folgte der Blick durch die Augen des anderen Wesens. Der neue Ort verfügte über Dinge, die Beständig waren und über solche, die weniger Beständig waren. Der Boden unter den Füssen des anderen Wesens änderte sich nur, wenn das Wesen sich… bewegte? Der Himmel über seinem Kopf wechselte jedoch dauernd das Bild. Wechselnde Farben von Grau zu Weiss und Blau, hin zu tiefem Schwarz mit einem dekorierten Bild verschiedenster, kleiner Lichter.

Luinil:
Die Wachen im Heredium beachteten sie nicht weiter. Solange sie mit irgendetwas beschäftigt war, kam sie immerhin nicht auf die Idee, einem unglücklichen Wachmann die Schicht weniger erträglich zu machen. Mit einem langen Stock prüfte sie ein paar mal die Beweglichkeit des Kiefers, immerhin musste der behelfsmäßige Diener ja sprechen können. Zufriedenheit machte sich in ihrem Antlitz breit, als der Kieferknochen sich stumm jeweils auf und ab bewegte. Weniger zufrieden war sie ob der Augen, welche ihr zwar direkt, aber doch etwas starr entgegenblickten.

"Wird ja auch langsam Zeit mein Guter, ich habe eine halbe Ewigkeit gebraucht dich auf diesem Weg zu formen!" antwortete sie ihm daraufhin. Energisch rüttelte der Kiefer auf und ab. "Schlau und besserwisserisch wie immer, ich hätte dich schon hergezaubert, aber der dumme Drache hat meine Magie kaputt gemacht!" mit einem Schlag an die Schläfe stellte sie den Schädel etwas schief. Das labile Konstrukt hielt stand, zumindest für den Moment, ehe der Kiefer wieder hoch und runter klapperte. "Habe ich dir doch erzählt, nach der Sache mit dem roten Sternchen war ich weg. Vergiss nicht immer alles!" entgegnete sie ihm genervt. In der selben Monotonie stellte Ärger eine weitere Frage. "Ja, er.. nein, sie.. es ist ein Drache! Holte mich zurück. Und seither geht alles mit Nekromantie immer schlechter, nicht einmal mehr ein Knochenspeer klappt, oder eben du. Du bist ja aus denkbar einfachen Knochen geschnitzt." meinte sie erst genervt und dann amüsiert. "Ist halt das einzige, was Sinn macht, holt mich zurück und klaut mir meine Magie. Ist ja schliesslich ein Drache, denen trau' ich nicht! Wer geht schon zu Fuss wenn er Flügel hat?!" mit flinken Schlägen haute Luinil ihm den Stock um die Schläfen, Ärger schüttelte, respektive bekam vehement den Kopf geschüttelt und klapperte wieder drauf los. "Da siehst du deine Einfältigkeit, Knochenmann. Der Drache verwandelt sich in die weisse Frau..." *klapper klapper* "... ja, Shirin" Luinil rollte mit den Augen, sie hatte Ärger weniger anstrengend in Erinnerung. "... und täuscht damit ALLE!" Ärger seufzte. Nein, Luinil seufzte. Beide seufzten. "Reinsteigern?! Ich weiss ja selber nicht genau, wo ich war 'dahinter'..." spottend äffte sie die Bezeichnung nach, für den Ort, der eben keiner war, hinter dem Gefüge, hinter allem. "...und er... SIE hat mich da gefunden." … “Welches ziehen in der Magengegend? Mit mir ist alles in Ordnung!

Es hatte keinen Zweck. Ärger war nicht mehr der gute Zuhörer, der er einst war, noch hatte er irgendwelche nützlichen Ratschläge für sie. Sie erkannte ihn kaum wieder. Mühsam schleifte sie ihn durchs Heredium und stellte ihn vor Vyktoryas Tür ab. "Das hast du jetzt davon, die Blinde wird dir gehörig auf die Nerven gehen!" ein letztes mal klapperte der Kiefer. "Und wie die Blind ist, NICHTS weisst du, aber auch gar nichts!".

Es wurde Zeit, dem Drachen einen Besuch abzustatten.

Dings:
Mehrmals hatte es versucht, das Wesen zu verlassen und zu einem anderen überzugehen. Erfolglos. Nur selten kam das Wesen zur Ruhe, war von stetigem Trieb und Wechsel gezeichnet. In jenen seltenen Momenten konnte es kurz aus den verschiedenen Löchern der seltsamen körperlichen Form hervorkriechen, doch gänzlich verlassen konnte es das Wesen nicht. Inzwischen hörte es seine Stimme, nach einigen Wechseln am Himmel vernahm es dann auch andere Stimmen. Meist etwas ruhigere oder zumindest sich weniger verändernde, weniger schrille? Einige weitere Wechsel am Himmel und es verstand dann auch mehr oder weniger, was da Gesprochen wurde. Es verstand, und doch machte das alles keinen Sinn - was nicht wirklich ein Problem darstellte.

Luinil:
Griesgrämig machte sie sich auf den Weg in die tänzelnde Bärin. Die letzten Wochen waren recht ereignislos vergangen. Abgesehen davon, dass ihre Magie nun gänzlich versiegt war. Eine Kleinigkeit, mit der sie sich inzwischen arrangiert hatte. Wer brauchte schon Magie? Magier waren ohnehin ein sehr lästiges Volk. Dem Drachen konnte sie trotzdem nicht verzeihen, nein, mit Naurm hatte sie noch eine Rechnung offen. Vor ihr ausgerollt ein großes, auffällig leeres Pergament. Sie war sich sicher, Naurm würde arg schnell merken, dass sie ihr auf die Schliche gekommen war. Einer offenen Konfrontation mit einem Drachen wollte sie aus dem Weg gehen - den meisten offenen Konfrontationen wollte sie aus dem Weg gehen, wenn es galt, die Maskerade hochzuhalten. Also brauchte sie einen Plan. Die Taverne war an diesem Abend belebter als auch schon.

In all den Jahren hatte sie ein Gespür entwickelt, konnte einen Raum oder gar eine Situation lesen, wusste, wo es sich lohnen würde, Schabernack zu treiben. Ihre Laune wurde direkt eine bessere. Sie bestellte ein Glas Milch bei Tara und liess den Blick durch den Raum gleiten. Grinsend nahm sie das Glas entgegen und beschaut es sich. An einem der Tische hatte sie Livius ausgemacht, die haarigste aller Schwingen. Wobei, nein, die Schwingen, Drachen, waren ja eher ledrig. Das Glas wurde unter der Theke entsorgt und sie hielt auf den Tisch zu. Neben Livius waren noch ein angehender Magier Namens Arcturus, sowie eine neugierige, grünäugige Frau am Tisch, deren Namen sie wenige Augenblicke später schon wieder vergessen hatte.

Arcturus hatte einen Bart, entsprechend fokussierte sie sich erst auf ihn. Er erinnerte sie an einen etwas milchgesichtigen, zu wenig strammen und weitaus weniger strengen Amon Lamont. Nach einigen Momenten der Nostalgie rettete sie die Geräuschkulisse der Taverne gerade noch so vor dem heranrasenden Tagtraum. Hin und wieder mochte sie es, sich in belanglose Gespräche begeben, insbesondere wenn es wichtigere, dringende Dinge zu erledigen gab, kamen diese gelegen. Die Grünäugige war seltsam und hatte mit der Sprache offenbar ein wenig Mühe. Oder sie war als Kind auf den Kopf gefallen, da war sich Luinil nicht so sicher. Das Gespräch hatte kaum angefangen, da hatte Luinil bereits vergessen, weswegen sie eigentlich hergekommen war.

Irgendwann fiel das Gespräch auf Kristalldrachen. Luinil hatte zwar keinen blassen Schimmer, um was es da genau ging, aber das Wort “Drache” reichte aus, um sie an ihr eigentliches Vorhaben zu erinnern. "Drachen… ah ja, genau! Livius! Hast du den dummen Drachen neulich gesehen?!" spieh sie ihm entgegen. Jetzt, wo sie sich wieder ihres Vorhabens bewusst war, stieg direkt der Zorn in ihr auf. Und was musste sie da hören? Vernichtet, wenn man dem Wolf glauben schenkte, vermisst wiederum, meinte der angehende Magier. Konnten sich die beiden nicht einigen? "MIST!" fluchte sie, und schlug mit voller Wucht die Faust auf den Holztisch. "Klaut die mir meine Magie und stirbt dann einfach!" Erneut landete die Faust auf dem Holztisch. Ein kleiner Holzspan bohrte sich unbemerkt in ihre Hand.

Dings:
Da war etwas. Es verspürte Aufregung. Ein Schmerz, war das, glaubte es zumindest. Das Wesen in dem er sich befand, verspürte oftmals derlei. Es war eher ungeschickt, stolperte hin und wieder, schätzte Abstände falsch ein, schien sich in dem ganzen drumherum nicht so gut zurechtzufinden. Doch dieses mal blieb etwas zurück. Es fokussierte sich ganz auf diesen Gast, bewegte sich durch das durcheinander eines Körpers zu ihm hin. Klein und einfach. Offenbar auch nicht von diesem… Leben erfüllt. Gänzlich anders als sein Wirt. Interessant, diese ‘Schöpfung’ war offenbar voller verschiedener Kreationen. Neugierig legte es seinen Fokus auf das Drumherum. Da war offenbar ganz Nahe noch weitaus mehr von diesem Gast. Vielleicht konnte es…

Luinil:
Die Stelle des Holztisches, auf welche gerade noch ihre Faust knallte, fing kurz an zu wabern, als hätte das Holz kurz seine stabile, feste Beschaffung verloren und bestünde nun aus Gelatine oder Schleim. Einer Seifenblase gleich löste sich ein kleines Stück Holz und schwebte zur Decke empor. Nur um dort zu zerplatzen und keinerlei Spuren zu hinterlassen. Davon bekam Luinil nichts mit, die restlichen Anwesenden offenbar schon. Insbesondere das Grünauge schien nun etwas beunruhigt und von allen dreien kamen allerlei unnötige Fragen oder Aussagen. “Man kann Magie nicht einfach klauen” … “Was habt ihr dieses mal wieder verbrochen, Luinil?” … notgedrungen stand sie mehr oder weniger unwillig und vielmehr noch unfähig Rede und Antwort. Mit der Wahrheit hatte Luinils Auffassung der Dinge, die nun vielmehr zu Erinnerungen geworden waren, nichts zu tun. Aber die Wahrheit kümmerte sie schon länger nicht mehr.

Stur wie ein Zwerg blieb sie dabei, Shirin hatte ihre Magie geklaut. Das Grünauge war nicht die erste, die ihr da anderen Unsinn auftischen wollte. Sie spürte, wie sich die stete Unruhe in ihr verstärkte. Warum konnten diese Tölpel nicht einfach zuhören und glauben. Leider verfehlten ihre unsinnigen Ausführungen ihr Ziel  und Livius kam wieder auf das Phänomen zurück, dass sich gerade auf dem Tisch abgespielt hatte: “Diese Blase, die vorhin vor euch schwebte, kam das schon öfter vor?” fragte er und deutete zu der Stelle auf dem Tisch. Noch ehe Luinil ihm einen vorwurfsvollen Blick zuwerfen konnte, durchfuhr sie ein kalter Schauer und sie spürte, wie sich jedes Härchen auf ihrer Haut aufstellte.

Dings: 
Unzählige Ewigkeiten waren vergangen, seitdem es zuletzt so etwas wie Aufregung verspürte. Wenn ihm dafür auch das Wort, geschweige denn die Sprache oder die Fähigkeit des Sprechens fehlte. Die kurze Zeit, die vergangen war, seitdem es sich auf den Gast, das Holz, den Tisch fokussiert hatte, war kaum der Rede wert und hatte in seinem nach Äonen erst jetzt heranwachsenden Gespür für Zeit schlichtweg keinen Platz. Doch die Worte dieses anderen… Wesens drangen, wenn auch verzerrt, mehr zu ihm durch als alle anderen Sinneseindrücke an diesem Abend. Diese Worte galten ihm, nicht dem Leib, in dem es sich befand.

Es machte sich auf den Weg durch ihren Leib. Praktischerweise hatte es zuletzt ein komplexes System von kleinen Kanälen im Leib entdeckt, denen es überall hin im Leib folgen konnte. An mehreren Stellen befanden sich Ausgänge, bisher hatte es sich nicht getraut. Jetzt wo es einen Weg und auch einen Grund hatte, den Leib zu verlassen, war es sich plötzlich nicht mehr so sicher. Und doch obsiegte dann die Neugier.

Nur kurz dauerte der Abstecher an. Zahlreiche Eindrücke prasselten auf es ein. Lebende Wesen, Dinge, die nicht von Leben erfüllt waren. Gerüche, Licht, Geräusche, alles war viel deutlicher zu spüren. Zu deutlich. Flux begab es sich wieder ins innere des Leibes.

Luinil:
Erst kratzte es sie im Ohr und dann musste sie auch noch Niesen. Der Blick verdrehte sich kurz zur Decke, ehe sie die Augen schloss. Hier und da ein Jucken, ein leichter Drang sich irgendwo zu Kratzen oder zu Reiben, das war sie sich gewohnt. Es gehörte für sie fast schon zu den anderen Trieben nach Fleisch und Blut und Schabernack. Doch zuletzt nahm es etwas überhand. Als sie die Augen wieder öffnete wurde sie mit entgeisterten Blicken konfrontiert. “Was war DAS?”. Wabernde, neblige Tentakel hatten sich aus ihrem Ohr heraus geformt und waren für die etwas aufgebrachte Stimmung verantwortlich. Arcturus war aufgebracht, Livius war knurrig wie immer und das Grünauge schien nachdenklicher als sonst schon. Im folgenden durfte sie ein weiteres mal die Geschichte ihres Verschwindens und ihrer Rückkehr zum besten geben. Für einmal wurde ihr mehr oder weniger schnell geglaubt und das Grünauge wollte ihr offenbar helfen, oder sie Untersuchen?

Tage später, als sie spätabends am Ufer des Binnenmeeres damit beschäftigt war, Steine vom Ufer mit möglichst hohem Bogen ins Wasser zu werfen, hatte sie das eher unangenehme Ende des Abends in der Taverne bereits wieder bewusst vergessen. Das Jucken im Ohr oder der Nase wurde zwar nicht weniger, doch mit derlei konnte sie sich gut arrangieren. Sie musste sich eingestehen dass die letzten Mondläufe etwas langweilig waren. Ein wirkliches Ziel hatte sie nicht mehr vor Augen. Sie war auch nicht mehr Getrieben wie früher. Jedem weniger einfältigen Wesen wäre längst langweilig geworden. Sie wiederum hatte kein Problem damit, über Stunden hinweg einfach nur Steine ins Wasser zu werfen.

Dings:
Es hatte noch ein paar Tage benötigt, um dies alles einzuordnen. Rudimentär, zumindest, verstand es diese Welt nun. Oben und Unten, Warm und Kalt, Schwarz und Weiss, von Gewicht, Leichtigkeit, dem Anfang und dem Ende. Geradezu erwacht war es, was sein Verständnis für die Welt anging. Eine sehr einfältige Welt, war der erste Eindruck damals. Ein Trugschluss. Bei dem Leib, den es bewohnte, hatte es sehr früh ein Talent entdeckt, welches Interessant war. Teilweise war es etwas widersprüchlich und doch wollte es sich diese Fähigkeit des Leibes, dessen Namen es nun auch kannte, genauer anschauen.

Offenbar war es die nun nicht mehr ‘funktionierende’ Magie Luinils, derer es sich angenommen hatte. Diese wiederum war sich seiner Anwesenheit nicht bewusst und gab einem dummen Drachen die Schuld.

Selber erinnerte es sich nun auch immer besser an die Dinge die bereits vergangen waren. Der ewige Blick auf die Schöpfung, von ausserhalb, war ein Blick voller Gleichgültigkeit. Und doch sah es irgendetwas in diesem Leib, der dort eigentlich nicht so recht hingehörte. Es passte nicht in die Welt, die alles in allem doch eine sehr ordentliche war.

Es hatte den Leib zu sich geholt und von einigen Makeln befreit. Es verstand nicht, warum genau es nun hier war, warum sich etwas verändert hatte. Vielleicht war es der Einfluss der Welt, doch es verstand je länger je mehr, warum die Welt den Leib und das dazugehörige Wesen nicht unbedingt mochte. Es war ein recht einfältiges Wesen und mittlerweile ging ihm der Umstand, dass es den Leib nicht verlassen konnte, ein wenig auf die Nerven. Zum ersten mal in seiner fast ewig andauernden Existenz verspürte es so etwas wie Zorn.

Luinil:
Sorgfältig suchte sie sich ein Steinchen vom Boden aus, holte aus und warf es, meist von einem Jauchzen begleitet, gen Himmel. Wenige Momente später platschte der Stein ins Wasser, sank dort kurz ein und kam an der Wasseroberfläche dann wieder zur Ruhe, so wie Steine das nunmal taten, die ins Wasser geworfen wurden. Platsch, platsch, platsch.

Das Platschen wurde lauter, bekam etwas dröhnendes, während die Sterne am Abendhimmel langsam verblichen und gänzlicher Finsternis platz machten. Luinil wusste nicht, wie ihr geschah, was ihr vorerst gefiel. Irgendwoher kam ihr das hämmernde, dröhnende Gefuchtel bekannt vor. Ehe sie sich erinnerte, konnte sie es Orten. Ihre Schädeldecke drohte beinahe zu platzen. Jedenfalls fühlte es sich so an. Fürwahr, es hörte sich so an wie damals als sie selbst an… dieser Wand, dem Vorhang...? rumgehauen hatte.

Es war nun eindeutig kein Juckreiz oder derlei mehr. Das waren, sie glaubte es kaum, wirkliche Schmerzen die mehr als nur unangenehm waren. Die Haare raufend, die Augen vor Schmerzen bis auf einen Spalt geschlossen, rappelte sie sich auf. Vielleicht würde es helfen wenn sie sich selbst… zwei, dreimal haute sie sich die Faust ins Gesicht, doch nein, das brachte keine Besserung. Wollte neulich nicht jemand sich dieser Sache annehmen? Angestrengt und von Schmerzen geplagt versuchte sie sich zu erinnern. Wimmernd, knurrend, manchmal gar schreiend und sonstwie ihr Ungemach verdeutlichend machte sie sich schliesslich auf den Weg zurück nach Ansilon. Mit etwas Glück war das Grünauge ja wieder in der Taverne anzutreffen.

Re: Ich hab' mir etwas mitgebracht - oder davon, Dinge vor sich herzuschieben

Verfasst: 09 Okt 2020, 19:02
von Luinil Ahton
Luinil:
Erst war sie noch vergebens zur Taverne gehampelt, diese jedoch war leer, abgesehen von den Bediensteten. Die pochenden Schmerzen in ihrem Kopf wurden nicht weniger und langsam hatte sie Mühe, dem Tier in sich nicht nachzugeben. Etwas Orientierungslos machte sie sich auf den weiteren Weg durch die Stadt, irgendwo musste sie doch irgendjemanden finden der ihr irgendwie weiterhelfen könnte auf dem Weg zu diesem Grünauge? Mehr aus dem Augenwinkel nahm sie auf dem Weg durch die Gassen die mehr als mannsgrosse Drachenstatue wahr.

Während es weiter in ihrem Schädel hämmerte, sie hielt den Schmerz jeweils mit einigen gezielten Faustschlägen im Zaun, wachten einige ihrer grauen Zellen langsam auf. Irgend etwas war da doch, hatte sie nicht neulich einen Aushang gelesen? Weiter darüber nachzudenken war anstrengend, so zwang sie ihren Leib schlichtweg zu der Tür. Schädel voran trat sie ins Museum ein. Seltsamerweise milderten sich die Schmerzen beim Aufprall ihrer Stirn auf das Holz. Tatsächlich sollte sie Glück haben, das Grünauge war hier, soviel konnte sie sehen, trotz vor Schmerzen nur einen Spalt breit geöffnetem Auge. Nachdem geklärt war, dass sie keinen Heilkundigen brauchte, erklärte sich dass Grünauge dann auch bereit, ihr zu helfen.

Offenbar ahnte diese gar, dass mit Luinil etwas nicht stimmte. Warum hatte sie ihr dass nicht einfach schon damals, beim ersten treffen gesagt? Sie prüfte kurz einige Register in ihrem Oberstübchen und entschied sich, die aufkeimende Erinnerung daran, dass Shira'niryn genau dies getan hatte, zu ignorieren. Deren weitere Ausführungen konnte sie nur mit Mühe folgen. Scheinbar hatte sie etwas mitgebracht? Von Aussen betrachtet, hatten die Schmerzen Luinil noch eine Spur einfältiger gemacht, als sie sonst hin und wieder war. Genau diese Schmerzen liessen bei den Erklärungen Shira'niryns etwas nach, diesem Umstand war wohl zu verdanken dass sich Luinil zumindest den Versuch unternahm, sich anzustrengen.

Dings:
Es erinnerte sich an diese Stimme. Es war eine ganze Weile her, doch es erinnerte sich genau. Das Gespür für Zeit wurde immer besser und es konnte eine Geschehnis zeitlich gegenüber anderen einordnen. Es hatte damals Fortschritte gemacht und von dem wenigen was es Verstand, wurden an jenem Abend Pläne gefasst. In der Zukunft stattfindende Geschehnisse, die dann doch nicht stattfanden. Es wollte sich ein genaueres Bild machen von dieser Stimme und machte sich, wie damals, auf den Weg aus ihr hinaus, so gut es eben klappen würde.

Luinil:
Sie spürte es wieder, dieses Kribbeln in der Nase, gleich würde sie niesen müssen. Panik erfasste sie, sie erinnerte sich, wie ihr damals berichtet wurde von irgendwelchen Tentakeln, die da aus ihr rauskamen. Was sie damals als unsinniges geplappere abgetan hatte, schien nun auf einmal näher an der Wahrheit dran. War das etwa ein Versuch von diesem Ding in ihr, rauszukommen? In ihrer Vorstellung würde dass nicht klappen ohne dass ihr der Schädel dabei platzen würde. In den letzten Wochen hatte sie kaum je mal niesen müssen. Ihre Maske hatte ihr dabei geholfen, genau diese konnte sie nun nirgends finden. Da war es auch schon zu spät und lautstark gab sie dem Reiz nach. Vielleicht war es die Anwesenheit des Grünauges, oder sie hatte einen etwas lichten Moment. Als sie die Augen wieder öffnete sah sie vor sich mehrere neblige, schwarze Auswüchse, die aus Nase und Ohren hervortraten.

Bei der Suche nach ihrer Maske hatte sich etwas Unrat aus ihrer Tasche auf dem Boden des Museums wieder gefunden. Damit war dann offenbar eine gewisse Grenze beim Grünauge erreicht und Luinil war gerade zu sehr mit den Tentakeln beschäftigt, als dass sie der doch recht strengen Aufforderung, sich nach draussen zu begeben, nicht folgen wollte. Wirklich zu helfen wusste sie sich nicht, so blieb es beim erfolglosen Versuch, die Tentakel in die Hände zu kriegen. Auch damit stiess sie beim Grünauge auf wenig Gegenliebe: "Das ist nichts, was du rausziehen kannst." kommentierte diese ihr tun. Damit traf sie offenbar einen Nerv oder drang sonstwie zu Luinil durch, denn diese schrak gar auf und riss sich für den Moment etwas zusammen und sogleich verschwanden auch die nebligen Auswüchse wieder.

Nach einigen weiteren überstandenen Geduldsproben war es dann soweit, Luinil versuchte nun immerhin, wie vom Grünauge angewiesen, zu meditieren. Das Grünauge hatte ihr mitunter auch erklärt dass sie einen Weg finden müsste, mit... dem Ding... zu kommunizieren. Sie war wenig überzeugt davon, dass sie auf diesen Weg mit... was auch immer da in ihr drin war, dass sie auf diesem Weg damit kommunizieren könnte, doch einen Versuch war es wert. Zudem wurden die Schmerzen nun immer weniger, fast schon so, als ob sich da etwas oder jemand gerade beruhigte. Über die Jahre, aber auch durch ihre Exkursion ins 'Nichts' hatte sie sich zu weit von dem entfernt was sie einst war und nachdem sie mit geschlossenen Augen einige Momente lang ausharrte, probierte sie es schlichtweg mit freundlichem nachfragen: "Geh bitte aus mir raus und gib mir meine Magie wieder"...

Dings:
Die Geschehnisse um den Leib herum wahrzunehmen war das eine, meist musste es sich dafür arg konzentrieren. Nach dem genaueren Blick von eben, bei dem weiteren Versuch den Leib zu verlassen, konnte es den anderen Leib nun deutlich besser hören. Offenbar war dieser anders. Dem Gespräch der beiden zu folgen machte wenig Sinn. Nein, den Worten... seines Leibes zu folgen, machte wenig Sinn. Es legte den Fokus auf den anderen und versuchte zu verstehen. Die Anleitungen des anderen Leibes was diesen... Akt des Meditierens anging, war nur bedingt hilfreich. Doch es bemerkte, wie sich irgendwo im Leib ein kleines Türchen öffnete. Ohne weiter abzuwarten, streckte es seine Fühler aus und nistete sich auch in diesem noch unbekannten Teil des Leibes ein.

Luinil:
Nun konnte sie... dieses Ding... direkt in ihrem Kopf hören. Die ersten Worte erschütterten sie geradezu. Es liess sie wissen, dass es ihren Körper offenbar nicht verlassen konnte. Wirklich überzeugt war sie nicht, doch das Grünauge schien hier mit dem Ding einer Meinung. Jetzt, wo sie es hören konnte, hatte sie sich dann aber erstaunlich schnell damit angefreundet. Für einen Moment jedenfalls. Auf die Anleitung des Grünauges hin, fragte sie es nach der nicht mehr funktionierenden Magie. Relativ schnell kam dann auch die Antwort und da wollte sie das Ding auch gleich wieder loswerden. Offenbar war ihre Magie von besonderem Interesse, um nicht zu sagen das interessanteste an Luinil. Nur mit der Nekromantie, genauer genommen mit dem Untod, hatte es seine Mühe. unnötige Umständlichkeit, meinte es, Unsinnig.

Anders als sie selbst war es in der Lage Magie zu nutzen, dass würde sie selbst, wie auch das Grünauge gleich erfahren. Rudimentär, grundlegend. Gar auf die Rea... warum hatte sie eigentlich Reagenzien dabei, nachdem sie nun Mondläufe nicht mehr gezaubert hatte? Einerlei, es schien darauf zugreifen zu können. Sie selbst tat nicht vielmehr als.. die Worte auszusprechen. Weil diese eben ausgesprochen werden mussten und wie es schien hatte es, für den Moment zumindest, noch keine richtige Stimme. Und doch kam ihr der Verdacht, als wüsste dieses Ding schon, bevor sie die Worte aussprach, welchen Zauber sie gewirkt haben wollte.

Es hatte nun auf einmal ein unnötig starkes Bedürfnis sich mitzuteilen und die Kommunikation funktionierte von einem zum nächsten Moment immer besser. Selbst musste sie zwar nichtmal wirklich die Stimme erheben, aber nur in Gedanken mit dem Ding zu sprechen war verwirrend. Es wollte mehr über Magie lernen, das war am Ende des Abends dann auch der nächste Schritt. Sie würde sich erst wieder beim Grünauge melden, wenn sich das Ding für einen bestimmten Pfad der Magie entschieden hatte, denn offenbar, so meinte es ihr neuer Gefährte, war da noch mehr?