Der Wein ist süß, das Zahlen bitter

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Samara
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Der Wein ist süß, das Zahlen bitter

Beitrag von Samara »

In den letzten Tagen hatte sich langsam wieder begonnen, dieses Gefühl eines unstillbaren Durstes in ihrer Kehle auszubreiten. Eigentlich hätte es gar nicht dazu kommen sollen. Sie wollten sich doch nur kurz trennen und in dem gemütlichen Heim außerhalb der Stadtmauern von Silberburg wieder treffen. Doch die Ankunft des Barden war ausgeblieben.

Stattdessen hatte sie ihre Schwester wieder treffen dürfen. Diese hatte zwar eine  Warnung für sie ausgesprochen, die sie durchaus ernst nahm, aber sie hatte nicht vor sich dadurch einschränken zu lassen. Zu lange hatte sie schon lernen müssen, auf dem Pfad zwischen Wahrheit und Geheimnissen zu wandeln. Und das würde sie auch weiterhin tun.

Tage vergingen während sie weiter geduldig wartete. Derweilen bot sie den Menschen ihre Dienste als Schneiderin. Es war eine gute Möglichkeit um so ein wenig unter Menschen zu kommen und sich abzulenken. Jedoch der Blick in den Spiegel verriet ihr neben dem Durst der sich langsam immer mehr ausbreitete, dass es bald unangenehm werden konnte.

Die Abende alleine verbrachte sie in Gesellschaft mit einer Flasche Wein und ihren Gedanken. Welche Möglichkeiten hatte sie eigentlich? Sie konnte nach Lugs suchen. Aus Erfahrung wusste sie allerdings, dass sie nur wenig Erfolg haben würde. Vor allem wenn er nicht gefunden werden wollte. War es das vielleicht? Nein. Sie war sich sicher, dass er sie niemals mit Absicht im Stich lassen würde. Es musste einen guten Grund dafür geben. All die Jahre hatte sie ihm Vertraut und sie würde jetzt nicht damit aufhören. Also musste sie warten.

Allerdings lief ihr, zumindest wenn die Theorie stimmte, die Zeit davon. Und sie hatte nicht unbedingt vor in der Praxis auszureizen ob sich die Theorie auch bewahrheiten würde. Das Schiff war die letzten Tage weitestgehend leer geblieben. Oder zumindest waren niemand außer dem Troll und dem Skelett anzutreffen gewesen. Beide waren keine große Hilfe gewesen. Wobei sie sich nicht sicher gewesen war, ob die Crew ihr überhaupt hätte helfen können oder wollen.

Einige weitere Gedanken später viel ihr ein anderes Angebot ein. Eine helfende Hand von der sie lange Gedacht hatte, sie müsste sie nicht ergreifen. Und sie würde fragen, ob sie diese Hilfe noch etwas erweitern konnte. Sie würde ihr Leben in die Hände dieser Frau legen, um dieses gegen die Ewigkeit einzutauschen. Lange Zeit hatte sie sich immer gewehrt, wenn dieses eine Thema aufgekommen war. Sie fasste ihren Mut zusammen und versuchte alle Ängste beiseite zu schieben, ehe sie sich zu dem großen Anwesen bei Ansilon aufmachte.
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Samara
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Re: Der Wein ist süß, das Zahlen bitter

Beitrag von Samara »

Je näher sie sich auf das Anwesen zubewegte, umso mehr begann ihr Herz zu rasen. Wann hatte sie genau eigentlich sich diesen wahnwitzigen Gedanken in den Kopf gesetzt? Hatte es nicht oft genug Streit gegeben, weil sie Leben wollte? Wie oft hatte sie Lugs versucht klar zu machen, dass sie furchtbare Angst vor dem Tod hatte? Und nicht nur das… auch Angst vor dem was er war. Sie hatte ihm vertraut und gleichzeitig sich vor dem gefürchtet was er war.

Bevor sie die Klingel betätigte, sammelte sie noch einmal all ihren Mut zusammen. Sie konnte nicht mit Sicherheit sagen ob man ihr wohlgesonnen gegenübertreten würde. Hatte nicht selbst der Barde oft genug vor seiner eigenen Art gewarnt? Für einen kurzen Moment keimte nochmal der Gedanke auf einfach umzudrehen und von ihrem Plan abzulassen, doch noch ehe sie es sich versah konnte sie selbst das Geräusch der Glocke hören, welche sie betätigt hatte. Die Zeit lief davon und sie hatte nur wenige alternativen.

Begrüßt wurde sie von der Frau, die ihr damals das Angebot unterbreitet hatte sie zu unterstützen, sollte ihr Liebster wieder für längere Zeit verschwinden. Es erleichterte die junge Frau, sie direkt persönlich vor sich zu haben. Viktorya wusste sofort, dass die Abwesenheit des Bardens sie zu ihr führte und sie führte Samara mit in einen gemütlichen Raum in dem sie ungestört reden konnten.

Während sie Vampirin vor ihr abwartete, sammelte Samara sich um ihren Wunsch in Worte zu fassen. Es kostete sie einige Mühe, bis sie es schließlich über die Lippen brachte, dass sie eine der Ihren werden wollte. War es Überraschung, was die Magierin für einen Moment zum schweigen brachte? Solch ein Wunsch wurde gewiss nicht alle Tage geäußert. Aber es gab auch nicht unbedingt viele Lebende, die in diese Welt eingeweiht waren. Vyktorya brachte berechtigte Einwände. Warum ausgerechnet mit ihr? Schließlich könnte sie Samara weiterhin am leben halten, bis Lugs wieder auftauchen würde. Aber ihr Entschluss stand fest. Sie musste stark sein. Wenn nicht für sich selbst, dann für den Spielmann.

Nachdem sie sich entschieden hatte, dass es von ihr aus sofort soweit sein konnte kümmerten sich Vyktorya und Rorek der mittlerweile dazugekommen war geradezu fürsorglich um sie. Und sorgten noch dafür, dass zumindest ihre Schwester eine Nachricht bekam, damit sie sich keine sorgen machen musste. Die Nachricht war kurz und man konnte eventuell der Schrift entnehmen, sollte man sie sehr gut kennen, dass sie doch zugleich vor Nervosität etwas zittrig wirkte.

„Liebste Shi, ich bin nochmal für eine weile Unterwegs. Ich muss wissen wo Daniel abgeblieben ist. Wenn ich zurückkomme möchte ich das wir wieder mehr Zeit miteinander haben. Deine Samara.“

Sie hatte einst so vieles mit ihrer Schwester, ihrem Zwilling erlebt. Wann war dies eigentlich alles so fürchterlich zerbrochen? So glücklich und unzertrennlich waren sie als Kinder gewesen. Auch hier hätte jemand böses dem Barden die Schuld für geben können. Als ihre Geschwister sich gegen ihn ausgesprochen hatten, hatte Sam sich für ihn entschieden. Hatte sie da eigentlich schon um sein Geheimnis gewusst? Die Zeit, die seither vergangen war kam ihr wie eine Ewigkeit vor!

An alles was danach passierte, konnte sie sich nur verschwommen erinnern. Sie wurde von den beiden Vampiren in die Unterstadt der Vampire gebracht. Einige wenige Male war sie hier schon mit Lugs oder Svenja gewesen und wie immer hatte sich die Anspannung in ihr breit gemacht sich irgendwie als Beute zu fühlen. Und irgendwie war sie dies dieses Mal auch. Eine freiwillige Beute die bereit war ihr bisheriges Leben gegen ein neues auszutauschen.
In dem kleinen Zimmer zu dem sie geführt wurde hatte sie auf Vyktoryas Aufforderung Rorek alles gegeben was eine Gefahr für sie darstellen konnte. Danach hatte die Vampirin sich an ihrem Blut gelabt und Samara hatte es einfach geschehen lassen, während ihr inneres für einen kurzen Moment aus reinem Überlebenswillen dagegen ankämpfen hatte wollen.

Als sie danach wieder zu Bewusstsein kam, war das erste was sie übermannte Schmerz. Sie hatten sie davor gewarnt, aber keine Worte hatten sie auf das vorbereiten können was sie die nächsten Stunden… oder Tage durchlebte. Sie hatte in dem kleinen Raum jegliches Zeitgefühl verloren und der Schmerz machte die zuvor sonst meist ruhige und besonnene Frau rasend.
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Samara
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Re: Der Wein ist süß, das Zahlen bitter

Beitrag von Samara »

Die Stille in dem fensterlosen Raum war geradezu erdrückend. Um sie herum waren durch den Raum hinweg Federn eines der Kissen verteilt, dass es nicht überlebt hatte. Ob es die schmerzen oder die innere aufgestaute Rage war konnte die frisch gewordene Vampirin nicht mehr ausmachen. Die Phiolen mit Blut, die ihr wohl zurückgelassen worden waren, hatte sie restlos geleert und lagen über den Boden verstreut herum. Und dennoch – in ihrem inneren nagte ein Gefühl, dass sie in einer abgeschwächten Form kannte. Ein unbändiger Durst der nicht verschwinden wollte. Im Augenblick saß sie ruhig auf dem Bett. Oder zumindest hätte es für einen Beobachter so wirken können.

Die Hände waren fest in die Bettdecke verkrampft um sich selbst Halt zu geben. In ihrem inneren brodelte ein nicht zu bändigendes Verlangen, das sie in Rage versetzte und ihr zugleich Angst vor sich selbst einjagte. Obwohl sie wusste, dass die Türe verschlossen war hatte sie sich auch schon versucht durch diese aus ihrer mehr oder minder selbst gewählten Gefangenschaft zu befreien – natürlich nicht ohne dafür von der Türe durch Roreks Zauber durch einen schmerzhaften Schlag belohnt zu werden. Seither führte sie einen inneren Kampf gegen sich selbst, von dem es schien, dass sie ihn nicht gewinnen konnte.

Nach einer gefühlten Ewigkeit öffnete sich die Türe und Viktorya kam zu ihr in den kleinen Raum um nach ihr zu sehen. Sie hatte neue Nahrung für sie dabei. Doch als Samara auf sie ältere Vampirin zustürzte verschwand diese vorerst wieder in dem Beutel aus welchem jene gekommen war. Bevor sie die Phiolen schlussendlich doch erhielt, wurde sie ermahnt und die Ältere versuchte sie anzuleiten, wie sie die Kontrolle erlangen konnte. Zwar hörte Samara ihr zu, doch ihre Gier nach dem kleinen Gegenstand versuchte sich ununterbrochen nach oben zu kämpfen. Sie wusste nicht mehr wie sie es geschafft hatte. Aber irgendwie hatte sie sich Kontrollieren können… zumindest bis zu dem Zeitpunkt bis ihr die Phiole hingehalten wurde. Gierig wurde der Inhalt geleert.

Zwar fühlte sie sich danach etwas besser und ein klein wenig ruhiger jedoch war sie fernab davon behaupten zu können, dass die Gefühle, die sie seit ihrem Erwachen hatte losließen. Ein wenig später kam auch noch Rorek, in den Raum jedoch war er eher so etwas wie ein stiller Beobachter und sprach nur wenig während sich die beiden Frauen unterhielten. Ehe die beiden den Raum verließen, erklärte Vyktorya ihr noch, dass sie ihr 5 gefüllte Phiolen hierlassen würde und in unregelmäßigen Abständen vorbeischaute. Sofern sie etwas übrigließ, würde sie weitere 5 erhalten. Sollte sie jedoch alles leertrinken, würde sich die Anzahl reduzieren.

Der nächste Besuch, den sie erhielt war von Rorek allein. Dieses Mal war der Spiegel, der in dem Raum hing zersplittert vorzufinden und die Phiolen waren gänzlich geleert. Wie angekündigt erhielt sie dieses Mal nur noch vier weitere Phiolen. Bisher hatte sie Rorek mehr als schweigsam wahrgenommen. Doch diesmal unterhielt er sich mit ihr länger. Sprach mit ihr über die schwächen und stärken, die ihr neues Leben mit sich brachten. Einige davon hatte sie selbst schon bei Lugs gesehen und kannte sie somit von ihm… andere jedoch, waren ihr noch vollkommen neu.
Als sie wieder alleine gelassen wurde ging ihr durch den Kopf wie sehr Lugs immer versucht hatte sie von anderen seiner Art fernzuhalten.  Die Warnungen die er immer ausgesprochen hatte. Nach der Crew zu urteilen war dies zu großen Teilen ihr auch durchaus logisch vorgekommen. Jedoch machten Vyktorya und Rorek einen viel ruhigeren Eindruck auf sie. Vielleicht mochte das daran liegen, dass sie jetzt ebenfalls eine der Ihren war… jedoch war Vyktorya auch schon vorher zuvorkommend zu ihr gewesen…
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Samara
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Re: Der Wein ist süß, das Zahlen bitter

Beitrag von Samara »

Gefühlt eine Ewigkeit war vergangen, bis sie behaupten konnte sich unter Kontrolle zu haben. Doch sie hatte es geschafft. Zumindest glaubte sie das. Und Vyktorya und Rorek mussten es ebenso glauben. Immerhin hatten sie ihr erlaubt nun wieder zurück in ihr gewohntes Leben zu gehen.

Was war eigentlich gewohnt? Ihr bisheriges Leben hatte immer irgendwo Veränderung mit sich gebracht. Auch wenn sie nun vermutlich die größte Veränderung ihrer Existenz durchschritten hatte. Aktuell genoss sie die Ruhe ihres kleinen Heimes in Silberburg und ließ in der kleinen Badewanne – in welches sie ein Kräuteröl beigemischt hatte – ihre Gedanken schweifen. Wobei ruhe nicht die richtige Bezeichnung war. Sie nahm die Geräusche um sich herum viel intensiver wahr und war noch nicht in der Lage alles auszublenden.

So war es auch gewesen, als sie zusammen mit den beiden ihren Ausflug zu der Lehrstunde ihrer Schwester gemacht hatten. Sie hatte das Leben um sich herum deutlich wahrgenommen. Es hatte sie Mühe gekostet, sich zu beherrschen und gleichzeitig noch ihre Tarnung aufrecht zu erhalten. Der Unterricht an sich war ihr jedoch zweitrangig gewesen, sie hatte die Chance genutzt ihre Schwester wieder zu sehen und hatte versucht ihre Gedanken hauptsächlich auf sie zu richten. Sie hatte sich großartig gemacht. Aber nichts anderes hatte sie von Shirin erwartet. Wie gerne wäre sie zu ihr hin und hätte ihr das persönlich gesagt. Aber das war nicht möglich. Wie so vieles was sie ihrer Schwester nicht sagen konnte und auch niemals können würde.

Roreks Worte kamen ihr in den Sinn: „Bedenke immer… du alterst nicht… irgendwann musst du Shirin eine Erklärung liefern müssen, warum du nicht alterst.“
Wie lange würde es dauern, bis es ihr auffiel? Auch ihre Schwester war weit davon entfernt, menschlich zu sein. Vermutlich könnte man sogar behaupten, sie war weniger menschlich als sie selbst. Immerhin hatte sie nur ihre Sterblichkeit hinter sich gelassen und hatte nun den Preis dafür zu zahlen.

Unter normalen Umständen wäre sie niemals bereit dazu gewesen. Unter normalen Umständen hatte sie spätestens mit ihrem Gewissen gehadert nach ihrer ersten Begegnung mit einem Sterblichen. Es hatte das Leben der Frau gekostet. Der Hunger war stärker gewesen, als ihr eigenes Bewusstsein.
Zu Beginn hatte sie sich noch selbst Vorwürfe gemacht. Sie hatte mich inneren Zweifeln zu kämpfen gehabt ob ihre Entscheidung die richtige war und wie viele Sterbliche sie noch auf dem Gewissen haben würde, weil sie sich nicht unter Kontrolle hatte. Jedoch schob sie diese Gedanken Stück für Stück zur Seite. Sie war diesen Schritt nicht gegangen um in Selbstzweifeln zu versinken. Je mehr sie sich vor sich selbst fürchtete und ihr neues Wesen nicht akzeptierte umso weiter weg wäre sie von ihrem eigentlichen Ziel abgekommen: Raus aus der verborgenen Stadt um weiter nach Hinweisen zum verbleib des Barden zu finden.

Sobald sie aus dem Bad stieg würde sie sehen ob sie noch etwas persönliches vom Barden finden würde. Vielleicht konnte sie irgendwo tatsächlich in dem Haus noch eine Haarsträhne oder ähnliches finden. Aber wie würde sie sich sicher gehen, dass dies tatsächlich von ihm stammte? Wenn nicht… würde doch das kleine Buch herhalten müssen, das sie immer bei sich trug. Ein Geschenk das sie einst von ihm erhalten hatte. Sie hoffte inständig, dass sie ihn mit dessen Hilfe tatsächlich entweder finden oder ihm eine Botschaft zukommen lassen konnten.

Zudem würde ihre Schwester eine Nachricht bei ihrem Heim vorfinden können. Sie wollte den Kontakt mit ihr wieder ausbauen und ihr Näher kommen. Vielleicht würde ihr zumindest dieser Wunsch erfüllt werden?

Auf der Nachricht für Shirin würde sie folgende Zeile lesen können:

Ich bin wieder zurück. Ich möchte dich gerne Besuchen. Lass mich wissen, wann du Zeit für mich hast.

Deine Samara.
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Shira'niryn
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Re: Der Wein ist süß, das Zahlen bitter

Beitrag von Shira'niryn »

~ Vor Wochen ~

» Deine Schwester verhält sich merkwürdig. «
Die Worte der schneeweiß geschuppten Drachendame hallten durch den Kopf der Magierin und mit einem Stirnrunzeln wog sie den Kopf zur Seite, als würde sie einen Moment darüber sinnieren müssen. Naurm hatte die Nachricht von Samara, dass jene Daniel suchen wollte, mit einer gewissen Missgunst aufgefangen, obwohl sie immer vorgab, dass sie es nicht tangieren würde.
» Nein, das ist menschlich. «
Erwiderte Shirin leise, fast geflüstert, obwohl es ausgereicht hätte die Worte in ihrem Inneren zu formen. Ihre Antwort brachte eine gewisse Unruhe in ihr Inneres und sie spürte die harschen Bewegungen Naurms, wie ein Zusammenziehen ihrer Eingeweide, als die Drachendame ihre Unzufriedenheit übermittelte.
» Menschlich? «
» Du bist lange genug ein Teil von mir, hast du noch immer nicht gelernt, wie wir Menschen funktionieren? «
» Hätte ich vielleicht, aber du bist nicht gerade ein gutes Lehrbeispiel und genau so wenig jene, mit denen du dich umgibst. «

Ein nagender Kopfschmerz breitete sich zusammen mit den Worten an ihrer Schläfe aus. War da eine gewisse Missgunst der Schneeweißen? Diesmal erwiderte sie nichts auf diese Worte, denn alles was sie dazu hätte sagen können, würde zu einer Auseinandersetzung führen, die ihnen beiden nicht gut tun würde. Naurm rumorte noch eine Weile in unzufriedener Manier in ihren Inneren, während Shirin sich versuchte auf ihre Bücher zu konzentrieren doch letztendlich war das stumme Einverständnis geschaffen, dass sie Samara machen lassen würde. Im Grunde hatten sie eh keine Wahl.

~ Im Hier und Jetzt ~

Langsam, fast ein wenig zittrig, nahm sie das Pergament zwischen die Finger um die neuen Zeilen ihrer Schwester zu lesen und sie konnte nicht leugnen, dass da eine gewisse Erleichterung wie eine kleine Welle über sie schwappte. Zusammen mit Naurms Missgunst.
» Ich weiß, dass du sie nicht gern hier hast. «
Flüsterte die Magierin leise, während sie das Zettelchen verstaute und ihre zittrige Hand kurz streckte. Es war kein Zittern Aufgrund von Nervosität oder Angst, sondern schlicht eine Nebenerscheinung des immer schwächer werdenden Körpers. Naurms Antwort kam in einer scharfen, grollenden Welle, inklusiver Magenschmerzen, die jedoch wenige Augenblicke wieder verschwanden, als würde sie ihr ein stummes Einverständnis damit mitteilen wollen. Die Stirn in Falten legend verharrte sie einen Augenblick im Erdgeschoss, als würde sie noch einen Moment ausharren wollen um etwaige Gefühlsregungen der Drachendame abzuwarten - als jedoch keine erfolgten, pflückte sie ein Zettelchen hervor, um knappe Zeilen auf jenen zu hinterlassen. Eine kurze, wie immer unfreundliche, Diskussion mit Shezzran später und der kleine blaugeschuppte Drachenvertraute würde Samara aufsuchen um ihr die Nachricht zu überbringen. Vermutlich auch hier unfreundlich wie eh und je.

"Ich werde die nächsten Abendläufe in meinem Turm sein, komm vorbei, wenn dir danach ist.
gez.
Shirin"
»• She wears strength and darkness equally well, the girl has always been half goddess, half hell. •«
~ Nikita Gill
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Samara
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Re: Der Wein ist süß, das Zahlen bitter

Beitrag von Samara »

Die Welt war dieselbe und doch zugleich eine andere. Samara hatte versucht weitestgehend ihr gewohntes Leben aufzunehmen. Hin und wieder brachte sie die Zeit dafür auf, die einzelnen Orte aufzusuchen, an denen sie Zeit mit dem Barden verbracht hatte. Der kleine See in den Bergen, dass Schiff, der Strand nahe Ansilon, selbst Svenjas kleine Hütte und das Freudenhaus in Silberburg. Im kleinen Piratenlager hatte sie einen der ihren gefunden, der ebenfalls zur Crew gehörte. Auch wenn sie sein Gesicht bisher nicht gekannt hatte… das hatte nichts zu bedeuten. Er selbst hatte ebenso noch niemand anderen der Crew gesehen. Aber möglicherweise war es gut, nicht mehr ganz alleine zu sein.

Auf dem Schiff selbst spürte sie eine Art Unruhe, die sie nicht zuordnen konnte. Etwa so, als würde sich etwas dort etwas anbahnen. Hatten die anderen nicht hin und wieder Geschichten über das Schiff erzählt. Dinge die passieren konnten? Wenn sie sich nur daran erinnern könnte… es war als hätte sie irgendwas verdrängt an das sie sich nicht erinnern wollte. Doch vorerst beschäftigte sie sich nicht weiter damit.

An und für sich hatte der Besuch bei ihrer Schwester sie gefreut. Doch die beiden Wesen die bei ihrem Haus aufgetaucht waren hatten einen dunklen Schatten über dem Besuch gelassen. Ebenso das Wesen, mit dem Shirin ihren Körper teilte. Am liebsten wäre sie bei ihrer Schwester geblieben. Hätte ihr bei all dem Chaos von dem Abend Gesellschaft geleistet. Doch die Lust mit der eher abweisenden Drachendame weiter bei ihrer Schwester zu verbringen war eher gering.

Sonst verbrachte sie die Abende meist in der Taverne. Sie brachten die junge Frau auf andere Gedanken, auch wenn sie ältere Dame, die nun ein Teil ihrer neuen Familie war, recht hatte. Die Taverne konnte tatsächlich ein gefährlicher Ort sein, aber das wäre im falschen Zustand vermutlich jeder einzelne. Selbst ihr kleines Heim.

Sie hatte die Tage Besuch von dem Krieger erhalten, der ihr schon in der Taverne schöne Augen gemacht hatte. Er hatte sich neue Sachen von ihr fertigen lassen. Beim nehmen seiner Maße hatten die Sinne der Bestie in ihr deutlich vernommen wie sein Herz das köstliche Blut durch seinen Körper pumpte. Samara hatte in dem Moment einen inneren Kampf mit sich selbst auszutragen. Während ein Teil von ihr sich danach sehnte freigelassen zu werden und die Fänge in seine Haut zu schlagen um von dem unwiderstehlichen Saft zu trinken flehte der andere Teil in ihr nicht nachzugeben. Stumm musste sie sich daran erinnern, sich vorgenommen hatte das sie Menschen nicht unbedingt auf ihrem Speiseplan stehen haben wollte.

Die Schneiderin hatte sich bemüht, rasch die fehlenden Maße zu nehmen und hatte sich dann in den anderen Teil des Raumes zurückgezogen um sich selbst zu beruhigen. Er schien davon nichts mitbekommen zu haben oder hatte ihr Kurzes innehalten anders interpretiert. Zweiteres war sogar sehr wahrscheinlich. Denn trotz, dass sie ihn erneut darauf hingewiesen hatte, dass es jemandem in ihrem Leben gab war er nur umso überzeugter, dass ein Mann an ihrer Seite der Fehlte, der auch da war und sie beschützte. Womit er natürlich sich selbst meinte.

Doch brauchte sie überhaupt Schutz? Aktuell vermutlich am meisten vor sich selbst. Die meisten hielten sie eher für schwächlich. Aber das zeigte nur, dass sie ihre Rolle nach außen immer gut gespielt hatte und die Maske aufrechterhalten hatte. Sie hatte vor beizeiten ihre eigenen – neuen Grenzen etwas auszuloten – aber vorher wollte sie ihren Anker in dieser Welt finden.
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Samara
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Re: Der Wein ist süß, das Zahlen bitter

Beitrag von Samara »

Kaum hatten Vyktorya und Rorek sie an dem kleinen Strand zwischen den Felsen allein gelassen, hatte sie sich kraftlos in den Sand fallen lassen. Sie war sich nicht sicher, ob das, was sie aktuell empfand und dass was sie während des Rituals wahrgenommen hatte von den Kräuterdämpfen in den Raum entsprungen war und pure Einbildung, Vergangenes oder vielleicht… sogar Gegenwärtiges. Was auch immer es war, es beunruhigte sie.

Kurz bevor die Botschaft mitsamt dem magischen Stein verschwunden war hatte sie das Gefühl gehabt als würden ihr mehrere Gerüche und Eindrücke entgegenschlagen. Da war der Geruch von Seewasser, aber auch noch ein anderer. Blut? Möglicherweise seines? Und ganz entfernt am Rand war noch etwas. Etwas düsteres, schattenhaftes. Es konnte einfach nichts Gutes verheißen. Ganz egal was es war.

Sie versuchte ihre Gedanken auf anderes zu lenken. Positive Dinge. Sie drückte das kleine Buch an ihre Brust das sie einst von dem Spielmann geschenkt bekommen hatte. Wenn alles nach Plan verlaufen war würde dank ihm die Botschaft bei Lugs ankommen. Und bis ein Zeichen oder ähnliches von ihm kam, blieb ihr nun keine andere Möglichkeit mehr als abzuwarten. Seine Würfel, die sie von ihm noch hatte, wollte sie nicht riskieren. Auch wenn sie vielleicht die sicherere Variante gewesen wären. Und vielleicht hätten sie genauso wie das Buch am Ende doch überlebt. Aber man konnte sich eben doch niemals ganz sicher sein.

Sie hatte eine ganze Zeit gebraucht, bis sie die Botschaft für ihn vollendet hatte. Vor allem da sie normalerweise keine melodischen oder lyrischen Texte verfasste. Und sie hoffte inständig, dass sie auch bei ihm ankommen würde. Und er sie verstand.

Während sie weiter versuchte ihr innerstes zu beruhigen, fischte sie eine der Abschriften, die sie für den Notfall angefertigt hatte aus ihrem Beutel. Sie war fast vollkommen gleich wie jene, die sie zu dem Spielmann auf den Weg geschickt hatten. Lediglich fehlten der Tropfen ihres Blutes, sowie das blonde Haar.

Die azurblauen Augen wanderten ruhig über das Pergament. Sie fragte sich, ob er es sich in diesem Moment vielleicht ebenfalls ansehen würde. An den Seiten des Pergamentes waren ein Magierstab und eine Laute zu erkennen. Diese waren umgeben von weißen Rosen. Ähnlich wie der Blumentopf in ihrem Haus, den sie einst von Robin bekommen hatte. Auf dem Pergament waren folgende Zeilen in einer geradezu verspielten Schrift zu lesen:

Wenn sich die Blätter der weißen Rose eines nach dem andern öffnen,
wird die Erinnerung an jenen Tag zurückkehren.
Die Blume blüht um die Nacht angenehm zu beleuchten 
und die Farben ändern sich bittersüß.

Als würde sie einem leuchtenden Faden folgen, vergeht die Zeit still und ruhig.
Vom immer zu- und abnehmenden Zittern begleitet, werden die Menschen wiedergeboren.

Dein Lächeln ist die Wärme, die mein Herz schmelzen lässt,
wie ein süßer Traum, den ich irgendwo träumte.
Auch wenn das Jetzt nun von der sinkenden Abendsonne verdunkelt wird, 
unsere beiden Schatten überlappen sich.

Endlos fern, grenzenlos tief, wie das Schicksal.
Wir haben es immer wieder festgehalten, immer wieder verloren,
bis wir uns endlich treffen konnten.
Wie der Himmel die Erde sucht, wie die Blume auf den Regen wartet,
wie die Nacht sich nach dem morgigen Tag sehnt,
verlangte es unseren Herzen eins zu werden.

Als würden die vergangenen Tage davon gespült, durchtränkten sie sanft den Mond.
Meine Erinnerungen an unsere Liebe fließen über.
Wenn du noch einmal in die Vergangenheit zurückkehrst,
werde ich zu deinem Schatten und beschütze dich.
Selbst wenn uns die stürmenden Winde treffen, erinnere dich daran, ich glaube an dich.

Wie ein zielloser Funke, ein flüchtiges Flackern, eine wabernde Illusion.
Auch wenn ich ziellos umherwandere, ich bin an diesem Ort angekommen.
Wenn Finsternis die Sonne verschlingt, 
Lüge nach der Sünde weint,
Vergangenheit die Zukunft zerbricht.
Wie vom Schicksal geleitet, entschied ich mich für diesen Ort.

Wenn die Blätter einer weißen Rose eines nach dem anderen fallen,
und sie sanft den Morgen färben.
Und wenn ich wiedergeboren werde und sie in deinem Herz erblühen,
dann wird unsere Liebe unsterblich sein.


 
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Samara
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Re: Der Wein ist süß, das Zahlen bitter

Beitrag von Samara »

Seit sie mithilfe von Vyktorya und Rorek ihre Botschaft verschickt hatte, war bereits einige Zeit ins Land gestrichen und sie hatte sich Mühe gegeben, geduldig zu warten und die Hoffnung nicht zu verlieren. Dabei hatte ihr das ein oder andere Gesicht aus der Vergangenheit geholfen.

Da war zum Beispiel Lise, die Amazone. Sie hatte damals viele Abende damit verbracht mit ihr zu reden. Einmal waren sie auch zusammen mitten in Ansilon von Orken überrascht worden. Seither wusste die andere um Samaras Begabung. Deshalb hatte sie sich ans Herz gefasst und sie gefragt ob sie nicht gemeinsam mit ihr auf die Jagd gehen würde. Sie hatte vor bei der aktuellen Bedrohung nicht ganz wehrlos zu sein, wenn es darauf ankam. Wobei sie sich tatsächlich ein wenig nutzlos gefühlt hatte, während sie mit ihr Unterwegs gewesen war. Allerdings verstand ihre Art es auch zu kämpfen ganz im Gegensatz zu ihr.

Einige Tage später sie dann Ar’dran begegnet. Er hatte ihren Lieblingsplatz in der Taverne streitig gemacht und sie den Fehler, den sie einst ihm gegenüber begangen hatte recht schnell spüren lassen. Und dennoch, irgendwas mochte sie an diesem rauen Mann. Womöglich war es darauf begründet, dass Lugs ihm einst vertraut hatte. Möglicherweise lag es aber auch daran, dass sie sich an solche Gesellen mittlerweile viel eher gewöhnt hatte, als an die oberen Schichten der Gesellschaft.
Also hatte sie sich entschieden auf sein Drängen hin ihm genug zu erzählen damit er wusste was einst passiert war. Aber nicht genug, als das er Wissen konnte was das wirkliche Geheimnis war, das hinter allem lag. Obwohl sie zuvor noch mit dem Gedanken gespielt hatte, ob es nicht möglich war ihn einfach vergessen zu lassen. Sie wusste, dass ihre Art dies konnte. Hatte es der Spielmann nicht einst selbst an ihr probiert? Doch ihre innerstes hatte das vergessene Versucht wieder zu Tage zu fördern. Und das wollte sie nicht riskieren. Erst recht nicht, wo sie es sich bisher noch nicht getraut hatte wirklich an jemandem zu proben. Sein Vertrauen in andere, war scheinbar schon genug beschädigt.


Hieran war vermutlich auch die kleine Robin nicht ganz so unschuldig. Sie schien dieselbe Angewohnheit wie der Barde entwickelt zu haben, aufzutauchen und zu verschwinden. Es war deutlich zu spüren, dass sie Ar genauso an ihre Seite wünschte wie sie selbst es bei Lugs tat. Hatte das einstige Mädchen nicht gesagt, dass die unerschütterliche Liebe vom Spielmann ihr imponiert hatte?
Umso mehr tat ihr es weh, Robin zu sagen wie der tatsächliche Stand war. Sie sagte ihr nicht alles.  Das Ar’dran nicht einmal davor zurückschreckte ihr selbst ein eindeutiges Angebot zu machen – und das mehrfach – ließ sie aus. Sie wollte der jüngeren nicht alle Hoffnung nehmen. Manchmal war nicht alles verloren, selbst wenn es den Anschein machte.


Hoffnung… etwas wofür der raue Mann sie lediglich belächelte. Der Gedanke schwebte durch ihren aktuell trüben Geist. Seit sie das Blut getrunken hatte, dass Rorek ihr gegeben hatte fühlte sie sich fast wie in eine Trance versetzt. Ihr aufgebrachter Zustand hatte sich beruhigt, doch langsam kämpften sich die Geschehnisse und Gefühle des Abends wieder an die Oberfläche.  Ihre Hoffnung hatte sie nicht im Stich gelassen.

Er war dort draußen! Irgendwo musste ihn irgendetwas festhalten. Vor ihrem geistigen Auge zeichnete sich das weite Meer ab. Wieder hatte sie diesen Geruch in der Nase gehabt als… die Erscheinung vor ihr war. Ihr Liebster und irgendwie doch nicht er. Mehr Illusion als wirklich etwas Greifbares. Er brauchte sie.

Als sie in das Haus von Vyktorya und Heredium gegangen war, hatte sie wirklich vorgehabt dort auf die Magierin zu warten. Als ihr Geist jedoch wieder aufklarte kam auch die Unruhe zurück. Sie musste weg. Sie musste nach ihm suchen und sie würde nicht eher ruhen, bis sie ihn gefunden hatte…
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Samara
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Re: Der Wein ist süß, das Zahlen bitter

Beitrag von Samara »

Da lag er nun neben ihr auf dem gemütlichen Bett, zwischen den Decken, die aus Fellen zusammengenäht waren. Kaum war er zuhause in Silberburg angekommen, war er wieder zusammengebrochen. Nach allem was er durchleiden hatte müssen, war es vermutlich ein Fehler gewesen, ihn alleine und vor allem so eine weite Strecke reisen zu lassen. Vorerst schien es aber nur wichtig, dass er überhaupt wieder an ihrer Seite war.

Nur selten verließ die Blonde den Platz neben ihm. Sie hatte das Gefühl, als dürfte sie ihn im Augenblick nicht zu lange aus den Augen lassen. Zu lange hatte sie gesucht. Und zu lange hatte er vermutlich gelitten. Ihre feingliedrigen Finger berührten von Zeit zu Zeit immer wieder den Barden. Als hätte sie Angst ihre Finger könnten wieder einfach durch ihn hindurch gleiten.

Vermutlich wäre es besser gewesen, sich an Vyktorya oder Rorek zu wenden. Sie würden sicherlich wissen, wenn es etwas gab das sie tun konnte damit er sich schnell wieder erholen würde. Aber das wollte sie nicht. Nicht, nach dem was auf dem Schiff passiert war. Es hallten auch jetzt immer noch die Worte von Vyktorya im Kopf wieder: „… doch braucht keiner mehr wegen Lugs bei mir ankommen….“.

Wie hatte es eigentlich soweit überhaupt erst kommen können?

Nachdem sie Luinil und ihren Welpen vor der Türe zurückgelassen hatten, hatte alles irgendwie seinen Lauf genommen. Sie hatte gespürt, dass da irgendwas bei Robin unter der Oberfläche schlummert. Und es musste schwer für die junge Frau gewesen sein, dass all die Zeit für sich zu behalten, dass sie sich die sich selbst die Schuld dafür gab, dass sie den Barden bisher nicht gefunden hatten. Und sie geißelte sich selbst dafür, dass sie den Barden ebenfalls wieder an ihrer Seite haben wollte. Vermutlich vermisste sie ihn ebenso fürchterlich wie Samara selbst.  Sie hatte den Wirbelwind getröstet und es hatte sich fast so angefühlt, als wäre irgendwo eine Wand zersprungen, welche die beiden Frauen trotz der Nähe immer noch voneinander entfernt hatte. Samara nahm es ihr nicht übel. Ganz im Gegenteil. Sie konnte Robin nur zu gut verstehen.

Etwas später hatte sich alles irgendwie gedreht. Sie Und Robin hatten sich erst in den Haaren gelegen, weil Samara das Geheimnis der Crew im Austausch für den Spielmann ohne weiteres an Vyktorya und Rorek weitergeben wollte. Ohne die beiden wäre sie niemals so weit gekommen. Sie hatten sich aufrichtig um sie gekümmert und in ihrer Mitte aufgenommen. Und doch… hatten sie das Schiff wegen Robin wieder verlassen. Es hatte Sam wahnsinnig gemacht.

Ihr war jedes Mittel recht.

Nachdem ihr eigenes Blut auf das Schiff reagiert hatte, machte sich ein neuer Gedanke in ihrem Kopf breit. Wenn der Barde nicht direkt beim Schiff war, würde dieses vielleicht ihnen zumindest helfen können, ihn zu finden. Im Nachhinein machte sich die Blonde Vorwürfe, dass sie den Jongleur aus dem Lager dem Schiff geopfert hatten. Es hatte lediglich die Kleider von dem Mann übriggelassen. Möglicherweise hätte es doch noch andere Wege gegeben. Aber vermutlich war es der schnellste gewesen, der sie zu ihm gebracht hatte.

Irgendwo tief in sich, hatte sie das Gefühl, das sie so etwas reue empfinden sollte, dafür dass sie jemanden auf dem Gewissen hatte. Aber da war nichts. Nichts außer das Glück, das sie empfand das er endlich wieder in ihrer Nähe war. Und sollte er endlich wieder zu bewusstsein kommen, würde sie neben ihm warten. Gemeinsam mit etwas von der roten Flüssigkeit, welche für ihre Art so wichtig war um bei Kräften zu bleiben.
 
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Re: Der Wein ist süß, das Zahlen bitter

Beitrag von Samara »

Es war nun schon einige Zeit vergangen, seit ihr geliebter Barde zu seinen Kräften zurückgefunden hatte. Die innere Unruhe, die sie die ganze Zeit über verspürt hatte, war wie weggeblasen. Auch wenn sie sich immer noch sorgen machte, wegen der dunklen Hinterlassenschaft des Dolches auf seiner Brust. Aber im Moment wollte sie sich nicht zu viele Gedanken darüber machen.  Momentan zählte nur, die verlorene Zeit mit ihm nachholen zu können. 

Am liebsten hätte sie ihn nicht einen einzigen Moment aus den Augen gelassen. Er war jedoch nicht der Typ, zu dem es passte unter ständiger Beobachtung zu stehen. Und auch sie musste sich eingestehen, dass es Zeiten gab, in denen sie Momente für sich brauchte. Momente in denen sie einfach nur Nachdenken konnte. So wie auch jetzt.

Der azurblaue Blick starrte hinauf an die Decke. Als würde sie dort etwas sehen können, dass nur für sie sichtbar war. Oder als könnte sie direkt durch die Decke in dem Himmel blicken während sie auf den flauschigen Fellen ihres Bettes lag. Ihre Gedanken kreisten jedoch um den vergangenen Abend.

Der Spielmann und sie hatten sich auf die Jagd begeben. Auch wenn sie im Nachhinein empfand, dass Jagd wirklich nicht das richtige Wort dafür war. Auch wenn das Ergebnis dasselbe war. All die Freundlichkeiten hatten lediglich dem Zweck gedient, dass ihre Begleitung, die sie durch Silberburg geführt hatten die Beute war. Und doch, hatte sie diese Beute letzten Endes entwischen lassen.

Zwar war sie irgendwo auch glücklich darüber, aber es nagte innerlich auch an ihr. Sie hatte diesen Schritt machen wollen um ihm zu zeigen, wie sehr sie ihm vertraute. Gleichzeitig hatte sie sich selbst zeigen wollen, dass sie das gierige Wesen, dass in ihr schlummerte Kontrollieren konnte. Und doch hatte sie einen Rückzieher im letzten Moment gemacht.

Vor ihrem geistigen Auge hatte sie wieder die Frau in Heredium gesehen. Die Frau, dadurch hatte sterben müssen, dass sie sich eben nicht unter Kontrolle gehabt hatte. Schluck für Schluck hatte sie damals das Blut getrunken. Bis nicht mehr genug zum Überleben übrig geblieben war und sie ihr Leben ausgehaucht hatte. Die Angst war zu groß gewesen, dass wieder dasselbe passieren würde.

Zumindest war Dank der Anleitung des Barden es möglich gewesen, hinter die zwei Seelenspiegel der Frau vorzudringen. Es war ein kleiner Schritt gewesen. Eine kleine Veränderung die ganz dicht an der Wahrheit geblieben mit etwas mehr Rum in den Erinnerungen um im Zweifel doch unangenehmen Fragen entgegen zu wirken. 

Und als die Frau sie schließlich verlassen hatte in dem glauben lediglich einen geselligen Abend genossen zu haben, war er direkt an ihrer Seite um ihr Mut zuzusprechen und sie zu trösten. Er hatte die richtigen Worte gefunden um wieder ein Lächeln auf ihre Züge zu zaubern. Doch der Abend würde sie sicher noch einige Zeit verfolgen und sie damit aufziehen, dass er trotz allem glauben könnte, sie vertraue ihm nicht genügend. 

Und doch hatte er direkt wieder den nächsten Plan, der sich in seinem Kopf ausbreitete, geäußert. Ein Plan, der nicht gefährlicher und wahnwitziger sein konnte. Und zwar das bei dem nächsten Versuch einer von jenen auf der Speisekarte stehen sollte, zu denen sie nicht sonderlich viel Sympathie empfanden. Ein Paladin.
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