Die Entstehung der Idee:
Shira'niryn runzelte die Stirn, während sie vor ihrem Kistenlager stand. Ein Geschenk für eine Kaiserin der Löwenschwestern. Es gab bestimmt Dinge, die Lise mochte. Schwerter, Speere, Pfeile, Bögen... vermutlich noch ihr Pferd. Mit Waffen oder Pferden kannte der Kristalldrache sich jedoch nicht aus und Xapoa hatte ihr gesagt, dass Geschenke zumeist etwas persönliches, aus eigener Hand sein sollten, wenn sie wirklich einen Wert haben sollten.
Was trugen Kaiserinnen? Shira'niryn konnte wunderbar mit Nadel und Faden umgehen, eigentlich etwas, was aus reiner Langeweile und weniger aus Begeisterung entstanden war. Mittlerweile jedoch, musste sie sich eingestehen, dass sie gern mal Abend am Feuer saß um mit ein paar Stoffen etwas neues zu erschaffen. Es war ein ausgezeichneter Zeitvertreib für die schlaflosen Nächte. Sie hatte auch gewisse feinmechanische Fähigkeiten, die sie sich tatsächlich aus einem bestimmten Grund angeeignet hatte. Sie wollte hinter die Funktion diverser magokratischer Gerätschaften kommen und in der Lage sein Artefakte selber zu konstruieren. Grund genug um sich selber mit diesen filigranen Mechanismen und somit Bastelarbeiten zu beschäftigen.
Mit all das konnte sie doch was anfangen? Sie überlegte eine Weile, bis ihr der Kommentar eines Mitglieds der Gemeinschaft einfiel. "Seit wann tragen Amazonen eigentlich immer diese Fellumhänge?". Ein Umhang! Sie wusste das Lise sonst immer den schneeweißen Fellumhang trug, doch als Kaiserin brauchte sie gewiss etwas, was mehr ihrer Position entsprach. Ein Umhang, der einer Löwen-Kaiserin würdig wäre.
Die Entstehung der Skizze:
Sie schnappte sich ein Stück Pergament aus ihrem Skizzenbuch, ein Kohlestift und mit leisen Silben war sie beim Museum der Bewahrer um dort auf die anderen zu treffen. Als Geschenk der Bewahrer, sollte jeder ein Teil des Entstehungsprozesses sein.
Livius erster Kommentar bei der Idee war: Seide und viele Bernsteine. Natürlich, etwas edles und etwas, was die Amazonen mit ihrer Sonne und somit Nyame verbanden. Entsprechend sollten die Bernsteine, zusammen mit goldenen Fäden, zu Sonnenverzierungen angeordnet werden.
Ronbor ging noch ein wenig weiter und schlug vor, dass der Kragen des Umhangs selber wie Sonnenstrahlen wirken sollte. Als würd ein Trichter aus Sonnenstrahlen den Kopf der Trägerin ummanteln.
Xapoa erinnerte an Nyame, an die Löwin durch welche sie verkörpert wurde und so sollte der Mittelpunkt des Umhangs durch eine stolze Löwin aus schimmernden Goldfäden geprägt werden.
Vincent fehlte ein wenig die Kreativität, doch immerhin erklärte er sich bereit die Bernsteine zu sammeln und persönlich auszulesen, sowie für Shira auf dem Markt die nötige Seide und das Goldgarn zu besorgen.
Shira selber würde das ganze letztendlich, zusammen mit Xapoa, die auch wunderbar mit Nadel und Faden umgehen konnte, von der Skizze in die Wirklichkeit umsetzen und die Fibel, welche den Umhang vor den Schultern zusammenhalten sollte, sollte aus goldenem Angolquarz bestehen und ein Drachenwappen tragen. Eine Erinnerung an die Freundschaft zwischen den Bewahrern und den Amazonen.
Die Näh- und Bastelarbeit:
Vincent hatte auf dem Markt die beste Seide besorgt, die er kriegen konnte – nachdem Shira ihn zweimal wieder losgeschickt hatte, weil ihr die Qualität nicht zugesagt hatte. Er hatte von den anderen Mitgliedern einen Haufen Bernsteine bekommen, teilweise aus der Mine, teilweise vom Strand, teilweise aus den Höhlen und jene aussortiert, die trüb oder unrein waren. Ronbor hatte ihn dabei tatkräftig unterstützt, da für den Umhang doch einige Bernsteine mehr nötig sein würden. Das golden schimmernde Garn lag zu einer dicken Spule aufgerollt neben der detailreichen Skizze und ein Haufen kleiner Fläschchen mit Farbflüssigkeiten stand etwas abseits.
Die Seide war in ihrer natürlichen Farbe von einem sanften, weißen Ton, doch das sollte sich als Erstes ändern. Es musste eine goldene, schimmernde Farbe her! Sie experimentierte eine Weile mit den unterschiedlichen Farbstoffen, mal war es zu gelb, mal war es zu braun, dann wieder ähnelte es mehr Bronze. Irgendwann hatte sie jedoch die perfekte goldene Farbe gemischt, in welche sie noch zusätzliches feinen Goldstaub, den sie vom Schmied erworben hatte, hinein mischte. Die Seid wurde vollständig in die Goldfarbe getaucht und zum Trocknen aufgehangen.
Sie Zeit des Trocknens nutzte sie um aus der Skizze ein Schnittmuster auf dünnem Pergament anzufertigen, welches die einzelnen Teile des Umhanges beinhalten sollte, wobei sie sich an einer Schneiderpuppe orientierte, die etwa Lises Größe hatte. Bei einem Umhang war das tatsächlich weniger umfangreich. Im Grunde bestand er nur aus drei Teilen, wovon zwei davon Spiegelstücke waren und einer die stabilere Kragenkante darstellte.
Nachdem das erledigt war, wurde die Seide ausgebreitet, damit die Schnittmusterstücke auf jene gebracht und anschließend ausgeschnitten werden konnten, dabei achtete Shira'niryn auf eine Schnittkante, damit der Saum ordentlich vernäht werden konnte. Xapoa half ihr hier und dort dabei die Seide festzuhalten, ehe die Druidin, nach dem Zuschnitt, damit anfing die einzelnen Stücke zusammen zu nähen.
Shira'niryn nutzte die Zeit um die leicht gebogenen Sonnenstrahlen, sowie die Verstärkungen vom Feinschmied abzuholen, die sie dort bestellt hatte. Sie waren aus dünnem Gold gefertigt, damit sie möglichst leicht waren und der stabilisierte Kragen des Umhangs sie halten konnte. Die Verstärkungen waren ähnlich wie ein schlichter, filigraner Schulterpanzer geformt, welche in die Seide eingenäht werden sollte, damit sie genügend Stabilität aufweisen konnte, um den Kranz aus Sonnenstrahlen am Kragen zu halten. Entsprechend würde auch der Kragen so eine Verstärkung im Inneren tragen.
Nachdem Xapoa die Grundform des Umhangs fertig genäht hatte, setzten die Beiden sich zusammen um die Bernsteine, kleine Goldplättchen und -perlen zu einem Sonnenmuster auf den Saum zu bringen. Besonders aufwändig war die goldene Löwin im Zentrum des Umhangs, für welchen Shira und Xapoa mehrere Stunden an Arbeitszeit aufbrachten.
Sie arbeiteten über mehrere Tage verteilt, damit bei all der kleinen Stickarbeit die Augen nicht zu müde wurden und am Ende gar Fehler passierten. Das Geschenk für die neue Kaiserin sollte perfekt werden. Schließlich, als der vernähte Stoff über und über mit Sonnensymbolen aus Bernstein und Gold, sowie einer stolzen Löwin, verziert war, musste der Umhang über die Verstärkungen gezogen werden. Die Seide war mehrfach verwoben worden, so dass sie nicht hauchzart, sondern eher fest war, wie man es bei Brokatstoff erwarten würde. Entsprechend konnte sie gut über die Verstärkungen gezogen und vernäht werden.
Auch der Kragen wurde über eine solche Verstärkung gezogen und schließlich an den Umhang angebracht, ehe nur noch die Sonnenstrahlen fehlten, die nun aufgereiht am Kragen angebracht werden mussten. So sah es am Ende so aus, als würde das Haupt der Kaiserin zwischen einem Trichter aus Sonnenstrahlen ruhen.
Am Ende wurden nur noch die Übergänge mit Verzierungsnähten und Bernsteinen versehen und eine dünne, goldene Kette sollte die Schulterteile oberhalb der Brust der Trägerin zusammenhalten. Statt einer einfachen Fibel wurde eine goldene Brosche genommen, die das Drachenwappen der Bewahrer trug.
Dann war es geschafft, ein Umhang, einer Kaiserin der Sonne würdig.