Am letzten Tag der Sonne war es endlich soweit gewesen, man hatte den jungen Rotschopf vor die Wahl eines magischen Pfades gestellt und ihn für weiterführende Vorlesungen zugelassen. Paradoxerweise gab es solche für das Druidentum kaum - es stand wohl im Klapptext, dass Druiden ihr Wissen nicht in den stickigen Lehrsälen der Akademie teilten. Es gab allerdings einen Bereich unter freiem Himmel, umringt von Natur, vielleicht würde Leon ja selbst einmal dort…
Er stockte und schüttelte mit einem sachten, fast bitteren Lächeln den Kopf, um diese Gedanken zu vertreiben. Gerade einmal Lehrling geworden und schon stieg es ihm zu Kopf. Es galt auf dem Boden der Tatsachen zu bleiben, seine Energie ins Hier und Jetzt zu stecken. Ein falscher Schritt und Alles konnte vorbei sein. Natürlich, an jenem Abend als sie gegen Morgun den untoten Drachen gezogen waren, war er nervös gewesen. Ängstlich sogar. Aber auch sicherer in seiner Sache, in seine Fähigkeiten, als jemals zuvor. Für Andere hatte es vermutlich einfach so ausgesehen, als würde er sich einfach hinter einer Wand aus Stein und Erde verkriechen um dem Kampf zu entkommen, doch er wusste, was sein Ziel gewesen war. Raviell beschützen, den anderen Magiern und Kriegern eine Verschnaufpause, einen Rückzugsort zu schaffen. Unterstützung aus der zweiten Reihe - in gewisser Weise der Weg der Druiden, aber auch die Position, an welcher er zu Hause war.
Der junge Magier wusste, er war nicht geschaffen für das dichteste Kampfgetümmel. Er verfügte nicht über das Talent, nicht über die Stärke um im Auge des Sturms zu bestehen. Das war ein Fakt über den es nichts zu Diskutieren gab, denn nicht alle Menschen wurden gleich geboren. Warum sollte man sich deshalb Grämen? Viel sinnvoller war es seinen Platz im Leben zu akzeptieren und mit den Dingen zu arbeiten, die man in die Wiege gelegt bekommen hatte.
Mit einem nachdenklichen Brummen besah er die abgerupften Blätter des Nachtschattens auf seiner in Leder gehüllten Handfläche, bevor er sie vorsichtig in einem dicht gewebten Beutel verstaute. Alraunen wären sein nächstes Ziel und danach galt es sich, endlich, mit fruchtbarer Erde auseinander zu setzen. Vielleicht würde er auf dem Weg ein wenig wilde Minze finden, oder eine frische Zitrone am Markt erstehen...ein passendes Potpourri mochte der armen Luna bei der Genesung helfen. Ein prüfender, ernster Blick wanderte über das umliegende Morast, bevor er zielsicher in eine Richtung los schlenderte. Ein Gesichtsausdruck, den viele Personen in Ansilon sicherlich ungewohnt gefunden hätten auf den Zügen des Magierlehrlings...doch sie kannten ihn nicht. Niemand tat das, wirklich.
Ja, er mochte nicht stark, nicht mächtig sein...aber es war ihm egal. Darin waren Andere gut. Leon wollte nur seinen eigenen Weg gehen.