Knut riss sein eines Auge auf und schaute nach oben an eine Decke, die kaum von Licht angestrahlt wurde.
Seine Beine waren in mächtige Ketten gelegt und lagen noch halb auf dem Amboss. Eine Blutlache diente seinem Kopf die Nacht über als Kissen. Die ersten Gedanken waren verschwommen, alles andere als klar. Weder wusste er, wo er sich befindet, noch weshalb er so da lag. Hatte er zu viel getrunken? Doch nach seinem gewohnten Winterberg sah dies alles nicht aus.
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Erste brauchbare Gedanken schossen bald darauf durch seinen Kopf. Er stand in der Ostmine, wollte bald den Feierabend mit einem Bier genießen. Dann eine fremde Person. Sie sollte sich als Dunkelelfe herausstellen, zu der noch weitere Drows und Orks hinzustießen. Chaotisch flogen die Ereignisse des vorangegangenen Tages an seinem inneren Auge vorbei und seine Stimmung verfinsterte sich. Gigantische Pranken eines hässlichen Monstrums. Nicht ein Mal, nicht zwei Mal, unzählige Male prasselten die heftigen Schläge auf ihn ein. Dann wieder Dunkelheit. So schien er wohl hier her gekommen zu sein. Er solle ein guter Oberweltler sein, wurde ihm gesagt. Daran erinnerte er sich nun. Voller Panik und Angst war er und so fiel es ihm schwer sich an Details und alles Gesagte vom gestrigen Tage zu entsinnen.
Immer und immer wieder schüchterte der Gigant von einem Ork ihn mit festem Griff oder gar Schlägen direkt in sein Gesicht ein.
Während er sich aus seiner misslichen Lage hinter dem Amboss aufrichtete, fasste er sich an seinen Hinterkopf. Ein stechender Schmerz erfuhr er dabei und als er seine Hand zurückführte sah er sogleich Wundsekret mit Blut an seinen Fingern haften.
Er wollte die Karaffe mit Wasser gestern nicht annehmen. Stoß sie sogar von sich Weg. Aus Trotz. Ein letzter Versuch der Gegenwehr? Wut? Dummheit? Die Entscheidung hatte er am vorangegangenen Tage erneut mit einem heftigen Prankenschlag bereut. Nun wurde er hier wach. Hinter dem Amboss. In Ketten. Sein ganzes Gesicht angeschwollen und eine Wunde an seinem Hinterkopf.
Ein Stück Blume meinte er mit seiner Zunge zwischen seinen Zähnen ertasten zu können. Stimmt! Der Ork hatte ihm die Blume in seinen Mund gesteckt bevor er zugeschlagen hat. Wohl als Andenken. Doch nun hatte er Durst. Und unbändige Kopfschmerzen.
Nur mühsam richtete er sich auf und ging langsamen Schrittes aus dem Gebäude hinaus. Er erinnerte sich. Das Wasser aus dem See ist vergiftet. Ein weiterer Hoffnungsschimmer, der, gleich nachdem der Gedanke aufkam, wieder schmerzhaft erlosch. Die mächtigen Kettenglieder machten es ihm nicht leicht zu gehen. Dies sollte auch wohl der Sinn dahinter sein. Eine Flucht schien bereits jetzt aussichtslos.
Suchend blickte er sich in der Dunkelheit einer schier nicht enden wollenden Höhle um.
Bis auf die beiden Wachen, die ihn mit recht emotionsloser Mine beobachteten sah er kaum etwas. Arbeitsgerät. Loren. Er schien in einer Mine zu sein. Er blickte die Wachen abschätzend an. Doch der nächste Gedanke zeriss auch den darauffolgenden Gedanken wieder. Ein Bolzen soll ihn ohne zu zögern zwischen seinen Augen treffen, sollte er fliehen wollen. Dies wurde am Vortag den Wachen so beauftragt.
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Die Zeit wollte nicht vergehen. Warum er? Warum ist er hier? Was wollen sie von ihm? Jene und weitere Gedanken schossen ihm durch den Kopf. Doch dann sollte er ihre höchste Priesterin ein zweites Mal zu Gesicht zu bekommen. Geprägt von den Schlägen des Vortages und einem quälenden Durstgefühl, hörte er ihren Worten dieses Mal aufmerksamer zu. Das Gesagte weckte Hoffung und Hoffnungslosigkeit zugleich in ihm.
Sollte er fliehen, sich nicht benehmen oder die an ihn herangetragene, nein, befehligte Aufgabe nicht erledigen, so würde er endlose Qualen erleiden.
Qualen, gegen die sich selbst die schrecklichste Folter, nur wie eine zarte Berührung mit einer sanften Feder anfühlen würden. Sie sprach ihm Drohung und Befehl zugleich aus. Weckte in ihm mit anderen Worten aber auch Hoffnung und Zuversicht, die ihn wohl aber nur antreiben sollten.
Einige Zeit nach diesem Gespräch stand er knietief in einem Loch neben dem See.
Einem Loch, das er selbst ausgehoben hatte und aus dem er mit einer Schaufel Ton nach oben beförderte. Diesen bräuchte er wohl für seine Arbeit.
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Gerade als er ein leeres Fass in den Händen hielt, wohl um die Menge an Ton damit zu seinem Arbeitsplatz zu transportieren, die er benötigte, erschien eine Dunkelelfe mit düsterer Maskarade. Erneut machte Chalithra'xune ihm das Angebot mit der Karaffe Wasser und der Blume, das er am Vortag so vehement, trotzig und sturr ablehnte. Doch diesmal hörte er ihr zu. Wohl aus Durst, aus Angst, die beginnende Zermürbung war schon spürbar. Diese Schläge des Orks wollte er kein weiteres Mal spüren. Seine Kehle war Trocken. Seine Umgebung dunkel, feindlich und voll mit Wachen, die nicht zögern würden ihn zu töten. Und seine Aussichten, sollte er nicht hören, waren düster. Dies wurde ihm bereits mehrach verdeutlicht.
Von Durst getrieben riss er den Krug mit der Blume sogleich an sich und begann daraus zu trinken. Mit gierigen Zügen leerte er die Karaffe bis zur Hälfte. Dann rekapitulierte er ihre Worte. Wenn er zu gierig sein würde und die Blume am nächsten Tag kein Wasser mehr haben würde, so würde er die Folgen spüren. Dass diese für ihn nicht angenehm werden würden, dem war er sich gewiss nach der Erfahrung, die er am Vortag machen musste. Und so setzte er den Krug ab und begann damit sich das Wasser trotz seiner harten Arbeit zu rationieren.
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Ihren so freundlichen Tonfall und ihrer Geduld war es zu verdanken, dass er ein wenig mehr zu vertrauen schien. Sie bot ihm einen Gegenstand an, der ihn schützen sollte, schützen, vor ihm unbekannten Elementarebenen. Dass er dank diesem Gegenstand von dem vergifteten Wasser trinken könnte, weckte sein Interesse und brach den letzten Rest Ablehnung in ihm.
Doch sobald er das Amulett um seinen Hals legte, eröffnete sie ihm den Trick dahinter, durch das eine Flucht nun endgültig in unendliche Ferne gerückt war...