Vom Anfang und Ende der Unendlichkeit

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Shinori
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Vom Anfang und Ende der Unendlichkeit

Beitrag von Shinori »

Zeitlos ragten die Spinnenweben von den morschen Dielen herab, der Staub türmte sich auf den Ablagen. Gar einige Dachschindeln fielen der Zeit und dem Wetter zum Opfer.

Verlassen.

Das war das Wort, was der alten Magierin im Kopf umherschwirrte.
Die Tür knarrte beleidigt, als Shinori sie mit Nachdruck öffnete.

Wie viele Monate, gar Jahre war sie nicht mehr an diesem Ort? Ihrem „Zuhause“, wie sie es einst nannte.
Damals veränderte ein flüchtiger Lidschlag ihr Leben. Löschte es aus.

So unbedeutend, so surreal im Ausmaß.

Sie wollte mit dem Wind reisen, wie sie es gewohnt war, wie sie es kannte. Sie beherrschte den Sturm seit sie denken konnte. Doch dieses Element verriet sie so arglistig. Ließ sie stürzen und fallen.
Der Schmerz...

Er war noch immer allgegenwärtig. Ebenso die Erinnerung an ihn.
Die Weißhaarige starb nicht nur... sie kehrte wieder zurück. In ein Leben, jenseits von Sterblichkeit oder Erlösung.
Verdammt, bis auf alle Ewigkeit.
 
Auch, wenn ihr Körper der Ihre war, hatte Shinori stets das Gefühl, dass bei ihrer Rückkehr ein Teil ihrer Selbst entronnen war.
Seitdem wisperte sie nicht mehr mit dem Wind, floss nicht mehr mit dem Wasser oder ließ Funken erglimmen. Ihr Vertrauen war zerbrochen, unwiderruflich.
 
Nachdem ihr Schöpfer sie auf das neue Leben vorbereitet hatte, wagte sie es kein weiteres Mal das Geflecht der Magie zu weben. Zu groß war die Angst, erneut zu fallen.
 
Mit jedem Sonnenumlauf, der ins Land ging, hatte sie sich mehr von den Städten entfernt, bis sie sich in gänzlicher Dunkelheit wiederfand.

Im Nichts.


Dort vermochte man keinen Herzschlag hören, nicht einmal den lieblichen Duft einer süßen Ader schmecken. Hier würde sie Niemanden schaden können.
Nun konnte sie endlich Ruhe finden.
 
In ihrer Starre schlief sie einen langen Traum.
Sie fand sich viele Jahrzehnte, bis zu ihrer frühsten Jugend, in ihrer Vergangenheit wieder.
 
Sie war die Tochter zweier Landstreicher, die es nicht besser wussten und die Frucht ihrer Lenden den Höchstbietenden feil boten.
 
Seinen Namen erfuhr sie nie. Sie wusste nur, dass er sich des Todes bediente und eine Aura der Furcht verströmte. Gelegentlich sah sie, dass des nachts Fremden, meist Bettler oder Verstoßenen, Einlass geboten wurde. Gestalten, die niemand vermissen oder suchen würde. Aus den Tiefen des Kellers drangen dann grausame Klänge, Stimmen mehrerer Personen und ihre Schreie. Und wie das Klagelied verebbte, verstummten auch die Klänge derer, die dumm genug waren, die Pforten zu überqueren. Ihr Herr bezeichnete es einst beiläufig als einen „Handel“, einen „Tausch“. Dabei kräuselte sich die dünne Oberlippe in dem hageren Gesicht. Seine Gestalt selbst vermochte dem Tod eher gleichen als dem Leben.
Niemals würde sie weiter danach fragen. Zu groß war die Angst, selbst zum „Preis“ zu werden.
 
Die Zeit floss unermüdlich und ließen das Kind zur Halbstarken heranreifen.
Inzwischen wurde die Vergänglichkeit zu ihrem Alltag. Ihr Herr bezog sie häufiger in seine Experimente – wie er es nannte – ein. Stellte sie sich geschickt an, sah er sich als Gönner, ihr weitere Silben der Macht zu vermitteln. Erwies sie sich als ungeschickt, bezog sie Schläge und Prügel.
 
So durchlebte sie viele vergangene Tage in ihrem Traum. Den einen schärfer, den anderen nur vernebelt und düster.
 
In der weltlichen Zeit vergingen Jahre, bis sich ihre Starre lockerte.
Ihr Schlaf wies Risse auf, als sich falsche Partikel in ihre Erinnerungen schoben. Mal sah sie im Schleier des Nebels Gesichter unlängst gefallener Kameraden oder Landstreicher, die um ihr Leben flehten. Ein andermal schallten Schreie und Stimmen in ihrem Kopf wieder.
 
An Corp Ex
 
Ihr war, als sprachen sie zu ihr...
Immer wieder wiederholten die Stimmen diese drei Silben.
 
An Corp Ex
 
Mal Schrill, mal besänftigend oder fürsorglich.
Es glich einer Warnung und Drohung gleichermaßen.
 
Wie aus dem Nichts streckte sich eine knöcherne Hand aus dem Dunkeln und packte ihre rechte Schulter. Die Fingerendglieder mit ihren scharfen Krallen bohrten sich unnachgiebig in das tote Fleisch der Ruhenden. Der beißende Schmerz ließ ihren Verstand aus der Erinnerung in das Jetzt zurückkehren. Ruckartig riss sie ihren Leib empor und umschloss mit beiden Händen den Angreifer. Der Schreck hatte ihre tiefsten Instinkte geweckt und mit ihnen auch den dunklen Schatten, der in ihrem Leib nistete.
Ihre Stimme klang grausam und vernichtend, als sie die Silben "An Corp Ex" spie.

Shinori spürte, wie die Eiseskälte durch ihre Fingerglieder zog und sich ihren Weg zum skelettierten Angreifer bahnte. Wie ein Mantel umschloss die Kälte sein Opfer und sog es in sich ein. Der Druck auf ihre Schulter verebbte bis er schließlich nicht mehr zu spüren war. Leblos sackten die Knochen herab und landeten dumpf auf dem Boden.
Reglos starrte sie diese an.
 
Dieser Akt hatte ihr ein hohes Maß an Kraft gekostet. Wieder musste sie an den „Handel“ denken.
Nun verstand sie deren Bedeutung. Die Magie wäre bereit ihr zu dienen, jedoch müsste sie den Preis dafür zahlen.
Getrieben vom unstillbaren Verlangen, dem Durst, setzte sie sich blind in Bewegung.
 
Es war ihr inzwischen gleich, womit sie sich Loyalität erkaufen musste. Es war ihr gleich, in welchen Abgrund des Arkanen Netzes sie eintauchen müsste.
Auch die tiefe Befriedigung in ihrem Inneren war nicht weiter von Belang.
 
Im Moment wollte sie nur noch im Blut ihrer Opfer baden.
 
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Shinori
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Re: Vom Anfang und Ende der Unendlichkeit

Beitrag von Shinori »

Die Untote befand sich in einem tiefen Rausch und nahm weder Gut noch Böse wahr. Geräusche und Gerüche verschmolzen zu einer undefinierbaren Masse. Rufe mündeten in gequälte Schreie, bis sie letztendlich von der Stille erstickt wurden.

Shinori starrte paralysiert auf ihre Hände und versucht fieberhaft das Geschehene zu verarbeiten.
Sie entsann sich, wie sie der qualvolle Hunger übermannte. Erinnerte sich, wodurch er geweckt wurde...

Von da an nahm sie nur noch verschwommene Einzelteile wahr.

Den blutverschmierten Fellfetzen an ihrer Kleidung zu urteilen, musste sie sich zu Beginn an einigen Tieren gelabt haben - Vermutlich einen Wolf, oder gar das ganze Rudel.

Sie wusste es nicht.


Doch nun, als ihr Verlangen bedient wurde, kehrte ihre Wahrnehmung zurück.

Sie sah ihr Werk.

Ein Lager mitsamt Zelten und Lagerfeuer hatte sie auf ihrem Marsch entdeckt.
Und sie hatte bis jetzt ganze Arbeit geleistet.

Der Kleidung und Ausrüstung zu urteilen, mussten es räuberische Wegelagerer gewesen sein. Abschaum.
Blinzelnd ließ Shinori den Blick über die Männer gleiten. Einem der Kerle, ein Hühne mit dicker Wampe, hatte sie den linken Arm aus der Schulter gefetzt und an den sickernden Adern gesoffen. Er schrie wie am Spieß und starb mit schmerzverzerrter Grimasse. Ein anderer; klein und hager; ihm hatte sie das Gesicht in Stücke gerissen, bevor sie seine Kehle zerfetzte. Nun, halbwegs bei Sinnen, stierte sie den letzten der Männer an. Starr vor Angst kauerte er an einem der Bäume, während eine skelettierte Pranke sein rechtes Bein fest umschlungen hielt. 
Er würde diesen Platz nicht mehr lebend verlassen können. Dabei war Ihr gar nicht aufgefallen, wie sie erneut eine untote Seele beschwor. Wie praktisch, dachte sie noch.
Die Weißhaarige betrachtete den halbstarken Burschen. Er vermochte kaum älter als 13 Lenzen sein, schätzte sie.

Widernatürlich ließ sie ihren Nacken knacken und neigte den Kopf lauernd auf die Seite. Sie war noch nicht vollständig gesättigt... und er hatte viel zu viel gesehen...
In den bernsteinfarbenen Augen glomm die wahrhaftige Gier auf.
Sie leckte sich ein letztes Mal über die Lippen, öffnete den Kiefer und spürte wie die spitzen Eckzähne sich für ihren Einsatz nach Vorne schoben.
Dann ging es sehr schnell.

Wie ein Raubtier stürzte sie sich auf ihre Beute und verbiss sich saufend in seiner Halsschlagader. Ein lasches Keuchen konnte der Junge ausstoßen, bevor er das Bewusstsein - und später sein Leben verlor. In ihrem blinden Wahn wahr sie sehr verschwenderisch und ließ zu, dass ein Teil des kostbaren Saftes vergossen wurde und nun im Erdreich versickerte.

Jetzt, als ihr Hunger endlich gestillt war - verstand sie ihr Handeln.


Nun war es nicht die Gier, die sie lenkte, sondern die blanke Panik. Das Bild glich einer Hinrichtung - mit ihr als Henkerin. Ein Zittern strömte durch ihren Leib und ließ sie schlottern.

Was hatte sie nur angerichtet?

Fahrig sah sie sich um - überall quoll Blut und Gewebe aus den geschundenen Kadavern. Der beißende Gestank von Angst, Fleisch und Pisse lag in der Luft. Sie musste Würgen und erbrach dabei einen Teil ihrer Speise.
Shinori fühlte sich wie in einem tranceähnlichen Zustand, der sie von jenem fürchterlichen Ort fortführte. Bilder und Geräusche verschwammen und irgendwann...
...war sie wieder daheim. 
Ihr kleines Heim, gezeichnet von der Witterung und besiedelt von Spinnen mitsamt ihren Netzen.
Eilig stürmte sie durch die Tür, die sie sogleich krachen hinter sich zu fallen ließ. Hastig setzte sie sich ans Schreibpult und kramte nach einem Stück Pergament, welches nicht sofort zerbröselte. Noch immer zitterten ihre Hände, als sie tattrig die geknickte Feder in die Tinte tauchte.
Als sie fertig war, kamen tatsächlich einige Wörter zustande. Die Lettern waren größtenteils verwackelt, wurden von blutigen Fingerabdrücken verwischt oder ungeschickt mit Tinte bedeckt.
Es glich dem Schaubild ihrer Verzweiflung.

[img][IMG]https://www.bilder-upload.eu/thumb/8f09e9-1562338416.jpg[/IMG][/img]

Geistesgegenwärtig nahm sie die Rune, welche zu Cyrus Keller führte. Kurze Wege, dachte sie. Sie würde die Nachricht in der kleinen Höhle ablegen, verschwinden und hoffen, dass er ihren Hilferuf wahrnahm.

 
Als sie wieder in ihrem sicheren, kleinen Heim war, durchströmte ein unbehagliches Gefühl ihren hageren Leib.

Wie würde er wohl auf ihre Nachricht reagieren?

Würde er sie für ihr Vergehen strafen? Sie gar verstoßen?


Träge setzte sie sich auf einen alten, knarrenden Holzstuhl.

Jetzt, wo sie glaubte, eine Lösung gefunden zu haben... fingen ihre Probleme erst richtig an...

 
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Falynidil
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Re: Vom Anfang und Ende der Unendlichkeit

Beitrag von Falynidil »

Cyrus genoss es seine neue Schwester kennen zu lernen, zumal ihre ersten Schritte als Vampir sehr ähnlich zu seinen eigenen waren. Wie sollte es auch anders sein, waren Roreks und Vyktoryas Bemühungen schließlich nicht zu übersehen. Er hatte die Gestalt einer Frau angenommen, derer er sich bediente, wann immer es ihm beliebte. Nach einigen neckischen Streichen, mit denen er Samaras Wachsamkeit auf die Probe gestellt hatte (Tür auf, Tür zu... ), waren sie ins Gespräch gekommen und er hatte erfahren, was er ohnehin bereits geglaubt hatte zu wissen. Doch wollte er Roreks Doktrin von ihr persönlich hören, ohne das der Zauberer zugegen war. Deswegen plauderten die Beiden. Vornehmlich über Fisch. Cyrus hatte den Fisch des Blutsees von Ansilon als Synonym für Menschenblut verwendet. 

Inmitten des Gesprächs, Samara hatte ihm gerade vehement versichert sich vorerst von Tieren ernähren zu wollen, hatte Cyrus eine tiefe Unruhe in sich gespürt. Diese hatte seine Aufmerksamkeit erregt und er musste seine Neugier gegenüber Samara zurückstellen. Etwas war geschehen, das er nicht sofort einzuordnen wusste. Nach außen hin verlief die Unterhaltung genauso weiter wie zuvor, doch der Zauberer lenkte sie nun gen ihrem Ende. Er wollte die junge Samara nicht beunruhigen, deswegen erhob er sich und verabschiedete sich, ehe er die Taverne verließ. 

In seinem geheimen Domizil unterhalb der "Franz Ruine" angekommen, begab er sich in einen meditativen Zustand. Er kanalisierte das Vitae, das durch seine leblosen Blutbahnen strömte und konzentrierte sich darauf. Unwirsche Bilder, die eher Emotionen ausdrückten als echte Begebenheiten, tauchten vor seinem inneren Auge auf. Er folgte der Spur, die er über das Blut aufgenommen hatte und forschte in sich hinein. Gier - Panik - Raserei, eine Gemengelage aus Gefühlen, die gefährlich war - insbesondere im Zusammenhang mit Vampiren. Dann zuckte er zusammen, als er ein letztes Gefühl verspürte, das die anderen drei sodann überlagerte: Angst. 

Diese Emotionen waren nicht seine eigenen, und doch gehörten sie zu ihm, weil sein Blut in den Adern der Person floss. Es war eindeutig, er wusste es. Die Emotionen gehörten einer Frau. Dies spürte er deutlich. Shinori. 

Cyrus riss die Augen auf. Seine Konzentration auf die Kräfte des Blutes hatten ihn seine wahre Gestalt annehmen lassen und die Menschentarnung aufgehoben. Als er instinktiv in sein Kellergewölbe hinunter schritt, bestätigte sich seine Befürchtung, als er ihr Pergament fand. Er war nun unruhig und gefasst zugleich, da er Shinoris Emotionen erlaubte auch ihn selbst zu ergreifen. Er musste sie aufspüren und ließ es bis zu einem Grad zu. Dann negierte er den Schmerz, den er, im Versuch ihre Schmerzen für einen Moment zu lindern, kurzzeitig mit ihr geteilt hatte.

Sein Kind brauchte Hilfe und würde diese erhalten.
Never trust a smiling Falynidil, you're gonna end up. | When Nathan goes down on his knees, the battle is not over. It has just begun.
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Aira
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Re: Vom Anfang und Ende der Unendlichkeit

Beitrag von Aira »

Von elterlichen Sorgen
 
Es war immer das gleiche mit Kindern – egal ob Kinder der Nacht oder sterbliche. Sie fanden einen überall, wenn man eigentlich nur mal seine Ruhe haben wollte. An sich überraschte es Vyktorya nicht, dass Cyrus sie in den tiefen Gewölben des alten Klosters auftrieb, schließlich waren sie durch das Blut verbunden. Nein, es war Cyrus ernste Miene, die sie wachsam werden ließ. Der sonst ständig gut gelaunte und ständig irgendeinen Spruch auf den Lippen tragende Zauberer mit dem blauen Hut wirkte besorgt, man könnte es sogar fast verzweifelt nennen. Und er berichtete auch sogleich, dass er nicht sie sondern seinen eigenen Schützling Shinori suchte. Die Greisin, die er an der Schwelle des Todes gewandelt hatte, hatte nach Cyrus Berichten zufolge die Kontrolle verloren. Und das war nicht gut. Sie wussten nicht wann, wo und was geschehen war. Und Shinori war verschwunden, zumindest wusste Cyrus nicht wo sie steckte.
 
Alleine dass Vyktorya ihm zusicherte, dass sie ihn unterstützen würde, schien den Elementarzauberer zu beruhigen und sein Witz und Charme kehrte zurück. Er würde die Blutphiole herbeischaffen, die er Shinori nach ihrer Wandlung abgenommen hatte und Vyktorya würde alles vorbereiten, um der verzweifelten Unsterblichen eine Nachricht zu senden.
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Shinori
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Re: Vom Anfang und Ende der Unendlichkeit

Beitrag von Shinori »

Starr saß die Alte auf einer der ungemütlichen Hocker, der sie bereits zu Lebzeiten mit Rückenleiden beschenkte.
Dem Lichtwechsel nach zu urteilen, mussten seit ihrem Rausch bereits Tage vergangen sein.
Seitdem verließ sie ihr kleines Heim im Nordosten der Königsstadt nicht mehr.
Im Gegenteil – Sie sehnte sich danach, sich einzusperren. Solange sie nicht in der Lage war, sich in Zaum zu halten, sollte auch niemand ihre Nähe genießen.

Irgendwann – sie hatte schon unlängst jegliches Gefühl für Zeit und Raum verloren – erschall ein Klopfen von der Haustür. Der Klang schien ihr so ungewohnt, dass sie für einen Augenblick lang zusammenzuckte.
Viel zu langsam löste sie sich aus ihrer Versteinerung und erhob sich dabei in unermesslicher Trägheit von der Sitzgelegenheit.

Wer würde sie überhaupt besuchen wollen?

Die alte Magierin war verwirrt und überfordert zugleich, ließ sich jedoch von der wachsamen Neugier zum Fenster bewegen.

Da stand sie da.
Der jüngste Familienzugang ihrer Blutlinie. Samara.
Vor einer Weile hatte sie das Vergnügen ihre Bekanntschaft zu machen. Sie stellte sich als eine junge, vorsichtige Vampirin heraus, die der Welt mit Respekt und Demut entgegenblickte.
Die Magiebegabte fand Gefallen an ihr.
Jener Teil war es auch, der am Liebsten die Türen geöffnet und sie begrüßt hätte.

Der andere Teil hingegen… der wollte weiterhin in Unsichtbarkeit verweilen. Zu groß war die Gefahr, dass ihr labiles Wesen auf ihre Besucherin überspringen könnte.

Bitte vergib mir. Drang es wispernd über ihre spröden Lippen.

Irgendwann gab es Samara scheinbar auf und wendete sich vom Treppenabsatz ab.

Es war überwunden. Aus menschlicher Gewohnheit stieß sie einen Seufzer der Erleichterung aus.

Und irgendwann… würde sie wieder die Türen öffnen wollen.
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Aira
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Re: Vom Anfang und Ende der Unendlichkeit

Beitrag von Aira »

Es war Samara, die die gebrechliche Vampirin als Erste aufstöberte und die Nachricht an Vyktorya weiterleitete. Die junge Vampirin führte ihre Schöpferin zum Haus der Leidenden. Doch  Shinori öffnete nicht die Tür. Das Haus lag vollkommen still da. War die alte Frau schon wieder verschwunden? Wer weiß, aber es ist ein neuer Anhaltspunkt. Vyktorya markierte eine Rune vor dem Haus, welche sie Cyrus zukommen lassen würde.

Cyrus würde in seinem kleinen spiegelbewehrten Vorraum eine kleine Notiz finden:
Deine Schwester hat deine Tochter gefunden. Du kannst sie "in ihrem Heim oder im Himmel finden". Du wüsstest wohl schon, was deine Tochter dir damit sagen will. Ich habe dir eine Rune zu ihrem Heim markiert. Du findest sie in unserem Nachrichtenkasten an meinem Haus. Wir werden ihr Haus regelmäßig aufsuchen, in der Hoffnung sie anzutreffen.
gez.
VA
Shin1.PNG
Shin2.PNG
Shin3.PNG
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