[Quest] Der Baum der ein Mensch sein wollte

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Amine
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Re: [Quest] Der Baum der ein Mensch sein wollte

Beitrag von Amine »

wechselbalg_Amathlan_Northor.png


Auf der Suche nach Samira, konnte Amine eine große Gruppe von Leuten neben einem weiteren Wechselbalg sehen. Was war das wieder für ein Wesen? Beim Näherkommen konnte sie die Gesichtszüge von Amathlan erkennen. Langsam aber voller Neugierde ging sie zu dem Wesen. Das letzte Wesen, welche sie zusammen mit Nimue vorsichtshalber in der Steppe konservierte und vor den Augen der Löwen oder auch Wilderern versteckte und somit mit Erde überschüttete, konnte sie noch äußerlich beobachten. Seine Haut roch nach einem wunderbaren Ort. Es war die Baumhöhle des braunen Angols, welches sie des Öfteren mit Xapoa aufsuchte. Es roch dort nach einer erstaunlichen Frische. Es war als würde die Sonnenscheibe einen Wald nach einem kleinen Regenschauer vorsichtig erhitzen. Viele Dämpfe und wunderbare Gerüche kamen ihr in die Nase. Sie war fasziniert.
Als sie dann vor dem Wesen stand, schaute sie erst besorgt zu den Anwesenden und kniete sich dann zu dem Wesen nieder. Sie nahm ihren kleinen Dolch und schabte vorsichtig an der Haut der des Wesens. Dieses träufelte sie dann auf ein Tuch, welches sie mit einer Flüssigkeit aus ihrem Medizinbeutel benetzte. Sie roch an diesem und konnte einen noch intensiveren Geruch des Waldes verspüren. Den anderen gab sie ebenfalls ihre Probe.
Nun weiter neugierig winkte siech Amathlan zu sich heran. Sie deutete ihm an, dass sie einen kleinen Teil der Haut des Wesens nehmen würde. Xapoa setzte sich ebenso neben Amine. Diese deutete an, dass die beiden ihr helfen sollte, wenn sie das Wesen behutsam an einer Stelle häutete. Sie schaute dann besorgt und sprach dann in ihrer Muttersprache: „Es tut mir leid.“ Dabei schaute sie besorgt zu dem Wesen. Als sie ein kleines rechteckiges Stück herausgeschnitten hatte, entschuldigte sie sich bei dem Wesen erneut. Sie packte das Stück behutsam in ihren Beutel. Dann stand sie auf. Zusammen mit Xapoa roch sie an der Haut und man konnte noch einen stärkeren Geruch wahrnehmen. Neugierig hätte sie noch mehr Teile des Wesens zu Recherchezwecken entnommen. Aber als naturnahe Ierea, wollte sie das Wesen nicht weiter „verletzen“.

amine_druide.png
 
*einige Zeit verging - es müsste bestimmt eine ganze Stunde gewesen sein*

Das Wesen musste jedoch verschlossen werden. sorgsam nahm Amine einige Bandagen und legte diese geschickt um den leblosen Körper, do dass die Wunde verschlossen wurde. Sie strich noch einmal über den Körper und schaute zu den Elfen. Zusammen mit einer Beschwörung von Thrilmanduil trug ein „erbeteter“ Waldhirte von Amine das Wesen langsam auf das Boot, welche dann zu der Insel der Hochelfen brachte. Thrilmanduil hatte angedeutet, dass man das Wesen am besten nicht mit bloßen Händen tragen sollte.
Zusammen trugen die beiden Beschwörungen dann das Wesen in ein Kellergeschoss der Hochelfen. Amine rief den Elfen im Kellergeschoss noch zu, dass sie jetzt gehen würden. Amine und Samira verließen dann die Insel. Sie hatten noch etwas wichtiges mit Liana Riodes zu besprechen. Sie hoffte, dass Vorfall die Beziehungen nicht gestört hatte. Sie war aber sehr froh, dass Thrilmanduil auf Amines Bitte einging und den Hochelfenfürsten, Naeldir so beruhigen konnte. Irgendetwas war zwischen der Entnahme der Haut und dem Transport auf die Insel geschehen. Naeldir wollte das Wesen erforschen. Sie war auch froh, dass er auf ihre Bitte einging, dass sie das Wesen dann im Anschluss zurück zur Natur unter die Erde bringen dürfe. Sie musste schnell mir Xapoa und Liana sprechen.
 
Zuletzt geändert von Amine am 04 Mai 2021, 10:34, insgesamt 2-mal geändert.
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Amathlan
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Re: [Quest] Der Baum der ein Mensch sein wollte

Beitrag von Amathlan »

Als Amathlan zur Anlegestelle kam, da er eigentlich zur Zusammenkunft schauen wollte, fand er dort zu seiner Überraschung einen größeren Personenkreis vor.
Liltha, die dort ebenfalls anwesend war, teilte ihm direkt mit, dass er nun tapfer sein müsse, oder etwas in dieser Art.
Verwundert trat er näher, und sein Blick fiel auf dieses merkwürdige Wesen, das wohl versucht hatte, wie er selbst auszusehen...
Eine unvollständige, misslungene Interpretation seiner selbst.
Verstörend zunächst, jedoch kam es ihm sofort so vor, als sei dieses Wesen bereits gestorben.
Ein Geruch von Wald, von intensivem Grün und wild wucherndem, jedoch zunehmend vermoderndem Leben ging von dem Wesen aus.

Es wurden Fragen an Amathlan gestellt, ob es ihm gut ginge, ob er etwas damit zu tun habe...
Aber er fühlte sich seltsam abgespalten von der Szenerie.
Für ihn lag klar auf der Hand, dass diese Kreatur, dieses Wesen, nicht wirklich etwas mit ihm gemein hatte. Außer eben, die Imitation seines Äußeren, und auch dies nur unvollständig. Wie gewollt, und nicht gekonnt, hätten seine inzwischen von ihm gegangenen menschlichen Freunde es wohl genannt.

Es wurde davon berichtet, dass weitere dieser Kreaturen gefunden worden seien.
Eine sah aus wie Samira von den Töchtern der Löwin, ein weiteres Wesen wie ein Mensch, den aber von den Anwesenden wohl keiner kannte.

Amine erschien ein wenig später, und wollte den Körper der Kreatur untersuchen.
Im Stimmgewirr entging es wohl so Einigen, dass dagegen Einspruch erhoben wurde von Naeldir, der mittlerweile von Ivren'mir ebenfalls eingetroffen war. Auch Amathlan selber war der Einspruch nicht ins Bewusstsein gedrungen, zu verwirrend war die gesamte Situation für ihn.
Er konnte jedoch seine eigene Wissbegierde empfinden, zu erfahren, was es mit diesem Wesen auf sich haben mochte.
Welches Wesen sollte ihn nachahmen wollen? Und zu welchem Zweck?
In der Erwartung, mehr zu erfahren, und in der festen Überzeugung, dass dieses Wesen bereits verstorben war, half er Amine bei ihrem Vorhaben, als diese ihn darum bat. Sie schien zu wissen, was zu tun sei, und er vertraute ihr.

Wechselbalg_Bildausschnitt.jpg

Als dann jedoch eine der anwesenden Menschenfrauen das tieferliegende Innere des Wesens auf grobe Art öffnete, musste er instinktiv zurückweichen, von plötzlichem Ekel erfasst.
So hatte er auch keinerlei Zugriff auf das, was die Frau der Edain dort fand, und vermutlich das Herz der Kreatur darstellte. Nur, dass es eben, wie auch der Rest, äußerst pflanzlich wirkte. Dort, wo Knochen gewesen wären, war Holz zu erahnen, Pflanzensäfte, wo Blut gewesen wäre; und Rankenwerk anstatt von Muskelsträngen.

Die Menschenfrau wollte auf keinerlei Aufforderung, weder auf Bitten, noch auf Drohungen, und weder von Amine, noch von Naeldir, und anscheinend erstrecht nicht von ihm selber, denn seine Bitte wurde schlichtweg ignoriert, dieses gefundene Herz herausgeben.
Fast wäre es noch zu Handgreiflichkeiten gekommen gegen den Elfenfürst...kurzzeitig drohte die Situation völlig zu entgleisen.

Die Frau machte sich dann jedoch einfach davon, ging ohne ein weiteres Wort mitsamt dem Herzen der Kreatur, die ihm selber so ähnlich war. Dies war etwas, das auch die anderen Edhel nicht einfach hinnehmen konnten, besprachen sie später, als sie den schweren Körper der Kreatur mit Hilfe von zwei beschworenen Wesenheiten nach Ivren'mir geschafft hatten.
Naeldir wollte mittels eines diplomatischen Winkelzuges bei einem Treffen am morgigen Tag dafür sorgen, dass das Herz des Mischwesens zurück an die Elfen ginge, und auch Amine hatte zugesagt, sich darum zu bemühen, dass dies geschah.

Vielleicht würde man dann in dem Kern der Kreatur auch ein Haar finden, so, wie es wohl bei einer der anderen Wesen auch der Fall war, und weswegen er gefragt worden war, ob er Haar vermisse - wobei er zum Zeitpunkt dieser Frage und der damit einhergehenden Information über das andere gefundene Wesen noch gar nicht einordnen konnte, was für eine Bedeutung das haben mochte.

Die Fragen, die sie sich danach im kleineren Kreise, bestehend aus Naeldir, Liltha, Thrilmanduil und ihm selbst, in der Schmiede von Ivren'mir stellten, und die verschiedenen Deutungsansätze, brachten sie zunächst zu keinem entscheidenden Durchbruch.

Warum waren diese Wesen ganz in der Nähe von Eingängen und Zutrittsbereichen zu den unterschiedlichen Siedlungen aufgetaucht?
Und entsprechend zu den jeweiligen Siedlungen waren auch die Kreaturen gestaltet gewesen...

Ein Hochelf vor Ivren'mir,
eine Amazone vor der goldenen Stadt,
ein Mensch vor einer der größeren Menschenstädte (soweit er letzteren Fundort dem Vernehmen nach richtig interpretierte)...

Der Gedanke, der ihm dazu kam, war, dass möglicherweise jemand versuchte, Zugang zu den jeweiligen Siedlungen zu erlangen, durch Vortäuschung einer Identität der Ihren.
Doch wozu das Ganze?
Und wozu an unterschiedlichen Stellen dieses Teils der Welt?
Planten die Dunklen, verhassten Vettern womöglich etwas Größeres...Aber diese hatten bereits Zutritt zu Ansilon.

Und woher hatte jemand, oder etwas, ein Haar von ihm erlangt - wenn es das war, was im Kern des Wesens verborgen lag?

Da er sich ohnehin die meiste Zeit, und das zumeist sehr gerne, in der Bibliothek aufhielt, würde er hier versuchen, etwas herauszufinden. Bücher und Schriftrollen, damit fühlte er sich schon seit jeher verbunden.
So würde er die nächsten Stunden, oder womöglich auch Tage, damit verbringen, ein weiteres Mal genauestens die Bibliothek zu durchforsten. Da er wohl ohnehin keine Ruhe finden würde nach diesen Ereignissen, würde er sich dieser Aufgabe direkt stellen.
Und so fing er an, Schriftrolle um Schriftrolle aus den Regalen zu nehmen, Bucheinband um Bucheinband durchzublättern, und zu lesen, und wieder zu lesen.

Nachdenklich zwischen den Regalen umherwandernd, versuchte wohl auch sein Unterbewusstsein, einen Zusammenhang zu finden zwischen den drei Wesen, und denen, die sie offenbar nachahmten.
Was nur war der gemeinsame Nenner?
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Samira
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Re: [Quest] Der Baum der ein Mensch sein wollte

Beitrag von Samira »

Unruhig lief Samira in ihrem Zimmer auf und ab. Sie war noch zu sehr aufgewühlt von den Ereignissen des Abends und dem Traum. Sie suchte mit ihren Augen das Zimmer ab fand aber nichts. Was war das? War es echt? Dieser Geruch nach Wald, Nüssen, Salbei und Zitrusfrüchten, er war so intensiv fast greifbar. Wütend und frustriert, wischte sie mit der Hand die Sachen vom Tisch, der vor ihr stand.

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Diese unbändige Wut welche sie erfasste wenn sie an gestern dachte. Wenn sie doch nur was in die Luft sprengen könnte. Das Feuerwerk und das laute Krawumm wären jetzt genau das richtige, welches sie gestern bei den Bergen veranstaltet haben. Genau das wäre jetzt das richtige um sich abzureagieren. Doch aber nur für kurze Zeit und löste das Problem nicht wirklich. Auch gingen ihr die Reaktionen der einzelnen Personen auf das Wesen nicht aus dem Kopf. Zuerst die Abscheu und Zustimmung von Amathlan, dann sein Zögern als Naeldir das Vorgehen abgelehnt hatte. Sie hätte auch nichts gegen den Willen ihrer Taraa gemacht und genau wie er gehandelt. Doch war es zu Interessant was der Kadaver gestern offenbarte. Die überraschendste Reaktion oder Wendung des Abends war aber eindeutig für sie die gewesen, das sich der ihr unbekannte Elf als Thrilmanduil heraus stellte. Auch hatte sie das Gefühl das sein Verhalten aber noch mehr seine Reaktion, dem ihren sehr ähnlich war und irgendwie hoffte sie, dass er vielleicht etwas Klarheit schaffen konnte. So nahm sie eine leere Schriftrolle vom Boden und schrieb darauf.
 
Sel´ja Thrilmanduil,

Ego erbitte deinen Rat und deine Weisheit. Außerdem hoffe ego, dass du durch deine Verbundenheit zur Natur der Richtige bist und dich vielleicht damit auskennst. Bitte lass mir Nachricht zu kommen wann ego dich in Gwainamdir besuchen darf.
 
Tama´rasa Samira

Diese gab sie an eine Palastwache mit der bitte sie nach Gwainamdir zu bringen, so dass sie Thrilmanduil erreichen könnte.
 
Danach nahm sie die anderen Überlegungen wieder auf. Ihr wiederstrebte auch das Verhalten ihrer Fila´s. Die Neugier trieb sie genauso um wie die anderen vielleicht auch noch mehr als die Anderen. „Ego werde das Gefühl trech los, dass die Verwandlung et die Personen trech willkürlich gewählt wurden et es da vielleicht doch eine Verbindung gab“, sprach sie es für sich selbst aus.Trotzdem war es nicht richtig den Elfen den unvollständigen Kadaver zu überlassen genauso wenig wollte sie den ihrigen nach Ivren´mir bringen. Wobei bei dem letzten Gedanken ihre Meinung sich dauernd änderte und so verschob sie die Entscheidung hierzu auf später. Viel schwieriger und für sich dringlicher waren andere Gedanken. Abermals setzte sie sich und schrieb die wichtigsten auf.
  1. Das Herz sollte zu Amathlan zurück. Was er dann machte war ihr egal für sie gehörte der Kadaver unumstritten zu der Person in welche sich dieser verwandeln wollte.
  2. Sie müsste ihre Fila´s dazu bewegen es zurückzugeben wobei sie da sehr auf Amine hoffte und sie müsste sich für ihren Temperamentsausbruch gestern Abend entschuldigen.
  3. Der ihr ähnliche Kadaver musste ausgegraben werden und untersucht nur wohin damit danach und mit wem?
  4. Wer hatte Zugang zu den Personen um an die Haare zu kommen?
  5. War es eine Prüfung Nyames?
  6. War es ein Angriff gegen sie oder gegen die anderen Aeritaneí?
  7. Das Wesen gehört ausgegraben und untersucht.

Der dritte Punkt war für sie der wichtigste und dringlichste. Sie warf noch einen Blick auf die Liste und verließ dann das Zimmer.
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Sie war so in Gedanken und bemerkte erst spät, dass sie bei der Schmiede stand. Dort saß Yarinah und blätterte in einem Handwerksbuch. Samira nutzte die Gelegenheit und erzählte ihr die Vorkommnisse der letzten Tage, auch interessierte sie ihre Meinung dazu. Hatte doch Yarinah sie schon öfter überrascht und ihr oft andere Wege aufgezeigt. Als sie alles berichtet hatte richtete sie eine Bitte an sie: „Kannst tua mich bitte begleiten? Ego möchte dir was zeigen“. So führte sie Yarinah in ihr Zimmer. „Was riechst tua hier oder riechst tua überhaupt etwas hier?“, fragte sie Yarinah.

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Als Yarinah ihr den gleichen Geruch bestätigte stand für sie fest, dass es nicht nur ein Traum heute Nacht gewesen ist und es Zeit war zu handeln. Schnell bedankte sie sich bei ihr und machte sich auf den Weg zu dem Wesen.
 
Dort kniete sie sich nieder und sprach: „Nyame welche Prüfung hast tua damit für mich vorgesehen? Ego werde versuchen in deinem Sinne zu handeln.“


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Zuletzt geändert von Samira am 21 Apr 2021, 22:19, insgesamt 4-mal geändert.
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Amathlan
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Re: [Quest] Der Baum der ein Mensch sein wollte

Beitrag von Amathlan »

Noch immer schien er nicht auf die erhofften Antworten zu stoßen.
Trotz intensiver Suche war bisher nichts in den durchblätterten Büchern zu finden gewesen, das Amathlan bei seinen Fragen Aufschluss oder Hinweise gab.

So setzte er sich erstmal, und ließ seine Gedanken frei treiben.
Oft schon hatten sich für ihn dadurch neue Verknüpfungen und Ideen ergeben.


Ein Pflanzenwesen...mit einem Gesicht...
Da war etwas in seinem Unterbewusstsein, es erinnerte ihn an etwas...

20210421_155858.png

Schlagartig setzte er sich auf.
In seiner früheren Heimat hatte es Dryaden gegeben, ja, er war sogar einmal einer solchen begegnet.
Baumgeister, Baumwesen...
Ob es hierzulande ebenfalls solche Wesen geben mochte?
Wer könnte dies wissen?

Entweder Thala'faer oder Thrilmanduil, auf jeden Fall einer der Waldelfen, schoss ihm die Antwort durch den Kopf.
Also entnahm er seinem Gepäck eine Schreibfeder und eine leere Rolle, und setzte sich an einen Brief an jene beiden, den er in die Sala nach Gwainamdir senden würde.

Mae Govannen Thala'faer und Thrilmanduil!

Die seltsamen Mischwesen, die gefunden wurden, haben mich zu der Frage gebracht, ob es wohl in diesen Landen Baumgeister und Dryaden geben mag.
Sehr gerne würde ich mit Euch, oder einem von Euch, darüber sprechen.
Gebt mir Nachricht, wann Ihr dies einrichten könntet.

Respektvoll,
Amathlan.



Nach dem Beauftragen eines Boten, der die Nachricht überbringen sollte, 
verspürte er den Wunsch, eine weitere Botschaft zu verfassen, denn er war zuvor schon auf die Idee gekommen, dass es mit diesen Wesen, die bisher gefunden wurden,eine gemeinsame Bewandnis haben könne, was die Imitierten anging.
So nahm er ein weiteres Pergament zur Hand, und schrieb eine Nachricht an Samira.

Seid gegrüßt Samira,

da Ihr es wart, deren Antlitz wohl im Körper der anderen gefundenen Kreatur imitiert wurde,
würde ich mich gerne in Bälde mit Euch treffen, um mit Euch über eventuelle Gemeinsamkeiten zu forschen, die unsere beiden Personen betreffen.
Vielleicht können wir dazu auch noch in Erfahrung bringen, wen die dritte Kreatur vermutlich nachzuahmen versuchte, und uns auch mit dieser Person treffen und über einen gemeinsamen Nenner auszutauschen.
Ich bin der Auffassung, dass es etwas geben muss in dieser Richtung, dass wir nicht zufällig gewählt wurden, und würde dies sehr gerne mit Euch ergründen wollen.
Sendet mir Botschaft nach Ivren'mir, wann Ihr es zeitlich einrichten könntet.

Respektvoll,
Amathlan
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Engel des kleinen Todes
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Re: [Quest] Der Baum der ein Mensch sein wollte

Beitrag von Engel des kleinen Todes »

Amine || An verschiedenen Orten

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Viel Aufregung hatte geherrscht um die entdeckten Kreaturen, grausige Monstrositäten, verteilt an den unterschiedlichsten Orten. Mehreren war inzwischen eine Kern-Förmige Struktur aus dem Leib geschnitten worden, als hätte man einem menschlichen Leichnam nach dem Tode das Herz entrissen. Barbarisch, mochten manche sagen...aber es waren ja nur Pflanzen, nur verdorrende Vegetation. Nicht wahr?

Wie auch immer man zu dieser Tat stehen mochte, so war eines jedoch sicher - schon nach einem weiteren Tag war klar, dass die Entnahme des Kerns aus einer der Kreaturen deren Verfall nur noch schneller vorwärts trieb. Als würden die Ranken in der prallen Sonne mitten in der Wüste liegen schien das Leben nur so aus ihnen zu weichen. Nicht nur dass, mit diesem fortschreitendem Prozess schien auch die Fähigkeit der Kreatur Körperteile nachzubilden ein jähes Ende zu finden. Kaum noch konnte man Ähnlichkeiten zu Gesichtern oder gebildeten Extremitäten sehen, auf den ersten Blick schon war klar - hier handelte es sich nicht um Fleisch und Blut. Fast wirkte es nur noch wie ein böser Traum, wenn man sich des Gesehenen nicht so sicher sein konnte. Abgetrennte Teile welkten sogar noch schneller, sodass sicher gestellte Haut kaum noch mehr sein mochte als ein welkes, trockenes Blatt. Unbesonders, unwichtig...und bald wohl vollkommen verloren an den Zahn der Zeit.

Was auch immer es mit diesen Wesen auf sich hatte, der Tod schien auch für sie das finale Ende zu bedeuten, eine letzte Reise vor der es kein Zurück mehr gab.

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Amathlan


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So viel Zeit in einer verstaubten Bibliothek zu verbringen, während er immer noch von den Gedanken an diese Kreatur gebeutelt wurde, tat vielleicht nicht nur Positives für sein Gemüt. Wie suchte man überhaupt nach dem, was man nicht kannte? Und welche Fragen waren die Richtigen? Hatte tatsächlich jemand gezielt Haare gestohlen, konnte er sich überhaupt daran erinnern wo, auf all seinen täglichen Unternehmungen, er jemals ein einzelnes Haar...oder gar Hunderte davon, verloren hatte? Wer dachte schon an die einzelnen Fäden die sich tagtäglich in eine Bürste verfingen, die vom Wind davongetragen wurden wenn man eine hartnäckige Strähne entwirrte?

Als sein müder Blick über die Reihen der Bücher glitt stockte der Elf jedoch für einen Moment, als er ein kleines Kompendium entdeckte, eingeklemmt zwischen zwei größeren Folianten. Es war unscheinbar, abgegriffen, aber gehüllt in Leder dessen schnörkelige Verzierungen ihn an Ranken erinnerten. Ein Titel fehlte, doch ein schnelles Durchblättern des Werkes entlarvte es als Sammlung alter Märchen und Geschichten, Ammenmärchen die vor Allem wohl in menschlichen Dörfern irgendwelcher Einöden erzählt wurden. Hatte sich einst jemand die Mühe gemacht, all diese Geschichten zu sammeln und aufzuzeichnen? Es wirkte wie das persönliche Projekt eines gelangweilten Künstlers, und doch klammerten die Wörter sich an seinen Geist.

Das Buch das Amathlan gefunden hat enthält drei Geschichten:

Der Kirchengrimm - Eine Erzählung über eine Kreatur die lebendig auf einem Friedhof begraben wurde, um fortan als Schutzgeist über die Seelen der Begrabenen zu wachen. Eine wohlwollende, missverstandene Kreatur deren Schicksal es war, bis ans Ende aller Zeiten gegen Grabräuber und Dämonen zu kämpfen.

Der Engel des kleinen Todes - Seltsam Bruchstückhaft wird von einem Wesen berichtet, dass dafür zuständig ist den kleinsten Wesen der Natur, den Hamstern und Kohlmeisen, Feldmäusen und Nachtfaltern, die letzte Ruhe zu bereiten. All diese Kreaturen pilgern am Ende ihres Lebens zum Engel des kleinen Todes und erzählen von ihrem Vermächtnis. Es ist vermutlich kein wirklicher Engel im Sinne des Glaubens, doch gilt er als Sammler von Informationen und Beobachter aus dem Hintergrund.

Der Baum, der ein Mensch sein wollte - Eine traurige Fabel von einem Nuss-Baum, der einen Zehennagel nutzte um sich in einem Jungen zu verwandeln. Die Geschichte findet ein offenes Ende als der Nuss-Baum-Junge von den Bewohnern eines Dorfes mit Mistgabeln in einen tiefen, herbstlich-verwilderten, mystischen Wald gejagt wird, aus welchem der Nuss-Baum nicht mehr herausfinden kann.
Zuletzt geändert von Engel des kleinen Todes am 21 Apr 2021, 22:48, insgesamt 1-mal geändert.
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Leonhard Dracon
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Re: [Quest] Der Baum der ein Mensch sein wollte

Beitrag von Leonhard Dracon »

Es war an der Zeit.

Er starrte in den Spiegel, die Züge seines Gesichts betrachtend. Es fühlte sich so vertraut an, wie immer schon. Seit seiner Geburt...und doch war nun das Ende nah, zumindest für viele von ihnen. Als die ersten Leichen der Wechselbälger aufgetaucht waren hatte er gewusst, dass die letzte Phase des Plans angelaufen war. Es galt nun den Auftrag auszuführen, für den er einst entsendet worden war. Seinen Auftrag. An Widerspruch war nicht zu denken.

Ein Hauch von Traurigkeit legte sich über seine Gedanken als er an seine Freunde und seine Familie dachte, das Leben das er sich in dieser kurzen Zeit aufgebaut hatte. Würde er dazu zurückkehren können? Immerhin hatte er diese Option, im Gegensatz zu den Wechselbälgern die ihre Wandlung nicht überlebt hatten. Niemand wusste, warum die Verwandlung, die doch ihre natürlichste Gabe war, manchmal fehlschlug und den sicheren Tod bedeutete. Er weinte des Nachts, immer noch das Bild vor Augen als Tyvurn, sein eigener Bruder, einem Wechselbalg vor seinen Augen das Herz herausgerissen hatte.

Aber die Arbeit der letzten Wochen und Monate, das zusammenstellen der Duftnote, das nächtliche Herumschleichen...es sollte nicht umsonst gewesen sein. Einige von ihnen hatten die Wandlung überstanden, durchstreiften die Wälder oder hatten sich ihm bereits zu erkennen gegeben. Mehr als er gedacht, aber weniger als er gehofft hatte. Sie würden die Energie jedes Einzelnen brauchen...zusammen mit dem Sternensplitter, den er nun zur sicheren Verwahrung einem der anderen Bälger übergeben hatte. Sie würden ihre Aufgabe ausführen, bis zum bitteren Ende, bis sich die Hecke vor ihnen auftat. Für immer.
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Thril | Xrrsh
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Re: [Quest] Der Baum der ein Mensch sein wollte

Beitrag von Thril | Xrrsh »

Die Geschehnisse an der Küste vor Ivren'mir waren mehr als Besorgniserregend.
Der Anblick des pflanzlichen Nachahmers und die vorliegenden Anzeichen bestärkten Thrilmanduils unterschwellige Ahnungen.
Doch es war beinahe schon ebenso zermürbend sich mit den verschiedenen Ansichten und Verhaltensweisen der Anwesenden auseinanderzusetzen.
Wie so oft verhielten sich alle genau so wie er es stets erwarten konnte: arrogant, selbstzentriert, fordernd, hitzig, disharmonisch, unbelehrbar, der Blick nicht auf das Wesentliche gerichtet - Kinder!!
Mit so einer Haltung...wie sollte man da vereint gegen das Vorgehen was da wohl kommen würde?
Wenigstens mit den Edhil und den Töchtern Nyames war es halbwegs möglich eine Art von Gemeinschaftsempfinden aufzubauen um an einem solchen Problem zu arbeiten.
Doch höchste Vorsicht war geboten!
Er konnte es fühlen und die Warnzeichen seines Körpers , aufgestellte Härchen an Armen und im Nacken wie bei einem Gewitter, sensibilisierten ihn noch mehr und ließen seine Sinne in höchster Alarmbereitschaft laufen.

Es überraschte ihn als die Nachrichten von Samira und Amathlan eintrafen. Er hatte damit gerechnet dass man sich gemeinsam treffen wollte, doch die Anliegen der beiden wirkten persönlicher.

So verfasste er für jeden eine kurze Antwort:

Antwort an Samira:
Sanyasala Samira.
Es ist nicht nötig mich so förmlich um ein Gespräch zu bitten.
Du bist in Gwainamdir stets willkommen und ich werde mir Zeit für dich nehmen,
so wie du es auch zugesagt hast.
Komm zu mir wann immer du möchtest.
Thrilmanduil

Antwort für Amathlan:
Mae govannen Amathlan.
Dein Gedankengang ist nachvollziehbar.
Doch worüber du sprechen möchtest, ist etwas worüber wir nicht mit jedem sprechen.
In Anbetracht der Umstände jedoch und im Geiste der Freundschaft unserer Völker darfst du
gerne jederzeit nach Gwainamdir kommen. Ich werde mir Zeit für dein Anliegen nehmen.

Thrilmanduil
 
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Samira
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Re: [Quest] Der Baum der ein Mensch sein wollte

Beitrag von Samira »

samira_balg_A.JPG

Es sollte unternommen werden. Samira bat also zwei meiner Schwestern um Hilfe. Amine hatte den Einfall, dass man den Balg auf die Insel der Priesterinnen tragen könnte. Hier würde man sie in der Nähe des Wassers platzieren und dann ein Tuch über sie legen. So wäre sie geschützt vor der Witterung. Ebenso wäre die Stadt mit all seinen Bewohnern geschützt. 
Wir gingen dann zu dritt zu dem Balg. Amine hatte drei Schaufeln für uns. Yarinah nahm sich sogleich eine der Schaufeln und fing an langsam die Kreatur auszugraben. Wir stimmten dann sogleich mit ein. So gruben wir dann den geschützten Balg aus und beschauten unser Werk. Samira war sehr gespannt und auch ein wenig vorfreudig. 

Um den Transport zu gewährleisten, sprach meine junge Aeritane ein Gebet in der alten Sprache der Ierkes. Zwei Waldhirten erschienen sogleich aus dem nichts und ich konnte erkennen, wie Amine den Wesen etwas leise erklärte. Diese nahmen dann sogleich das tote Wesen auf und trugen es mit mir an der Spitze zum Palati bis hin zur Bootsfrau, die dann gemeinsam mit uns und den sanften Geschöpfen aus dem Walde zur Insel fuhr.

Dort angekommen legten sie das Wesen dann vorsichtig in der Nähe der Quelle ab. Amine und ich legten dann noch behutsam ein goldenes Tuch über das Wesen. Es war für das erste hier sicher und nichts konnte dem Wesen hier antun. Wir würden wiederkommen mit dem Ziel mehr über das Wesen herauszufinden.

samira_balg_B.jpg
Zuletzt geändert von Samira am 21 Apr 2021, 22:12, insgesamt 1-mal geändert.
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Sahrvaro Sorloh
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Re: [Quest] Der Baum der ein Mensch sein wollte

Beitrag von Sahrvaro Sorloh »

Nach den Gesprächen mit der Magierin und der Fürstin und den neu erhaltenen Informationen, entsandte er einen Boten schnellstmöglich zur Magieakademie. Der Brief sollte direkt an Davion gereicht werden...
Barchmon Meister des Bundes,

ich hoffe der Brief erreicht Euch eilig und rechtzeitig.
Wie Ihr gewiss bereits wisst, wurden verschiedene merkwürdige Wesen aufgefunden.
Eines davon auch vor Nalveroth und wie heute von zwei Personen bestätigt wurde, hat es Ähnlichkeit mit Cecilia.

Da wir sie einige Tage bereits nicht sahen, möchten wir gerne in Erfahrung bringen, ob Ihr eine Information über ihren Verbleib oder ihren Zustand habt? Damit wir dann weitere Schritte planen können.

gez.
Priester Sahrvaro
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Tyvurn Dracon
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Re: [Quest] Der Baum der ein Mensch sein wollte

Beitrag von Tyvurn Dracon »

Einmal mehr stand er über der Leiche der Kreatur die er am Ogerberg entdeckt hatte. Die eisig-blauen Augen starrten die Ranken an die mehr und mehr verholzten. Seit sie das Herz – so man es so nennen wollte – der Kreatur entfernt hatten schien sie den Lauf aller toten Pflanzen zu nehmen. Er wusste, dass sie ihre Geheimnisse für sich behalten würde. Tote – Menschen wie Pflanzen – waren nicht sonderlich gesprächig seiner Erfahrung nach. Und doch: Der Anblick half ihm dabei sich zu konzentrieren, Gedanken klar zu fassen.
 
Als er und die anderen Bewahrer an jenem Abend um die Kreatur gestanden waren, waren sie alle recht verwirrt. Keiner von Ihnen – nicht einmal Shira oder Livius – hatten so etwas schon einmal gesehen. Es war ein groteskes, grausames Bild. Das ihn trotz allem kalt ließ. Selbst als er in der Kreatur die Züge des legendären Ogerschlächters zu erkennen begann, hatte es ihn nicht berührt. Es war am Ende nur eine weitere Kreatur die ihr Ende gefunden hatte.
 
Die Untersuchung hatte den Holzkern mit den Haaren in ihm ans Licht gebracht. Er erinnerte sich an das Gefühl, als er mit der Hand in den Ranken gewühlt hatte, sich tiefer und tiefer in das Innere der Kreatur vorgewühlt hatte. War es dumm gewesen wie es Lyna ihm vorwarf? Unbedacht? Hätte die Kreatur giftig sein können oder ein Restfunken von Magie ihm Schaden können? Er war sich nicht sicher. In dem Augenblick hatte er sich darauf verlassen, dass schon nichts passieren würde. Einmal, weil er die Situation so einschätzte. Aber auch weil ihm sowieso kaum Etwas ernsthaft zusetzte seit er sich das erste Mal verwandelt hatte. Die Selbstheilungskräfte des Wolfs waren erstaunlich und wurden stärker und stärker. Sachen die ihn früher Tagelang außer Gefecht gesetzt hätten waren mit einer guten Nacht voll Schlaf erledigt. Wie selbstverständlich ging er inzwischen davon aus, dass er schwerer den je umzubringen sei. Aber galt dies auch für Magie? Die Wahrheit war: Er wusste es nicht. Er vermutete es.
 
Er schüttelte den Kopf und versuchte damit den Gedanken los zu werden. Er dachte Zuviel nach. Die Kreatur schien ihn von Anfang an etwas mehr zu beunruhigen als die Anderen. Viele Gedanken kreisten um sie, denn: Wesen die sich in Menschen verwandelten waren gefährlich. Er wusste nicht um ihre Ziele, nicht um ihre Natur. Das waren Dinge die er einer Leiche nicht entlocken konnte. Aber die Fähigkeit, menschliche Züge nachzumachen war beängstigend. Sie hatte nur tote Kreaturen gefunden – keine lebendigen. Und Livius Vermutung das es sich um Experimente handelte teilte er nicht. Wie selbstverständlich ging Tyvurn davon aus, dass Irgendetwas die Verwandlung unterbrochen hatte. Das sie an fehlgeschlagener Magie gestorben waren. Und das es eventuell Wesen gab, die sich perfekt in Menschen verwandelt hatten. Vielleicht schon längst unter ihnen weilten.
 
Es wirkte nicht friedlich. Es wirkte nicht harmlos. Das Gespräch mit Golga am gestrigen Abend hatte seine Ansichten nur bestärkt. Seine Argumente, dass es sich hierbei um künstlich geschaffene Wesen handelte, dass jene vielleicht gar die Gesellschaft unterwandern wollten, wogen schwer.
 
In Tyvurns Kopf kamen Erinnerungen hoch. An die Zeit in Graupel. An die Zeit als er für Hendrik die Stadtwache von Graupel unterwandert hatte. Als Spitzel in den Reihen der Wachen gelebt hatte, um ihre Geheimnisse zu erfahren und sie mit dem Mann zu teilen der das Verbrechen in seiner Heimatstadt  kontrolliert hatte. An die Lügen, die Intrigen. An das was er getan hatte, weil er es damals für nötig hielt.
 
Unweigerlich seufzte er auf. Seine eigene Vergangenheit brachte ihn immer wieder dazu vom Schlechtesten  auszugehen. Aber alles Schlechte, alles Grausame kam aus Graupel. Und er zog es mit, würde es sein Leben lang mit sich tragen.
 
Die Stirn legte sich mit einem Mal in tiefe Falten. Er verstand den Gedankensprung selbst nicht ganz. Aber eine lose Assoziation schoss ihm da in den Kopf. Alles in Graupel war kalt und herzlos gewesen. Eine graue Welt von Eis, Hunger und Armut. In der sich jeder nur selbst der Nächste war. Eine Welt die selbst den Kindern der Stadt schwere Bürden auferlegte und sie hart und grausam werden ließ. Und so, waren auch ihre Geschichten.
 
Die Geschichten der Kinder von Graupel – ob sie wohl ähnlich waren wie die Geschichten in anderen Teilen der Welt? Er versuchte sich zu erinnern. Doch zu lange war es her. Nur düster, umschlossen vom Nebel des Vergessens, konnte er sich an seine eigene Kindheit erinnern. Er war zu früh gezwungen gewesen erwachsen zu werden. Zu früh der Erhalter der Familie geworden nach dem Tod der Eltern.
 
Und doch: Wie ein leises, verhallendes Echo wollte er sich erinnern. Kramte er verzweifelt in seinem Kopf als ob irgendein unbewusster, schlafender Teil seiner Selbst ihn aus der Ferne anschrie. Ihm sagte er solle sich doch erinnern. Das es wichtig sei.
 
Die Geschichten der Kinder waren immer etwas Anders gewesen. Sie erzählten von jenseitigen Welten, seltsamen Wesen. Sie hatten eine eigene Logik, eine die man als Erwachsener nicht mehr fassen konnte. Die Augen von Kindern sahen die Welt anders. Für sie war die Welt nicht so grau und kalt. Sondern voller Mysterien. Voller Geheimnisse, die sich nur ihren Augen offenbarten. Denen man jedoch irgendwann sein Herz verschloss. Sie handelten von geheimen Pfaden, verborgenen Geheimnissen. Und nur die unberührten, klaren Augen der Kinder konnten jene aufdecken.
 
Mysterien, die sich Kinder an ihren geheimen Verstecken erzählten. Die mündlich weitergegeben wurden, von den Älteren an die Jüngeren. Legenden, düster und grausam, die nicht mit erwachsenen geteilt wurden. Und die man irgendwann als Ausgeburten der Fantasie abtat. Weil das Leben hart genug war. Ohne Geheimnisse, ohne Wesen die kamen und einen in der Nacht holten.
 
Er selbst erinnerte sich an die Geschichte von Wölfen, die bei Vollmond kamen um die Kinder zu fressen. Er selbst hatte sie als Schwachsinn abgetan. Und nun? Unweigerlich huschte ein kaltes, gequältes Lächeln über das Gesicht des Hünen. Er hatte das Gefühl, dass ihn das Alles irgendwie erinnerte. An eine Geschichte die er mal gehört hatte. Und an die er sich erinnern musste.
 
Und als er so an Graupel zurückdachte musste er unweigerlich an Leon denken. Das Lächeln gefror mit einem Schlag und es war als ob sich eine kalte Hand um sein Herz gelegt hätte. Die leise Stimme der Vernunft flüsterte ihm etwas zu. Das er mit den anderen Bewahrern reden sollte. Die angedeuteten Geheimnisse die er bei seinem Bruder sah mit jenen teilen sollte. Aber er konnte nicht. Wollte nicht. Zu unsicher war er, zu sehr klammerte er sich an die Hoffnung. Er wollte seinem Bruder glauben. Er wollte ihm seine Geheimnisse lassen.
 
Doch es war schon länger schwierig die Augen zu verschließen. Es war ihm klar, dass irgendetwas nicht stimmte. Spätestens seit jenem Abend in Silberburg. Spätestens seit er mit ihm das Gespräch unter vier Augen geführt hatte.
 
„Du bist mein Bruder, Leon. Ich werde tun was auch immer nötig ist um dich zu schützen. Selbst wenn es vor dir ist.“. Unweigerlich erinnerte er sich an den Moment als er das gesagt hatte. Es war gut gemeinter Rat und Drohung zugleich gewesen. Er erinnerte sich, wie er und Leon sich mit einem falschen Lächeln gegenseitig betrachtet hatte. Die Höflichkeit, die brüderliche Liebe die in dem Augenblick nur Maske gewesen war. Es war ein Tanz gewesen. Sie tanzten umeinander, jeder von ihnen mit seinen Geheimnissen, seinen Flüchen die er mit sich trug. Tyvurn ließ sie ihm. Immer. Schon seit er ein kleines Kind war. Aber in den letzten Wochenläufen beschlich ihn mehr und mehr ein Gefühl das er nicht beschreiben konnte. Das ihm einen kalten Schauer über den Rücken jagen ließ. Er wachte, so gut es ging, über seinen Bruder mit Argusaugen. Und doch: Das regelmäßige Verschwinden. Dazu die Geschichte von gestern Abend.
 
Er seufzte schwer auf. Sie klang glaubhaft. War etwas auf das er anspringen wollte. Und doch, in Anbetracht der Ereignisse der letzten Wochen: Konnte er sie so einfach glauben? Es war nichts was er laut aussprechen würde. Er konnte Leon nicht unterstellen zu Lügen. Dazu war die Erzählung zu glaubwürdig. Es war viel wahrscheinlicher, dass er die Wahrheit sprach. Und doch: Die leise Stimme, das Bauchgefühl, warnten Tyvurn. Wie sie ihn seit Wochen warnten.
 
Etwas stimmte nicht. Und der Zeitpunkt um Leon vor sich selbst zu schützen war gekommen. Er würde mit ihm ein ernstes Wort reden müssen. Tyvurn zog die Luft scharf ein, geschärft durch den Wolf in ihm, nahm er den herbstlichen Duft der Kreatur selbst jetzt noch war. Unweigerlich wusste er sofort wo er den Geruch gerochen hatte. Nicht nur an den Beuteln. Und nicht erst vor wenigen Tagen.
 
Er erhob sich langsam um den Rückweg anzutreten. Er wollte den Weg nicht beschreiten der vor ihm lag. Und doch, nach einer Nacht voll Schlaf, würde er ihn beschreiten müssen. „Leon. Wo bist du da nur hineingeraten?“.
Zuletzt geändert von Tyvurn Dracon am 22 Apr 2021, 11:33, insgesamt 1-mal geändert.
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