[Quest] Der Baum der ein Mensch sein wollte

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Chalithra'Xune
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Re: [Quest] Der Baum der ein Mensch sein wollte

Beitrag von Chalithra'Xune »

Ihr Ebenbild, fort.
Das gefangene Wechselbalg, fort.
Die Möglichkeit für den Übergang in die andere Welt, fort.
  
Unzufriedenheit machte sich bei den feinen Strichen über die Pergamentseiten breit. Einige der filigranen Buchstaben werden unweigerlich stärker als andere. Schon einige Tage lang resignierte die Priesterin über den Verbleib ihres vermeintlichen Eigentum. Der Verantwortliche für die Flucht erlitt die entsprechende Behandlung für diese Unachtsamkeit. Zusammengesackt und blutüberströmt lag er bestimmt noch einige Zeit am kargen Zellenboden. Diese Unfähigkeit sollte weitere Maßnahmen bereit halten. So etwas stümperhaftes sollte nicht noch einmal passieren. Vielleicht sollte man ihn einfach entsorgen, nur um sicher zu gehen.
Ebenso leichtfertig schien die Bardin zu sein, welche das Objekt verletzte, es war wohl Auslöser für die Flucht. Doch Wortgewandt, gepaart mit Schmeicheleien ließen eine gewisse Nachsicht walten, noch zumindest. Irgendwann wird dieses auch erschöpft und dann wird sie den Zorn der Priesterin ebenso zu spüren bekommen. Einen ersten Ausblick darauf, was sie erwarten könnte, konnte sie noch vor einigen Tagen selber bestaunen, als die Priesterin in dieser monströsen Form diesen Skorpion mit den grotesken Klauen einfach in der Luft zerrissen hat.
  
Es ändert alles nichts, es ist fort.
Die gewisse Milde konnten nur andere Dinge hervorrufen, nicht alles schien verloren. Schließt sich eine Tür, öffnet sich an einem anderen Ort eine neue. So war es auch diesmal.

Dieses leise Kratzen des Federkiels und die dämmrige Stimmung in der Kammer beruhigten die Sinne. Mit einem feinen Lufthauch zwischen den Lippen über die frisch beschriebenen Seiten wurde die letzte Seite noch einmal betrachtet.
Dies wird nicht das Ende sein, sondern erst der Anfang.

Am nächsten Tag wurde das beschriebene Buch in die Bibliothek der Filifar vorsorglich verstaut, doch wird es sicher eines Tages wieder zum Vorschein kommen.
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Leonhard Dracon
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Re: [Quest] Der Baum der ein Mensch sein wollte

Beitrag von Leonhard Dracon »

Wieder tauchen Aushänge an vielerlei Orten auf - in Nalveroth, Silberburg und Ansilon auf. Feines Pergament, die Schrift wirkt geübt, präzise, fast zackig.


Am kommenden Tag der Sonne wird zur achten Abendstunde eine Andacht stattfinden, um Jenen zu gedenken, die bei den Angriffen der Wechselbälger ihr Leben lassen mussten.

Wir erinnern uns an Alle die verschleppt wurden oder ihr Leben zur Verteidigung unserer Städte gelassen haben.
Wir erinnern uns an Alle, die nicht mehr zu uns zurückkehren werden.


Die Teilnahme steht frei. Streitigkeiten oder Provokationen werden an diesem Abend nicht geduldet.

Treffpunkt ist auf dem Hauptplatz von Ansilon, vor dem Bankgebäude.
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Luna Auenbach
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Re: [Quest] Der Baum der ein Mensch sein wollte

Beitrag von Luna Auenbach »

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Die Wochen nach der Freilassung strichen in die Lande, Ruhe kehrte ein. 
Die Eingewöhnung ging schleppend voran, überall fremde Gesichter. Wie hatte das Wechselbalg sein Leben gelebt? War die Sorge berechtigt, an jeder möglichen Ecke verschleppt werden zu können, hatte sich das Balg Feinde gemacht? Konnte sie sich sicher auf den Straßen bewegen? Zweifelsohne fühlte es sich an, als würde sie das Leben einer Toten fortsetzen. Ihr Name fiel aus Mündern, die sie zuvor nicht kannte. Heimliche Blicke wurden ausgetauscht, was ihr Unwohlsein vehement bestärkte. 
Die ersten Tage waren mitunter die schwersten gewesen. Kein Vertrauen zu der Menschheit, kein Vertrauen zu denjenigen, die sich als “Freunde” betitelten. Wem, außer den Bewahrern, konnte man tatsächlich vertrauen? Lange noch ging sie verschleiert aus dem Anwesen, bis sich eine grundlegende Selbstsicherheit aufbaute. 

Luna war bislang nie stark naturverbunden. Das änderte sich, als sie ein Haus im Nordhain bezog um sich psychisch und physisch erholen zu können. Ganz für sich allein, mit der Ausnahme einer einzigen Person. Trotz das sie ihn nicht kannte und voreingenommen war, halfen ihr die anfänglichen Gespräche, um in dieser Welt erneut Fuß zu fassen - man half sich gegenseitig über schwere Zeiten hinweg und es zeichnete sich Erfolg ab.

Die Stille und der direkte Waldrand taten ihr gut. Schneller als angenommen, kamen ihre Marotten und Charakterzüge immer mehr zurück. Das Gefühl der Beklemmtheit und Starrheit verfolge sie noch immer in ihren Alpträumen. Das würde es gewiss noch eine Weile. Über vieles schwieg sie hinweg, es gab keinen Grund anderen ein Klagelied vorzusingen. Dies wäre keine Eigenschaft, welche sie jemals nach außen geben würde. Zu viel Stolz, zu viel Sturheit, zu viel Überheblichkeit - und doch genoss sie jede Minute, in der sie nicht allein vor dem großen Kamin saß und diese Einstellung fallen lassen konnte.

Die Treffen mit den damaligen Verschleppten und den Elfen waren immerzu angenehm. Der Austausch und das Zusammensein hatte etwas Beruhigendes, eine Art Wohlfühlzone - etwas “bekanntes” unter so vielen fremden. Es war eine gute Sache, die Treffen beizubehalten, auch wenn die Wege eines jeden wieder in die gewohnten Richtungen gingen. Sie hatten gemeinsames erlebt, es würde sie noch lange zusammenschweißen. 
Unter all dem alltäglichen Redebedarf, gab es hingegen noch eine Angelegenheit, die in den Hintergrund gerückt ist. Noch immer hatte sie jene Maske bei sich, die der Fae für sie im Austausch eines Gefallens entbehrt hat. Jene Maske, die sie trug, als sie die Flucht antrat. 

Die Maske bekam einen besonderen Platz in Lunas neuem Eigenheim und ließ durch das tägliche Betrachten den Gedanken freien Lauf. Wie konnte sie dem Wesen helfen? Allein einen richtigen, passenden Weg zu finden… das war unvorstellbar. 
Ihre Kameraden und sie selbst wurden durch einen Trank befreit. Klang im ersten Moment ziemlich simpel, aber es blieb ungewiss welche Komponenten verwendet wurden und ob sie in dieser Welt verfügbar waren. Sie mussten gegebenenfalls auf andere “Mittel” zurückgreifen. Was sie hatten… Kristalle und Edelsteine kam ihr als Erstes in den Sinn. Erst neulich hatte sie etwas darüber im Museum der Bewahrer gelesen und die jeweiligen Orte zur Erkundung aufgesucht. Roheisen ließe sich nicht ausschließen - ein Reagenz welches nur sehr selten in den wandelnden Weiten aufzufinden war. Es konnte sich bereits in der bekannten Welt beweisen, es hatte den Schleier durchbrochen. Alchemie war nie etwas, was Luna beherrschte oder Interesse zeigte. Die Hilfe der Elfen wäre unvermeidlich. 

Das Treffen mit der kleinen Gruppe, welches aufgrund der Forschungen anlief, verlief positiv. Gedanken wurden ausgetauscht, Aufgaben wurden vergeben. Amathlan würde sich um Edelsteine kümmern, Thrilmanduil erste Versuche mit dem Brauen angehen und Luna selbst würde sich genauer über Kristalle informieren und diese gegebenenfalls beschaffen.
Nach einem kurzen Gespräch unter den Bewahrern stellte sich dies jedoch mit weniger guten Aussichten heraus, dafür gab es einen anderen Ansatz, den sie probieren konnten. 

Fraglich, wie viele Versuche sie hatten. Würde ein misslungener Trank vielleicht dem verzauberten Wesen schaden, oder etwas Ungeplantes bewirken? Die zahlreichen niederen Wesen aus den wandelnden Weiten waren ein kleines Geheimnis für sich. Es bildete sich Sorge vor dem Unbekannten. So oder so bräuchten sie ein Gegenmittel - nicht nur für dieses Wesen und vielleicht Leonhards alte Mentorin, sondern auch für die anderen Kreaturen und Menschen, die noch immer unter dem Zauber des Herrn standen. Eines Tages… könnten sie erneut mit der Hecke konfrontiert werden. Darauf mussten sie vorbereitet sein. Sie mussten es allein schaffen - erneut würden sie niemanden so schnell in ihr Vertrauen ziehen.
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Leonhard Dracon
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Re: [Quest] Der Baum der ein Mensch sein wollte

Beitrag von Leonhard Dracon »

Es war an der Zeit sich mit ein paar Vertretern des Zwergenvolkes zu unterhalten. So wie die meisten nicht-menschlichen Rassen kannte er Zwerge nur aus Märchen und Geschichten, in Graupel hatte es derlei nicht gegeben. Seine Zeit seit der Rückkehr aus der Welt der Fae hatte den Rotschopf allerdings gelehrt, dass man mit bekannten Klischees...vorsichtig umgehen sollte. Sei es drum, er war kein Freund davon um den heißen Brei herumzureden. Einige Zeilen waren schnell verfasst und schon bald prangte, gut sichtbar Mitten auf der Eingangstür der Taverne von Ansilon ein Schreiben. Soweit Leonhard wusste, wurde das Gasthaus inzwischen von den Zwergen gepachtet, seine Nachricht würde also hoffentlich in die richtigen Hände fallen.


Wertes Volk der Zwerge,

Ich brauche euren Abfall!!

Hoffentlich verzeiht ihr mir diesen humorvollen Aufruf, wie oft hat man schon die Möglichkeit so eine Bitte zu formulieren?
Mein Name ist Leonhard Dracon, ich bin Mitglied einer Vereinigung die sich die Bewahrer nennt. Aufgrund von Forschungen an der Thematik der Fae benötige ich einen Wirkstoff, der sich in den Schmieden eures Volkes finden lässt: Roheisenspäne, ein Neben- oder eben auch Abfallprodukt beim Erschaffen von Gegenständen. Im besten Fall sollten diese Späne bei der Herstellung einer Waffe entstanden sein.

An dieser Stelle des Briefes nehme ich an, dass ihr wohl ein wenig verwirrt seid. Wer könnte es euch verübeln? Nur zu gerne bin ich bereit Vertretern eures Volkes Frage und Antwort zu stehen oder um einen Preis für die erbotenen Späne zu feilschen - nennt mir dafür einfach einen für euch geeigneten Zeitpunkt, vorzugsweise gegen Ende dieser Woche. Die Antwort könnt ihr am Museum der Bewahrer hier in Ansilon abgeben.

Solltet ihr jedoch nicht mit mir in Kontakt treten wollen, damit ich und meine wirren Worte euch und den Euren fern bleiben, so kann die Ingredienz gerne in einem Beutel, ebenfalls am Museum der Bewahrer, abgegeben werden. In jenem Fall bedanke ich mich herzlich bereits jetzt für euer Entgegenkommen.
Wie immer ihr euch entscheiden mögt, sichere Pfade seien euch gewiss.

gezeichnet
Leonhard Dracon
Hüter der Bewahrer


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Amathlan
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Re: [Quest] Der Baum der ein Mensch sein wollte

Beitrag von Amathlan »

Es war ein Abend mit recht erstaunlichen Wendungen geworden, so viel war sicher.

Erneut hatten sich einige der Rückkehrer zusammengefunden, um mit Hilfe zweier weiterer Personen einen Weg zu ermitteln, den Trank der Rückverwandlung auch in ihrer eigenen Welt zu erschaffen.

Dazu sollte ein Buch befragt werden - allerdings nicht irgendein Buch.
Genaugenommen war es die alte Lehrmeisterin von Leonhard, die nun bereits seit Längerem als Buch existierte.
Seltsamerweise war Leonhard, sobald das Thema aufgekommen war, schlechter Laune gewesen.
Auch an diesem Abend zeigte sich dies überdeutlich.

An ihrem Zielort angekommen, an dem ein Ritual die Kontaktaufnahme erbringen sollte, wurde das Buch von dem jungen Druiden derart auf den Tisch geworfen, und mit vor Sarkasmus triefenden Worten dazu aufgefordert, darin zu lesen, dass alle Anwesenden mehr als überrascht waren.
Amathlan fragte sich wohl nicht als Einziger, woher diese Ablehnung, ja geradezu Verachtung bei Leonhard rührte. So hatte er seinen Freund bisher noch nie zuvor erlebt.

Doch nicht lange, und diese Frage wurde geklärt.
Sogar mehr als deutlich.

Durch das von Golga geleitete Ritual konnten die Anwesenden mit Agathe sprechen, jener Frau, die auch die Abhandlung zum "Kirchengrimm" verfasst hatte, und die vermutlich alle gern kennenlernen wollten, wenn auch aus unterschiedlichen Gründen.
Von Agathe wurde ihnen zuerst eine wahre Bilderflut gedanklich übermittelt, die nur schwer zu ordnen war.
Sobald die Mentorin Leonhards jedoch zu sprechen begann, und verdeutlicht durch die danach noch übermittelten, peinlichen Bilder aus der Jugendzeit Leonhards, wurde der Grund für die Übellaunigkeit des Freundes für Amathlan klar:

Diese Lehrmeisterin war ganz und gar nicht die freundliche, hilfsbereite Person, die sie erwartet hatten.
Ganz im Gegenteil schien sie unangenehm, ohne Taktgefühl und dazu auch noch ungerecht zu sein.
Speziell letztere Eigenschaft war es, die - scheinbar gegen seinen Freund eingesetzt - durch ihr harsches Urteil über dessen Können und den eingeschlagenen Weg, den Hochelf innerlich auf die Barrikaden brachten. Nach nur einem einzigen Satz zugunsten Leonhards, den Amathlan daraufhin äusserte, übte die alte Lehrmeisterin vehementen mentalen Druck auf ihn aus. Dank der den Elfen eigenen Fähigkeit, stets weitesgehend Herr über die eigenen Gedanken zu sein, und dank der errichteten Schutzbarrieren von Golga, konnte sich Amathlan dem widersetzen, wenn auch nur mit einiger Anstrengung.

Nach diesem mentalen Angriff, der aufgrund einer Kleinigkeit erfolgte, war auch deutlich, dass die Mentorin durch die nun schon so lange andauernde Existenz als Buch wohl an geistiger Stabilität einbüßte, und dass sie nur mit äusserster Vorsicht noch einmal befragt werden könnte.

Glücklicherweise beruhigten die einfühlsamen Worte von Shar'luni'rea sie scheinbar wieder soweit, dass sie das eigentliche Anliegen, die Rezeptur des Trankes der Rückwandlung, vorbringen konnten.

Luna von der Gruppe der Rückkehrer war es dann, die nach einigem Herumrätseln, zusammen mit Agathe, auf die erforderlichen Zutaten des Trankes kam.
Diese waren - zu ihrer aller neuerlichen Verblüffung - überraschend einfach.

Nach Beendigung des Rituals gingen fast alle schnell wieder ihre eigenen Wege.
Man würde sicher sehr bald erneut zusammentreffen, um das gemeinsame Vorhaben nun direkt angehen zu können.


 
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Luna Auenbach
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Registriert: 17 Okt 2020, 14:07

Re: [Quest] Der Baum der ein Mensch sein wollte

Beitrag von Luna Auenbach »

Es war ein Rätsel. Ein großes Fragezeichen, welches Luna geradezu auf der Stirn stand. So viele.. nein “zu” viele Ansätze die man hätte probieren können. Sie war gezwungen sich mit Dingen auseinanderzusetzen, mit denen sie zuvor keine großen Berührungspunkte hatte.
Der Weg, sich damit an die anderen Bewahrer zu wenden, entschloss sich als richtig und wichtig. Es war unter anderem Livius’ Rat, sich mit Golga an den Tisch zu setzen und seine Meinung einzuholen. Es dauerte nicht lange bis auch das geschah und so entschloss man sich, vorab ein Ritual abzuhalten. Ein Ritual, dessen Ziel es war, herauszufinden welche Möglichkeit auszuschließen sind und welchen Kurs man fahren sollte. All dies, mithilfe von Leonhards alter Mentorin, Agathe. Sie war diejenige, die hohes Fae-Wissen besitzt und in der Lage war,  mit ihnen allen zu kommunizieren. Es könnte ein richtiges Gespräch entstehen, sollte sich das alte Weib nicht quer stellen.

Die Verschleppten und Elfen trafen sich nur wenige Tage später im Nordhain, um in Golgas privatem Anwesen das Ritual zu vollziehen. Die bereits ausgesprochenen Schutzzauber seines Wohnortes, nahmen bereits vorab Arbeit ab und so konnte man sich auf das Wesentliche konzentrieren.

Golga legte das Buch auf dem Pentagram ab, das Buch wurde nach einigen Fingerzeichen und Worten von Magie erfasst, nach oben getragen und auf Brusthöhe zum schweben gehalten. Die Magie des Pentagramms leuchtete einmal auf und nährte das schwebende Buch. Unter dieses platzierte er schließlich ein kleines Kristallstück, welches zwischen Buch und Boden ebenfalls aufzuschweben begann. Die Magie des Bannkreises wurde gebündelt, das Buch untersucht und dann eine Verbindung vom Buch zum kleinen Kristallstück hergestellt.

“Tentakel” tasteten sich voran, lechzen förmlich über das Buch, die geballte Magie der Szenerie knisterte förmlich in der Luft. Um das Buch herum vermochte für den aufmerksamen Beobachter eine Art Kugel, ein kreisrundes, weitmaschiges Netz sichtbar werden, filigran, als wäre es aus den dünnsten Stängeln der Ringelblume gewoben. Das Netz schien ebenfalls von den Tentakeln ertastet zu werden, sanft drehte es sich um das schwebende Buch, doch eine Falle, gar eine Gefahr? Die wurde nicht wahrgenommen. Viel mochte es den Anwesenden fast vorkommen als würde der Geruch einer blühenden Wiese in die Nase steigen, vielleicht mehr eine Assoziation als wirklich real…

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Jeder der Anwesenden verspürte einen leichten Druck auf seinem Bewusstsein. Kein gewaltsames Eindringen. Es wirkt mehr wie ein Klopfen. Die Frage eines höflichen Gastes, der zu einem spontanen Besuch vorbei gekommen ist. Ein Abwarten auf Einlass.

Als auch der letzte Anwesende seinen Geist öffnete, explodierte, plötzlich, sturmartig, eine Fülle von Bildern, von Stimme aus dem Buch: von Emotionen, von Eindrücken in den Köpfen. Rauschende Wälder, unbekannte Städte. Tiefste Trauer, jauchzende… Freude, wie ein Wirbelwind stürzten die Bilder durcheinander. Es bedurfte aller Konzentration der Anwesenden in diesem Strom nicht mitgerissen zu werden, doch gleichsam schien es, als wäre dies nicht das Ziel. Die Bilder wurden langsamer, der Strom versiegte, die Emotionen fokussierten. Am Ende blieb das Bild eines steinernen Turmzimmers. Karg eingerichtet, der Geruch von Schnee. Und die Stimme einer jungen Frau die in befehlsgewohntem Ton zu sprechen beginnt.

“Sieh an, sieh an. Wen haben wir denn hier. Meinen Nichtsnutz von Schüler und einen Haufen Unbekannte. Eine Vorstellung eurerseits wäre angebracht, meint ihr nicht?”

Es hatte funktioniert. Sie hörten die Stimme von Agathe, eine euphorische Stimmung trat nach außen. Leonhard verschränkte bei den Worten seine Arme und knurrte unzufrieden, wie er bereits über den ganzen Abend hinweg tat. Es entstanden interessante Gespräche über diverse Dinge, Agathe ließ Bilder aus der Vergangenheit aufleuchten. Der Gesprächsverlauf wurde zwischendurch negativ beeinflusst, aber die Lage beruhigte sich erneut und sie konnten einige, sehr wichtige Informationen aus der alten Dame entlocken.

“Nun, ich kenne den Trank nicht. Aber Eines ist sicher: der Zauber der uns verwandelte ist nicht stark. Das mag euch nun vielleicht verwirren, doch der Grund warum er für uns, aus dieser Welt, so mächtig erscheint ist nur die Tatsache, dass wir mit der Magie der Fae, ihren Fallen und Tücken, nicht vertraut sind. Wäre es ein starker Zauber, dann würde es viel Energie brauchen, gar ein Ritual um die Verwandlung zu lösen. Doch das ist nicht der Fall. Ein paar Tropfen eines Gebräus reichen bereits aus. Ich persönlich halte den Zauber für eine Fae-Variante eines einfachen Schrumpfzaubers. In den Landen die ich besuchte, waren Tränke zum Schrumpfen oder Entschrumpfen von Lebewesen durchaus präsent, auf jedem Markt. Mir fehlen allerdings die Daumen um meine Theorie auszuprobieren. Eine Art… Anti-Schrumpftrank, versetzt mit ein wenig Salz, Roheisen, ein wenig…
Ah. Ja. Salz, Roheisen und ein wenig Spucke. Damit klappt es immer.”


Roheisen. Salz. Spucke. Die Spucke.. eines Rückverwandelten, die mit Blut gleichzusetzen ist. Rückverwandelte hatten sie genug an der Zahl. Der Ansatz mit dem Salz war ebenfalls absolut nicht verkehrt. Ein Jeder, der um diese besondere “Zutat” und dessen Wirken in der anderen Welt wusste, würde dem höchstwahrscheinlich zustimmen.

Zufrieden beendeten sie das Ritual und gaben Agathe das Versprechen, sie nicht rückzuwandeln, sollte sie nicht selbst eines Tages darauf bestehen. Eine seltsame, alte Frau - doch ihr Wunsch sollte respektiert werden.

Die kommenden Tage und Wochen würden sie nun im jüngst eingerichteten Labor verbringen und mit ihrem neu gesammelten Wissen einen Trank aufsetzen. Der Trank, der zukünftig sehr vielen Menschen und Wesen ihr “richtiges” Leben zurückbringen würde.
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Luna Auenbach
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Registriert: 17 Okt 2020, 14:07

Re: [Quest] Der Baum der ein Mensch sein wollte

Beitrag von Luna Auenbach »

"Wir haben es fast geschafft”, sprach der Waldelf mit einer Spur Freude in seiner Stimme zu ihr.
Lange waren sie an diesem besonderen Trank gesessen. Lange hatten sie sich alle Gedanken über die Zutaten und zur korrekten Anwendung gemacht. Dass es nun endlich, nach wochenlangen Vorbereitungen tatsächlich soweit war, fühlte sich nahezu unreal an.
Luna konnte über kaum noch etwas nachdenken, als ihren Wunsch, dieses unschuldige Wesen aus seiner Starre zu befreien.
Thrilmanduil verlies das sporadische Labor und lies Luna zur Beobachtung vorerst alleine.
Sie setzte sich nah an die Tischkante, lehnt sich mit verschränkten Armen auf jene und beobachtete den letzten Trocknungsprozess. Vielmehr wurde es ein Pulver als ein Trank, aber der Waldelf verstand sein meisterliches Handwerk.

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Die Beschaffung der Materialien erwies sich mehrheitlich als kinderleicht.
Das Roheisen wurde bei einem Händler eingekauft und zu hauchfeinem Pulver verarbeitet. Die Molchaugen wurden direkt um das Gebiet frisch gesammelt und getrocknet, sowie anschließend zerbröselt. Sie entnahmen frische, feuchte fruchtbare Erde der Trolleichen und hielten sie vorerst nässlich. Salz entnahm Luna aus der Speisekammer, dies benötigte im ersten Schritt keine weitere Sonderbehandlung. Statt dem üblichen Blut, welches sooft in der Alchemie genutzt wird, hatten sie die Spucke eines Rückverwandelten genommen und damit auf Agathes Rat gehört. Vielleicht wäre es gar nicht von Belang, aber negatives würde es zumindest nicht bewirken.
Das letzte, fehlende Reagenz war ein etwas ungewöhnliches.
Statt den normalen Fledermausflügeln, die man bei einem herkömmlichen Schrumpftrank verwenden würde, nahmen sie Schmetterlingsflügel als Gegenkomponente, um eine “entschrumpfende” Wirkung zu erzielen.
Es dauerte eine Weile, an eine beachtliche Menge dessen heranzukommen, sollte es doch komplett selbst beschafft werden. Weitab des elfischen Waldes und ohne weiteren Kommentar dazu.
Alle Komponenten wurden unter die feuchte Erde gemischt und mehrmals in verschiedenen Schritten verarbeitet.
Die Nässe der Erde zog die Bestandteile geradezu in sich auf und sie ließen sich gut integrieren. Sie arbeiteten höchst konzentriert und gaben sich nur mit perfekten Ergebnissen zufrieden. Alles sollte makellos sein, jedes Korn die gleiche Größe haben. Hier und da entsorgten sie geleistete Arbeit und begannen von vorne, wenn etwas nicht den hoch gesetzten Ansprüchen entsprach. Luna verstand nicht viel von seinem Tun und überließ deshalb die meiste Arbeit dem Meisteralchemist, damit sich keine Fehler mit verheerenden Folgen einschlichen.

“Heute... ja, heute werden wir fertig.”, murmelte die Magierin leise und blickte dabei erheitert zu der verwandelten Maske. Wohlwissend, dass auch das Wesen alles um sich herum wahrnahm. 
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