An i bardor a i núr

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Ba'thal
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Selbst Sterne sterben

Beitrag von Ba'thal »

Am Ende empfing ihn die Dunkelheit.
 Über sechs Jahrhunderte wandelte er auf dieser Welt. Er lernte, kämpfte, herrschte. Er liebte sogar, wenn auch nur kurze Zeiten seines Lebens.
 Er fiel so, wie es ihm vorherbestimmt war, bei der Verteidigung seiner Heimat. Wieder einmal.
 Schon einmal hatte er dort eigentlich den Tod gefunden, doch wurde er durch die kristalline Elfe gerettet. Seine Zeit war noch nicht gekommen.
 Später unterwarf er sie, als Regent Ivren’mirs, in Abwesenheit der hohen Führung der Legion war er derjenige, der die Korrumpierten führte und die Insel als Stützpunkt hielt.

 Seine Herrschaft war eisern, grausam seine Strafen. Er kannte kein Mitleid mehr, das tat er schon als der Elf, der er einst war, kaum, und die Korrumpierung durch den Erzliche Ziron tat ihr übriges.
 Die Gedanken waren finster, er strafte Luca ab, die ihm den verbliebenen Flügel entfernte. Sie hatte zu viel Spaß daran und so sollte sie leiden. Natürlich, Esha Davion sagte, es sollen keine bleibenden Schäden hinterbleiben, doch das hehre Wappen des Hause TIr’Daer war kein Schaden.
 Er ließ ihr sogar die Wahl. Manchmal war er geradezu freundlich.

 So viele Titel führte er in seinem Leben.
 Tarcil en noss Tir’Daer
 caun en tol Ivren’mir
 minuil en edhil en tol Ivren’mir
 cyll en Ârgalad Rî a tirn en caledhel Ba’thal
 i fael Aith-in acharn o Ivren'mir

 Am Ende war er einfach nur noch der Regent, caun en tol Ivren’mir.
 Schon lange wusste er, dass der Angriff auf Ivren’mir geschehen würde. Die Frage war nicht ob, sonder wann. Seine Aufgabe war, möglichst viel Blut zu fordern.
 Magierbund, Dunkelelfen, Wächterschaft. Sie alle versammelten sich, um den Feind zu zerschlagen. Naeldir selbst brach zwei Tage vorher noch auf, um die Wächterschaft zu versammeln, um sicherzugehen, dass das Bündnis weiterhin Bestand hielt.
 Die Wächter hielten auch ihr Wort und kamen in großer Stärke. Sie hielten den Nebenhafen, wie es ihnen vorherbestimmt war, sehr lange, doch der Westen der Insel fiel.

 Sie hatten die Schmiede gerade zurückerobert, als die Wesen der Kristallelfe erschienen. Offenbar war es der Gegenseite gelungen, sie zu entkorrumpieren. Sie schlugen sich den Weg durch, bis sie in der Nähe der Mitte der Insel waren. Dort stand sie, auf dem Dach.
 Zorn erfüllte sein Herz, Zorn, Wut und Hass. Er wusste, was dies bedeutete.
 Ivren’mir war ein weiteres mal gefallen.
 Das war nicht akzeptabel. Der Lord würde gewiss nicht gnädig mit dem Regenten sein, so entschied er sich dazu, die Kristallelfe selbst herauszufordern

 Er hatte jedoch kaum Erfolg. Seine Klingen glitten durch den Körper, sie schienen keine Spur zu hinterlassen. So wenig wie die Klingen auf Widerstand stießen, war auch seine Rüstung ein Widerstand für die Elfe.
 Sie griff hindurch und er spürte den Griff, er wusste schon, was geschehen würde. Sein Herzschlag setze aus.
 Die letzten Worte, die der gefallene Fürst der Hochelfen sprach, waren von dieser Erkenntnis geprägt.
 “Ich sehe.. nur noch Dunkelheit…”

 Mit diesen Worten starb Naeldir Tir’Daer, Regent Ivren’mirs und mit ihm endete auch die hiesige Linie des Hauses Tir'Daer. Einst gerettet durch die Kristallelfe, gestorben durch eben jene.
 Der Kreis schloss sich. Dunkelheit empfing ihn, während er spürte, wie sein Körper in Kristall eingeschlossen wurde.
 Und dann war es vorbei. Selbst Sterne sterben.
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Ba'thal
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Bis selbst die Sterne sterben

Beitrag von Ba'thal »

Ein letztes Zwiegespräch, bevor es wirklich endete.
 Sein Körper war schon ohne jegliches Leben, seine Seele, sein Geist trat die letzte Reise an. Für einen Edhel würde dies bedeuten, zu den Sternen zu gehen, doch ihm blieb diese letzte Ehre verwehrt.
 Er wusste es, es war sein Schicksal. Gebunden an das Diadem gab es nur diesen einen, letzten Weg. Ein ewiger Dienst.
 Doch bevor er diesen Weg entlang schritt, führte er ein letztes Gespräch mit Ba’thal, dem letzten caledhel und dessen Wächter er ward, als er das Diadem an sich nahm und die drei Prüfungen Malethons löste, denn sein Geist berührte jenen von Ba’thal ein letztes Mal, nun frei von der Korrumpierung, und bereit für das Ende seiner Existenz.
 Für niemanden mochte offensichtlich sein, dass dies überhaupt stattfand, denn eine Sekunde in der Realität kam einer Ewigkeit in ihrem Geiste gleich.
 “Ich bin tot?” richtete der ehemalige Fürst das Wort an den Lichtelfen, eher rhetorischer Natur, denn natürlich wusste er, dass er tot war. Seine Umgebung war dunkel - hätte er sich an seine letzten Worte erinnern können, er sehe nur noch Dunkelheit, wäre er wohl im Stande gewesen, das ganze in ein richtiges Bild zusammenzusetzen.
 “Ja. Inakzeptabel.” erklang die Antwort, die rhetorische Natur nicht aufgreifend - zornig klang es, zornig und enttäuscht.
 Der Fürst war verwundert. Er wusste, er war tot, aber wie er gestorben war, fehlte ihm in seiner Erinnerung. Hatte er das Ritual, welches ihn korrumpierte, nicht überlebt? Hatte er Jerka genug verärgert, dass sie ihn doch lieber gleich erschlug?
 Wieso also war der Orchaldor verärgert?
 “Mh. Ihr wisst nicht zufällig, wie es passiert ist, Orchaldor?”
 “Law. Ihr habt einen Fehler begangen, Naeldir, und ich habe mich gegen Euer Vorhaben ausgesprochen. Was Ihr tatet, war nicht mein Wille. Und Ihr habt mich niemals mehr kontaktiert.”
 Der nun verstorbene Elf bemerkte die Änderung. Nicht mehr Fürst, Tarcil. Kein Titel mehr, nur noch der Name. Im Tod der Ehre und Würde beraubt.
 “Ein Fehler… wirklich? Ich erinnere mich. An Jerka, an die Korrumpierung. Was hatte ich für eine Wahl? Einfach zu sterben, mitsamt allen anderen, die den Angriff geführt hätten?”
 “Mae, ein Fehler. Und mae, sterben. Das war Euch vorherbestimmt.”
 Hätte er noch über so etwas wie einen Körper verfügt, hätte er nun den Kopf geschüttelt. So blieb es bei Worten.
 “Vorherbestimmt? Die Mutter des Kristallsees sah es anders.”
 Ein körperloses Lachen erklang in seinem Geist, fast schon geringschätzig.
 “Damals. Doch erinnert Euch an die Zeit nach dem Fall Ivren’mirs. Ihr habt es Shira’niryn selbst gesagt, Ihr seid bereit für den Tod.”
 Nun, weiterhin kein Körper, kein Nicken möglich. Das war für jemanden, der gerade gestorben war, wirklich merkwürdig. Also wieder Worte.
 “Richtig, Orchaldor. Ich wurde müde. Ihr wisst es. Ich habe meinen Dienst getan. Viele Jahrhunderte lang. Und alles verloren.”
 Ein Schnauben, eindeutig verächtlich.
 “Alles verloren. Ihr habt Eure Heimat verloren, nicht zum ersten Mal, einen Freund verloren, nicht zum ersten Mal, und Euer Volk sterben sehen, nicht zum ersten Mal.”
 Es herrschte Stille, in ihren Gedanken eine gefühlte Ewigkeit, ehe Naeldir zur Antwort ansetzte.
 “Eine akkurate Zusammenfassung meiner letzten Lebensjahre. Hat Euch das nun Spaß gemacht?”
 Ein Schmerz im Geiste durchfuhr ihn, offenbar schien er eine Grenze überschritten zu haben.
 “Ich habe alles verloren, Naeldir. Sehr oft. Und am Ende mein Volk. Erzählt MIR nichts von Verlust! Werft MIR nicht vor, Freude daran zu empfinden, Jüngling!”
 Endlich war der fehlende Körper ein Vorteil. Er konnte sich nicht verbeugen, wie er es eigentlich getan hätte.
 “Wie lange…?”
 “Wie lange Ihr fort gewesen seid? Wie lange Ihr der Dunkelheit gedient habt? Ich bin nicht gut darin, Zeiten zu erfassen, doch ich schätze, nach der Zeitrechnung dieses Landes habt Ihr weit über ein Jahr lang gedient. War es das wert?”
 “Ich weiß es nicht, Orchaldor.”
 Bei diesen Worten veränderte sich die Dunkelheit um ihn und er sah die Umgebung, wo das Diadem nun wohl gerade war. Ivren’mir.
 “Nein, Naeldir. Mir scheint, dass Ihr den Tod selbst nach Ivren’mir brachtet, auf die ein oder andere Art und Weise.”
 “Bedauerlich.”
 Eine ungeahnte Pein durchfuhr seinen Geist. Eindeutig ein falsches Wort.
 “Ihr habt Euch viel zu lange gegen meinen Rat gewehrt, Naeldir. Eure Überzeugung brachte Euch nun am Ende zu Fall. Ich kann es Euch nicht einmal übel nehmen, denn ich hätte Euch eher leiten müssen.”
 “Ihr.. ich habe doch Eure düsteren Gedanken verspürt, Orchaldor.”
 “Mae, das habt Ihr. Und das müsst Ihr mir verzeihen. Am Ende war ich nicht dazu in der Lage, Euch am Leben zu erhalten und Euch vor allem abzuschirmen. Ein jedes Wesen hat seine dunklen Seiten, Naeldir. Auch ein caledhel. Insbesondere ein caledhel, der alles gesehen hat, was es zu sehen gab.”
 Ein leises Seufzen erklang zweistimmig, es war nun alles gesagt. Es war an der Zeit, die letzte Frage zu stellen. Ohne Zweifel und ohne Zögern erklang die Stimme des Toten.
 “Und jetzt, Orchaldor?”
 Das Zögern jedoch folgte unmittelbar darauf, ungewohnterweise von Ba’thal ausgehend. Die letzten Worte, die Naeldir hören würde, erklangen ungewohnt sanft und vergebend.
 “Dein Kampf ist nun zu Ende, mellon nîn. Vielleicht können wir unser letztes Vorhaben noch umsetzen, doch ich weiß es nicht. Die letzte Ruhe erwartet dich jetzt. Dein Geist wird zu meinem und dies ist das größte Opfer, was jemand erbringen kann. Dein Leben und deinen Dienst werde ich trotz aller Makel niemals vergessen, wie ich auch deine Vorgänger nicht vergessen habe. Erinnere dich daran, dass ich lange vor dir hier war und ich werde auch lange nach dir hier sein. Mit mir wirst du ewiglich ein Teil dieser Welt sein, bis selbst die Sterne sterben.”
 Und mit diesen Worten verging die letzte Spur der Existenz von Naeldir Tir’Daer, als sein Geist aufgenommen wurde. Nur bloße Erinnerungen mochten zurückbleiben.
 Und das Diadem? Es verschwand, denn der Hüter war gefallen.
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