generell hatte in ihrer kriegerischen Weltsicht derjenige den meisten Wert und Stärke, der wehrhaft war. Auch so wurden die Opfer bemessen- jene, die besonders viel Qualen aushielten, besonders wenig Leid zeigten waren die bevorzugten Opfer ihres Gottes...
*aus alten Schriften über Blut-und Opferkulten, gegerbt in schwarzen Leder*
Langsam legte sich die Abenddämmerung über die neue Welt, das Licht des Tages wurde allmählich durch die Dunkelheit der Nacht ersetzt. So auch über dem Palisadenbau der Tryl'hi. Im Inneren des Bollwerks harrten die Krieger der Dunkelheit. Doch war es, so erläutertet ihnen Azzachtai, der Aikar Agrazh, gerade in diesem Moment keine normale Nacht, nein, es war die Nacht des rotem Mondes. Die Verbindung zwischen den Olorghi und Agrazh war heute Nacht besonders stark, alle Sinne des großen Gottes waren auf die Welt gerichtet. Nun dämmerte es auch dem einen oder anderen Ork, warum sie in letzter Zeit solch komische Arbeiten zu verrichten hatten. Denn Azzachtai erzählte den Olorghi von Agrazh und dem roten Mond, der in dieser Nacht leuchten würde und alle Ungläubigen würden in seinem Lichte vergehen. Immer wieder ging ein ehrfürchtiges Raunen durch die Menge der Anwesenden. Der Aikar Agrazh erzählte weiter von schrecklichen Strafen, falls jemand dem größten aller Götter, Agrazh, nicht in dieser Nacht treu sein würde. Khar und Boruk, als die fähigsten anwesenden Krieger waren ausgeschickt worden ein würdiges Opfer in der Nähe von Silberburg zu finden. Der Rest des Stammes blieb vor Ort und wartete das Urteil Agrazh ab- würden die beiden Mut beweisen und unüberwindliche Stärke?
„Agrazh kuhkän in oiräz Köpfä!“ drohte Azzachtai derweil den anderen Olorghi, dabei schweifte sein Blick in die Runde. Und die alten Geschichten kamen über die Lippen des Aikar Agrazhs, bis schließlich die Finsternis vollkommen über dem Lande eingebrochen war, die saftig grünen und fruchtbaren Ebenen hatten sich in dunkle Moraste verwandelt, der sichelförmige Mond schien hell am Himmel, doch sein Licht bannte keineswegs die Finsternis...
Vorsichtig schob der frischegebackene Schamane den dreckigen Stoffvorhang zur Seite, welcher die Hütte des Choharars von der Außenwelt abschirmte, er wartete auf die beiden Krieger. Es waren schon viele Orks auf dem Platz versammelt. Auch Stand da ein neugebauter Käfig bereit gefüllt mit unglücklichen werdenden Opfern für den zweiten Teil des Rituals, den Xer'thalok übernehmen würde. Rauch senkte sich über das Fort und die Flammen des Feuers inmitten züngelnden hoch in die Luft, die Schatten begannen zu tanzen. Eine kleine Prozession geführt von Azzachtai begann nun vom Feuer aus den hoffentlich siegreichen Kriegern entgegenzulaufe- als beide mit blutiger Rüstung und einem auf dem Wargh gebundenen Opfer in intakter Rüstung Silberburgs erschien kam sogleich die Erleichterung. Agrazh schaute auf sie und hieß wohl das Unternehmen gut. Anerkennend schlugen die anwesenden Orks Khar und Boruk auf die mächtigen Schultern- jeder beglückwünschte sie. Der Aikar nahm die Beute in Anschein und befand sie für würdig- nun wurde das sich mittlerweile wieder zappelnde Bündel von einem stattlichen Wachmann umgehend zum Altar außerhalb des Gebirges gebracht, wo er seinem Ende gewiss sein durfte.
Die Orks hatten einen Halbkreis um den Altar gebildet. Azzachtai spürte ein Kribbeln in sich. So viele Olorghs, eine große Herausforderung. Zudem war dies sein erstes Ritual vor dem versammelten Stamm, ein in den Augen der Orks fehlgeschlagenes Ritual würde wohl seinen, Azzachtai’s Tod nach sich ziehen. Der frischgebackene Aikar spürte die Last der Blicke, Schweiß trat auf seine breite Stirn. Doch er ging unbeirrt weiter auf den Altar zu. Mittlerweile war alles Dunkel, nur die Feuer um den Altar tauchten die Szenerie in ein mattes Licht. Aus den Augenwinkeln erkannte er einige bekannte Gesichter. Boruk und Khar waren natürlich da, Xer zu seiner rechten.... sein Blick verlor sich. Dann wanderte sein Blick zu den Orks, welche auf dem Boden saßen, mit große Trommeln auf dem Schoss. Sie hatten sich im Kreis versammelt und schienen zu warten. Azzachtai schritt weiter bis er schließlich den Altar erreicht hatte. Ein kleine Steintisch war für das Ritual auf das Pentagram gestellt worden, doch wurde dieser Tisch von einem Stück rötlichem Leder verborgen. „Hrrr....Arargh Olorghs!“ begann Azzachtai und sah aus den Augenwinkeln, dass ihm die anderen Aikar gefolgt waren und nun die Lücke füllten, welche der Halbkreis von Orks als Durchgang zur Hütte der Gemeinschaft gelassen hatten. Azzachtai war sich nicht sicher, doch glaubte er, die Augen von Morloch, oder Tairach hinter der Maske zu erkennen. Azzachtai spürte, wie er am gesamten Körper zu schwitzen begann. Die großen Feuer warfen ihre Schatten auf den Boden, der Geruch von verbranntem Holz lag in der Luft. Azzachtai hob beide Hände zum Himmel und folgte seiner Bewegung mit dem Kopf. So blickte er in den Sternenhimmel und wartet einige Momente. Es war eine klare Nacht, die Sterne funkelten. Azzachtai blickte leicht ratlos zum Himmel, doch dann erklang seine Stimme: „ ARARGH Agrazh!“ Mit sicherer Stimme sprach er die gut eingeübten Worte:
Mez’aBt’ waz Agrazh (Heil dir, grösster Gott Agrazh)
„Ajßt’k’ antschal ushex Olorghtai (Hier rufen die starken Olorghtai)
Amen intsch hawat’al Olorgh Normargh (Alle gläubigen Orks der Neuen Welt)
Or Olorgh hischel Boworut hja (Heute erinnern wir uns der Bräuche unserer Väter)
Dra hamat wer K’ enal Agrazhi’bint (damit wir als Truppen Agrazhs auferstehen)
Achaz rammrum Karkka! (mögen unsere Äxte viele Schädel spalten)
Dra hamat wer K’enal Agrazh’bint (damit wir als Truppen Agrazhs auferstehen)
Achaz olorgh Birow dur merrnel Khurk (mögen wir lachend in der Schlacht den Tod finden)
Dra hamat wer K’enal Agrazh ‘bint (Damit wir als Truppen Agrazhs auferstehen)
Azzachtai setzte ab, öffnete die Augen und blickte ruhig in die Menge: gespannte Gesichter, alle warteten darauf, dass Azzachtai sein Gebet beendete. Azzachtai schaute wieder in den Abendhimmel und schloss dann die Augen. Er sprach weiter:
Or Olorgh hischel Boworut hja (heute erinnern wir uns der Bräuche unserer Väter)
Arargh aweli Mez’aBt’ waz Agrazh (Heil dir größter Gott Agrazh)
Wieder öffnete Azzachtai die Augen. Langsam nahm er die Arme herunter und legte die großen Pranken auf den Tisch. Nun nickte er den Trommlern zu, die sitzenden Orks stimmten einen leisen Gesang an, dazu trommelten sie den Takt. „AR-ARAGH - AGR-AZH“ Nun sprach Azzachtai, die Hände immer noch auf den Steintisch gelegt mit lauter Stimme die Worte, welche er bei der Vorbereitungen des Rituals so sorgfältig ausgewählt hatte: „ Bari galuBt!“ (willkommen) Vorsichtig ließ Azzachtai seinen Blick wieder über die Menge gleiten und versuchte zu erkennen, welche Wirkung seine Worte erzeugten. Dann verharrte sein Blick auf dem Nor'Aikar Xer'thalog, welcher direkt vor ihm stand. Dieser nickte ihm zu, doch konnte Azzachtai nicht deuten, ob das Nicken als Ermutigung gedacht war. Doch Azzachtai dachte gar nicht über die Geste des Nor'Aikar nach sondern sprach weiter: „Or Olorghs jer’bek hrr... (wir haben niemals).“ Azzachtai brach ab, das Wort für „haben“ wollte ihm nicht einfallen, doch um sich nichts anmerken zu lassen, sprach er einfach weiter: „ wach... (Angst) ajBor or olorgh schnorhark a Agrazh!“ (zu verstehen im Sinne von: heute danken wir dir Agrazh dafür). Nun blickte Azzachtai zu Xer, dieser schien natürlich den Versprecher bemerkt zu haben (zumindest kannte er mittlerweile die Worte), doch weder nickte er, noch machte er sonst Anstalten zu reagieren. Im innerlichen Chaos gefangen bemerkte er gar nicht, wie da ein trötenter Ork auftauchte und versuchte auf sich aufmerksam zu machen und von Boruk gleich brutal zur Ordnung gebracht wurde... nachher wurde nie wieder etwas von ihm gesehen...
Die großen Feuer warfen nun ihre Schatten auf den in Rot gekleideten Aikar, der leise Gesang der Trommler hatte sich zu einem Zischen gelegt. „ARARGH Agrazh“ mit einer schnellen Bewegung entfernte Azzachtai das Tuch vom Steintisch und entblößte somit die schreckliche Opfergabe: ein lebendiger Mensch.
Der Mensch blickte Azzachtai aus seinen braunen Augen an, doch begriff die Opfergabe nicht wirklich, dass sie als eben jene enden würde: Azzachtai hatte den Mann mit einem Zauberspruch betäubt, er würde nichts spüren, er würde nicht schreien. Jedoch brachte dieser noch einige letzten Worte durch seinen Knebel hervor, irgendetwas belangloses wie er habe Frau und Kinder (die Wachleute kannten ihnen als Diederich, oder würden ihn als diesen vermissen, mögliche Frau und Kinder wohl auch...). Als Azzachtai die Opfergabe zur Schau stellte, hob der Gesang der Trommler wieder an, ähnlich wütenden Wogen türmte sich der Gesang zu einem lauten Gebrüll auf: „ARARGH Agrazh, ARARGH Agrazh....“ Azzachtai hob die Hand, der Gesang wurde wieder leise bis zu seinem ursprünglichen Zischen. Die Hand wanderte zu dessen Gürtel an welchem er das Ritualmesser des Aikar Agrazhs befestigt hatte. Langsam hob er das große, im licht leicht blitzende Messer hoch. „Achaz rammrum Karrka!“ (mögen unsere Äxte viele Schädel spalten). So machte sich Azzachtai über den Mann her, vorsichtig schnitt er dessen Brustkorb auf. Der Mann zuckte nicht einmal zusammen, keine Reaktion. Warmes Blut quoll aus der Wunde heraus, kleinere und große Rinnsale suchten sich ihren weg an dem Körper hinunter. Azzachtai griff zu einem Beutel, welcher ebenfalls am Gürtel befestigt war. Vorsichtig entnahm er dem Beutel etwas von sandiger Konsistenz. Es waren getrocknete und zermalmte Kräuter, gemischt mit etwas Erde. Die Kräutermischung, bestehend aus zermahlten und getrocknetem Ginseng, Knoblauch und Spinnenseide sollten dafür sorgen, dass Agrazh die Opfergabe gestärkt wie auch unversehrt „bekommen“ würde. Die Kräuter sollte ihre heilende Wirkung auf den Mann übertragen (effectus salutaris). Die Erde hingegen sollte dem Menschen besonders viel Energie einverleiben, damit dieser die Folter von Agrazh so lange wie möglich überstehen würde und die Opfergabe somit zu einem besonderen „Objekt“ für Agrazh machen sollt. Azzachtai streute dieses Gemisch nun in die Wunde des Mannes, welcher ihn immer noch mit ungläubigen Augen ansah. Nun drang Azzachtai vorsichtig mit seiner Pranke durch die Wunde in den Körper des Menschen ein, er zog seine blutverschmierte Hand jedoch wieder rasch aus dem Körper des Mannes. Nun bestrich sich der Stammesschamane mit dem Blut der Opfergabe: er malte sich die klaren Umrisse eines Halbmondes auf die Tunika. Azzachtai wischte sich mit der Hand über die Stirn, er schwitzte stark und er vermocht die Energie zu spüren, welchen diesen Ort hier umgab. Agrazh war seiner aufmerksam geworden... Vorsichtig besprenkelte er die Linien des Pentagramms, welches sich um und unter dem Altar erstreckte, mit dem Blut des Opfers. Schließlich verteilte er grünes Moos um den Körper des Mannes. Die ausgerissenen Pflanzen verströmten immer noch ihren Duft: leicht süßlich, doch ebenfalls erdig. Das Moos sollte Azzachtai beim eigentlichen Ritual behilflich sein: die grüne Pflanze war eine bestimmte Moosart, welche zwei bestimmte Eigenschaften besitzt: eine leicht aufputschende Wirkung, wenn man es verbrannte und den Rauch einatmete, wie ebenfalls eine „magische“ Eigenschaft. Das Moos setzte ein Glitzern frei, wenn man es verbrannte (wahrscheinlich eine feuer keimende Pflanze). Das besondere jedoch war die Kombination beider Eigenschaften, was in den Augen des Orks eindeutig Magie war(ein „stärkendes“ Glitzern). Azzachtais Forschungsergebnisse stützten diese These, und er war sich sicher, dass er das Opfer auf diese Weise noch stärker, und somit auch für Agrazh interessanter machen konnte. Er trat einige Schritte zurück, das Werk würde bald vollbracht sein. Doch nun kam der entscheidende Teil, er musste die Energie auf diesen Körper lenken, damit die Geisterhirten von Agrazh sich seiner bemächtigen konnten. Wiederum hob Azzachtai die Hände in die Luft, das zischen der Trommler wurde wieder lauter. Der Schatten des Geisterufers fiel auf die grausige Stätte, immer noch ungläubig sah ihn der völlig verwirrte Mann an. Nun hob der Gesang der Trommler zu einem wahren Donner an, laut brüllten sie: „ARARGH Agrazh, ARARGH Agrazh...“ Immer lauter, wieder trat Schweiß auf die Stirn von Azzachtai. Dann, als die Stimmen der Trommler schon bald zu versagen drohten, nickte er den Orks zu und schloss die Augen. Azzachtai spürte, wie er schwitzte, doch war ihm plötzlich kalt. Er spürte die Macht, die diesen Ort umgab, er konnte sie kontrollieren. Aber es war so schwer... so viele Ströme... so viele Wesen... so schwer... Azzachtai begann zu zittern, die Umstehenden konnten dies ebenfalls deutlich wahrnehmen. Dann plötzlich streckte Azzachtai die Arme von sich. Er hatte es beinahe geschafft, er hatte die Energie „ergriffen“. Ja.. er fühlte, wie die Geister durch ihn hindurch strömten. Er fühlte, wie er sie kontrollierte. Leise begann Azzachtai zu murmeln: „Sain füar Agrazh...“ Azzachtai spürte nun, wie ein Rinnsal von Schweiß neben seinem rechten gelben Auge herunterrann, doch spürte er keine Hitze. Er spürte Anstrengung, obwohl er sich nicht körperlich betätigt hatte. Er spürte jeden seiner Muskeln, jeden. Doch dann, ein Rauschen war nun zu vernehmen. Scheinbar in einer Art Ekstase torkelte Azzachtai, das Rauschen wurde lauter, die Linien des Pentagramm wurden nun von einem deutlich zu sehenden Schimmern nachgezogen. Ja, gleich... Der Ork konzentrierte all seine Kraft auf diesen einen Ort, ihm war es, als würde ihm kalte Luft entgegenschlagen, doch dies war eindeutig ein Strom von reiner unverhohlender Macht. Er griff nach dem Storm, nicht nur mental sondern auch sein Körper folgte dieser Bewegung. Azzachtai vernahm ein Flüstern, die Menge schien etwas zu sehen, doch durfte er sich davon nicht ablenken lassen. Er versuchte weiter, sich so stark wie möglich auf seine Opfergabe zu konzentrieren. Schließlich hatte er den Menschen gefunden, da sah er sein Gegenstück in der Geisterwelt, zitternd lag die Gestalt auf dem Altar, von weiteren Gestalten umgeben.. Der Aikar konzentrierte sich auf den Mensch, das Rauschen wurde lauter. Dann plötzlich vernahm Azzachtai, wie sich das Geräusch eines Feuers ausbreitet: ein Knistern... Er spürte das Feuer vor sich, die Hitze. Doch er öffnete die Augen noch nicht, es war noch nicht vollbracht. Doch vor Azzachtai war der Körper des Menschen in Flammen aufgegangen, das Pentagramm schimmerte nicht mehr, doch war nun ein bläuliches Schimmern um den brennenden Körper zu sehen: das verbrannte Moos schien kleine Sterne versprüht zu haben, so wirkte diese Schauspiel jedenfalls auf die Umstehenden: lauter kleine Sterne sausten durch die Nacht. Dann ein Donner, aus den Flammen stieg eine blaue Gestalt empor, empor zum Sternenhimmel. Doch schon nach wenigen Sekunden erlosch das Leuchten, wie auch das Feuer um den Leichnam.
Gleichsam fühlten die beiden Diener Agrazh das Wohlwollen und Stärkung ihres Gottes.
Das Ritual war erfolgreich, von dem Körper war nur noch ein Häufchen Asche übrig, wer weiß wo sich der Rest nun befindet? Staunend beäugten die Orks den kleinen Steintisch, einige die zu nah standen hatten etwas von dem Moos-Rauch abbekommen und schienen nun wesentlich munterer als vorher zu sein. Langsam öffnete Azzachtai die Augen, er befand sich immer noch auf dem Boden vor dem Altar stehend. Ihm war als wäre er Welten gereist und hätte diese durchwandert. Glücklich und zufrieden war er, dass alles gut funktioniert hatte. Sofort richtet der weißhaarige Aikar zu seiner imposanten Größe auf und sprach zu Xer: „Hrrr...“, „Loz, Nor' Aikar, mack razä razä, dhu hia schon stehän lankä...“ der Jungschamane nickte leicht und schritt dann davon und führte die Menge an Olorghis zum Gemeinschaftsfeuer.