Der Klang der Stille - Wenn eine Melodie stirbt...

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Saturas Glenh
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Der Klang der Stille - Wenn eine Melodie stirbt...

Beitrag von Saturas Glenh »

Wie lange ist es nun eigentlich her, das ein fehlgeschlagener Milizauftrag ihn in diese Lande führte...nach Ansilon...einer freien Handelsstadt, die sich ihrer allumfassenden Neutralität rühmte?

Saturas saß auf dem Balkon der großen, dunklen Villa und blickte über das weite Meer. Der Wind trieb die Wolken über den Horizont und wehte auch ihm um die Ohren.
In Gedanken versunken bemerkte Saturas dies aber kaum. Sein Blick schien durch den Äther selbst zu sehen, tief in seine eigene Gedankenwelt...tief in sein Innerstes, wo er schon seit geraumer Zeit nicht mehr allein war. In jeder unachtsamen Minute merkte er dieses stetig lauernde Raubtier, das nur darauf wartete einen unkontrollierten Moment in persönliche Freiheit zu verwandeln. Etwas, das nie geschehen durfte.
In seinen Händen hielt Saturas seine Flöte, alt...abgegriffen...doch noch immer so klangvoll wie am ersten Tag. Er hatte versucht gegen den Wind anzuspielen, dies aber jedoch schnell aufgegeben. Diese Flöte war ein fester Teil von ihm, genauso wie sein Bogen. Trotz zahlreicher widriger Umstände halfen ihm diese beiden Gegenstände behände durch ein Leben voller Turbulenzen und zahlreicher Entbehrungen. Ein mittelloser Jäger und unbekannter Barde konnte wohl kaum großen Wohlstand oder Stetigkeit für sein Leben erwarten.

Der Wind brachte Erinnerungen...

Was war seit seiner Ankunft nicht alles geschehen? Verletzt und geschunden, bar fast all seiner Besitztümer landete er in Ansilon. Orientierungslos lief er einem fast schon unnatürlich interessierten, überfürsorglichen Mann in die Arme begleitet von einer Frau, möglicherweise eine Dirne, der er sogar nur wegen ihm den Laufpass gab. Es war vielmehr eine direkte Aufforderung statt einer Bitte in die Dienste dieses Mannes zu treten. Der Handel war denkbar einfach...der Mann würde ihn versorgen, dafür würde er sich um Haus und Hof kümmern. Ein Hausdiener also in weitestem Sinne. Der Mann hielt sich an den Handel. Noch ehe Saturas sich versah hatte er neue Kleidung und erhielt einen Vorschuss auf seinen ersten Lohn. Sogar ein Reitpferd und einen Platz im Stall. Darüber hinaus wurde er allgemein recht umgänglich behandelt. Nicht wie so mancher Adelsdiener, der eher getreten wurde und dem ständig bewusst gemacht wurde, wie ersetzbar er doch ist. Nach und nach lernte er auch die anderen Mitglieder der Familie kennen. Sie allesamt waren Magier...erhaben...mächtig. Sie alle strahlten diese gewisse edle Unnahbarkeit aus. Mehr als Saturas es jemals können würde, so dachte er. Die Frau, eine Astralmagierin, schien eher mitfühlend zu sein, auch wenn das Bedauern in ihrem Blick ihn sehr irritierte. Er ließ es sich nicht anmerken und doch beschäftigte es ihn immer wieder. Der andere Mann der Familie, ein Illusionist, war das genaue Gegenteil. Berechnend, analytisch, abschätzend und nahezu vollkommen emotionslos. Ohne Frage ein Mensch, dem man nur mit Rationalität und klaren Argumenten beikommen kann. Er konnte in den meisten Wesen lesen, eine der positiven Lehren, die ein Barde sich mit seiner Erfahrung eines immer wieder wechselnden Publikums aneignete, wenn er etwas auf sich halten und ja...auch überleben wollte. 
Saturas traf für sich die einzig richtige Wahl: Zu tun was von ihm verlangt wurde und das so perfekt wie möglich. Was er nicht konnte musste eben gelernt werden und das nach Möglichkeit bevor es der Familie auffiel, dass er etwas nicht konnte. Diese Zeit nutzte er ebenso um die Familie kennen und einschätzen zu lernen. Auch schienen sie ihn nach und nach mehr zu akzeptieren und zu integrieren. Fast peinlich genau waren sie damals darauf bedacht, dass es Saturas an nichts fehlte. 

Von dort aus sollte es nicht mehr lange dauern bis er auch den Grund dafür erfahren sollte. 

Er erinnerte sich an jenen Abend...er wurde gebeten sich etwas bessere und doch bequeme Kleidung anzuziehen. Seine Rüstung solle er ablegen, da er sie heute nicht brauchen würde. Loyal und ergeben, wie Saturas es ist, folgte er dieser Aufforderung. Die anderen Mitglieder der Familie trugen an diesem Tag vornehmere Kleidung. Würde es zu einem Ball gehen bei dem er den dortigen Stab von Dienern unterstützen soll?
Noch während er sich dies vorstellte drang die Stimme seines Herrn in sein Ohr und riss ihn aus seinen Gedanken. Kein Ball war der Grund für diesen Aufzug...sondern er. Sie würden ihn belohnen wollen...ihm eine Anerkennung zukommen lassen für seine treuen Dienste und sie baten ihn zu bleiben. Glück durchflutete Saturas zu diesem Zeitpunkt. Endlich...ein geregeltes Leben...ausreichend Lohn von dem er sogar noch sparen konnte...kein Hunger mehr...keine wackligen Betten in zugigen Kammern während der harschen Winter. Er hatte es geschafft. Zwar war er ein Diener und würde es bleiben...aber gewiss einer derer, die ein gutes Los gezogen haben. Und dies würde er um jeden Preis behalten.
Wie falsch er doch gelegen hat, dachte sich Saturas und ein kurzes Schmunzeln veränderte das sonst kühl wirkende Gesicht. Er hatte sich viele Dinge ausgemalt, die die Zukunft für ihn bereit halten möge... nur diese eine Sache nicht. Wie hätte er auch darauf kommen sollen. Es waren im besten Fall Legenden, die er in alten Liedern von alten, trunkenen Veteranen besang, die von ihren Schlachten erzählten.

In dieser Nacht fand Saturas den Tod...

Die Familie machte mit ihm einen Ausflug und je weiter sie sich vom Anwesen entfernten um so fremder wurde die Umgebung für ihn. Fernab jeder Zivilisation führten sie ihn an einen dunklen und verlassenen, fast schon sakral wirkenden Ort. Das gelegentliche Unbehagen, das er dann und wann verspürte...sei es in den bedauernden, mitfühlenden Blicken der Astralmagierin, im kalten Lächeln des Illusionisten oder in der manchmal übertriebenen, von Vorfreude geprägten Art seines Herrn...hier nahm es fast schon erdrückende Ausmaße an. Er durfte es sich nicht anmerken lassen und doch spürte er wie seine Stimme leiser und sein Atem schneller wurde als würde er mit dem Schlag seines Herzens Schritt halten wollen. 
In tiefer Dunkelheit offenbarten sie dann ihr wirkliches Wesen...ein Dasein, das auch ihm angeboten wurde. Er sollte wählen...der Tod und die ewige Vergessenheit...oder eine Wiedergeburt mit unzähligen neuen Möglichkeiten und Gaben jenseits aller menschlicher Vorstellungskraft. Er musste nicht lange überlegen. Alles war besser als ein Tod ohne je gelebt zu haben und das verlockende Wispern der unzähligen Möglichkeiten hallte als Echo in seinem Kopf wieder. 
Unmerklich fuhr Saturas auf der Bank des Balkons zusammen als die Erinnerung an die Dunkelheit und den Schmerz zurückkehrte als das Leben aus ihm wich und ihn die Nacht verschlang.
Es folgte eine Zeit des Lernens und der größten Herausforderungen...er war nun ein Raubtier, das lernen musste zu jagen ohne dabei gesehen oder erkannt zu werden. Er spürte die neue Macht aber auch das Verlangen das damit einherging. Der Ort an dem er sich befand war zeitlos. Er war eingesperrt...ein kleiner Raum...keine Fenster...dickes Mauerwerk und eine massive Tür. Er war sich sicher, dass selbst Schreie den Raum nicht hätten verlassen können. Vieles wurde ihm über den Lauf der Zeit in diesem Raum offenbart und mit diesem Wissen wuchs er...wuchsen seine Fähigkeiten und sein Verständnis und gleichzeitig merkte er, wie er selbst Teil dieser Familie wurde, der er bis dahin nur gedient hatte. Der Illusionist stellte ihn dabei vor die größten Prüfungen, doch war er auch jener, der sich am meisten um sein Weiterkommen bemühte. Er forderte...doch förderte er auch. Zeit verlor an Bedeutung und irgendwann begann sie zusammen mit der Dunkelheit zu verschmelzen. Eine herrlich angenehme dunkle Macht, die sowohl Ruhe und Erkenntnis als auch Macht schenkte und dabei das Hässliche der Welt verbarg. 

Irgendwann holten sie ihn dort heraus...die Welt hatte sich weitergedreht und nach einer verzehrenden Wanderung fand er sich wieder zurück im Anwesen der Familie. Nicht mehr nur als Diener, sondern als Sohn und Bruder. 
Seither überschlugen sich die Ereignisse...Zwistigkeiten zwischen den Völkern, hervorgerufen durch eine Dämoneninvasion irgendeiner Legion. Eine Legion, die sogar den Weg vor ihre eigene Haustür fand, angetrieben von dieser Dirne, die sein Herr und Vater damals wegen ihm hat sitzen lassen. Die Vampire untereinander waren auch eine Herausforderung für sich...ein immerwährendes Ränkespiel...er sollte sich besser keine Unachtsamkeiten erlauben. Solche Spiele spielt man nie leichtfertig wenn man überleben wollte. So mancher Tavernentrunkenbold lernte dies erst wenn es bereits zu spät war.
Sein Erzeuger befand sich ebenso im Schussfeld und es galt ihn vor weiteren Dummheiten oder ineffizienten Handlungen zu bewahren.
Effizienz...auch etwas, das ihn seit seinem Tod mehr und mehr antrieb. Seine Gefühle erkalteten jeden Tag ein Stück mehr und bei vielen Dingen war er sich nicht mehr sicher ob er sie wirklich noch fühlte oder ob es nur Erinnerungen an das waren, was er in diesen Momenten gefühlt hatte. Einerlei...ihm gefiel die Klarheit, die diese Tatsache mit sich brachte. Viele Dinge ließen sich besser lösen, wenn man sie frei von Emotionen und rein nach Sachlage betrachtete. Er verstand seinen großen Bruder mit jedem Tag mehr, der dies auch so zu handhaben pflegte. 
Und doch saß er nun hier...nachdenklich...Vor- und Nachteile abwägend...verschiedene Blickwinkel einnehmend...und nach Entscheidungen suchend. Brauchte diese Familie wirklich noch einen Barden? Jemanden, der einfach nur ein paar Leute für ein paar Münzen verzückt und sie für eine Weile ihre Probleme vergessen lässt? Oder war es nicht viel mehr an der Zeit auch diesen Teil der Vergangenheit hinter sich zu lassen...jemand zu werden, den die Familie wirklich brauchte und damit seine ohnehin schon ruhmreiche Existenz unter den Augen der dunklen Mutter weiter zu makelloser Vollkommenheit zu führen. Was würde es ihn kosten? Gab es überhaupt Kosten? Würde er nicht seine herausragendsten Eigenschaften nicht ohnehin behalten? Seine Silberzunge...seine Schläue und auch seine bisherige Kampferfahrung. Er würde nur die Musik opfern um ein besserer...machtvollerer Kämpfer zu werden, der nicht nur im Hintergrund stehen und hoffen müsste, dass sein Mut ausreichte um die anderen aufrecht zu halten. 

Mit einem Ruck erhob er sich von der Bank und trat an die steinerne Brüstung des Balkons heran. Ein letzter nachdenklicher Blick fiel auf die Flöte in seiner Hand bevor er diese mit Schwung weit hinaus warf und sie den Fluten übergab. Ein letzter Stich durchfuhr ihn dabei, bei dem er sicher war, das es ein echtes und wahrhaftiges Gefühl war. Ohne diesem aber Beachtung zu schenken ging er zu seinem Vater, der ihn in die freie Handelsstadt begleitete und ihn für seine neue Aufgabe rüstete.

Fortan würde er der Schild der Familie sein...








 
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Varrak Lathos/Zssurtek/Riardon Talavir
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Re: Der Klang der Stille - Wenn eine Melodie stirbt...

Beitrag von Varrak Lathos/Zssurtek/Riardon Talavir »

..aus einem tiefen Schatten heraus, beobachtete der Beschwörer das Gebaren seines Schützlings. Der Barde verharrte nahezu regungslos auf dem kleinen Balkon und hatte seinen Blick auf das offene Meer gerichtet. Ein frischer Wind wehte, glücklichwerweise trug es den schwachen Kräutergeruch von Varrak fort, waren doch die Sinne Saturas ebenso scharf, wie alle Ihrer Art. Ebenso still verharrte er in dem Schatten, darauf bedacht, seine Anwesenheit nicht zu offenbarren. Er hatte viel Zeit und Achtsamkeit in das Lehren des ehemalig jungen Prinzen investiert, ihn vorbereitet auf seinen zukünftigen beinernen Thron. Die Fortschritte waren mehr als vielversprechend gewesen und zusammen mit dem Rest der Fammilie, hatten sie ein effizientes Raubtier geformt. Mit einigen ausgesuchten Übungen und Foderungen, waren seine Fähigkeiten schnell gewachsen, die daraus folgenden Beurteilungen erwiesen sich als korrekt und somit nutzbar. Die emotionslose Mimik des Barden veränderte sich einen Lidschlag lang, als dieser seine alte abgenutzte Flöte aus der Tasche zog. Unmerklich, für einen Außenstehenden unbemerkt, strömmte etwas in das kalte Antlitz, was den Illusionisten eine Braue leicht heben ließ. Das jüngste Mitglied ihres Ventonari Zweiges erinnerte sich offenbar an etwas, welches dies auslöste. Ein Quentchen beugte sich der Magier vor und fixierte die Mimik des anderen Vampirs genau. Nun war es entscheident, wie lange diese Emotion wirklich währte..wieviel Raum ihr Saturas einräumte. Taxierend ruhte Varraks Blick auf seinen Schützling, würde er weiter den lehren und seinem arteigenem Instinkt folgen oder sich, wenn auch nur kurz, in alten Erinnerungen und damit zugelassenen Gefühlen..verlieren?

Nach wenigen Momenten, fiel die Entscheidung des Barden und mit einem Wurf verschwand die Flöte in den kalten Fluten. Er hatte sich offensichtlich entschieden, die Kälte und stetige Aufmerksamkeit war wieder in sein Augen geflossen. Der Magier nickte knapp und neigte leicht sein Haupt. Wieder einmal hatte Saturas bewiesen, das er weder seine Art verleugnete, diese noch als hemmend erachtete. Sie war ein unbezahlbares Geschenk, das Blut Ihrer aller Herrin floß in Ihren Adern, auch wenn einige Äußerungen älterer, weiserer Vampire, fast als Ketzerei zu sehen waren. Doch die Äußerungen jener in diesem Fall des Glaubens waren weder zielführend noch relevant für ihren Zweig der Ventonari. Ihr äußerliches Streben nach Gemeinschaft war nichts mehr, als ein plumper Versuch, die eigene Macht zu halten. Natürlich unterstützten sie mancherlei Bestrebungen, ohne Zweifel galt es gegen Maskeradeverstösse und unkontrollierten Kreaturen vorzugehen. Darüber musste weder diskutiert noch nachgedacht werden. Doch von solchen allumfassenden Gefahren einmal abgesehen, hockte jeder Ihrer Art in seinem eigenen Netz. Masken über Masken, Fäden an Fäden, das alte Spiel, welches Ihre Art seit Jahrtausenden genoß. Ohne Zweifel war die Macht der Alten beträchtlich und jeder Schritt in Ihrer Gegenwart musste sorgfältig bedacht sein, doch auch außerhalb besaßen sie willige Augen und Ohren. Im Augenblick schien eine gewisse Ruhe vor dem Sturm zu herrschen, die Dämonen marodierten erfolgreich weiter und der vampirische Attentäter irrte ebenfalls noch herum.

Auch seine eigenen Bemühungen hinsichtlich der Schattenveränderung steckten in einer Sackgasse, noch hatte er die Spur der Kreatur nicht wieder aufnehmen können. Mit einer leichten Willenanstrengung rief er seine Gedanken wieder in die Gegenwart und fokussierte Saturas erneut. Er hatte eine Ahnung, was die symbolische Geeste tatsächlich bedeutete und aktzeptierte diese. Keine der vorrangegangen Lehren litt darunter, viel mehr untermauerte sie diese noch. Doch was es letztlich auch war, er würde dafür sorgen, das Saturas die notwendige Unterstützung erhielt. Zwar hatte er auf dem Glasthron der Fammilie Platz genommen, doch war es das, was er daraus machte. Mit einem sachten Schritt zog er sich tiefer in die Schatten zurück und machte sich erneut auf die Suche nach einer Spur. Doch in Kürze würde er sich einem Gespräch mit seiner Schwester widmen, welches versprach, von interessant bis inaktzeptabel zu werden. Bisher waren die noch vorhandenen Emotionen Sorshas durchaus nützlich gewesen, doch sollten jene die Vampirin vor notwendigen Maßnahmen abhalten, galt es zu korrigieren. Doch letztlich war auch Sorsha ein Raubtier, egal wie elastisch die Emotionsmaske auch war..oder wie tief sie tatsächlich in Sorshas Innerstes reichte..auch sie wurde älter..und..kälter..ein trügerisch sanftes Lächeln bildete sich auf seinem Antlitz..es würde aufschlussreich werden..bisweilen sagte Stille weit mehr als Worte....
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