Von Wut zerfressen

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Xa'Velle Belin
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Von Wut zerfressen

Beitrag von Xa'Velle Belin »

Wut.

Wie ein Raubtier, das seine Fänge in das weiche Fleisch seiner Beute geschlagen hat und mit ruckartigen Hin-und-Her-Bewegungen des Kopfes versuchte, das Genick des Opfers zu brechen, zerrte Wut an ihr. Unbarmherzig, unerbittlich, ohne Aussicht darauf, je wieder von ihr abzulassen.

Wut war ihr nicht fremd. Mitnichten. Seit des schicksalhaften Vorfalls, der ihr Leben von einem Tag auf den anderen gänzlich auf den Kopf gestellt hatte, hatte sie täglich damit zu kämpfen, ihre Emotionen unter Kontrolle zu halten. Es lag in ihrer neuen Natur, Gefühle – vor allem negativ behaftete, wie Wut und Jähzorn – viel intensiver zu empfinden und ließ sie schneller aus der Fassung geraten als zuvor. Und dann war da schließlich auch noch Skotos..


Seinetwegen musste sie stets gewappnet sein, ein unbedarfter Moment und er könnte die Gelegenheit nutzen, um die Vorherrschaft an sich zu reißen. Inzwischen trug sie ihn schon Jahre in sich, doch die Frage war niemals gewesen, ob er den Versuch wagen würde, sondern wann. Dass er es nicht schon längst versucht hatte, zeugte nur davon, dass er klug genug war, auf den rechten Zeitpunkt zu warten. Zeit spielte für dieses Ungeheuer schließlich keine Rolle.

Aus der einst so lebenslustigen, humorvollen jungen Frau war eine weitaus in sich gekehrtere, skeptischere Version geworden, die stets auf der Hut zu sein schien. Nur noch selten, wenn sie sich mit engen Vertrauten umgab, konnte sie sie selbst sein und die Leichtigkeit, die sie stets umgeben hatte, zeigte sich und gab den Blick auf die „alte“ Nimue frei. Doch auch diese Momente waren in der jüngsten Vergangenheit weiter getrübt worden - Verrat und Täuschung waren nun einmal eindrucksvolle Lehrmeister. 

So sehr sie auch darin geübt sein mochte, Gefühle unter Kontrolle zu halten, die letzten Tage hatten sie gefährlich nah an ihre Grenzen getrieben. Unterschiedlichste Gründe hatte es dafür gegeben.
Als Davion ein Treffen einberufen hatte, hatte sie noch nichts Böses geahnt. Gewiss, die Zeiten waren schwierig, auch wenn sie eher zurückgezogen lebte, waren ihr doch schon die verschiedensten Informationen über die Legion zugetragen worden. Oh und ja, sie hatte sich wahrlich ganz bewusst weiter zurück gezogen, als die ersten Meldungen über diese merkwürdigen Kristalle an ihr Ohr drangen und noch seltener als ohnehin ihren Rückzugsort verlassen. Dass es nun aber zu entscheiden galt, wie man sich in diesem Ränkespiel zu positionieren hatte – um dabei sowohl einer Vernichtung durch die Legion zu entgehen, als auch bestenfalls gleichzeitig ihren Feinden zu schaden – hatte ihr äußerst missfallen. Wenn es nach ihr gegangen wäre, hätte sie sich aus diesem Konflikt weiterhin gänzlich herausgehalten, doch aller Hoffnung zum Trotz war der Dämonenfürst letztlich doch noch auf den Ysam enis Alwanzessar aufmerksam geworden. Wenn sich aufgrund ihrer Natur auch alles in ihr sträubte, die Mehrzahl der Bundmagier hatte sich für diesen Weg entschieden und so musste sie letzten Endes einsehen, dass ihnen gar keine andere Wahl blieb, als so zu handeln.

Das schlechte Gefühl, was sie hatte, konnte sie dennoch nicht abschütteln, denn sie wusste, dass Dämonen einfach nicht zu trauen war – und das ganz unabhängig von ihrer wölfischen Intuition, sondern schlicht aus Erfahrung. Und letztlich sollte sich recht behalten, denn als Davion, Luca und sie nach dem Angriff auf die Akademie dort nach dem Rechten sehen wollten, mussten sie feststellen, dass der Bewahrer der Akademie korrumpiert worden war. Hadarim Lichtglanz, einst gänzlich auf das Wohl der Akademie ausgerichtet, unterlag nun auch dem Willen des Dämonenfürsten Ba’muth und hatte es sich wohl zur Aufgabe gemacht, weitere Legionäre für den dunklen Fürsten zu rekrutieren. Denn kaum ein Blinzeln hatte es nach seiner kryptischen Bemerkung gebraucht, bis Luca und Nimue sich unter Wasser – tief unter dem Teich der Akademie – wiederfanden.

 
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Dort verkündete der übereifrige Akademiewächter, dass er ihnen die Wahl ließe und hoffe, dass sie den Kristall berühren und sich für Ba’muth entscheiden – oder aber qualvoll ertrinken würden.
Nimue hatte buchstäblich mit sich gerungen. Den Kristall berühren und der Legion beitreten oder ihre Existenz ganz bewusst auszulöschen und somit alle, die ihr etwas bedeuteten, zurückzulassen? Allen voran Balthasar? Skotos hatte sie bestärkt und sie aufgefordert zu kämpfen, anstatt Klein bei zu geben. Binnen weniger Augenblicke hatte sie sich mit Luca gemeinsam – dank einiger unglaublich scheußlich schmeckender Algen, die Hadarim umsichtigerweise gereicht hatte, um die Kommunikation unter Wasser zu ermöglichen – darauf geeinigt, sich für das Leben zu entscheiden. Oder besser gesagt, für die Legion – mit der leisen Hoffnung, dass Davion und Balthasar alles daransetzen würden, so schnell wie möglich einen Weg zu finden, um die Korruption rückgängig machen zu können.

Mit zunehmender Verstimmung hatte sie die Veränderungen registriert – der violette Schimmer, der gelegentlich das Augenweiß zierte, wenn der Lichteinfall ungünstig war, schwand zusehends und wurde überlagert von den rotglühenden Iriden, die die Augen inzwischen wie zwei leuchtende Fackeln in der Dunkelheit aus dem Gesicht Nimues herausstechen ließen. Doch das war nicht einmal das Schlimmste: Viel gravierender waren die Auswüchse an ihrem Kopf – und zugegeben, die damit einhergehenden Schmerzen waren auch nicht zu ignorieren gewesen. Es begann mit einem harmlosen, kleinen Jucken, das jedoch immer intensiver wurde und allmählich gesellte sich auch noch Druckschmerzhaftigkeit hinzu, bis sie schon dachte, es wäre eine Wohltat, sich selbst die Klinge des Dolches in den Schädel zu stoßen. Doch als die Hörner die Kopfhaut durchbrachen, hatte der Druck lediglich für einen klitzekleinen Augenblick nachgelassen und das Blut angefangen zu fließen. Sie verfügte zwar über eine außergewöhnlich schnelle Wundheilung, doch wann immer die Hörnchen sich weiter empor schoben, begannen die Ränder wieder aufs Neue auf zu reißen und die blutigen Rinnsale bahnten sich wieder ihren Weg hinab.


Sie konnte es kaum glauben, als sie sich im Spiegel betrachtete und ihr das Abbild ihrer selbst, mit zornig rotglühenden Augen und spitzen, roten Hörnern entgegenblickte. Anfangs hatte sie die Wolfsseele noch wahrgenommen, doch es durfte nicht lange gedauert haben, bis sie sie nicht mehr wahrgenommen hatte. Doch Skotos war nach wie vor da – und wenngleich sie auch für einen Bruchteil eines Augenblicks die leise, irrationale Hoffnung gehegt hatte, dass sie das in irgendeiner Art und Weise davor bewahrte, den Willen der Legion aufgezwungen zu bekommen, wusste sie in dem Moment, als sie den Kristall berührte und der Drache in ihrem Bewusstsein einen regelrechten Freudenschrei ausstiess, dass der Brutdrache einen Teufel tun und ihr irgendwie zur Hilfe eilen würde – nein,  Nimue beschlich das untrügliche Gefühl, als hätte es für ihn nichts Schöneres geben können, als das sie der Korrumpierung zum Opfer gefallen war..
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Xa'Velle Belin
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Re: Von Wut zerfressen

Beitrag von Xa'Velle Belin »

Einige Tage waren seit der erzwungenen Korrumpierung durch den Akademiewächter vergangen und sie war gerade von der ersten Begegnung mit dem Dämonenfürsten, der die 66. Legion befehligte, zurückgekehrt. Noch immer waren ihre Gedanken in Aufruhr, als sie daran zurückdachte, wie Ba’muth auf dem Vorplatz der Akademie gelandet war. Es war so schon ein imposantes Schauspiel gewesen, die Gestalt am Himmel auszumachen, die von feurigen Rauchschwaden umhüllt war und eine Art Schweif hinter sich herzog. Doch als er über dem Hof seine Kreise zog und Glut von seinen Füßen tropfte, was seine unmittelbar bevorstehende Ankunft im Hof verdeutlichte, und der Boden zu beben begann, als diese schließlich auf dem Pflaster aufsetzten, kroch ihr die Angst spätestens wie lähmendes Gift durch die Venen. Angst davor, dass der Dämonenfürst es irgendwie vermochte, hinter die Fassade zu blicken und womöglich den kleinen, noch verbliebenen Teil ihrer wölfischen Natur zu erspähen und in ihrem Blick oder ihrer Haltung Abscheu gegen die dämonische Art oder gar Auflehnung gegen die Korrumpierung zu erkennen. 

Trotz, dass sie ein gutes Stück abseits hinter den übrigen Versammelten gekniet hatte, als die eindrucksvolle, mehrklängige Stimme des Dämons ertönte, ging sie ihr doch durch Mark und Bein. Die Verbündeten und Legionäre waren unmittelbar der ihn umgebenden Hitze ausgesetzt, als er an ihnen entlang schritt und sie konnte regelrecht hören, wie die Atmung jedes Einzelnen schwerer wurde, als er sie musterte. Fast wäre sie aufgesprungen, als Luca scharf die Luft eingesogen hatte und noch im selben Augenblick der unverkennbar metallische Geruch von Blut in die Luft abgegeben wurde. Offenbar hatte der Lord seinen Streitern seine Akzeptanz ihnen gegenüber ausgedrückt, indem er ihnen Verletzungen zufügte, denn noch einige Male konnte sie ähnliche Geräusche – von anderen Legionären und Verbündeten verursacht – vernehmen und noch weitere, sich fein unterscheidende Geruchsnuancen von Blut, drangen hauchzart an ihre empfindliche Nase.

Beinahe hatte sie sich in Sicherheit gewogen und geglaubt, dass dieser Kelch glücklicherweise an ihr vorübergegangen war, denn Shar’luni’rea, eine Waldelfe, hatte offensichtlich das Interesse des Lords geweckt, doch als die gebieterische Stimme Ba‘muths erneut erklang und ein „Du.. zu mir!“  gebellt wurde, ahnte sie bereits, ohne erst noch den Blick heben zu müssen, dass sie nicht so einfach davongekommen war. Bevor sie sich auch nur versteifen und Anstalten machen konnte, sich dagegen zu erwehren, wurde sie von einem Sog erfasst und zu ihm hingezogen.
 
 
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„Du bist von dieser Magierschaft.. von der mir Jerka berichtete.“
Die Hitze, die vom Dämonenlord abstrahlte, schlug sich beinahe augenblicklich in einem feinen Schweißfilm auf ihrem Gesicht und den unbekleideten Armen nieder und machte ihr das Atmen schwer.
Unsicher, ob es ihr gestattet war zu sprechen, hielt sie den Blick gesenkt und quittierte seine Worte mit einem deutlichen Nicken.
„Ihr habt.. euch auf den Handel eingelassen, demnach verstehe ich diesen Ort hier als Tribut an euren neuen Lord?“
Wie um ihre Stimme zu testen, räusperte sie sich und nickte abermals ehe sie sprach. „Ja, mein Lord.“
Bange Sekunden lang herrschte Stille, in der Nimues Herz wieder schneller zu schlagen begonnen hatte, doch dann ließ er von ihr ab und wendete sich an Lichtglanz, um sich, einerseits, Nimues Worte bestätigen zu lassen, und andererseits zusätzlich den Akademiewächter seine Treue schwören zu lassen.
„Ich, der eigentliche Herr dieser Akademie, als auch meine Schüler sind euch zur Treue geschworen.“
 
Die übrigen Versammelten im Rücken habend, verharrte sie an der Stelle, an die sie der Lord mittels seiner außergewöhnlichen Macht hingezogen hatte. Sie war nicht Willens gewesen den Blick zu heben, selbst dann nicht, als er damit begonnen hatte, Feuer nach seinem Willen zu formen und sich einen Thron aus Flammen zu erschaffen, auf dem er dann schließlich Platz nahm. Normalerweise hätte sie ihre Neugierde kaum zügeln können, aber sie wollte kein Risiko eingehen und womöglich erneut das Augenmerk auf sich lenken, also lauschte sie stumm der Ankündigungen, die er bezüglich der kommenden Tage zu machen hatte und heftete den Blick fest auf den brennenden Sockel des Throns.

Noch immer fehlte einer der Sternensplitter in der Sammlung, um sein Vorhaben in die Tat umsetzen zu können und der Dämonenfürst war wild entschlossen, ihn der Truchsess zu entreißen.
Weitere Pläne wurden geschmiedet, Aufgaben zugewiesen und erst als er die hübsche Waldelfe mit sich in die Höhe gerissen und sich rasch von der Akademie entfernt hatte, war sie wieder imstande gewesen tiefe, kontrollierte Atemzüge zu machen und aufzublicken.


Die nächsten Tage würden gewiss kräftezehrend werden..
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Xa'Velle Belin
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Re: Von Wut zerfressen

Beitrag von Xa'Velle Belin »

Tatsächlich hatten sich die Ereignisse überschlagen und so kam es, dass sich die Legionäre und Verbündeten in der Magieakademie eingefunden hatten, um zu beratschlagen. Schon im Zuge der Übernahme der Akademie, hatte Ba’muths Gefolge die Alpa-Plyi entdeckt und der Hochelfenfürst hatte, als die Frage aufkam, wie man schließlich zur Augeninsel reisen wollte, sich über die Flugtauglichkeit des Schiffes erkundigt. Balthasar hatte guten Willen gezeigt und sich bereiterklärt, das Heer zur Insel zu bringen. Allerlei Tränke, Fischlebern, Proviant und Paraphernalia wurden an Bord des Luftfloßes gebracht, bevor die Vorbereitungen abgeschlossen waren und die Ankerkette gelichtet wurde.

Ba’muth hatte verkündet, dass er vorausreisen würde, was Nimue äußerst gelegen kam, doch die Tatsache, dass Balthasar sie weiterhin ignorierte und sie noch immer nicht hatte herausfinden können, weshalb dies überhaupt der Fall war, hatte ihre Gedanken während der kurzen Reise von dem vermeintlich bevorstehenden Kampf abgelenkt.  Der Erzmagier hatte das Luftschiff sicher zum Ziel navigiert und man ging geschäftig dazu über, sich einen ersten Überblick über die Situation zu verschaffen und die Vorgehensweise zu besprechen. Die Umgebung wurde weiter erkundet, Wachen bezogen Stellung, Vorräte wurden emsig abgeladen und ein Zelt errichtet.

Schon bald zeigte sich ein Drache am Himmel, der die Kunde über die Ankunft der Streiter wohl rasch ins gegnerische Lager weitergetragen hatte. Denn kaum hatte Ziron, der Erzliche, der auf Seiten der Legion stand, eine Brücke aus Knochen und Magie geformt, um den Fluss, der die beiden Lager voneinander trennte, überquerbar zu machen, tauchte das feindliche Heer auch schon auf und laute Tiraden wurden über den Fluss an ihre Ohren herangetragen. 

Der Kampf entbrannte rasch – Pfeile flogen beiderseits über den Fluss hinweg, Schilde wurden darauf emsig, von Schreien begleitet, in die Höhe gerissen, Befehle gebellt und auch Ba’muth beteiligte sich am Geschehen, indem er auf die Silberburger Truppen gefährliche Feuerschweife niedersausen ließ.
Nimue rief ihre Drachen zu sich und schuf für die, um sie herumstehenden Streiter und sich selbst, Schutzschilde, aus deren Deckung heraus, es den Schützen erleichtert werden sollte, anzulegen und zu zielen. Langsam wurde sich in Bewegung gesetzt, um sich dem Brückenkopf zu nähern und den Kampf über den Fluss hinweg zu verlagern. Inzwischen hatten auch einige von Ba’muths Dämonen sich von der rückwärtigen Seite aus zu den Kämpfenden dazugesellt und attackierten das feindliche Heer unablässig, während der Trupp aus Korrumpierten und Verbündeten der Legion die Gelegenheit beim Schopfe packte, um die Gegner von vorn zu überwältigen. Unterstützung erhielten die Streiter um Ba’muths Legion auch durch die Kreaturen, die die Dunkelelfen aus dem Unterreich hinauf ins lichte Lager einfallen ließen.

Vorrangig war Nimue damit beschäftigt gewesen, ihre Drachen zu befehligen, gleichzeitig ihre Kampfgefährten mit Heil- und Stärkungszaubern zu schützen und unterstützen und ihr zu nahe kommende Streiter des feindlichen Heeres abzuwehren, aber als sie sah, dass der Mann, den sie unumwunden als Liebe ihres Lebens bezeichnete, von den inzwischen so verhassten Amazonen angegriffen wurde, schickte sie die Drachen zu seiner Unterstützung mit einem kurzen Nicken in Richtung der Löwentöchter. Sie selbst hielt kurz inne, als der Dämonenlord „Vernichtet sie!“ schrie und sich in die Lüfte erhob, während der Kampf am Boden sich auf dem Höhepunkt befand, und sah sich um, bevor sie Balthasar mit Angriffszaubern wieder zur Seite eilte. Dunkles Brüllen erklang, schwefeliger Geruch zog über die Ebene und wieder war die donnernde Stimme Ba’muths zu vernehmen. „Meine Diener! Vernichtet sie!“


Balthasar hatte aus dem Gefecht mit den Amazonen nur einen kleinen Kratzer davongetragen und rief zum Sammeln auf.
„Sammeln wir unsere Kräfte und geben wir diesen närrischen Zweiflern das was sie verdienen. Also gut, lasst uns einen ersten Ausbruch wagen.“
Auch Jerka, die Legionsführerin, hatte sich inzwischen wieder den Weg zu den Streitern freigekämpft und forderte nun lautstark: „Bereit halten.. ich willl keine Verluste sehen. Schützt die Magier und dezimiert die feindlichen Reihen. Keine Gefangenen.“
„BLUT FÜR DEN NAMENLOSEN!“ Der Wächter Viego zog seine Waffe und holte zum Rundumschlag aus.

Und so schwärmten die Streiter noch einmal alle gemeinsam aus und warfen sich den Feinden entgegen. Viel konnte Nimue nicht ausrichten, gefühlt von allen Seiten wurde sie getroffen und ging zu Boden.
Mayla, Livius, Golga, Samira.
<<Vergiss nicht, wer von jenen behauptet hat, nie die Hand gegen dich zu erheben. Vergiss es nicht, Epi’lhechthike..Erinnere dich an die Worte, die der Gutriechende vor längerem zu dir sagte – „Du musst es dir nur vor Augen halten, Nimue. Du opferst dich im Zweifel für eine Amazone, die du deine Freundin nennst und ein Jahr später.. bringt sie ihren Stamm dazu, uns Bundmagier an der Seite der Paladine umzubringen.“>>
Und wie sie sich erinnerte! Abgelenkt, durch das Streitgespräch mit Skotos in ihrem Geiste, sah sie den Schwerthieb des Paladins nicht rechtzeitig kommen.
 
Und so hatte man sie, schwer getroffen, außer Reichweite des Feindes gebracht und sie ihre Wunden lecken lassen. Nachdem sie sich etwas von den Strapazen erholt hatte, nahm sie die nach und nach eintrudelnden Kämpfer, die sich ebenfalls wieder ins Lager zurückzogen, in Empfang um auch einige derer Wunden fürs Erste grob zu versorgen.

Inzwischen hatte die Nacht Einzug gehalten, Wachmannschaften wurden eingeteilt, Schutzzauber wurden von den Studenten der Akademie errichtet und Cecilia und Nimue errichteten magische Barrieren, um das Lager zusätzlich vor feindlichen Katapulten zu schützen.

Als allmählich Ruhe im Lager einkehrte, saßen Nimue und Luca beisammen und unterhielten sich leise, als Balthasar an sie herantrat. Schon vor geraumer Zeit hatte Nimue Luca ihr Leid geklagt und Luca fuhr ihn schroff an. „Ich würde sagen, deine Anwesenheit ist hier momentan nicht erwünscht.“
Es schien für einen Augenblick so, als wolle der Elementarist das Wort an Nimue richten, doch offenbar hatte er es sich anders überlegt und ging ohne ein Wort davon.
Zwischen zusammengebissenen Zähnen hindurch, vergewisserte sie sich, ob Balthasar außer Reichweite war, bevor sie leise fragte. „Was.. war das nun?“
Luca zuckte sachte mit den Schultern und erwiderte: „Vergiss ihn einfach!“
„Vielleicht.. hast du recht. Allmählich erzürnt mich sein Verhalten ernsthaft.“ Ungehalten schnaufte sie und verschränkte, wie so oft, die Arme vor der Brust und schaute mürrisch drein. Doch Luca musste es ihr an der Nasenspitze angesehen haben, dass es undenkbar war, das, was sie mit ihm teilte, einfach aufzugeben.
Ein sachter Schubser von Luca folgte darauf und sie deutete hinter sich gen Balthasar.
„Stell ihn endlich zur Rede. Wenn dir die Antwort nicht passt, wird sich mein Pfeil schon in seine Richtung verirren. Also los jetzt.“
„Such einen besonders hübsch angefeilten Pfeil heraus.“
Lucas Mundwinkel hoben sich zu einem Grinsen. „Glaube mir, das werde ich.“
„Ich weiß um dein geübtes Auge.“ Zwinkernd setzte sich die Illusionistin in die angegebene Richtung in Bewegung und stählte sich innerlich für das bevorstehende Gespräch. 

„Was willst du?“ Fragte er recht kühl, sich nebenbei einen Pfeil aus dem Mantel schüttelnd, als Nimue ihm schließlich gegenübertrat.
„Oh, so viele Dinge.. Aber in erster Linie würde ich gern erfahren, was dieses.. unterkühlte Gebaren deinerseits zu bedeuten hat.“
Mit einem Schwenk der rechten Hand untermalte sie ihre Worte und was sie schließlich zu hören bekam, hatte ihr Herz einerseits höher schlagen lassen, doch andererseits, ihre ohnehin schon nur mühsam im Zaum gehaltene Wut um ein vielfaches angefacht..
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Re: Von Wut zerfressen

Beitrag von Xa'Velle Belin »

All das hatte nicht zur Verbesserung ihrer Stimmung beigetragen. Sie hatte schlecht geschlafen - ungeheuerlich schlecht sogar. Mit dem Rücken an einen der wenigen Bäume im Lager gelehnt, war sie eingenickt und immer wieder hochgeschreckt. Zu viele fremde Geräusche und Gerüche um sie herum. Als der schwindende Nachthimmel allmählich zu wirken begann, als stünde er in Flammen - eine Aurora aus Rosa- und Goldtönen - hatte sie aufgegeben, noch etwas Schlaf nachholen zu wollen und sich davongestohlen, um die Schutzbarrieren wiederholt zu überprüfen und im Anschluss ein frugales Mahl eingenommen. Aber selbst das hatte die Anspannung, die sie fest im Griff hielt, seit sie die Füße auf diese vermaledeite Insel gesetzt hatte, nicht vertreiben können.

Die Zeit bis zur Besprechung, zu der alle Verbündeten und Legionäre sich schließlich im und um das Zelt herum versammelten, hatte sie mit dem Aufstocken ihres Reagenzienvorrats, kurzen Gesprächen hier und da, und einer ausgiebigen Meditation verbracht.

Die Aufgaben jedes Einzelnen waren schnell erörtert und als der Dämonenlord höchstselbst und seine Legionsführerin sich wieder im Lager einfanden, um das Wort an die Streiter zu richten und die Moral zu stärken, kehrte schlagartig Stille ein. Die kehlige, tiefe, mehrklängige Stimme hallte über die Senke.

 
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„Meine Legion! Heute werden wir ihnen all unsere Macht entgegenwerfen. Wir werden sie vernichten! Und wir werden sie unter unseren Füßen zermalmen.“
Jerka trat hinter dem Lord hervor, schnippte mit den Fingern und drei Reitdrachen glitten auf ihr Kommando vom Himmel hinab, um vor der Dämonin zu landen. Mit der Spitze ihres Schwertes zeigte sie auf Viego, Naeldir und Nimue.

 
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„Falls ihr noch nie einen Drachen geritten seid, heute habt ihr die Möglichkeit.“
Einer der Drachen leckte sich über die Lefzen und starrte Nimue an. Den Blick des Drachen erwidernd, streckte sie ihre geistigen Fühler nach diesem aus. Die rechte Hand führte sie vor sich, als sie einen leichten Widerstand spürte und ihm mit Nachdruck ihren Willen aufzwang. Sacht bewegte sie die Fingerspitzen, als würde sie an einem Strick ziehen, zeitgleich formten die Lippen lautlos die Worte „Komm zu mir.“
Der Reitdrache bewegte sich, wie gefordert, auf sie zu und ihre Hand fand zu dessen Flanke, um die schuppige Haut kurz und kräftig zu tätscheln. Als sie sich sicher war, dass der Drache sich ihrem Willen gebeugt hatte, wurde der Robensaum gerafft und sich behände auf den Rücken des Drachen geschwungen. Erst als sie eine Position gefunden hatte, in der sie selbst hoch droben in der Luft noch festen Halt hatte, wenn der Drache gewagte Manöver flog, während sie die gegnerischen Truppen mit ihrer Magie attackierte, war sie zufrieden.


Nachdem noch einmal in groben Zügen die Taktik umrissen wurde, dirigierte sie den Drachen mit einem Zungenschnalzen in die Luft und ließ ihn vorsichtig erste Kreise über das Lager hinweg ziehen. Als sie ein Gefühl für ihn entwickelt hatte, mit dem Drachen zu einer Einheit verschmolzen war, wurde sie mutiger und folgte den anderen beiden Drachenreitern. Zunächst segelte sie über das feindliche Lager hinweg, um sich einen Überblick zu verschaffen. Auf die Katapulte hatten sie es vorrangig abgesehen, diese vermochten wohl zu diesem Zeitpunkt, neben den Bogenschützen, den größten Schaden anzurichten. Als die ersten Pfeile auf sie zuflogen, trieb sie ihren Drachen dazu an, höher und höher aufzusteigen, sodass die Pfeile ihnen fürs Erste nichts anhaben konnten. Eine Kehrtwende folgte und mit einem Sturzflug ließ sie den Drachen haarscharf über die Köpfe der feindlichen Truppen hinwegsausen, die scharfen Krallen des Drachens waren voraus gestreckt und bereit, verheerenden Schaden anzurichten.

„Nimue, schön zu sehen, dass du deinen Platz gefunden hast.“ Samira.
Inzwischen vor Zorn schnaubend, ruckte Nimues Kopf herum und suchte den Boden nach der bekannten Stimme ab. Die Wut seiner Reiterin, die in Wellen zu pulsieren schien, spürte das imposante Tier gewiss und auf einen knappen Wink hin, änderte der Legionsdrache abrupt die Flugrichtung. Nimue ließ ihn wieder aufsteigen, um ihn nur wenige Herzschläge später in halsbrecherischer Geschwindigkeit erneut im Sturzflug herabschießen zu lassen, als sie die Amazonen unter sich erspäht hatte. Dass sie Balthasar am gestrigen Tage angegriffen und verletzt hatten, sollte nicht ungesühnt bleiben!
Niriel war inzwischen auf sie aufmerksam geworden und rief Samira zu: „Mach einen Windzauber und bring dieses Vieh zu Boden!“ und Samira reagierte prompt auf den Befehl der Kaiserin mit einem Windhauch, der den Pfeilhagel der übrigen Streiter um sie herum verstärkte.
So leicht würde sie es ihnen gewiss nicht machen! Die Flügel des Drachen spannten sich bereits, als hätte sie die Reaktion vorausgeahnt, rasch lenkte sie ihn zur Seite, um dem Windstoß Samiras auszuweichen.

Doch dann erklang auch schon der Befehl Ba’muths – „Drachenreiter! Schaltet ihre Geschütze aus!“ – sie würde sich später noch mit diesen.. Ärgernissen auseinandersetzen können, wenn die Katapulte erst einmal unschädlich gemacht waren, tröstete sie sich selbst und lenkte den Drachen nach ein paar kraftvollen Flügelschlägen in gemächlichem Kreis auf eines der Kriegsgeräte zu. Während der Drache eine Schleife über dem Podest, auf dem das Katapult stand, flog und sie ihm das Tempo weitestgehend überließ, bereitete sie einen Zauber vor. Es bedurfte etwas mehr Geschick als gewöhnlich, die Paraphernalia – in diesem Fall waren es zu feinem Pulver zerriebene schwarze Perlen und Nachtschatten – in solch‘ luftiger Höhe bereit zu legen, da nicht nur die feinen Verwirbelungen der Luft für genügend Gewackel sorgten, nein, gleichzeitig kippte der Drachenleib ab und an auch in Schräglage, um dem Pfeilhagel auszuweichen. Die Worte der Macht – Jux Quas Xen – wurden leise intoniert, doch das tat an der Wirksamkeit des Zaubers keinen Abbruch. Auch wenn der Geist, der den armen Wicht am Boden nun angriff, nur wenige Augenblicke präsent war, so wand sich und schrie das Opfer aus Leibeskräften. Und sie genoss wahrlich jede einzelne Sekunde davon!


Mitleidlos starrten die zornig glühenden Augen Nimues noch einen Augenblick lang auf den Mann hernieder, der leblos zu Boden gegangen war, während der Drache sich bereits mit kräftigen Flügelschlägen höher in die Lüfte schraubte und sich vom Ort des Geschehens entfernte. Zielstrebig steuerten sie auf eine Anhöhe, auf der ein weiteres Katapult aufgebaut war, zu.

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Nachdem sie einen Kreis über dem Soldaten gezogen hatte, rief sie dem am Boden Stehenden entgegen. „Und du bist der Nächste!“ Der Zeigefinger wurde ausgestreckt, bevor mit unerbittlich klingendem Unterton in der Stimme die Worte der Macht ertönten und ein weiteres Mal der Gespinstzauber seine verheerende Wirkung entfaltete. Als auch dieser Streiter ausgeschaltet war, wendete sie ihren Drachen in einer galanten Drehung. Den Reitdrachen seitlich vor dem Katapult in der Luft innehalten lassend, ließ sie zwischen ihren hochgereckten Händen einen Feuerball entstehen, den sie mit einem kehligen Schrei auf das Katapult schleuderte. Nahezu berauscht von der Wut und Zerstörung, die sie entfesselt hatte, dauerte es einen Augenblick, bis sie sich von dem Anblick der Flammen, die sich in das Holz des Katapultes fraßen, losreißen konnte. Doch als ein Pfeil an ihrem Ohr vorbeirauschte und jemand schrie, lachte sie hämisch und mit einem weiteren Zungenschnalzen stieg ihr Drache auch schon wieder höher in den Himmel auf.

Eine kurze Verschnaufpause wurde sich und dem Drachen gegönnt und zum Lager zurückgekehrt, um einen kurzen Lagebericht abzugeben. Im Anschluss daran, rückte sie ein weiteres Mal aus, um ein zweites Katapult in Flammen aufgehen zu lassen. Doch kurz nachdem dies getan war, erklang ein dumpfes Grollen. Aus dem Erdreich schienen kurz darauf Dampfwolken hervorzubrechen. Zwar schien sich die Lage fürs Erste wieder beruhigt zu haben, doch erschien es ihr klüger, die Truppen davon zu unterrichten. Als sie ins Lager zurückkehrte und die Pranken des Drachen auf dem Boden aufsetzten, war auch der Großteil der eigenen Fraktion schon wieder versammelt und schien sich auf einen weiteren Vorstoß vorzubereiten. Weitere Beben waren spürbar, kleine und größere Dampfsäulen brachen aus dem Erdboden hervor – mit ein wenig Sorge beobachtete Nimue dies, während sie ihre Vorräte aufstockte – doch nichtsdestotrotz entbrannte erneut erbittert der Kampf.

Dieses Mal konnte sie sich nicht mehr genau daran erinnern, wie sie verwundet wurde, doch als sie wieder zu Bewusstsein kam, knurrte und murrte sie ungehalten. Gedankenverloren tätschelte sie dem Drachen die Flanke, nachdem sie dessen Wunden ebenfalls geheilt hatte.

Zu einer unerwarteten Wende kam es allerdings, als Ba’muth auf die Truchsess herabschoss, sie mit eisernem Griff umfing und mit sich in die Höhe riss. „Du kommst mit mir!“
Ein ungleicher Kampf zwischen Dämonenlord und der alternden Ritterin tobte, während Wortgefechte zwischen den beiden Fraktionen ausgefochten wurden und man sich bereits wieder zum Kampfe bereit machte.
„Gib mir den Sternensplitter, mehr verlange ich von dir nicht.“
Doch die Truchsess machte keine Anstalten, der Aufforderung des Dämonenlords nachzukommen, stattdessen schrie sie mit schmerzerfüllter Miene: „WIR SIND SIEGER, KEINE SKLAVEN.“
„Du willst also nicht klein bei geben?“
„Ich gebe niemals auf.“
Wieder fing die Erde an zu beben, fauchend und zischend entwich heißer Dampf dem Erdboden.
Pandor Vildaban von Assuans Befehl, den Rückzug anzutreten, scholl über die Ebene hinweg und Fenria lächelte siegessicher. „Es ist Zeit, die Engel zu treffen.“
„So? Zuvor nehme ich mir jedoch, was mir gehört!“ Und mit diesen Worten stürmte der Dämonenlord voran und packte den Sternensplitter mit seiner Krallenhand.

Unterdessen musste eine der gegnerischen Priesterinnen tatsächlich einen Engel des Herren gerufen haben, doch dies alles drang nur in Gesprächsfetzen an ihr Ohr, als dass sie das meiste bewusst wahrnahm.
Jerka ordnete nun ihrerseits den Rückzug an, da sich zu den merkwürdigen Beben und Dampfschwaden nun auch noch brüllende Flammenstöße gesellt hatten.
„Hier läuft etwas nicht nach Plan! Diese Beben.. LOS! AUF DAS SCHIFF!“

Kaum hatte sie den Drachen auf dem Deck der Alpa-Plyi landen lassen, waren auch schon die Geräusche des berstenden Dammes zu hören. Explosionen? Zweifellos.

Vom Sturmrufer fehlte jede Spur. Den ganzen Tag über hatte sie ihn noch nicht gesehen, deshalb war sie auch nicht in Panik ausgebrochen, als er nicht auf gewohntem Posten im hinteren Bereich der Alpa-Plyi stand. Seine Abwesenheit stellte dennoch ein Problem dar – denn niemand außer ihm und Davion, der ebenfalls nicht zugegen war, konnten dieses Wunderwerk navigieren! Oh Wunder, natürlich hatte er sein Wissen nicht mit Mizrae, der Dunkelelfenpriesterin, die ebenfalls in der Lage hätte sein können, das Luftfloss zu steuern, geteilt.
Trotz des drohenden Unheils um sie herum, blieben die Streiter gefasst. Ba’muth erschien kurz darauf und verkündete Unglaubliches.

 
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„Jerka ist gefallen.. Ihr müsst von hier fort, meine Treuen! Dieser Ort ist nicht sicher! Doch uns ist es gelungen.. alle Sternensplitter sind vereint.“ 

Es erwies sich, dass Nimue sich grundlos gesorgt hatte – Ba’muth erhob sich in die Lüfte und auch das Luftschiff stieg empor; es schien, als gäbe der Dämonenlord dem Schiff eine Richtung vor, in die es zu fliegen habe. Was dann folgte, konnte Nimue sich nicht so recht erklären, denn aus zweiter Reihe hatte sie nicht allzu viel erkennen können. Lediglich, dass es zu einem Kampf zwischen Ziron und Magiern der gegnerischen Partei gekommen war, hatte sie sich selbst zusammengereimt.

 
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Eine massive Energiewelle hatte das Schiff schließlich erfasst und ins Wanken gebracht und ihm einen ordentlichen Schubs versetzt, wodurch die Rückreise zur Magieakademie nicht mehr lange gedauert hatte.  

„Wir haben gewonnen.. aber verzeiht.. so recht fühlt es sich nicht nach dem Sieg an.“
Der korrumpierte Hochelfenfürst hatte es auf den Punkt gebracht, nachdem man von Bord gegangen war und die Ereignisse noch in kleiner Runde Revue passieren ließ.
„So scheint es, doch ist euer Meister seinem Ziel wohl nah genug gekommen, um es zu ergreifen. Was wird er nun tun?“ Kaltubar zog sich den Helm vom Kopf, klemmte ihn unter den Arm und schlussfolgerte. „Da die Antwort ausbleibt, deute ich es so, dass ihr es nicht wisst.“
„Richtig. Ich weiß es nicht. Der Lord bezieht mich nicht in seine Pläne ein, das hat er wohl eher mit der Legionsführerin getan. Die nunja, jetzt nicht mehr lebt.“
„Vielleicht rutscht ihr nun an ihre Stelle nach. Lücken müssen gefüllt werden.“

Doch bevor das Gespräch fortgesetzt werden konnte, hallte ein ohrenbetäubender Knall über ihre Köpfe hinweg. Nimue hob ruckartig die Hände an die Ohren und verzog schmerzerfüllt das Gesicht. Erschrocken suchten ihre Augen den Himmel ab – im Westen des Landes stieg eine gewaltige Rauchsäule empor, umrahmt von Blitzen, rötlich glimmend (angestrahlt von darunter brodelnder Lava, wie man später herausfinden sollte), aus eben jener Richtung, aus der sie gekommen waren. Ein schrecklicher, aber auf seine Weise, auch atemberaubend „schöner“ Anblick!
 
Die Ausläufer eines weiteren Bebens waren, selbst hier, weit im Landesinneren, noch zu spüren. Die Augeninsel, auf der vor kurzer Zeit noch die Schlacht getobt hatte, schien nun vollends in Flammen aufgegangen zu sein.

Erschöpft, aber mit dem Versprechen, in Bälde wieder zusammenzufinden, verließen sie schließlich die Akademie und Nimue begab sich zu ihrer Waldhütte.

Das war ja gerade noch einmal gut gegangen..
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Xa'Velle Belin
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Re: Von Wut zerfressen

Beitrag von Xa'Velle Belin »

Seit man der Augeninsel den Rücken zugekehrt hatte, war die Zeit nur so dahingeflossen. Der Kreis der Korrumpierten war zusehends kleiner geworden, es hatte zwar keine weiteren Befehle von Ba'muth gegeben und auch Ziron schien zwischenzeitlich nichts von sich hören lassen zu haben, aber dennoch.. ständig gab es irgendetwas zu tun und das zehrte an der Grundstimmung der Magierin, die für gewöhnlich lieber mehr Zeit für sich selbst - ihre Tiere, Pflanzen und Bücher – hatte, als diese inmitten von anderen, redseligen Zeitgenossen zu verbringen. In den letzten Mondumläufen hatte sich ihr Interessens-, und vor allem aber ihr Aufgabengebiet, unfreiwillig immens ausgeweitet: Sie hatte nicht nur Davion öfter begleitet und ihn mit ihrer Gabe unterstützen müssen, um die Zusicherungen des Bundes gegenüber Ba’muths und der Legion einzuhalten, sie hatte gleichermaßen auch Naeldir, dem korrumpierten Hochelfenfürsten, bei den unterschiedlichsten Gelegenheiten zur Seite gestanden. Angefangen bei der Freilegung eines unpassierbaren Strandabschnittes, um im Anschluß daran eine Höhle wieder begehbar zu machen, einen Verschütteten zu bergen und Splitter des Eluvrenkristalls einzusammeln.
 
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Bei einigen Treffen – sowohl internen Treffen des Bundes, als auch vom Regenten Ivren’mirs ausgerufene Legionstreffen – war sie zugegen und hatte mit all den anderen Verbündeten beratschlagt, wie man den zweifellos stattfindenden Angriff auf die Hochelfeninsel zurückschlagen und dem Feind möglichst viel Schaden beim Versuch, die Heimat zurückzuerobern, zufügen könnte.
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Auch beim Umzug des Mutterkristalls von der Legionsfestung auf die Hochelfeninsel hatte sie mitgeholfen und buchstäblich eine tragende Rolle gespielt. Zuerst hatte sie mit Davion eine Platte präpariert, die den Zielort markierte, an dem der Mutterkristall später seinen Platz finden würde, nachdem man ihn mittels Körperkraft und Telekinese durch ein Portal hindurchgebracht hatte.
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Doch zuerst musste die kleine Gruppe gemeinsam zur Legionsfestung reisen – es wäre beinahe ein hübscher, kleiner Spaziergang gewesen, hätte sie den Kopf frei gehabt und nicht an all die Dinge gedacht, die bei dem Unterfangen schief gehen könnten – doch letzten Endes war alles ohne erwähnenswerte Schwierigkeiten geglückt und der Mutterkristall wohlbehalten an seinem neuen Standort angekommen.  
 
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Im Zuge der Vorbereitungen wurde ihr auch eine außergewöhnlichere Aufgabe zuteil:  Naeldir hatte einen Spion für sich gewinnen können und um zu überprüfen, ob dieser loyal zu dem Sternenfürsten stand, sollte Nimue ihm mittels ihrer Magie auf den Zahn fühlen.
Die korrumpierte Illusionistin war jedoch skeptisch gewesen, sie hatte erst ein einziges Mal derart tief im Kopf eines anderen Lebewesens herumgewühlt – nein, besser gesagt, sie hatte bislang nur ein einziges Mal im Kopf eines anderen Lebewesens herumgestochert ohne die Absicht dabei zu haben, denjenigen zu töten, denn unzählige Male hatte sie während eines Kampfes bereits ihre Zauber eingesetzt, um den Geist eines Gegners empfindlich zu treffen – Das Risiko, dass der Spion, der aus Naeldirs Erzählung eigentlich keinen Zweifel an seiner treuen Gefolgschaft ließ, bleibende Schäden durch ihr Eingreifen davontragen könnte, erschien ihr zu hoch. Also schlug sie dem Fürsten eine List vor. Sie verschleierte ihre Magie mittels eines Zaubers und wirkte einen harmlosen Analysezauber, lediglich einen kalten Hauch sollte ihr „Opfer“ im schlimmsten Falle verspüren, doch vielmehr würde er abgelenkt sein von dem kleinen Spektraldrachen, den sie ihm gegenüber der Türe postiert hatte und vor allem aber von dem Druck ihrer Fingerspitzen auf seinen Schläfen, hoffte sie. Naeldir hatte den Mann genauestens im Auge behalten und hätte ihr bei dem kleinsten Zweifel, bei der kleinsten, verräterischen Regung in seinem Gesicht oder einer Veränderung der Körperhaltung ein Zeichen gegeben, um doch noch den Zauber anzuwenden, der ihr Zugang zu seinem Geist gewähren würde.
 
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Doch das Zeichen Naeldirs blieb aus und so zog sie sich – beinahe mit einem lachenden und einem weinenden Auge – zurück, denn die Aussicht darauf, Unheil in seinem Geiste anzurichten und all die kleinen, schändlichen Geheimnisse freizulegen, die es womöglich gab, verlockte die korrumpierte Seite der Illusionistin mehr noch, als ein vor einem ausgemergelten, bereits seit Tagen Hungerndem, stehendes, schmackhaft angerichtetes Festmahl.
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Zu Anfang war es ihr einerlei gewesen, was Davion und der Fürst miteinander ausgehandelt hatten, sie würde den Befehlen des Elfen ohnehin gehorchen; doch spätestens als der oberste Bundmagier verlautbaren ließ, dass es lästig sei, dass Luca und sie durch Hadarims Tun der Korrumpierung zum Opfer gefallen waren, blitzte ein neuerlicher Funke Zorn – doch diesmal auf die Ihren! – auf.
Ja, sie hatte sich widersetzt und Naeldirs Befehl entsprechend, den Namen des Spions nicht preisgegeben – zum einen, weil die Korrumpierung inzwischen so weit fortgeschritten war, dass der Wille der Legion nun über ihrem eigenen und vor allem auch über ihrer Loyalität dem Magierbund gegenüber stand und zum anderen auch, um eine Strafe durch den Regenten zu umgehen. Sie hatte von Azrael, dem brillanten Handwerker der Legion, gleich zu Beginn ihres unfreiwilligen Beitritts in die Legion erfahren, dass man mit Bestrafungen in Form von Peitschenhieben doch recht großzügig umzugehen pflegte – und dies galt es tunlichst zu vermeiden, denn sie wäre wohl in Erklärungsnot geraten, wenn ihre Wunden allzu schnell verheilt wären. Dass man ihnen nun aber immer mehr mit Ablehnung begegnete, obwohl sie dies nicht zu verschulden hatten, hatte sie verärgert.

Zwischenzeitlich war der Sternenfürst einer tückischen Tat zum Opfer gefallen – Livius und Shira‘niryn hatten ihn mit einem Artefakt, dessen Ruf er nicht widerstehen konnte, von der Insel gelockt.
Schwer verletzt, mit nur noch einem verbliebenen Flügel und einer stark blutenden Wunde, konnte er sich zurück auf die Insel retten und die beiden Legionärinnen hatten alle Hände voll zu tun gehabt, zu verhindern, dass der Fürst ihnen vor den Füßen wegstarb. Livius hatte ihn in seiner Drachengestalt zu fassen bekommen und Naeldir war nicht müde geworden zu beteuern, dass Shira und Livius leiden würden, für den Verrat, den sie begangen hatten, soviel hatte Nimue noch herausgehört, bevor das Delirium ihn gnädigerweise einfing und die beiden Frauen ihn endlich auf sein provisorisches Schlaflager verfrachtet hatten.


Die Wunde war gut verheilt und den Entschluss, sich vom zweiten Flügel ganz bewusst trennen, hatte Naeldir einige Tage später, als er sich von der schändlichen Tat erholt hatte, getroffen. Luca wurde mit der Aufgabe betraut, die Amputation vorzunehmen, während Nimue die Wundversorgung übernommen und Shar’luni’rea sich um das leibliche Wohl aller gekümmert hatte. Es war eine blutige Angelegenheit gewesen und glich einem Gemetzel - Luca schien wirklich Gefallen an der ihr zugedachten Aufgabe gefunden zu haben, Nimue beobachtete diese Veränderung mit gewisser Besorgnis. 
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Weitere Veränderungen im Umgang untereinander hatte es inzwischen ebenfalls gegeben - Nimue war Zeugin von einer unschönen Auseinandersetzung zwischen Luca und Balthasar geworden, die wegen einer Lapalie aneinandergeraten waren - und im Zuge dessen hatte der Sturmrufer sie beide als unnütze Existenzen bezeichnet. Der winzig kleine Teil von ihr, der sich so standhaft wehrte und vehement weigerte, das letzte Bisschen eigenständiges Denken gänzlich aufzugeben und von Balthasar und ihrer Liebe zu ihm abzulassen, war von seinen Worten zutiefst getroffen.   

Es kam an diesem Abend nicht zum Eklat, doch am folgenden, als alle Bundmitglieder dem Ruf zu einem Gildentreffen gefolgt waren. Rasch kam die Sprache wieder auf jene Begebenheit am vorigen Tage, ein Wort führte zum anderen, als weiterer Zündstoff die Flammen nährte und Luca riss sich, nach einer kurzen, aber heftigen Diskussion, wutentbrannt das Abzeichen vom Gewand und stürmte aus der Schwarzen Festung davon. Nach dem Treffen nahm Davion Nimue beiseite und verlangte von ihr, dass diese Luca zur Vernunft bringen würde, doch ein Blick in das zornige Gesicht ihrer Freundin hatte genügt, um zu wissen, dass diese in nächster Zeit ganz gewiss nicht zu besänftigen wäre, doch Davion hatte davon nichts hören wollen und weiter Druck auf Nimue ausgeübt, ihr sogar Verweigerung unterstellt, als sie ihren Einwand vorgebracht hatte.
 
Gegipfelt war das Ganze dann jedoch wenige Tage später. Sorsha hatte um Nimues Expertise gebeten und trotz der unüberbrückbaren Differenzen, die verhinderten, dass aus den beiden Frauen jemals Freundinnen werden konnten, arbeiteten sie auf Davions Vorschlag hin zusammen und entwickelten zwei Gerätschaften. Durch Zufall war Nimue an diesem Abend, als sie weitere Erkundungen einholen wollte, regelrecht am Tore der Schwarzen Festung beinahe in Naeldir und Luca hineingerannt. Luca verhielt sich merkwürdig, als sie die beiden unerwarteten Gäste auf "Gut Glück" zum Versammlungstisch führte und so blieb sie, selbst als sie Sorsha über die weiteren Schritte bereits in Kenntnis gesetzt hatte, um zu erfahren was eigentlich vor sich ging. Im Laufe des Gesprächs hatte sich herausgestellt, dass Luca eine Lektion für ihren Ungehorsam vor allen Versammelten erteilt werden sollte – dass der erste Teil dieser Lektion ganz offensichtlich von Naeldir bereits erteilt wurde, ließ die Zornesfunken nur noch höher aufsteigen: Lucas Bauch wurde von einem Brandzeichen verunziert – ein Brandzeichen, welches sie fortan als den Besitz des Elfenfürsten Tir’Daer kennzeichnete!

Auch wenn es ihr in den Fingern gejuckt hatte, ebenso wie Luca Tage zuvor zu reagieren, nämlich ihr Abzeichen von der Brust zu reißen und es Davion an den Kopf zu werfen, tat sie nichts dergleichen. Denn die Disziplinierungsmaßnahme die der Elfenfürst sich ausgedacht hatte – und in deren Folge wohl auch öffentliche Demütigung hätte vorkommen sollen – wurde von Davion vereitelt, indem er ihn dafür tadelte, dass Luca, ganz entgegen seines Wunsches, bleibende Schäden davontrug. Von Luca hatte sie später erfahren, wie genau die grausame Bestrafung hätte aussehen sollen, als diese sie um eine Heilsalbe bat, mit welcher sie die Wunde versorgen konnte. Nimue hatte Luca gescholten, weshalb sie nicht schon eher nach ihr schicken lassen hatte und so hatte sie erfahren, dass sie selbst Teil der Bestrafung hätte sein sollen: Nimue hätte die Peitsche führen und Luca verletzen sollen! Grausam, ausgerechnet sie dazu einzuteilen! Sie war heilfroh gewesen, das Davion es unterbunden hatte – aber dennoch wusste sie nicht recht, auf welchen der beiden Befehlshaber sie wütender sein sollte, denn in ihren Augen hatten sich beide schuldig gemacht!
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Xa'Velle Belin
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Re: Von Wut zerfressen

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Ivren’mir war gefallen. Ebenso wie der durch Lord Ba'muth eingesetzte Regent der Insel, der korrumpierte Hochelf, Naeldir Tir'Daer.
Durch die Hand der Kreatur, die vormals im kleinen See, inmitten der Insel als abscheuliches, schleimiges Ding vor sich hinvegetiert und sich von den Untoten, die dem Wasser zu nahe kamen, genährt hatte. Auf wundersame Weise hatte sie sich zu einer durchscheinenden, elfischen Gestalt gemausert, die auf dem Dach eines Pavillons stand, als Nimue gerade noch rechtzeitig kam, um nach dem Kampf auf dem Luftschiff zu sehen, wie der Elfenfürst der Mutter des Kristallsees entgegentrat.

Während die Waffen des Fürsten ohne Widerstand durch den durchscheinenden Körper glitt und keinerlei Schaden anrichtete, war die Hand des Elfenwesens hervorgeschnellt und hatte mühelos in die Brust des Fürsten gegriffen - offenbar die Finger um sein Herz gekrallt, hatte sie die Gestalt des Sternenfürsten erstarren lassen. Wenige Augenblick später war die nunmehr leblose Hülle des Regenten bereits vollständig zu Kristall geworden. Luni, die wunderschöne korrumpierte Waldelfe, war geistesgegenwärtig vorgesprungen, um ihrem Fürsten zur Hilfe eilen und diesem einen Tritt zu versetzen, wurde jedoch beim Versuch dabei von einem Energiestoß getroffen und regelrecht an einer unsichtbaren Barriere, die den Körper der Mutter des Kristallsees und Naeldirs eingeschlossen hielt, abgeprallt.

Nimue wusste, dass für den Regenten jede Hilfe zu spät kam, und dass ihrer aller Leben in Gefahr war, wenn sie sich nicht schleunigst entfernen würden. Die Mutter des Kristallsees hatte keinen Zweifel daran gelassen, dass sie ihre Gegenwart nicht länger duldete, als die Stimme in ihrem Kopf erklang.
<<Ihr seid auf meiner Insel nicht länger willkommen...>>

 
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Rasch begannen sich die Streiter auf der Alpa-Plyi zu sammeln, das Luftschiff wurde in Windeseile zum Ablegen bereit gemacht und schon befand man sich in der Luft, um dieser verfluchten, todbringenden Insel den Rücken zu kehren. Selten war sie so froh gewesen, einige Stunden später die Umrisse der Magieakademie zu erkennen. Luni und Dario’s Wunden hatte sie mit Hilfe ihrer Magie bereits versorgt, doch die Beiden hatten schwere Verletzungen erlitten und würden noch einige Tage nicht im Vollbesitz ihrer ganzen Kräfte sein. Da die Legionsfestung aufgegeben und der Stützpunkt Ivren’mir gefallen war, war es eine berechtigte Frage, wo die Legionäre nun unterkommen würden. Viego schlug vor, vorerst in einem Mietshaus in Nalveroth Zuflucht zu suchen und Davion eröffnete dem Grüppchen einen Weg in die Wüstenstadt.

In dem Mietshäuschen angekommen, machten sich Luni und Nimue gemeinsam daran, die Schnallen von Darios Rüstung zu lösen, damit er es möglichst bequem hatte und – hoffentlich – im Schlaf seine Kräfte regenerieren konnte.


Ein leises Gespräch wurde im Anschluss daran noch im Hauptraum geführt. Der Wächter Viego erzählte davon, dass allen, die entkorrumpiert wurden, die Erinnerungen an das Geschehene während dieser Zeit verloren gegangen waren und schlug vor, dass sie Gedanken, die sie nicht missen wollten, besser mit jemandem teilen sollten, sodass man sie bei Bedarf daran erinnern konnte.

Während sie in die kleine Waldhütte reiste, um dort noch rasch eine ihrer Wundsalben für Luni anzumischen, dachte sie darüber nach, wem sie diese Gedanken mitteilen könnte. Ihre erste Wahl würde immer auf Balthasar fallen - egal, um was es sich auch handelte, doch.. dieser hatte sie bei jeder sich bietenden Gelegenheit von sich gestoßen, sodass sie keinen ihrer Gedanken mehr mit ihm hatte teilen können. Mh, ihre zweite Wahl wäre auf Luca gefallen, doch sie war selbst betroffen.   
Und Skotos, pah, DER wäre nun wahrlich keine vertrauensvolle Quelle! Dem verflixten Drachen wäre zuzutrauen, dass er aus purer Boshaftigkeit wichtige Dinge verschwieg – oder schlimmer noch, Ungeheuerliches dazu dichtete! – Nein. Sie würde einen Brief verfassen. Gleich im Anschluss, wenn sie Luni die Salbe gebracht und sich erkundigt hatte, ob die anderen Legionäre noch etwas benötigten, würde sie ihre Gedanken niederzuschreiben.


Mit dem Versprechen, am nächsten Tage wieder nach Dario zu sehen, verabschiedete sie sich und verließ das Mietshaus, nachdem sie Luni die Salbe gebracht hatte – doch dazu würde es nicht mehr kommen, die Zeit war gegen sie und das geleistete Versprechen!
 
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Als die Illusionistin wieder erwachte, schmerzte der Rücken. Oh, und der Kopf. Bei den Alten.. im Grunde genommen tat ihr alles weh - welche Ursache hatten bloß diese Schmerzen?
Die Augenlider träge aufschlagend, blinzelte sie gegen die blendende Helligkeit des Tages an und drehte den Kopf quälend langsam zurück in die Ausgangsposition.
Sengender Schmerz durchfuhr ihren Kopf. Sie hatte nun wahrlich oft und viel Wein getrunken, aber derartige Auswirkungen hatte sie noch nie verspürt, immer nur davon gehört, dachte sie bei sich und wagte einen neuerlichen Versuch, zuerst das linke Auge, dann das rechte Auge, zu öffnen. Ohne den Kopf zu bewegen, spähte sie in ihrem begrenzten Sichtfeld umher und stellte fest, dass sie an ihrem Schreibpult eingeschlafen war – geradewegs mit dem Kopf auf einem Schriftstück. Ach, wie allerliebst! Wenigstens hatte sie das Fässchen mit der ungewöhnlichen Tinte nicht umgestoßen, aber es fand sich weder ein Glas, noch eine Weinflasche in Reichweite. Merkwürdig.


Unter leisem Gezeter, in das sich auch ein wehleidig klingender Schmerzenslaut mischte, als sie sich zu rasch aufsetzte, betrachtete die Dunkelblonde das Ausmaß der Unordnung um sie herum. Teile der tiefschwarzen Rüstung lugten unter einem Wust aus Stoff auf dem Boden nahe des Schreibpults hervor, blutige Stofffetzen türmten sich neben den Flaschen mit den ätherischen Ölen und anderen alchemistischen Zutaten auf der Anrichte auf. Mit einem Schulterzucken bewertete sie das Chaos als nicht allzu alarmierend und nahm das Schriftstück zur Hand. Dabei fiel ihr Blick zunächst auf ihre feingliedrigen Finger, die von dunklen Flecken - Eindeutig getrocknetes Blut! Wessen Blut war es? - gezeichnet waren. Diese Tatsache ignorierend, überflog sie die wenigen Worte, die auf dem Pergament geschrieben standen - es war eindeutig ihre Schrift, aber.. beim gottverdammten Licht und beim gnädigen Dunkel.. sie konnte sich nicht daran erinnern, die Zeilen verfasst zu haben und erstrecht keinen Reim darauf machen, was sie zu bedeuten hatten!
 
 
 
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Beunruhigt kam sie auf die Füße und begann in der Hütte auf und ab zu wandern.

Ein leises Geräusch, wie, als würden ledrige Schwingen aufgeregt ausgebreitet, drang zuerst an ihr Ohr, ehe sie realisierte, dass ihre Füße den Kontakt zum Boden verloren hatten..   

 
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Re: Von Wut zerfressen

Beitrag von Xa'Velle Belin »

Beschmutzt.
Missbraucht.

Über viele Wochen, Mondläufe, weitaus länger als über eine gesamte Jahreszeit hinweg, hatte man sie ihres eigenen Willens beraubt und wie eine Marionette handeln lassen. Der Gedanke daran, dass sie, wer weiß was, für abscheuliche Dinge, in Ba'muths Namen getan hatte, ließ sie beinahe den Verstand verlieren. Luca und ihr fehlte jegliche Erinnerung an diese Zeit - vermutlich war es ein Segen, aber im Augenblick fühlte es sich wahrlich mehr nach einem Fluch an! - Davion hatte ihnen zwar versichert, dass sie sich wegen nichts zu schämen brauchten und sie hätte ihm auch wirklich gern geglaubt, aber sie war schlicht und ergreifend nicht in der Lage dazu.

Der Schrecken saß tief, nachdem sie die.. offensichtlichen Veränderungen an sich festgestellt hatte und zum Ort, mit dem sie ihre letzten Erinnerungen verband, geeilt war: Die Magieakademie. Unter deren Teich war sie im Begriff gewesen, einen äußerst qualvollen Tod durch Ertrinken zu erleiden. Luca hatte bereits dort am Wasser gesessen und auf sie gewartet, als sie eintraf und sie hatten ein Weilchen geplaudert, bevor Davion sich zu ihnen gesellt hatte. Er hatte angeboten, zur Festung zu reisen und sich redlich bemüht, ihre Fragen zu beantworten und auch Sorsha, die wenig später dazu kam, hatte versucht, ihre Zweifel auszuräumen, aber Nimue blieb nach wie vor skeptisch. Auf eine beantwortete Frage, taten sich drei neue auf!

Die Bundmagier waren für ihren Erfindungsreichtum bekannt und ließen sich für gewöhnlich nicht von Schwierigkeiten bei einem Vorhaben abhalten, wenn sie ein Ziel vor Augen hatten, aber ausgerechnet, wenn es um die Entkorrumpierung zwei ihrer Mitglieder ging, sollten sie sich nun besonnen und abwartend gezeigt haben? Das fiel Nimue nun wirklich schwer zu glauben!
Wäre sie an ihrer Stelle gewesen, hätte sie, wenn es vonnöten gewesen wäre, jeden Stein umgedreht, jedes verdammte Buch gelesen, um nach einer geeigneteren Lösung für das Problem zu suchen, als sich auf das gute, alte.. Abwarten.. zu verlassen. Hätte Davion ebenso abwarten können, wenn es sich anstatt um Luca und sie, um Cecilia gehandelt hätte, fragte sie sich im Stillen? Aber viel mehr kreiste eine andere Frage in ihrem Kopf herum: Lag Balthasar so wenig an ihr, dass es ihm leichtgefallen war, nichts zu unternehmen? Sie war sich sicher, dass viele so gehandelt hätten wie sie selbst es tun würde und alles daransetzen würden, ihren Liebsten oder ihre Liebste aus solch einem unseligen Griff zu befreien. Skotos lachte lauthals über einen Witz, den nur er selbst zu hören schien.

<<Was ist so lustig? Verrate es mir!>>
<<Du.>>
<<Meine Seelenqualen erheitern dich also? Mhm, freut mich sehr, dass wenigstens einer von uns Spaß hat, Skotos.>>
<<Ja, Epi’lhechthike, wäre es nicht so traurig, wie bemitleidenswert und schwach die menschliche Rasse durch die Liebe wird – könnte es mich in der Tat amüsieren, dabei zuzusehen, wie dein kleines Herzchen bricht, aber unglücklicherweise bin ich mit deinem Verstand verbunden und leide auf gewisse Art und Weise mit dir, durch dich sozusagen. Widerlich.>>
Ach, verfluchter Drache.. Sie schob das Gehörte beiseite und konzentrierte sich wieder auf die vorigen Gedanken. Doch da platzte der Drache wieder in ihre Konzentration. „Denk einmal zurück. Hat der Gutriechende jemals gesagt, dass er dich liebt? Auch nur die kleinste Andeutung gemacht? Deine Liebesschwüre erwidert? Ich sage es dir: Hat er ni-hiiicht.“
Das war nun wirklich nichts, was sie hören wollte!
Dann hatte er es ihr eben nicht gesagt, musste er auch nicht. Aber er hatte es ihr gezeigt! Hatte er, oder etwa nicht? Doch, natürlich hatte er das!
<<Bis er aufgehört hat, es dir zu zeigen, eh?>> Wieder lachte der Drache schallend und ergötzte sich an ihrem Leid. 
<<Verschwinde, verdammt nochmal, aus meinem Kopf, du Scheusal!>>, schrie sie und knallte die imaginäre Türe in ihrem Geiste zu. 


Dieser Herzschmerz. Sie rieb die schmerzende Stelle, die über dem Brustbein ausstrahlte und brauchte eine Weile um sich zu beruhigen. Gut, vielleicht hatte sie Davion tatsächlich Unrecht getan, bei ihrer „Befragung“. Zugegeben, wenn sie darüber nachdachte, war sie wirklich harsch gewesen, aber wer konnte es ihr verübeln? Wenigstens war er ehrlich gewesen. Zumindest hoffte sie das.
Luca hatte es freilich nicht verstehen können, es höchstens als Empfindlichkeit Nimues abtun können –  aber Davion und Sorsha hatten vielleicht verstehen können, wie es Nimue jetzt ergehen musste. Mit der unendlich tief verwurzelten Abscheu allen Untoten und Dämonischen gegenüber, wäre sie lieber den Freitod gestorben, als sich jetzt so besudelt zu fühlen. Wie hatten sie bloß zulassen können, dass sie selbst zu solch einer verhassten, abscheulichen Kreatur mutierte?! Auf ihre Frage hin, ob sie vielleicht einen Gedanken daran verschwendet hätten, dass sie lieber gestorben wäre, als – derart lange Zeit vor allem! – unter dem Befehl von Dämonen zu stehen, hatte Davion geantwortet, dass er egoistisch entschieden habe, ihr Ableben nicht zuzulassen. Das hatte ihr letzten Endes den Wind aus den Segeln genommen und sie hatte fürs Erste Ruhe gegeben und sich zurückgezogen.


* * *

Die höllischen Schmerzen waren einige Tage später immer noch in unverminderter Intensität dagewesen.  Die Tatsache, dass sie sich selbst mit all den Gedanken marterte, machte auch nicht besser, dass Skotos allerhand Spitzen einzuwerfen wusste. Dennoch, sie freute sich gleichermaßen auf die erste Begegnung mit Balthasar, wie sie sich auch davor fürchtete, ihn wiederzusehen. Luca litt ebenfalls und so hatte sie an einem Elixier getüftelt, dass vielleicht die Schmerzen, mit sehr viel Glück, ein wenig lindern würde. Mit dem kleinen gläsernen Flakon im Gepäck machte sie sich auf den Weg zur Schwarzen Festung.

Möglicherweise war es eine Fügung des Schicksals gewesen oder sie hatte durch Unachtsamkeit den falschen Eintrag im Runenbuch ausgewählt – wer wusste das schon - jedenfalls hatte sie sich unbeabsichtigt Balthasar Auge in Auge auf dem Dach der Festung gegenüber gefunden und war regelrecht auf ihrem Sitzplatz erstarrt, als sie ihn dort stehen sah. Die gleißenden Pupillen, das wunderschöne Gesicht.. ihr Herz hatte augenblicklich höher geschlagen und sie war sich sicher gewesen, nicht einmal der fähigste Bildhauer dieser und allen anderen Sphären wäre in der Lage ein perfekteres Antlitz als das seine in Marmor zu meißeln.. doch dann.. hatte er den Mund aufgemacht und sie mit den Worten „Alwanzessar es Tarhuil, Legionärin.“ angesprochen.

Wo freudige Erwartung gelauert hatte, sie sich ausgemalt hatte, dass er sie mit dem für ihn so typischen, umwerfenden Lächeln bedenken würde, er womöglich die Arme ausgebreitet hätte.. oder herrje, irgendeine noch so kleine, unbedeutende Geste ihretwegen, die ihr einfach nur zeigte, dass der Dunkle sich irrte, hätte schon gereicht!.. aber nein! Wäre ihr Herz aus Glas, wäre dies der Moment gewesen, wo man.. wenn man ganz, ganz genau hingehört hätte.., das Geräusch vielleicht hätte wahrnehmen können. 

Klirr.

Da hatte ihr Herz den ersten Sprung bekommen. Dicht gefolgt vom nächsten – Klirr –, als Skotos‘ Worte im Bruchteil einer Sekunde in ihrem Geiste nachhallten, während sie mit Luca über ihn gesprochen hatte. <<Er hat dir bereits Mondläufe vor der Korrumpierung die kalte Schulter gezeigt, auf dein Gebettel und Gekritzel nicht reagiert.. und du glaubst noch immer, dass er nicht das Bett einer anderen wärmt? Was muss er denn tun, damit du es begreifst – es aussprechen? Es dir erst vorführen? Das ist so erbärmlich! Oder nein warte, du bist erbärmlich.>>


Und trotz, dass es ihr so wehtat, die gleiche Ablehnung in seiner Stimme herauszuhören, wie auch schon vor der Korrumpierung, hatte sie den Kosenamen für ihn verwand, als sie ihn begrüßte – doch ob des Spotts, den Skotos für sie bereithielt und der aufsteigenden Tränen, klang ihre Begrüßung herausgewürgt anstatt liebevoll. Balthasar war dies nicht entgangen, aber sie konnte es auch nicht schnell genug klarstellen, denn der Grund dafür war, dass Davion und Luca ebenfalls am Versammlungstisch erschienen.  

Am liebsten hätte sie auf dem Absatze kehrt gemacht, aber schnell hatte sich herausgestellt, dass Balthasar nicht nur sie, sondern auch Luca derart unhöflich behandelte und sie wollte herausfinden, weshalb dies der Fall war. Zu ihrer Überraschung hatte Davion sie beide in Schutz genommen, als Balthasar verlautbaren ließ, dass er ihr Auftauchen nicht einfach so vergessen würde, wo die Beiden dem Bund seit Monden Dolche in den Rücken gestoßen hätten, denn er erwiderte darauf, dass keiner von den Anwesenden den Nächsten ausgeliefert hätte und es kein freiwilliges Opfer der Beiden gewesen war, denn es war ein Fakt, dass Luca und Nimue über Wochen "für die Sache" ihres freien Willens und ihrer Freiheit beraubt und von Balthasar nun wie Verräter behandelt wurden.

Balthasar fragte zwar, ob er aus dem Spiegel der Wahrheit berichten solle, was seine Person von Luca und ihr akzeptieren musste und sie hatte prompt darum gebeten, doch auch auf ihr nochmaliges Nachfragen, hatte er lediglich mit „Das wirst du.“ geantwortet, war ihrer Bitte letzten Endes jedoch nicht nachgekommen.

Klirr.

Ein weiterer, feiner Riss. Wie grausam von ihm! Sah er nicht, dass sie darunter litt, wie abweisend und kalt er zu ihr war? Konnte er nicht nachempfinden, wie beunruhigend all das für sie war? Niemand sagte ihr, was während der Korrumpierung wirklich geschehen war und schon gar nicht, was er ihr konkret vorwarf! Sie hatte sich vor der Korrumpierung nach ihm gesehnt, sie sehnte sich auch jetzt danach, sich in seine Arme zu schmiegen und zu wissen, dass er da war und sich wieder alles zum Guten wenden würde. Ihr Herz fühlte sich wund an. Verwundet, traf es wohl besser, sinnierte sie, rieb noch einmal über die schmerzende Stelle und zog sich in die tröstliche Stille des Waldes zurück. Skotos verhielt sich wie gewohnt weiter hämisch und sie versuchte ihn zu ignorieren, während sie damit beschäftigt war zu backen – was sie immer tat, wenn es ihr besonders schlecht ging.


Und so dauerte es nicht lange, bis man keinen einzigen Teller, keine Backform, keine geeignete Unterlage,.. mehr in den gut bestückten Schränken fand.. dafür duftete es in der ganzen Hütte und rund um diese herum, himmlisch nach karamellisierten Nüssen und noch warmen Apfelkuchen.
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