Wenn nachts in den Wäldern die Wolfsblume blüht

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Faera Linden
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Wenn nachts in den Wäldern die Wolfsblume blüht

Beitrag von Faera Linden »

Faera wuchs in hohen Norden, als Tochter eines Schreiners auf. Ihre Verhältnisse waren eher karg, doch litten sie keinen Hunger und des Vaters Einkommen reichte aus, um die fünfköpfige Familie am Leben zu halten.
Faera‘s älteren Brüder gingen dem Vater fleißig zur Hand, hackten Holz und halfen in der Schreinerei. Von ihr jedoch, als einziger Tochter wurde erwartet, dass sie der Mutter im Haushalt half. Sie tat meist was verlangt wurde, doch verdrückte sie sich jeden freien Moment in die Werkstatt um zuzusehen wie der Vater das Holz sägte, hobelte und wirklich wunderschöne Möbel zusammenfügte. Leider dauerte es nie lange, da verwies man sie der Werkstatt, hieß sie der Mutter zu helfen, was nur wiederum Langeweile und Unzufriedenheit hervorrief.
Faera sehnte sich nach etwas anderem, sie liebte den Geruch von frisch gesägtem Holz, auch sie wollte mit dem Vater und den Brüdern in der Werkstatt arbeiten und lernen. Hausarbeit war elend und erniedrigend.
„Das ist nichts für zarte Frauenhände, hilf Mutter und hör auf so ein Gesicht zu ziehen. Da wird ja die Milch sauer!“ so die Worte des Vaters.
 
Die Jahre vergingen, Faera hatte erst kürzlich ihr 21. Lebensjahr beschritten und die Brüder waren von Lehrlingen zu Gesellen gereift. Faera jedoch wurde weiterhin dieses Wissen vorenthalten. Stattdessen schickte man sie auf Botengänge wenn sich ihre Launen verschlechterten, auf dass sich ihr Temperament abkühlen und beruhigen möge.
 
Es war Herbst geworden, die Blätter färbten sich golden und rot als der Vater besorgten Blickes in die Küche trat und sprach:“ Ich mache mir große Sorgen um den Onkel , er versprach Holz zu liefern, doch ist er mehr als zwei Mondläufe im Verzug. Die Jungen kann ich nicht entbehren, wichtige Aufträge stehen an. Faera, du muss dich auf den Weg machen und nachsehen, was dort vor sich geht. Traust du dir das zu?“
Faera war mehr als glücklich der Küche und Mutters Anweisungen zu entkommen und stimmte sogleich zu, sprang auf und packte ihren Reisebeutel, zog den wollenen Umhang über die Schultern und stieg in die festen Stiefel.
 
„Halte dich nach Westen, folge dem Weg und meide den Wald, am Abend dürftest du am Ziel sein, „ sprach der Vater, verabschiedete sie und entschwand wieder in seine Werkstatt.
 
Die frühe Morgenstunde und die ersten Sonnenstrahlen versprachen einen schönen Tag, Faera ließ sich keine Zeit für ein Frühstück im Sitzen, sondern machte sich alsbald auf den Weg, einen Kanten trockenes Brot in der Hand, den Reisebeutel über der Schulter hängend. Zügig verließ sie die kleine Siedlung im Norden und wanderte bergab in Richtung des Trollwaldes.
Der schmale Bergpfad war holprig, Kiefern säumten den Weg und die Tiere erwachten und wärmten ihr Fell nach durchfrorener Nacht in der Herbstsonne. Wie liebte es Faera endlich wieder unterwegs zu sein, ihr Wesen sehnte sich nach etwas Neuem und sie ließ ihren Gedanken freien Lauf. Vor einigen Jahren war Faera einer jungen Wandersfrau begegnet, eine selbstbewusste Rothaarige die sich ihren Lebensunterhalt mit dem Verkauf von verschiedensten Elixieren verdiente. Mutter hatte damals deren Dienste nur zu gern in Anspruch genommen, denn der Winter stand vor der Türe und es bestand stets Bedarf die Heilkräuter und Pülverchen der Hausapotheke aufzustocken. Diese Frau war beeindruckend, das helle Schimmern in den blauen Augen, den angstfreien und abenteuerlustigen Blick hatte Faera nicht mehr vergessen können und wünschte sich insgeheim dieser Händlerin nachzueifern.
Jetzt hier fern von Mutters Anweisungen konnte sie endlich sein wer sie wollte. Fast schon tänzelnd, mit wehendem Umhang, hüpfte sie den Bergpfad hinab und wanderte mit heiteren Sinnen dem Trollwald entgegen.
Faera Linden
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Re: Wenn nachts in den Wäldern die Wolfsblume blüht

Beitrag von Faera Linden »

Die Stunden zogen vorbei, es dämmerte bereits. Weshalb sie diesmal so lange gebraucht hat konnte sie sich nicht erklären. Nur ein paar wenige Male war sie stehengeblieben, hatte den Flug eines Adlers beobachtet und hier und dort nur kurz verweilt. Doch am Fuße des Gebirges angekommen wurde ihr bewußt, dass sie den falschen Weg abgebogen war und viel weiter nach Osten abgewandert war als sie hätte tun dürfen. Das Erreichen der Hütte des Onkels noch vor Einbruch der Nacht rückte in weite Ferne. Faera wurde mulmig, wie hatte sie nur so unbedacht sein können. Sie schob die Kapuze zurück und schaut sie sich, wo verdammt noch mal war sie? Nicht ein Baum oder Fels kam ihr bekannt vor, diese Gegend war ihr völlig fremd und doch konnte sie nicht unendlich weit von Nordhain entfernt sein. Sie fand einen Stock und zeichnete den Pfad den sie gekommen sein mußte in den Sandboden, machte einen Schlenker nach Osten und tippte auf die Stelle an der sie sich offensichtlich befinden mußte. "Ich muss nach Westen und dann nach Norden", schlussfolgerte sie, die Karte auf dem Sand studierend und setzte einen Fuß vor den anderen, sichtlich müde und erschöpft von der bereits zurückgelegten Strecke.
Dort schlängelte sich ein Pfad nach Westen, gesäumt von Bäumen und Buschwerk. Die Sonne drohte bald unterzugehen, doch Fae ging voran obwohl ihr mit jedem Schritt die Gefährlichkeit ihres Tuns bewußt wurde. Ein dunkler Pfad, eine junge Frau lediglich mit einem Messer bewaffnet und nichts als Wald um sie herum. Um sie herum knackte und bewegte es sich im Wald, unweit schrie ein Käuzchen auf. Kurz bevor ihr Verstand ihr umzudrehen befahl, erblickte sie einen flackernden Feuerschein südlich des Weges, doch mitten im Wald.  Besonnen begab sie sich in diese Richtung, leisen Schrittes, bemüht keinen Laut zu geben, war es doch unsicher wessen Feuer dort brannte und es wäre fatal in ein Räuberlager hineinzuplatzen. Als Fae in Blickweite des Lagerfeuers kam, erblickte sie jedoch niemanden. Das Gelände befand sich auf einem kleinen Hügelchen, eingeschlossen von alten, ehrwürdigen Bäumen, Stämme zum Sitzen waren einladend um das wärmende Feuer gelegt. Vielleicht war es das Lager eines vorbei ziehenden Jägers, kam ihr in den Sinn und schließlich traute sie sich aus ihrem Versteck um dort kurz zu rasten und Kraft zu schöpfen. Doch kaum, dass sie saß, ertönte eine freundliche tiefe Stimme hinter ihr.  " Wohlen Abend, werte Frau!" Fae wirbelte herum:"Ich will nicht stören! Ich sah nur das Feuer. Ob ich mich hier etwas ausruhen dürfte?"
Der Mann deutete zum Feuer und entgegenete freundlich:"Wärmt Euch, ruht Euch aus, es stört mich nicht im Geringsten!"
Doch just in den Moment als sich Fae setzen wollte, wurde der Hain von dem Geräusch brechender Äste erfüllt und eine Reiterin auf einer bedrohlich aussehenden Echse näherte sich. Doch anstatt eine Waffe zu ziehen, schenkte der Mann ihr ein freundliches Lächeln. Die Reiterin sprang vom Rücken der Echse, packte deren Hörner und zog ihren Kopf zu sich herab. "Bleib stehen du sturer Esel", drohte sie dem Tier und drehte sich um die Anwesenden zu begrüßen. Fae, die unentwegt die Echse anstarrte schien es fast, als würde jene ihrer Herrin die Zunge ausstrecken, doch kaum dass sie etwas dazu sagen konnte sprach der Mann erneut: " Ich bin Emris und die junge Dame dort ist Saphira. Kommt herein, Ihr müßt hungrig sein,hier unten lebe ich," und deutete an ihm zu folgen und verschwand in einem zuvor unbemerkten kleinen Eingang seitlich des Hügels. Fae's Blick jedoch wanderte zwischen Saphira und der Echse hin und her. "Ist sie zahm?"  und traute sich nicht nah dem Tier vorbeizugehen. "Kommt drauf an ob er einen mag oder nicht, sonst endet man schnell als Vorspreise", sprach die junge Frau mit dem blonden Haar und führte die Echse ein Stück abseits, dieser noch irgendwelche Befehle erteilend.
Die kleine dunkle Wohnhöhle erwies sich als recht behaglich, ein Feuerchen brannte und eine Suppe köchelte leise vor sich her.  Zudem war der Raum erfüllt vom Duft verschiedenster Kräuter, scharf und beinahe überwältigend drangen sie an Fae's Nase. Emris entpuppte sich als Druide und die junge Frau als Bardin.  Diese nahm auf dem Bett aus Moos und Fellen Platz und zog eine kleine Harfe vom Rücken. Bald schon erklang eine leise wunderschöne Melodie und Fae begann sich wohl zu fühlen. Bei einer warmen Suppe und einem undefinierbar scheusslichen Getränk verging der Abend wie im Fluge, die beiden scherzten und erzählten während Fae zunehmend die Augen zufielen. Emris bot ihr an in der Höhle zu nächtigen, doch Fae war schüchtern und wollte die beiden nicht stören und begab sich nach draußen ans Feuer um dort gehüllt in ihr Fell die Nacht unterm Sternenzelt zu verbringen. Sie ruhte noch nicht lange als ein unheimliches Wolfsgeheul die Nacht erfüllte. Bald darauf vernahm sie ein lautes Knacken im Unterholz und ein großer heller Wolf stürmte unweit von ihr durchs Gehölz. Fae erstarrte, tastete nach ihrem Messer und hielt es fest in der Hand. Emris und Saphira wollte sie nicht wecken, und somit starrte Fae stundenlang in die Dunkelheit, wartend und hoffend, dass der Wolf nicht wieder kam.

Am nächsten Morgen erwartete sie Emris bereits mit einer Nachricht. "Fae, Saphira hat sich drum gekümmert, dass Euch eine Ausrüstung zuteil wird und ihr so besser geschützt die Suche nach Eurem Onkel aufnehmen könnt. Wie Ihr letzte Nacht erleben durftet, sind diese Wälder nicht allein von zahmen Wildtieren bewohnt. Macht Euch auf nach Nordhain und trefft dort einen Zwerg, der wird Euch weiterhelfen."
Voller Erstaunen welche Freundlichkeit ihr entgegen gebracht wurde bedankte sie sich, und machte sich nun im hellen Tageslicht auf nach Nordhain.
Gegen Mittag erreichte sie die verschlafene kleine Siedlung und in der Bank traf sie auf den von Emris beschriebenen Zwerg. Dieser reichte Ihr eine große, schwere Kiste voller Rüstungsteile, Schilden und erlesenen Waffen. Fae wußte nicht wie ihr geschah und starrte nur auf die wertvollen Sachen.  "Aber Meister Zwerg, ich habe keine Münzen um mir so etwas zu leisten!"  Der Zwerg jedoch winkte ab, " Pah, die Rechung übernimmt das blonde, stets schlecht gelaunte blonde Langbein Saphira. Macht Euch keine Sorgen! Versprecht mir nur, dass Ihr eine gute Kriegerin werdet, denn wenn nicht komme ich und hole das Zeug wieder ab," und so verschwand er auch schon und ließ Fae mit diesem großzügigen Geschenk allein. Das sie nur auf der Suche nach ihrem Onkel war und noch nie daran gedacht hatte eine Kriegerin zu werden behielt sie besser für sich. Warum schenkte man ihr eine so wertvolle Ausrüstung? Noch heute Abend würde sie zurück zur Höhle des Druiden gehen und fragen.


 
Faera Linden
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Re: Wenn nachts in den Wäldern die Wolfsblume blüht

Beitrag von Faera Linden »

Die Tage vergingen wie im Fluge, Fae lernte mit dem Degen umzugehen und traute sich sogar in Gegenden die von angriffslustigen Wesen bewohnt waren. Jeder neue Tag war ein Abenteuer und an ihrer Seite stand die selbstbewußte, schöne Saphira. Sie lehrte sie inmitten von Horden wilder Bestien am Leben zu bleiben, lehrte sie im entscheidenden Moment den Rückzug anzutreten oder vorzustürmen. Aber was Fae am meisten beeindruckte war die Selbstverständlichkeit mit der Saphira sie unterstützte. Als wenn es ihr ein eigenes, besonderes Anliegen war in Faera die Seite der Freiheit zu erwecken, die sie oft mit dem Klang ihrer Harfe zum Ausdruck brachte.
Saphira hatte sich eine kleine Oase am Stadtrand von Nalveroth errichtet, ein Haus aus Sandstein mit einem angrenzenden kleinen Teich, einer das Sonnenlicht abschirmenden, überdachten Dachterrasse, Palmen und Vielem mehr.  Fae war diese Welt neu und voller Verlockungen. Allein die Tatsache, dass sie hier barfuß laufen konnte ohne zu frieren hob ihre Stimmung. Der bunte Markt, fremdartige Düfte, die bunten Teppiche und Baldachine.. eine Welt die Abenteuer und Wissen versprach. 
Doch dann legte sich wieder die dunkle Wolke der Erkenntnis über Fae's Tage, die Gewissheit, dass sie ihrer eigentlichen Aufgabe nachkommen mußte um schnellstmöglichst heim zu kehren, um an der Seite der Mutter für das Wohlergehen von Vater und Brüdern zu sorgen.
Unermüdlich wiederholte Saphira wie sie dazu stand:" Es ist deine Entscheidung wie du dein Leben gestaltest. Ob du es in der Knechtschaft der Pflicht lebst oder so, wie du es möchtest.Ich sehe wie glücklich du bist, tun und lassen zu können, wonach dir der Sinn steht, wie es dir Freude bereitet das Land zu erkunden und den Degen zu führen"
Saphira's Worte gingen Fae nicht mehr aus dem Kopf, nachts lag sie da, keinen Schlaf findend, während sich in ihr zwei Geister stritten. Familie, Verpflichtung, Zusammenhalt komme was wolle, Verzicht, Hingabe, das waren die Werte in ihrer nordischen Familie. Und dem entgegen standen Selbstbewusstsein, Freude, Entscheidungsfreiheit und ein vollkommen neues Leben, einem Abenteuer gleich. 
Heute würden sie losziehen um den Onkel zu suchen, viel zu lange hatte Fae es aufgeschoben.  Und dann musste sie sich entscheiden.
 
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