Der Neuanfang

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Soryia Schwarz
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Der Neuanfang

Beitrag von Soryia Schwarz »

Nach ihrer Wandlung hatte sie das erste Mal das Gefühl beschlichen, das irgendwas nicht mehr gestimmt hatte. Für sie war die Nekromantie immer als ein Ganzes zu sehen gewesen. Der Tod gehörte zum Leben und es war ein Kreislauf und doch war es etwas anderes, wenn man sich plötzlich mit ihm konfrontiert sah. Egal wie tot … oder untot man auch war als Unsterbliche, so begann sie unweigerlich einige Dinge neu zu überdenken und zu bewerten. In ihrer Zeit in Heredium hatte sie viel Zeit zum Nachdenken besessen und ihre neue Familie war ihr da eine große Stütze gewesen.

Sie hatte mit allem gehadert. Vor allem hatte sie die Frage gequält, ob sie ihre geliebte Arbeit je wieder aufnehmen könnte. Immerhin hatte zu Beginn selbst der kleinste Tropfen Blut sie die Beherrschung verlieren lassen. Den Durst hatte sie zu kontrollieren gelernt. Dennoch, etwas hatte schon damals an ihr genagt.
 Zuerst hatte sie der tiefen Unzufriedenheit keine Beachtung geschenkt, zumal es so viel mehr zu lernen und zu entdecken gab. Sie hatte damals nicht erkannt, dass der Schlüssel zu ihrem eigenen Glück nicht darin begründet war immer neues zu entdecken, sondern auch darin, sich mit den eigenen Sorgen auseinanderzusetzen. Doch je mehr sie in sich hineingehorcht hatte, verfestigte sich das Gefühl das irgendetwas nicht in Ordnung war. Sie war keineswegs unerfahren, allerdings war sie sich mehr und mehr so vorgekommen. Irgendwann hatte sie das Gefühl über die Zeit – die dieser Zustand andauerte – verloren und nur mühsam hatte sie sich an gewisse Punkte in ihrem Dasein erinnern können. Wie etwa die Vorstellung damals vor den Meistern des Konvents. Es hatte sie viel Mühe gekostet solche Erinnerungen abzurufen, da es unweigerlich ihre innere Unzufriedenheit schürte.
 
Gerade das Geschehen in Nordhain hatte ihr sehr zugesetzt. Vom Flohfänger Livius, der sich die Chance nicht nehmen ließ ihr eins auszuwischen, wunderte sie sein Verhalten nicht. Dass diese Bemühungen aber auf so viel fruchtbaren Boden trafen und so sehr viele Missverständnisse aufgetreten waren, hatte ihren inneren Zwist angeschürt wie ein Fass Öl, dass man in ein Kohlebecken goss. Kaum jemand hatte sich die Mühe gemacht mit ihr zu sprechen. Es war ihnen allen nur wichtig gewesen sie zu verurteilen. Zu verurteilen für etwas, das sie nicht einmal getan hatte. Nur weil Katherine ihre Partnerin war, wurde ihre Art mit der Nekromantie umzugehen auf sie projiziert. All diese Ablehnung und der stetige Kampf um Richtigstellung hatten ihr vor Augen geführt, dass es so, wie bisher, nicht weitergehen konnte.
 
Katherine ihr Blick verdüsterte sich, wann immer sie das Thema ansprach. Katherine hatte sich verändert und zudem ging sie ihr aus dem Weg, darin war sie sich sicher. Gerade wo sie diese an ihrer Seite gebraucht hätte. Ohne zu zögern war sie ihr gefolgt als sie sich ihr offenbaren wollte. Was dann aber geschah verletzte sie nur noch mehr. … Es war Zeit für einen Neuanfang. Sie war damals hierher gereist mit dem Wunsch Heilerin zu werden, das hatte sie erreicht. Sie war aus der Unterdrückung durch ihren Vater herausgetreten und hatte sich als Heilerin einen Namen gemacht. Nun war es Zeit aus dem Schatten einer Katherine zu treten und sich als Magierin einen Namen zu machen.
 
Und so hatte sie letztendlich schweren Herzens das Heilerhaus in Nordhain, in das sie viel Liebe und Zeit gesteckt hatte, aufgegeben und den Schlüssel Gwendolyn überlassen.
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Allerdings war dies nicht das einzige, dem sie sich anzunehmen vorgenommen hatte. Ihr war klar, dass eine räumliche Veränderung ihr inneres Höllenfeuer nicht löschen würde und so war es Zeit gewesen, sich der drängenden Frage zu stellen vor der sie sich seit langer Zeit fürchtete.
War die Nekromantie ihr Weg? Damals war sie sich so sicher gewesen den richtigen Weg gefunden zu haben und doch stand sie nun, viele Mondläufe später, erneut vor den Meistern, um ihnen zu beichten, dass sie einen anderen Weg für sich wählen wollte. Die Reaktion der beiden hatte sie überrascht, ganz so, als hätten sie es bereits geahnt, zeigten sie ihre Anteilnahme und drängten sie auch nicht in irgendeine Richtung. Sie hatten ihr Zeit gegeben. Gut, als Unsterbliche hatte sie Zeit im Überfluss, aber hier ging es darum, dass sie ihr Zeit gaben sich zu orientieren. Sich neu auszurichten. Fragen zu stellen und sich ganz auf das Neue einzulassen. Im Laufe der Zeit hatte sie viele Gespräche geführt. Mit Illusionisten, Elementaristen, ja sogar Druiden, obwohl sie wusste, dass ihr dieser Weg verwehrt blieb. Schlussendlich hatte sie jedoch der Weg der Astralmagie überzeugt. Bei weitem weniger spezialisiert als die anderen Pfade und doch eben genau die Elemente vereint, die ihr reizbar erschienen. Sicher, ihr war gesagt worden, dass sie keineswegs zu den stärksten Magiern zählen würde, wenn sie diesem Pfad folgte, aber das war schließlich auch nicht ihr Ziel. Sie war überrascht gewesen, als Rorek ihr erzählt hatte, dass auch er eine Zeit lang an seinem Pfad gezweifelt hatte, doch dann wieder zu sich gefunden hatte.
 
Tja und nun, … Es war nicht so, dass sie ein neues Thema lernen würde, wie es schon viele Male vorgekommen war. Nein. Vielmehr lernte sie heute ihren neuen Daseinsweg kennen. Sie hatte versucht es zu verbergen, soweit es ihr vor den Meistern möglich war, und doch kam sie sich genauso unerfahren vor wie damals. Es war nur wenige Tage her, dass sie den Meistern berichtet hatte, dass sie sich für den astralen Pfad entschieden hatte und noch immer spürte sie das Flattern, wenn sie daran zurückdachte als sie die Antwort der beiden abgewartet hatte. Und nun ging es ihr kaum anders.

Wie war Rorek als Lehrer und Mentor? Sie war ihm sehr dankbar dafür, dass er sich sofort bereit erklärt hatte sie als Schülerin anzunehmen. Er war ihr der bekannteste und zugleich auch noch Erzmagier dieses Pfades. Natürlich war nur er für sie als Lehrmeister in Frage gekommen, wenngleich sie die Antwort mit Bangen erwartet hatte und ihr ein Stein vom Herzen gefallen war, als er zusagte. Aber letztendlich war er zudem eben genau das. Ein Erzmagier des Pfades, den sie nun erlernen wollte. So wie sie auch bei Vyktorya stets die Nervosität befallen hatte, befiel sie sie hier ebenso.

Ihre Nervosität steigerte sich immer weiter, als sie im großen Saal auf ihn wartete. Worum würde es gehen? Wie sehr unterschied sich dieser Pfad von ihrem alten Pfad? Natürlich wusste sie, dass es da große Unterschiede gab, aber sie hatte sich nie Gedanken darüber gemacht, wie andere Magier ihre Magie wirken. Auf den Äther zuzugreifen und durch seine Kraft zu zaubern das konnte sie. Oder besser … hatte sie gekonnt. Mittlerweile war sie sich dessen gar nicht mehr sicher. Aber der direkte Zugriff auf die astrale Ebene? Rorek nahm sie mit zur Wettermaschine und sie unterhielten sich über Ebenen, Energiestränge und die magischen Strömungen, bevor sie sich auf ein paar einzelne Zauber fokussierten.

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Hierzu waren sie zum Kloster gegangen. Rorek zeigte ihr hier die Gefahren des Klingengeistes, ganz so als hatte er geahnt, dass dieser Zauber faszinierend für sie geklungen hatte. Die Gefahr, die von diesem Wesen ausging, war jedoch recht schnell klar. Glücklicherweise konnte sie schnell rennen. Es war gar nicht so einfach gewesen den Zorn von diesem auf was anderes zu lenken als auf sie. Viel beeindruckender war aber der Energiewirbel und sie war heilfroh das sie weit genug von ihm weg war.
 
„Es gibt nur wenige, wirklich praktische Anwendungsgebiete dieser Beschwörungen …“
 
Diese Worte hatte sie noch lange im Kopf. Bedachte man die Stärke und Schnelligkeit dieser Wesen, waren sie durchaus sehr mächtig. Allerdings hatten sie auch ein großes Manko. Zurück im Konvent ließ sie die letzten Wochen Revue passieren. Viel Zeit hatte sie seither auch in der Bibliothek verbracht. Sich belesen und sich Gedanken gemacht.
 
So auch heute. Sie nahm ein Buch aus dem Regal, blätterte einen Moment darin herum und fand schließlich den Zauber Kal Xen. Ein Zauber, der ihr nicht unbekannt war, wodurch sie hoffte, eher einen Erfolg zu verzeichnen als durch andere Zauber. Mit dem Buch in der Hand ging sie nach nebenan in das Alchemie Labor, um sich die benötigten Reagenzien herauszusuchen. Überrascht stellte sie fest, dass der Astralmagier die gleichen Reagenzien für den Zauber verwendete, wie der Nekromant tat, obwohl das Ergebnis – wenn der Zauber gelang – ein gänzlich anderes war. Als Nekromant war sie nur in der Lage gewesen untote Pferde zu beschwören. Als Astralmagier stünden ihr, wie Rorek ihr berichtet hatte, eine Vielzahl von Tieren zur Auswahl. Entscheidend wäre hierbei das Gedankenbild von dem jeweiligen Tier. Es faszinierte sie, dass der gleiche Zauber lediglich dadurch unterschieden wurde in welcher Form man ihn wirkte. Ob man beim Wirken auf den Äther oder auf die Astralebene zugriff.
 
Sie schloss die Augen und stellte sich das Bild eines Huhns vor. Wie es umherlief. Mit dem Kopf wackelte. Die Flügel beim Laufen zu den Seiten spreizte. Erst als sie sich sicher war, dass sie das Bild perfekt eingefangen hatte, sprach sie die Worte der Macht. Es geschah … nichts. Erneut prüfte sie ihr Bild, nahm die Reagenzien und sprach die Worte noch einmal. Wieder nichts. Noch einmal wiederholte sie den Vorgang, und wieder hatte sie kurzzeitig das Gefühl, dass nichts passieren würde, doch dann zuckte ein greller Blitz durch ihren Geist und ein verschmorter Geruch stieg ihr in die Nase. Als sie die Augen öffnete sah sie eine einzelne glühende Feder, die im selben Augenblick verpuffte. Sie sah sich um. Gut. Sie hatte keine weiteren Schäden verursacht. Also weiter. So schnell würde sie nicht aufgeben.

Dies war ihr Neuanfang!
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