Khurkach Zorak war die ganze Nach hindurch nüchtern geblieben.
Während des langen Heimritts zum „Kessel“ des Orkforts, sprach er kein einziges Wort nd hib den Blick nicht vom Boden vor ihm. Er war als Späher ausgeritten mit den wichtigen Auftrags Khars, den Weg für die Truppen vorzubereiten.
Er spornte seinen Reitwolf zu einen möglichst gleichmäßigen Lauf an, denn er wollte rasch zum Machtzentrum der Olorghis zurückkehren.
Zuvor war er noch recht fröhlich, als er die Truppenlinie Nalveroths abritt und den Wachen auf der Seite der Grenze zur Wüstenstadt scherzhafte Obszönitäten in Handelsprache zubrüllte. Mit einem breiten Grinsen winkte er den ernst dreinblickenden Wachen zu und versuchte, ihre Ablehnung zu überwinden und so unbedrohlich zu erscheinen, wie ein siebeneinhalb Fuß großer, mit glühenden Mustern durchzogener schwarzhäutiger Muskelprotz mit Hauern statt Eckähnen eben möglich war.
Das war seine Lieblingsart eine“Grenzkontrolle“ zu beenden.
„Hozza! Süzär! Mein Wolf wollän mit dir machän palavär! Glaubt du seiän Esel, der Mulli gezeugt hat, das es gestern bestiegän hat!“ Das Licht der Grenzfeuer erhellte sein breites Gesicht, seine makelos reinen Zähne und Hauer spiegelten das Lichtdes zunehmenden Mondes wider.
Die Nalverother Wachen, die dazu ausgebildet waren, nur dann loszuschlagen, wenn sie angegriffen wurden, starten weiter westwärts in die Ländereien der Orks und hielten unerschütterlich Wacht.
Der riesenhafte Khurkacht zerrte an er Mähne des Reitwolfs, zwang jenen dazu zurückzugehen, und richtete sich möglichst weit auf.
„Wo wir gerade von Vätern redän... Weißt du eigentlich dass ich dein Paps szain könntä? Aber der Hund auf der Treppä schnella als ich.“
Nichts als ein nalverother Augenlied flatterte. Die Orkkrieger unter seinem Kommando kicherten untedrückt.
Ein böses Funkeln erschien im Auge Zoraks, als ihm eine neue Schmähung einfiel. Er sprang mit einen wuchtigen Satz vom Reitwolf ab, wobei er immer noch die Grenzwachen verhöhnte.
„Warum seiän allä Nalverotzer szo wund um den Sack, he? Habt ihr euch in die Näzzeln gesetzt odär wa...“
Seine Haut, die üblicherweise die Färbung von Quetschungen aufwies, wurde so bleich, dass sogar seine Männer dies im schwachen Schein der Feuer bemerkten.
Er bückte sich rasch und legte die Hände auf den Boden, jedoch... er wusste nicht was dies zu bedeuten hatte. Es fiel ihm schwer bei dem Getöse in seinen Ohren das Bewusstsein zu halten. Der Lärm in seinen Innereien schüttelte ihn durch und drohte ihm Umzuwerfen. Seitdem die Häxerei der Schamanen nicht mehr richtig funktionierte hatte er immer wieder dieses drohende Gefühl von Chaos und drohenden Unheils. Etwas auf tiefer Ebene in der Existenz selbst war durcheinander und ihm fehlte das Wissen dies in irgendeiner Art einzuordnen. Sein Drache, mit dem er auf geistiger Ebene verbunden war löste diesen Unbehagen aus.... ein Gefühl für Gefahr. Er musste seinen Anführer und Morloch davon dringend berichten...
Das Feuer in dem gewaltigen Scheiterhaufen im Ratszimmer hinter dem Thronraum knisterte und lorderte in glühender Wut, es passte hervorragend zu der Stimmung des Orkhäuptlings.
Khar'Gradosch, Dämonenknochenbrecher, Peiniger der Namenlosen, Herr der Olorghilande, der Gnadenlose und Täger einer Menge weiterer furchteinflößender Beinamen, die ihm von seinen Stamm sowohl als Ehrbezugung als auch aus Angst verliehen worden waren, beugte sich auf seinem schweren Knochenthron und warf eine Handvoll Drachenknochen in den Rachen des Feuers vor ihm. „Es ist Zeit Olorghi, der Krieg wird unsere Feinde zerschmettern!“
Damit erhob sich der riesenhafte Ork, der alle im Stamm übertraf und setzte letzte Inspektionen an seinen Truppen und Kriegsgeräten um. Auf diesen Tag hatte sie alle im Stamm hingearbeitet, nun galt es blutige Ernte zu halten und den Feind zu lehren, was wahrhaftige Furcht war. Nun würden sie der roten Stadt zu ihren Namen auch im Äußeren behelfen, wenn das Blut der Nalverother den Boden mit ihren Lebenssaft tränken würde.
Auch wenn ihn einmal das Gespür verließ, das Zorak alle Bewegungen und Veränderungen im Gebirge kundtat, hatte er doch immer gewusst, wann Khar zurück in den „Kessel“ gekehrt war, oder sich von seinen Thron erhob.
Vor Jahrzehnten, im alten Stamm unter Groukh, hatten sie zusammen als junge Hegel einen Fjord in der Nähe der Augeninsel überquert, eine schmale Bucht mit schäumenden Strömungen zwischen hoch aufragenden schwarzen Felsen. In den dichten Wäldern oberhalb der Klippen, die voller wilden Leben, aber von Menschen unbewohnt waren, lebten Feuerwürmer, gigantische drachenähnliche Tiere mit einer chamäleonhaften Haut, die der Legende nach aus Lava bestand und giftige Zähne aus Schwefel hatten.
Diese Schlangen schliefen die meiste Zeit, aber wenn sie auf die Jagd gingen, krochen sie recht leise durch das Unterholz; er hatte jedoch immer bemerkt, wenn sie sich näherten, denn dann verschwanden meist alle Tiere in der Umgebung. Die unablässigen Vogelgesänge endeten plötzlich, das Summen der Insekten stellte sich ein, als halte der Wald den Atem an und hoffte, der Jäger würde vorüberziehen.
Genauso war es, wenn der Choharar sich vom Thron erhob, oder ins Orkfort zurückgekehrte.
Zorak hatte nie genau sagen können, wie es dem Choharar gelang solch tiefe Furcht im Herzen seiner Soldaten unter seinem Kommando zu erregen, doch was immer es war, er hatte es nur einmal anwenden müssen.
Von dem Augenblick, da man ihm sichtete, wurde in den Korridoren und auf dem Bergpässen Habt-Acht-Stellung eingenommen, auch wenn Khar noch 3 oder 4 Meilen entfernt war. Alle Narreteien wurden eingestellt, die Rüstungen angezogen und das Benehmen umgestellt.
Die Olorghi spürten das Herannahen aus großer Entfernung wie die Vögel und Tiere des Fjords, die sich vor den Feuerwürmern versteckten, und wie sie unternahmen sie große Anstrengungen, seine Aufmerksamkeit nicht auf sich zu lenken.
Trotz offensichtlicher respektvoller Angst vor dem Choharar, die er beständig hegte und pflegte, war das Olorghi-Heer Khar`Gradosch in einer Weise ergeben, wie es bei den Orks bisher nie vorgekommen war. Für Zorak war es eine Quelle der Erheiterung zu sehen, wie die einst primitiven Nomaden, die sie hier beide als Stamm unter Groukh vereinigt, innerhalb von kaum 4 Jahresläufen zu wie Soldaten aus Silberburg, Winterberg, oder Nalveroth, stramm Wache standen. In Taktik und Waffengebrauch waren sie sogar noch besser ausgebildet, solche Fähigkeiten konnte man nur bedingt durch Übung erwerben. Zum größten Teil sprossen sie aus reiner Loyalität.
Khars drohendes Urteil zu allen Kriegsvorbereitungen und Aufbruchsgebahren an diesem Tag aber schien mehr als die übliche Besorgnis zu erregen, die Kriegstrommeln erklangen wie der Gesang der Zerstörung selbst, im Takt von tausend Herzen geeint zu einem Mann kündeten sie von Vernichtung, Leid und bedingsloser Unterwerfung der Feinde.
Zorak verspürte tiefe Genugtuung bei diesem Anblick und bedingslose Loyalität. Nachdem er seinen Bericht abgegeben hatte und auch mit den Aikar über die erspürten Zittereien in der Geisterwelt berichtet hatte (die jene schon längst kannten und nur mit stummen Blick quittierten), konnte es losgehen. Offenbar war dem Feind in seiner Überheblichkeit immer noch der Konflikt mit den Orks unwichtig.
Die Erde jedoch unter ihren Füßen jammerte und erzitterte vor Entsetzen.
Denn jede Zeit ist ein Traum, den der Tod befreit, Oder einer, der Neues gebiert.