In so hoher swebender Wunne

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Aleos
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In so hoher swebender Wunne

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In so hoher swebender Wunne
In so hoher swebender wunne
So gestuont min herze ane vröiden nie
Ich var, als ich vliegen kunne
Mit gedanken iemer umbe sie
Sit daz mich ir trost enpfie
Der mir durch die sele min
Mitten in daz herze gie
Ein Falke atzte seine Beute, ein weißgrau blutiges Knäuel genüsslich auf einem abgeknickten Birkenstamm. Geruhsam rauschte der Fluss und trieb ein frisches Aroma von nassen Stein, Algen und kühler Abendluft heran. Das Grün erhob sich allerorts aus dem Boden herauf, durchsetzte das welke Laub, die Bäume erhielten durch sprießende Knospen eine grüne Aura des Lebens. Noch war ihm menschliche Hand fremd, noch wusste er nicht was ein Geschüh war.
 Ein tiefer Frieden hatte sich über den Wald gelegt. Die Vögel zwitscherten und das Licht der tiefstehenden Morgensonne durchflutete das Unterholz und erwärmte es langsam. Keine Menschenseele war weit und breit zu sehen und nur in der Ferne stieg Rauch aus Kaminen vereinzelter Bauernhäuser auf. Ein Reh erschrak kurz, fand aber schnell seine Ruhe wieder, als der Mann erwachte. Er brauchte einige Zeit bis seine Sinne und sein Gedächtnis ihm sagten,
dass alles in Ordnung war. Auch auf seinem Gesicht lag ein tiefer Frieden. Er setzte sich auf und reckte sich. Sein Blick ging ins leere, verriet jedoch, dass er in Gedanken schwelgte. Wie wundersam sich die Dinge in den letzten Wochen entwickelten... . Der Herr schenkte uns viele Wunder, so dass wir oft diese nicht so wahrnahmen gefangen in unserer ganz persönlichen Sorgenvielfalt, die die menschliche Existens so erfüllte. Oft waren die Wolken nah, so wie sie jetzt auch sehr tief hingen und neben einzelnen Lichtstrahlen die Welt in ein tiefhängendes Gefängnis des Schattenzwielichts kleidete. Wie ein dunkler Tunnel, doch darüber schwerelos und unbeirrbar schwebte das Licht und wärmte alles. Der Dunst, der in dicken Schwaden den Paladin auf seiner Erkundungsreise durch den silberburger Forst begleitete war zäh und nährte sich von der dort tiefsitzenden Feuchtigkeit im Morast. Nass, klebend wie ein frischgewaschenes Lagen an der Wäscheleine.
 Ich war auf dem Weg zum Kloster des Herrn zurück, jedoch hatte mich ein Traum in der tiefen Nacht mit so eindringlicher Gewalt besucht, dass ich nicht anders konnte, als ziellos weiter durch den dichten Forst zu schreiten, vorbei an verwelkenden Kräutern, die die Winterfröste gekostet hatten. Meine Hand lag in der Nähe der Schwertscheide, um in meiner Versunkenheit zumindest schnell auf einen Gegner reagieren zu können, denn wir lebten in gefährlichen Zeiten. Die vielen letzten Tage waren so erfüllt von Pflichten, Aufgaben und Besprechungen gewesen, dass ich meist sobald mein Kopf auch nur in die Nähe des Kissens meiner Schlafstätte fand, ich in tiefen traumlosen Schlaf versank. Katastrophen jagden einander und bekamen Junge, wie übereifrige Katzen. Allmählich verstand ich, warum die Junker immer mal wieder, wie es Landsknechten gestattet war, im Wald entschwanden und auf Erkundung gingen. Es diente einfach dem Gleichgewicht.
 Der Rauch den ich aufsteigen sah, führte mich geradewegs zurück nach Silberburg, wie mir ein Händler berichtete, den ich auf dem Weg dort hin traf. Nur widerstrebend folgte ich dem Weg zurück in die Stadt. Ich war also mal wieder im Kreis gegangen, was solls, der Herr würde schon etwas damit im Sinn gehabt haben und Umwege erhöhten schließlich die Ortskenntnis...
 Es war seltsam als ich den Wald verließ. Auch wenn es von Zeit zu Zeit eng, dunkel und stickig war im Wald, oder auch manchesmal majestätisch und weit wie eine Kathedrale, Angst hatte ich zu keiner Zeit. Es war, als läge mein Kopf in einem warmen Schoß und eine Decke läge um meinen Leib. Hier war ich der Schöpfung nahe und fühlte die Ordnung des Lebens. Nun, da ich den Wald verlassen hatte, war auch diese Decke leider wieder fort.
 Die Alte in meinen Traum hatte eindringlich gesagt, dass ich nach Norden oder Osten gehen sollte, also musste ich mir wohl von hier aus meinen Weg suchen. Die Stadt empfing mich erneut mit dem was passiert, wenn zu viele Menschen auf engem Raum leben. Gewusel, Gebrüll, Gestank! Drei G's dachte ich noch, bevor mich das Treiben mit sich nahm. "Schwertbruder Aleos!" rief mich schon der Erste vom Weiten, aber ich reagierte einfach nicht und tat geschäftigen Schrittes meiner Wege gehen. So richtig wusste ich nicht wohin und so führten mich meine Wege wieder heraus aus der Stadt Richtung der Gestatten der Echidna.
 Am Pier saß eine Fischerin und sang frohgemut ein Lied, dass mich sogleich froher stimmte und rührte. Ich hörte ihrer Stimme, die ein altes Wiegenlied vor sich hinsang verträumt zu. Es handelte von Flüssen, die immer ins Meer floßen, unabänderlich wie der Strom der Zeit selbst und von einer Mutter, deren Kind man immer bleiben würde. Das war ja schon immer genau mein Thema, da ich unter einer sehr strengen Mutter aufgewachsen war.
 Unbewusst trugen mich meine Schritte weiter fort vom Hafengelände Vollkommen in meinen Gedanken treibend nahm ich den Wald und die Welt um mich herum kaum noch war. Ich war schon sooft in diesem Wald gewesen und kannte jeden Stein und jeden Baum. Dann stolperte ich und landete bäuchlings im Staub. Ich war so in Gedanken, dass ich gar nicht mitbekommen habe, wie ich hinfiel. Zuerst blieb ich liegen, solange bis der Kampf zwischen aufbrausender Wut und milder Demut ausgefochten war. Die Demut siegte. Ich hob meinen Blick und wollte mich gerade mit den Armen hoch stemmen, da sah ich vor mir auf dem Boden ein herabgefallenes Vogelei. Daneben lagen ein paar Eicheln verstreut. Das Merkwürdige war aber, es war Winter. Es dürfte also weder ein Ei geben – zumindest keins das unausgebrütet war – noch Eicheln zu dieser Jahreszeit geben. Hätte ich damals schon gewusst, was ich heute weiß... Verwundert aber nicht weiter beachtend und sowieso noch in Gedanken habe ich mich erhoben und bin weitergegangen. Das kleine Ei nahm ich jedoch in meine Obhut. Ich wickelte es gut ein und legte es an meine Brust, wusste ich noch nicht, was ich damit tun sollte, aber dieser Zufall machte mich nun selbst zu einer behütenden “Vater" widerwillen.
 Seit dieser Geschichte träumte ich häufig von Licht und Dunkelheit. Sie liefen ineinander und wieder auseinander, verwirbelten...das Dunkle verschlang das Licht, aber es platzte stets aus der Dunkelheit hervor und strahlte, dass das Dunkle fast vollkommen erhellt war. Es war nicht der selbe Traum, aber er endete immer damit, dass ich eine Frau sah, die mir voraus lief. Wenn sie sich im Traum umdrehte bin ich jedes Mal aufgewacht. Ich bedurfte also immer mehr priesterlichen Rat, jedoch, immer wenn ich das Kloster im Wald aufsuchen wollte verlief ich mich. Ich nahm auch dies als ein Zeichen, dass dies wohl nicht der rechte Ort sein sollte und begab mich zur Kathedrale nach Silberburg, um dort, wie oft, tief im Gebet zu versinken. So konnte ich stundenlang verharren, ganz zufrieden in der Einheit mit Gott.
 Ich erschrak aus dem aus dem Gebet. Ich hatte geträumt oder eine Vision gehabt, aber so undeutlich und...ich versuchte mich zu erinnern, aber alles war so gepresst, als wenn ich ein halbes Menschenleben in einem Augenblick erlebt hätte. Ich erinnerte mich an ein Kichern...glockenhell...es war das Kichern der wunderbaren Frau aus meinen Träumen! Doch ich schob den Gedanken beiseite, denn der Zeitpunkt aufzustehen war günstig.
 Ich schaute mich blinzelt um in der Kathedrale, einen friedvoller Ort aus hellen Stein, eine durch beeindruckenden, von farbigen Licht der wunderschönen Fenster durchfluteten Oase des Glaubens an den Herrn. Das neue Gesicht einer jungen Frau den Ort erhellte ebenso diesen Ort. Jene blondgelockte Frau stellte sich als Priesterschülerin Emilia vor. Irgendwie war mir klar, dass wohl jener Traum der Frau mit ihr zu tun haben sollte. Auch die junge Frau hatte einen Traum, den sie mir wohl anvertraute. Sie erzählte mir, dass sie von einer Feder eines Engels träumte und von einem Ei, silbern gesprenkelt sei es und ein Wesen darin, welches mit dem Licht des Herrn geboren werden sollte. “Da hat der Herr uns wohl zusammengeführt” meinte ich zu ihr und berichtete ihr ebenso von meinem Erlebnis im Hain. So wickelte ich jenes zarte Kleinod des Eis aus meinen Taschentuch in der Brusttasche meines Lederhemdes und legte es auf den Altar. Zusammen riefen wir das Licht des Herrn an und wirklich, ein einzelnder Lichtstrahl senkte sich aus dem Himmel und fiel durch die Fenster herein. Uns beiden war, als würden die Engelstatuen selbst, die sehr detailgetreu sind, lebendig ...
 Nach einem zeitlosen Moment in tiefster Frömmigkeit öffnete sich eben auch jenes Ei und ein hungriges Zieps Zieps begrüßte uns.... Ein kleiner Falke war geboren und ich oder wir würden nun für dieses Wesen sorgen. So hatte es der Herr wohl gefügt in seiner unendlichen Weisheit.
 
 
 
 
 
 
Der Himmel ist mein Zimmer!
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