Im Schatten des Lichts Nyames

Rollenspielforum für Geschichten.
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Mayla
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Im Schatten des Lichts Nyames

Beitrag von Mayla »

Was war es eine glückliche Fügung gewesen, dass sie vor einiger Zeit Niriel und den Amazonen ihr gut abgelagertes Holz verkauft hatte.
Nicht gegen Gold oder andere Handelsgüter. Ihr Preis war ungewöhnlich, fast schlicht zu nennen. Sie hatte als Bezahlung einen Platz auf dem Schiff verlangt, dass aus diesem Holz gefertigt werden sollte. Spätestens nach der ersten Schlacht auf der Augeninsel und der danach entstehenden Panik war ihr bewusst gewesen, dass es ratsam war, sich rechtzeitig um Möglichkeiten zu kümmern, die Lande notfalls zu verlassen.
Ihre Weitsicht hatte sich entsprechend ausgezahlt und so betrat sie mit der Kaiserin der Amazonen und ihrem Volk das kleine aber feine Schiff.

Auch wenn sie deutlich aus der Menge der Kinder der Löwin hervorstach, mangels güldenem Glanze hauptsächlich, wurde sie doch herzlich und ohne Vorbehalte aufgenommen. Es war offenbar bekannt, welchen Dienst sie für das Volk getan hatte.
So gleich wurde wurden Befehle über das Deck gebrüllt und hastig aber mit Entschlossenheit ausgeführt. Hier wurde der Anker gelichtet, dort die ersten Segel gesetzt.
Langsam legte das Schiff vom provisorischen Anleger ab und folgte der Echidna in den Drachenfluss hinein.
Auch sie bemühte sich einer sinnvollen Tätigkeit nachzugehen. Als sich auf den Befehl hin, das Krähennest zu besetzen, keine der Amazonen anschickte die Rah zu erklimmen, nahm sie sich dieser Aufgabe an.
Rasch war sie über die Strickleiter nach oben geklettert.

Man hatte eine wunderbare Aussicht und konnte den Blick weit schweifen lassen. Vornehmlich war es aber nun wichtig, rechtzeitig vor etwaigen Hindernissen im Fluss zu warnen, damit es zu keiner Kollision kam und die Reise ein jähes Ende nahm.
So gab sie vom Krähennest Anweisungen an die Steuerfrau, um das Schiff durch den engen Fluss, der Echidna folgend, zur offenen See zur lotsen.
Selbst für einen kleinen Spaß war trotz der Ernsthaftigkeit noch Zeit und den wollte und konnte sie sich nicht verkneifen.
 
JollyRoger.jpg
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Später, als die Schiffe sich auf See zum Verband zusammenschlossen, stieg sie wieder hinab und überließ einer Amazone den Ausguck, Wachwechsel sozusagen.
Sie sprach hier und da mit den Frauen an Bord. Wie eine Fremde kam sie sich dabei nicht vor. Vielmehr schätzte man ihre Worte und ihre Ratschläge und hörte ihr gerne zu. Teil des Schiffs, teil der Crew, ohne Ausnahme. Das Schicksal verband sie miteinander und machte sie gleich, egal wo eine jede ihren Ursprung hatte. Nur mit vereinter Kraft konnte man diese Reise überstehen und dem Ziel, neues Land zu finden, hoffnungsvoll entgegen blicken.
So war sie die Graue unter den Güldenen.

Fast so ähnlich wie in der Gemeinschaft ihres Seins, dessen Kleinod sich im Laderaum des Schiffes der Amazonen befand.
Und wer wusste schon zu sagen, wie lange diese Reise noch dauern würde?
Tage, Wochen oder gar Monate?

Jedenfalls nahm sie sich eines vor. Sie wollte mehr von diesen starken Frauen lernen und der Gemeinschaft an Bord dienlich sein. Das war das mindeste was sie tun konnte, um das in sie gesetzte Vertrauen zu rechtfertigen.
Da lag es auch nahe, dass sie versuchen würde, möglichst viel von der Sprache der Kinder der Löwin aufzuschnappen. Sie wusste, dass sich einige mit der Handelssprache etwas schwer taten. Und wer wusste, welche Gefahren noch auf See lauern würden?
Da wäre es sicher dienlich, wenn die Kaiserin die Befehle nicht zweimal geben musste, sollte es hart auf hart kommen. Hinhören und lernen war also angesagt, aus den Schatten heraus, Tag für Tag. Das konnte sie, das war ihre Natur.
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Mayla
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In den Sturm..

Beitrag von Mayla »

Sie hatte sich an Deck niedergelassen und spleißte ein Seil neu.
Der Tag auf See war soweit ereignislos verlaufen. Sie versuchte sich irgendwie nützlich zu machen und kämpfte gelegentlich gegen Langeweile.
Sobald sich ein Gespräch zwischen den Amazonen ergab, versuchte sie so viel aufzuschnappen und nachzuvollziehen, wie es ihr möglich war.
Gelegentlich war anhand von Gesten und Handlungen erkennbar, um was es ging. Das erleichterte gewissermaßen das Verständnis, auch wenn natürlich keine der Amazonen darauf achtete, langsam und sorgfältig zu sprechen.
  
Just als sie einem Gespräch lauschte, bei dem es wohl um die Ballisten an Bord ging, frischte der Wind merklich auf und trug die ersten Worte so rasch von dannen, dass sie ihr Ohr nicht mehr zu erreichen vermochten.
Ihr Blick richtete sich gen Bug und am Horizont türmten sich erste dunkle Wolken, zum bersten gefüllt mit Regen und dem Versprechen, all das über dem Konvoi der Schiffe abladen zu wollen.
Kurz, es kündigte sich ein handfester Sturm an.
  
Das Seil war nun nicht mehr von Interesse. Sie schwang sich unerschrocken in die Wanten und erklomm den Mast zur Rah.
Kaum oben angelangt, öffnete der Himmel auch schon seine Pforten. Es regnete wie aus Kübeln, gemischt mit einem heftig aufkommenden Wind, der an allem und jedem auf den Schiffen herumriss.
Verbissen kämpfte sie darum, die Segel zu reffen, damit der Sturm sie nicht zerfetzen würde.
An Deck machten sich Amazonen daran, Ballisten, Kanonen und alles, was nicht richtig fest war, mit Seilen zu sichern.
Mit vereinten Kräften schafften sie es, das Schiff soweit sturmsicher zu machen.
  
Doch etwas fehlte. Niemand übernahm das Kommando. Niriel schien unter Deck verhindert zu sein und es war keine Zeit mehr, nach ihr zu suchen, denn der Sturm war heran. Als kleinen Vorgeschmack schwappte der erste Brecher über Deck.
  
Kurzerhand gesellte sie sich zur Steuerfrau und griff unverfroren ins Ruder, um gemeinsam das Schiff gegen die Wellen auszurichten. Sie hatte schließlich vor, diese Fahrt zu überleben!
  
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Da sich sonst niemand anschickte, brüllte sie sodann auch Kommandos über das kleine Schiff und verteilte Aufgaben. Es war ihr herzlich egal, ob dass gegen irgendwelche Regeln der Amazonen verstieß. Die jungen Frauen an Deck schienen jedenfalls dankbar zu sein und folgten den geplärrten Befehlen.
  
Welle um Welle rollte heran und um das Bild abzurunden, schickten die dunklen Wolken auch noch Blitze herab.
So kostete es sie einiges an Anstrengung, das Schiff zu steuern und dem Konvoi mit gebührendem Abstand zu folgen. Zu nahe im Sturm zu sein war keine gute Idee, zu schnell konnte man kollidieren. Zu weit weg und man verlor sich auf See.
  
Sie wusste nicht, wie viel Zeit verstrichen war, doch irgendwann schien der Sturm die Lust am Spiel mit den Schiffen zu verlieren und verlor an Kraft. Der Regen ließ nach und der Himmel war nicht mehr ganz so dunkel, die See beruhigte sich wieder.

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Einige aufmunternde Worte hier und da später waren einige Dinge klarer. Der Tag war nicht ganz so langweilig gewesen, wie vermutet und sie musste dringlich mit Niriel sprechen. Der Mangel an Führung während ihrer Abwesenheit war ebenso unschön, wie der Dünkel einiger Weniger gegen sie. Aber in den Sturm ging sie nicht das erste mal..
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Mayla
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Ruhiger Tag

Beitrag von Mayla »

Der Tag war ruhig, sehr ruhig.
Die See war fast spiegelglatt. Der Wind blies in einer lauen Brise in die Segel, die lustlos schlaff an der Rah hingen. Das Schiff machte etwas fahrt, wie gelegentlich mit den Knoten gemessen wurde. Man musste allerdings aufpassen, dass man dabei nicht einschlief.
Es hatte sich also den ganzen Tag über genau nichts ereignet.
 
Eine Weile lang beobachtete sie, was die Schiffskatze so den ganzen Tag trieb. Sie streunte über Deck, balancierte über die Reeling, schmiegte sich gelegentlich hier und dort an ein Bein und heimste die ein oder andere Streicheleinheit ein. Einzig von ihr selbst hielt sich das Katzenvieh fern, woran das wohl liegen mochte!?
Als sich die Katze dann in einer Ecke breit machte und zu dösen begann, verlor sie das Interesse an dem Tier.
 
Sie entdeckte beim laufenden Gut einige grobe Holzstücke, die wohl zu dessen Sicherung gedacht waren und um die man die Knoten wickeln konnte.
Kurzerhand schnappte sie sich die Holzstücke und gab ihnen einen entsprechenden Feinschliff. Mit verhaltenem Enthusiasmus verteilte sie dabei kleine Holzspäne um sich herum.
Gegen Abend, als der ereignislose Tag sie überraschend Müde gemacht hatte, tauchte aus dem Unterdeck die Priesterin auf.
Es entwickelte sich ein kurzes Gespräch, dass so völlig anders war, als das erste aufeinandertreffen.
Beiden Frauen war die Langeweile deutlich anzumerken.

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Die Priesterin würde die Echidna besuchen wollen und fragte sie, ob sie sie begleiten wollte.
Da der Abend schon fortgeschritten war und sie trotz des Müßiggangs über Gebühr müde war, lehnte sie dankend ab.
Die Priesterin verabschiedete sie mit "Kalo Nuchta" und war auch schon im Beiboot verschwunden.
Konnte es sein, dass dieser Tag doch noch eine neue Erkenntnis mit sich gebracht hatte?
  
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Sie würde das bei nächster Möglichkeit erörtern.
Entweder bedeutet es dies, oder es war ein "Auf Bald".
  
Ein kleiner Fortschritt, immerhin. Etwas Licht an diesem trüben Tag.
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Mayla
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Eis...

Beitrag von Mayla »

Eisiger Wind schlug ihr ins Gesicht, als sie auf das Oberdeck trat.
Über Nacht hatte sie der Kurs wohl in deutlich kältere Gewässer geführt.
Ein Blick zu Lisa offenbarte ihr, dass der Kurs wohl nicht ganz freiwillig gewählt war.
  
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Nachdem sich rasch herumgesprochen hatte, wohin der Kurs sie geführt hatte, besah man sich das Schiff genauer.
Eis, überall Eis. Würde man nichts dagegen unternehmen, könnte das eine ernsthafte Gefahr für sie alle werden.
Zur Beratung, was wie zu tun sei, zog man sich unter Deck zurück.
  
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Es wurde hin und her überlegt. Feuer wurde mehrmals genannt. Das war aber keine gute Idee. Auch wenn es mehr als genügend Wasser ringsherum gab, waren sich Schiffe und Feuer in tiefer Abneigung verbunden.
Schließlich kam man zu dem Entschluss, es fürs erste auf die herkömmliche Art zu probieren.
Jeder schnappte sich Werkzeug und dicke Kleidung und dann begab man sich gemeinsam daran, das Schiff mit Äxten, Hämmern und sonstigem Schlagwerkzeug vom Eis zu befreien.
  
So wurden nach und nach das Deck, die Reling und Ballisten von Eis befreit.
Zuletzt blieben die Segel und Masten übrig.
Dort hatte sich am Hauptmast ganz oben eine dicke Eisschicht gebildet.
Den jüngeren Amazonen war das Fahren auf offener See auf einem Schiff wohl nicht so sehr geheuer und so war es erneut an ihr, sich gen Krähennest aufzumachen, um zu schauen, wie man sich des Eises entledigen könnte.
Da natürlich die Taraa der Amazonen da nicht nachstehen wollte, erklommen die beiden alten Schlachtrösser den Mast.
  
Zusammen sicherte man den großen Eiszapfen mit Seilen und die Priesterin sicherte ihn mit ihren göttlichen gegeben Gaben.
Als das Eisgebilde ausreichend gesichert war, schlug man ihn vorsichtig an und ließ ihn über die Seile langsam zu Deck ab.
Hätte man ihn kurzerhand abgeschlagen, hätte die Gefahr bestanden, dass der Eiszapfen durch die Decks geschlagen wäre und dadurch ein formidables Loch im Rumpf hinterlassen hätte. Ein Umstand, den alle Anwesenden tunlichst vermeiden wollten.
  
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An Deck zurück zerteilte man den Eiszapfen in kleinere Stücke. Niriel war der kluge Einfall gekommen, das Eis als Trinkwasserreserven in Fässern zu sammeln. Schließlich wusste niemand, wann man wieder dazu käme, die Fässer anderweitig aufzufüllen.
  
Nach getaner Arbeit und bis auf die Knochen durchgefroren beschloss man, am nächsten Tag der Besprechung auf der Echidna beizuwohnen, um den künftigen Kurs und das Vorgehen bei Eis zu erörtern.
Bis dahin würde man sich zur Ruhe begeben, sich stärken und aufzuwärmen.
Niriel verabschiedete alle mit einem Kalo Nuchta, als es darum ging, sich zur Ruhe zu betten.
Sie hatte also eine gewisse Bestätigung für ihre Vermutung erhalten.
Als sie sich in ihre Decke bei der Ladung einwickelte wiederholte sie noch ein paar mal die wenigen Worte der Sprache, die sie bereits kannte. Man musste schließlich auch im Kleinen üben.Sie würde ihr Anliegen die Tage Niriel vortragen und war gespannt auf die Reaktion.
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Mayla
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Erneuter Sturm

Beitrag von Mayla »

Nach dem Eis und der bitteren Kälte gönnte die See den Flüchtenden einige Tage Ruhe.
Die Schiffe fuhren in der üblichen Kolonne und nebst der üblichen Langeweile über Tag gab es des Abends für sie immer mal wieder die Möglichkeit, etwas an ihren Sprachkenntnissen zu arbeiten. Gewisse Floskeln gingen ihr bereits einfacher über die Lippen. Ganze Sätze verstehen war ihr aber noch nicht vergönnt und somit konnte sie auch das Sprechen nicht üben. Aber lieber einen halben Schritt voran, als einen ganzen zurück. Kleinvieh machte schließlich auch Mist.
  
Wie das immer mit der Ruhe so war, vermisste man sie umso mehr, je deutlicher einem deren fehlen verdeutlicht wurde. Fast konnte man meinen, Ruhe wäre immer trügerisch, ein hinterhältiges Biest. Jedenfalls tat sie immer recht wenig dafür, ihren Ruf nachhaltig zu verbessern.
  
So war es auch an diesem Tage. Aus der ruhigen See wurde innerhalb kürzester Zeit erneut ein handfester Sturm. Mehr als beim ersten Sturm, den sie durchlebt hatten, war hier ein ganz eigene Böswilligkeit zu spüren.
  
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Aus tief dunklen Wolken ergoss sich heftiger Niederschlag und allenthalben zuckten Blitze aus dem Himmel herab.
Hoch türmten sich die Wellen und schlugen mit heftigen Brechern über die Schiffe ein. Tosender Sturm riss an den Segeln, der Takelage und den Masten, bis diese jammend nachgaben und brachen. Ein Teil stürzte auf Deck und durchschlug es. Mit triumphalen Geheul trug der Sturm die Segel in Fetzen davon und hinterließ nur einen gesplitterten Hauptmast.
  
Mit vereinten Kräften tat man alles, um das Schiff über Wasser zu halten. Sie selbst flickte das Loch an Deck mit der Tischplatte aus dem Bauch des Schiffes während andere fieberhaft unter Deck die Löcher mit allem stopften, deren sie habhaft werden konnten.
  
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Notdürftig wurden die Reparaturen ausgeführt und wacker hielt sich das Schiff der Amazonen über Wasser. Die fehlende Einsicht der Amazonen, etwas als verloren aufzugeben, war offenbar auch dem Schiff zu eigen, immerhin.
  
Mit der Zeit führten ihre Mühen zu Erfolgen. Das Schiff stabilisierte sich, doch der gesplitterte Hauptmast könnte noch ihr aller Untergang werden.
Kurzerhand wurden die kläglichen Reste mit Seilen gesichert und dann der Mast gefällt. Doch statt wie beabsichtigt langsam zu Deck gelassen zu werden, schien es just in diesem Moment dem Sturm eine diebische Freude zu bereiten, mit eine Böe in die letzten Reste des Segels zu fahren und den Mast neben dem Schiff in die Wellen einschlagen zu lassen.
Eine der Amazonen band sich daraufhin ein Seil um die Hüften und drückte es ihr in die Hand, nur um darauf hin lebensmüde in die raue See zu springen. Das verrückte Huhn wollte tatsächlich dem Mast nachschwimmen, um ihn so zu retten.
  
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Leider war der Versuch erfolglos. Der Mast ließ sie nicht recht von der jungen Amazone fassen und die aufgepeitschte See trieb ihn rasch davon. Bevor es weitere Verluste zu beklagen gab, zog sie am Seil und hievte die im Wasser treibende Amazone wieder an Bord.
  
Es blieb ihnen wenig anderes übrig, als ihre letzten Kräfte in das Ausschöpfen des Rumpfes zu stecken. Eimer um Eimer wurde hinaus getragen und mit der Zeit wurde der Wasserstand im Bauch des Schiffes deutlich weniger, ohne dass weiteres Nass aus irgendwelchen Lecks ins Innere drang.
  
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Als fast keiner mehr aufrecht stehen konnte vor Erschöpfung kam von oben der Ruf, dass man wohl den Sturm verlassen habe und sich das Wetter aufklaren würde.
Müde Gesichter rangen sich ein Lächeln ab. Es wurden aufmunternde Worte gesprochen. Man hatte einiges einstecken müssen und war sicherlich auch auf die Knie gegangen. Dennoch, man war blutend aber unbesiegt.
  
Auf Deck machte die See den Eindruck, als ob es den Sturm nicht gegeben hätte. Die See und die Ruhe stecken offenbar unter einer Decke!
  
Völlig erschöpft teilte man noch Wachen ein, beschloss aber, das Schiff erst am nächsten Tag weiter reparieren zu wollen. Niemand würde mehr etwas gescheites geschafft bekommen. Dafür hatte der Sturm ihnen zu viel abverlangt.
  
Immerhin, sie konnte für sich selbst noch einen kleinen Erfolg erzielen und ihre Sprachkenntnisse festigen.
  
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Sturm2-5.JPG (36.54 KiB) 467 mal betrachtet
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Mayla
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Erste Worte, ein Satz und eine Insel

Beitrag von Mayla »

Endlich war es soweit.
Eine der Amazonen nahm sich ein Herz und erklärte ihr einzelne Worte, zusammengefügt zu einem ganzen Satz.
In Ermanglung einer Alternativ nahm sie sich ein Stück Holz, dass auf Deck lag und ritzte mit dem Dolch die Worte und deren Übersetzung ein.
Celestine wiederholte den Satz mehrmals und erklärte jedes einzelne Wort. Das gab ihr die Zeit, alles mehr schlecht als recht in das Holz zu ritzen. Aber sie würde ihre Notizen gut hüten und darauf aufbauen wollen.
  
Sprache1-1.JPG
  
Sie würde sich später einen Fetzen Segel oder etwas vergleichbares suchen und ihre Notizen übertragen. Auf Dauer wäre ein Buch aus gebrochenen Holzteilen recht unhandlich.
  
Als die Hohepriesterin der kleinen Lehrstunde gewahr wurde, konnte man ihr Missfallen deutlich spüren. Es war also Zeit für eine Charmeoffensive ihrerseits.
Sie sprach sie direkt darauf an, was sie vor hatte. Schließlich wusste niemand, wie lange sie noch benötigen würde, ein neues zu Hause zu finden.
Es wäre für beide Seiten vorteilhaft, wenn sie die Sprache der Amazonen soweit lernen würde, dass sie sich darin unterhalten konnte.
  
Sprache1-2.JPG
  
Die Hohepriesterin schien das Anliegen zu verstehen, äußerte aber ihre Bedenken deutlich. Da aber Niriel keinen Einspruch gegen ihr Anliegen erhob und sie viele der Bedenken größtenteils entkräften konnte, auch unter dem Gesichtspunkt der gemeinsamen Ziele, stimmte sie letztlich zu.
Sie hatte somit mehr oder weniger die direkte Erlaubnis erhalten, ganz offen die Sprache der Amazonen zu lernen.
Sie würde sich bemühen, dass ihre Versuche nicht allzu viele Ohrenschmerzen verursachen würden.
Jedenfalls würde sie nun nicht mehr locker lassen und wohl vornehmlich die Hohepriesterin um Sprachunterricht bitten. Nerven würde es wohl besser treffen, wüssten die Amazonen wie eisern sie ihre Ziele verfolgen konnte. Ein wölfisches Lächeln huschte kurz über die Züge.
  
Bevor sie allerdings dazu kam, sich ein Opfer für ihr Vorhaben zu suchen, kam eine Insel in Sicht.
Mangels Masten und Segel und ohne richtig funktionierendem Ruder war es eher Glück, dass sie direkt auf diese Insel zuhielten.
Allerdings war das auch ein Problem. Sie hatten kaum eine Möglichkeit, dass Schiff gezielt zu steuern und so liefen sie nach einiger Zeit recht heftig am Strand auf Grund. Der Bug bohrte sich in einige Felsen, die den Strandabschnitt begrenzten.
  
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Immerhin gab es keine Verletzten und auch keine Verluste, wie beim letzten Sturm. Aber das Schiff sah nicht sehr gut aus und es würde einiges an Material und Arbeit kosten, es wieder seetüchtig zu machen.
Es schien aber insgesamt so, dass es ihrem ganzen Konvoi ähnlich ergangen war. Alle Schiffe schienen an der Insel wortwörtlich gestrandet zu sein.
  
Nach den ersten Ausflügen auf der Insel musste man feststellen, dass dieses winzige Fleckchen Erde scheinbar alle Flüchtlinge und ihre Schiffe angezogen hatte, nicht nur die ihrer eigenen Flotte. Das würde über kurz oder lang zu gewissen Spannungen und Problemen führen. Wenn sie es recht bedachte, wohl eher kurz. Die Tage würden jedenfalls nicht langweilig werden. Immerhin hatte sie nun ein paar Notizen, die sie sich in den ruhigen Augenblicken zu Gemüte führen konnte.
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Mayla
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Schiffbruch

Beitrag von Mayla »

Sie hatte sich einfach so zur Zusammenkunft der Schiffsführungen gemogelt. Schließlich war Samira alleine erschienen, statt mit zwei weiteren aus dem Gefolge der Amazonen. Das hätte gegebenenfalls ein Ungleichgewicht erschaffen und das mochte sie ganz und gar nicht. Außerdem konnte Samira nicht für sie sprechen. Zudem war sie schlicht neugierig.
Wie immer bei solchen Treffen, waren einige hohe Persönlichkeiten anwesend. In ebenso gleicher Regelmäßigkeit und vor allem bei der aktuellen Lage vergaß man aber mal wieder die Handwerker. Von klugem Geschwätz und reinem Wollen würde jedenfalls keines der Schiffe wieder flott werden. Diese Meinung tat sie offen kund und nach einem gewissen peinlichen Moment und dem daraufhin folgendem reifen der Erkenntnis, dass es wohl doch besser wäre, zumindest eine handwerkliche Expertise in der Runde zu wissen, wurde sie dann einvernehmlich zur Teilnahme am Gespräch gebeten. Sie verbuchte diesen Erfolg ebenso dreist für sich, wie die ergaunerte Teilnahme.
  
Neben einigen Dingen, die nicht in ihrer Verantwortung oder Interesse lagen, wurde beschlossen, die Schiffe genau zu prüfen. Es sollte festgestellt werden, ob und wie diese zu reparieren waren.
Ihr fiel natürlich die Aufgabe zu, das Amazonenschiff in Augenschein zu nehmen. Das tat sie gerne, war es doch in den letzten Wochen auch ihr zu Hause gewesen. So begab sie sich dann mit Werkzeug bewaffnet daran, die Schäden genauer zu untersuchen.
  
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Den Bug hatte es, man musste es so deutlich sagen, komplett zerlegt. Da das Unterdeck unter Wasser stand konnte sie nur Mutmaßungen vornehmen. Aber wahrscheinlich waren nicht nur die Blanken komplett zerstört. Anhand der Geräusche des Holzes und teilweise der Bewegungen des Oberdecks konnte sie darauf schließen, das auch Teile der tragenden Konstruktion mindestens in Mitleidenschaft gezogen worden waren.
Das Schiff mit örtlichen Mitteln und in kürzester Zeit in Stand zu setzen war schlicht ein Ding der Unmöglichkeit. Die Felsen mussten mühsam abgetragen werden, was seine Zeit dauern würde. Es würden Kräne benötigt werden, Unmengen an gut abgelagertem Holz, eine wasserbetriebene Großsäge und eine Trockenlegung. Von zwei neuen Masten ganz zu schweigen.
Alles in allem und kurz und knapp: Im Moment war das Schiff nicht zu retten.
Diese Feststellung schmeckte ihr nicht und sie konnte nicht anders, als ihrer Wut freien Lauf zu lassen.
  
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Am Abend fand eine Versammlung der Amazonen statt. Dort erläuterte sie mit knappen Worten, was den meisten bereits durch eigene Beobachtungen klar gewesen war. Die Schäden waren schlicht zu offensichtlich, um irgendwelcher Hoffnung Raum zu geben.
Dinge, die man nicht ändern konnte, musste man akzeptieren, auch wenn es schwer fiel.
So wurde beschlossen, sich einen Platz auf der Echidna zu suchen und so viele Dinge des Schiffs zu retten, wie irgend möglich.
Mit der Umsetzung wurde auch sogleich begonnen. Sie selbst, Samira und das Katzenwesen Alira begannen damit, Kisten, Säcke, Truhen und alles, was sich finden ließ, aus dem überfluteten Unterdeck zu bergen. Es wurde alles an Deck gestapelt, damit es trocknen konnte. Was davon noch zu gebrauchen wäre, würde man die Tage sehen. Alle anderen begaben sich auf die Suche nach Proviant, Rohstoffen und hatten die Aufgabe, Zelte für die nächsten Tage zu bauen.
Immerhin, wenn jeder beschäftigt war, konnte niemand groß über seine Sorgen nachdenken. Das half vielen.
Als die Arbeit soweit getan war, begaben sich die meisten zur Ruhe. Samira wollte noch den Fortschritt der Zelte in Augenschein nehmen und verabschiedete sich freundlich mit einem "An'tio et Nyames elogia cia thao".
Sogleich nahm sie ihr Holzbrettchen hervor, kritzelte mit dem Dolch darauf herum.
"Auf Bald und Nymes segen mit dir!"
Wenn sie sich nicht irrte, wäre das die rechte Übersetzung.
Es ging immer ein kleines Stücken voran, auf allen Wegen.
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Niriel
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Re: Im Schatten des Lichts Nyames

Beitrag von Niriel »

Am gestrigen Abend beschlossen die Kinder Nyames und ihre Freunde, ein Zelt zu errichten. Die Aventura, der Stolz der Amazonen, ist auf Grund gelaufen und es schien so, als müssten sie dies vorerst zurücklassen, da es nicht Seetauglich ist. Das untere Deck - die Räumlichkeiten - wurden vom Wasser förmlich verschlungen und machte es den Schwestern unmöglich, sich dort weiterhin aufzuhalten. Die anderen Schwestern - das Volk - bauten sich kleine provisorische Unterkünfte auf dem oberen Deck, um die nächsten Tage wenigstens etwas über dem Kopf zu haben. So entschlossen sie sich, ein Zelt auf dem Festland zu errichten, um dort wenigstens einen kleinen Platz zu haben - denn ein fester Platz auf der Echidna war ihnen noch nicht sicher.
 So gab die Kaiserin der Amazonen jedem eine Aufgabe, um schnellstmöglich dieses Zelt zu errichten.
 Niriel und Yeva begaben sich in den Wald und suchten einige bestimmte Bäume aus, um daraus das Gerüst des Zeltes zu bauen.
 Amalthyra und Celestin begaben sich zu den Baumwollsträuchern, um für den nötigen Stoff zu sorgen.
 Mayla, Samira und Alira begaben sich auf Tauchmission, um das untere Deck der Aventura zu plündern, zumindest das, was noch zu retten war.
 Es dauerte einige Momente, bis sie die nötigen Ressourcen zusammenhatten, um das Zelt zu errichten. Alle erledigten ihre Aufgaben schnellstmöglich und begannen, das Zelt zu bauen. Als das Zelt letztendlich fertiggestellt war, machten sich die Schwestern auf den Weg, um die geborgenen Dinge, die die anderen noch bergen konnten, in das Zelt zu schleppen. Die Kaiserin stellte noch zwei Wachen vor dem Zelt auf, sowie unmittelbar neben dem Zelt am Eingang jeweils zwei Wachen. Zur Unterstützung holten sie auch noch zwei Ballisten von dem Schiff, die sie vor möglichen Angreifern schützen sollten.
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Mayla
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Geschundene Hände und neue Worte

Beitrag von Mayla »

Das Lager brummte vor Geschäftigkeit. Überall wurde etwas getan. Die einen verarbeiteten Wolle zu Garn, die nächsten webten daraus dickes Tuch. Scheinbar würde man damit die Segel erneuern oder flicken wollen.
Allenthalben kam jemand mit gesammeltem oder geschlagenem Holz heran und lud es in der Mitte des Lagers an der Sammelstelle ab.
Bevor sie etwaige Reparaturarbeiten vornehmen würde, hatte sie sich noch etwas vorgenommen. Bevor dieser Punkt nicht geklärt wäre, würde sie nicht beginnen.
In Ermanglung der passenden Personen, beschloss sie, einen Spaziergang zu machen. Nicht nur die Waldelfen würden dafür sorgen, dass die Wälder nicht über Gebühr ausgeschlachtet würden. Das war auch ihr Anliegen. Nicht vielen war bekannt oder bewusst, dass auch sie auf diese Dinge achtete. Ihre früher Geschichte ließ diesen Schluss auch nur schwerlich zu. Aber Dinge änderten sich und wer sie besser kannte, wusste das nur all zu gut.
  
Ihr Weg führte sie am Teich vorbei zum kleinen Wäldchen, der die letzten Tage schon ausreichend Besuch von Holzfällern erhalten hatte. Hier würde sie nach dem rechten sehen. Den ein oder anderen vielleicht ermahnen oder gegebenenfalls auch vermitteln, sollten die Waldelfen unnachgiebig auf ihr Recht pochen.
  
In der Nähe des Strandes traf sie Celestin. Eine der jungen Amazonen, mit denen sie bereits die Schifffahrt bis hierher erlebt und durchlitten hatten.
Sie schlug Holz so, wie es für die Natur verträglich war. Nur einzelne Äste an den Bäumen und nie mehr als nötig, sodass sich der Baum davon erholen konnte.
Allerdings war offenkundig, dass sie selbst sich beim Holz hacken mehr schadete. Jedenfalls klagte sie über Blasen an den Händen. Das arme Ding schien die Arbeit nicht gewohnt zu sein und hielt auch noch die Axt auch noch völlig falsch.
  
Da sie die Natur mit ihrem Tun soweit achtete, wie es vorgegeben wurde und auch von Ivy nur kontrolliert aber nicht ermahnt wurde, beschloss sie, sich ihrer anzunehmen. Sie würde etwas der Achtung und Zurückhaltung zurückgeben.
Sie nahm die geschundenen Hände der Amazone in ihre eigenen und ließ ihrer Gabe freien Lauf. Wie immer wenn sie das tat, veränderte sich für die Beteiligten die Welt ein wenig. Alles um sie herum wurde intensiver. Das Licht, die Farben, die Gerüche. Alle die Schönheit der Natur bekam mehr Strahlkraft und rückte für wenige Augenblicke in das direkte Bewusstsein der Anwesenden.
Wenig später war von den Blasen auf den Händen der Amazone nichts mehr zu sehen. Sogar eine dünne aber widerstandsfähige Hautschicht hatte sich gebildet und würde vor neuen Blasen schützen.
  
Gemeinsam schleppten sie das geschlagene Holz zur Sammelstelle.
Da Celestin um ihre Bemühungen die amazonische Sprache zu lernen wusste, nutzte sie die kleine Pause, um ihr einige neue Worte beizubringen und sich für die Hilfe mit den Händen zu revanchieren.
Mittlerweile hatte sie sich eine Kladde und einen Kohlestift besorgt und notierte die Worte sogleich zu ihrem bisherigen Sammelsurium an Wörtern und Übersetzungen.
Es schien Celestin zu gefallen, jemanden Interessierten die eigene Sprache näher zu bringen. Jedenfalls gab sie ihr noch einige weitere Worte mit und erklärte auch den jeweiligen Zusammenhang oder wann sie wie zu nutzen waren oder worauf zu achten war.
In Ermanglung der eigenen Fertigkeiten, die Handelssprache fehlerfrei zu sprechen, konnte sie jedoch nicht jede Bedeutung eindeutig erklären. Das könnte gegebenenfalls zu gewissen Verwechslungen kommen, die sie gerne vermeiden wollte.
  
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Jedenfalls hatte sie nun reichlich neue Worte erklärt bekommen, die sie in den kommenden Tagen fleißig in der Aussprache üben würde, wenn sie alleine wäre. Es war wie eine Fährte, der sie beharrlich nachging. Sie würde da dran bleiben, bis sie die Beute erlegt hatte. Oder besser gesagt, erlernt hatte.
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Mayla
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Alte Bekannte und eine unverhoffte Erlaubnis

Beitrag von Mayla »

Es war lange her, seit sie das letzte Mal auf Mara getroffen war.
Die Bibliothekarin saß mit anderen zusammen auf den Bänken vor dem gestrandeten Schiff der Amazonen. Wie so oft hatte sie die Nase mit ihrem Zwicker in einem Buch vergraben. Das mochte auch der Grund sein, weshalb Mara sie im ersten Augenblick auch nicht wahr nahm. Auch wenn sie sich bereits lange kannten und in der Heimat, die sie nun hinter sich gelassen hatten, fast Nachbarn waren, waren ihre Lebenswege doch teils so unterschiedlich, dass man sich ohne Anstrengung recht lange aus dem Weg gehen konnte. Eben dies war geschehen, auch wenn keine es wirklich gewollt hatte. Umso schöner war es, die belesene Frau wohlauf und in ihrem Element zu sehen.
Erst als Mara den Zwicker neu richtete und sich ihr Blick von der üblichen Bücherdistanz auf sie fokussierte, erkannte sie da, wer vor ihr stand.
Das wiedersehen der alten Bekannten war demnach umso herzlicher. Es wurde etwas über alte Zeiten geplauscht, doch mit dem festen Willen, sich irgendwo dort draußen eine neue Bleibe aufzubauen. Beiden Frauen war gemein, dass sie an Dingen, die nicht zu ändern waren, ungern unnötig lange festhielten.
Als sich die Gesprächsrunde, an der noch ein Mann Namens Radesvald und die junge Amazone Celestin teilnahmen, durch weitere Personen zu vergrößern drohte, zog man kurzerhand zum Strandfeuer um, damit alle einen Platz haben konnten.
Es wurde über allerlei Dinge gesprochen. Über herrische Tanten, Glaslinsen und deren schliffen sowie über Farben und natürlich darüber, was wohl das besondere Gespräch auf der Echidna zu Tage fördern würde.
Als sich am Anleger etwas Tat und die Beteiligten des Gespräches zeigten, wurde es etwas unruhig und sie zog sich mit einigen Amazonen in deren Zelt zurück. Gewisse Dinge waren nicht für aller Ohren bestimmt.
Bei dieser Gelegenheit nahm sie die sich bietende Chance war. So schön sie die Sprache der Amazonen auch fand und so gerne sie sie erlernen würde, so unhöflich empfand sie es, wenn sie in ihrer Gegenwart gesprochen wurde und sie die einzige war, die dadurch vom Gespräch ausgeschlossen wurde. Es wurde schlicht zu schnell und zu viel durcheinander gesprochen, als dass sie mit ihren wenigen bekannten Wörtern hätte folgen können.
Also erhob sie sich und wählte zum Abschied eine bewusst konfrontierende Verabschiedung, der ihren Missmut über die Situation klaren Ausdruck verlieh. Sie war es leid, länger nicht ernst genommen oder gar abgewiesen zu werden. Ein Ding der Unmöglichkeit unter denen ihres Seins, doch für die Amazonen war sie schlicht eine Menschenfrau und so musste sie sich ihren Platz erneut erkämpfen. Den Kampf wollte sie gerne annehmen.
Doch ihre Worte fielen offenbar auf fruchtbaren Boden und Samira bat sie zu bleiben.
Es schien der Priesterin nicht ganz leicht zu fallen, doch letztlich öffnete sie ihr Herz und erklärte, weshalb sie ihr gegenüber so zurückhalten gewesen war.
Bei einem klärenden Gespräch über die jeweiligen Beweggründe erkannten beide Frauen, dass sie doch mehr vereinte, als dass sie trennte.
  
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Aus einer Duldung wurde ein ehrlicher Friede, auf dass man von einander lernen wollte und sich nicht mehr mit gegenseitigem Dünkel gegenüber trat. Mit einem festen Handschlag wurde das im Beisein weiterer Amazonen besiegelt.
  
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Eine Sache gab es aber dann doch noch zu klären. Aus der praktischen Notwendigkeit während der Schiffsreise war der Wunsch entstanden, die Sprache der Amazonen zu lernen. Das war auf einem Schiff oder in heiklen Situation von Vorteil. Man wusste nie, welche Unbill einen als nächstes ereilte. Sie mit sprachlichen Differenzen aufzuhalten war dabei aber wenig hilfreich. Mit der Zeit auf dem Schiff hatte sie aber erkannt, dass es nicht nur praktisch wäre, sondern auch einen ganz natürlichen Reiz am Neuen und Unbekannten hatte. Eine neue Sprache, eine andere Kultur, eine Erweiterung ihres Horizonts und der Erkenntnis, dass die Amazonen in vielen Dingen ähnliche Ansichten hatten wie sie. Zugegeben, nicht in allen. Aber das gegenseitige voneinander Lernen würde für beide Vorteile bringen.
Das erkannten wohl auch die Amazonen und so erhielt sie die offizielle Erlaubnis, die Sprache zum eigenen Nutzen und im Austausch mit den Amazonen zu lernen.
Ein weiterer Schritt in eine neue Welt war getan..
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