Vom Ende eines Kriegers
Es wäre vermutlich viel zu einfach gewesen, wäre es anders gelaufen. Aber auf der anderen Seite, was hatte sie auch erwartet?
Den Drachenkrieger und den Flammenschlag aufeinander treffen zu sehen, war wie ein Spiel zwischen Hund und Katze und wenn eines sicher war, dann das keiner der Beiden sich dem jeweils anderen annähern würde. Als würden zwei Grundsätze aufeinander treffen, als würde keiner der beiden klein beigeben.
Anstrengend.
Mit einem Seufzen führte sie zwei Finger an ihre Schläfe um dort einen sanften Druck auszuüben. Es musste einen Weg geben, wie sie alles unter einem Hut bringen könnte, was vermutlich einfacher wäre, wenn das ihr einziges aktuelles Problem wäre. Die rubinroten Augen strichen für einen Moment auf dem Platz ihr gegenüber, dort wo Davion bis vor wenige Minuten noch gesessen hatte und wanderte dann weiter zur eisernen Tür, hinter welcher Livius verschwunden war. Sturheit, Stolz und bei Livius war es vermutlich auch die wölfische Seite, die ihn oft so schroff wirken lies, die mit hinein spielten und ein Miteinander der beiden augenscheinlich unmöglich machten. "Ich könnte gar nicht so viel essen, wie ich bei seinem Anblick kotzen möchte" - Davions Worte hallten erneut in ihrem Kopf wieder und folgten in einem mürrischen Laut ihrerseits. Idioten, alles Idioten.
Das hatte sie davon, wenn sie sich dazu entschied, sich wieder ihren Mitmenschen zu öffnen. Chaos. Vorher hätte sie das vermutlich weniger tangiert, nun brauchte sie eine Lösung sich weiter dem Bund anzunähern und Livius dabei nicht zu verlieren. Nicht weil sie das stören würde, aber weil Naurm ihr die Hölle heiß machen würde, würden sie keine Lösung dafür finden. Eine Art Bedingung der Drachendame, damit sie ungestört in der Nähe ihrer Bundbrüder sein konnte.
»Es wäre einfacher, wäre er zumindest Magier.«
Murmelte sie leise, während sie, mehr aus Gewohnheit, ein dickes Buch vom Tisch näher zog und darin herumblätterte. Die dabei aufwallende Staubschicht, als Ursache der viel zu wenig genutzten Räumlichkeiten, wurde mit einem kleinen Hüsteln weggeschoben und das Buch grummelnd wieder zugeklappt.
»Wäre es, aber das ist er nicht.«
Hallte es einer Bestätigung gleich durch ihren Kopf, als Naurm sich nach all den Grübeleien, die sie geschwiegen hatte, wieder meldete und etwas in der Stimme der Drachendame klingt fast schon zufrieden. Ein erneutes Seufzen und der Blick pendelte zur Decke, als würde sie dort irgendwo eine Lösung finden. Wenn er Magier wäre... würde er die Magier nicht mehr so hassen können, wie er es aktuell tat. Wenn er Magier wäre. Wenn er... die Drachenmagierin zog die Augenbrauen zusammen und drückte sich in einer langsamen Bewegung auf, als würde sich langsam ein Lichtlein in ihrem Kopf ausstrecken.
»Shirin... was hast du vor?«
Ein vibrierendes Knurren ging von der Drachendame aus, welches sich bis tief in die Magengegend ausbreitete, als würde jene der Magierin in diesem Moment nicht trauen und Shirin fühlte deutlich, wie Naurms Fänge sich bemerkbar machten, als jene die Wahrheit aus ihr herausquetschen wollte.
»Ihn zum Magier machen.«
Kam es als schlichte und stumme, doch für die Drachendame hörbare, Antwort und das innerliche Beben verstarb augenblicklich. Einige Minutenläufe herrschte Stille, drückendes Schweigen beider Parteien und Shirin wusste, das Naurm in diesem Moment mit sich selbst kämpfte. Auch sie war kein Freund von Magiern, auch wenn es sich ein wenig gebessert hatte in den letzten Jahren, schlicht auf der Tatsache begründet, dass es eben solche waren, die sie überhaupt in die Lage gebracht hatten, in einem Menschenkörper eingesperrt zu sein.
»Das geht nicht.«
War die schlichte Antwort nach etlichen Minuten des Schweigens und obwohl sie die Worte formte, spürte die Magierin eine gewisse Unsicherheit, gar Ärger im Unterton des Klangs, was zu einem milden Lächeln auf den blassen Lippen führte. Allein das war für sie die Bestätigung, dass es irgendwie gehen musste. Ein uraltes Wesen wie Naurm, musste davon wissen und auch wenn jene sich nun soweit zurückzog, dass sie nicht mehr auf Shirin reagierte, würde sie auch so eine Lösung dafür finden. Eine Lösung, wie sie aus dem schroffen und empathielosen Drachenkrieger einen Magier machen würde, der sich irgendwann, wenn alles gut verlaufen würde, dem Bund anschließen könnte.
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