Erlebnisse eines Nordmannes

Rollenspielforum für Geschichten.
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Thjondar
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Erlebnisse eines Nordmannes

Beitrag von Thjondar »

 
Die Jahre zogen ins Land, seit er sein Bransla durchlaufen hatte. Zu einem stattlichen Krieger wuchs er heran. Und das musste er auch.

Zu viele Spannungen gab es zwischen den einzelnen Sippen und Stämmen. Und es zählte das Recht des Stärkeren.
Besonders hier in dieser unwirtlichen Eissteppe, die seit seiner Geburt sein Zuhause war.

Eines Tages machten Gerüchte die Runde. Die Menschen der Südreiche planten wohl Expeditionen nach Norden, weil sie Rohstoffe suchten.
Rohstoffe, die sie in den Bergen der nördlichen Gefilde zu finden hofften.

Dass dies nichts Gutes bedeuten würde, war allen im Dorf mehr als nur bewusst.
Denn weder würden die Wichtel ihr Begehr friedlich erreichen wollen, noch würden die stolzen Nordmänner sie gewähren lassen.
Umso mehr mussten die  Stämme endlich geeint auftreten, um der drohenden Gefahr trotzen zu können.
Doch zu stolz waren die Häuptlinge und es schien unmöglich, bestehende Rivalitäten, zumindest vorübergehend, beiseite zu legen.

Die Gerüchte mehrten sich.
Späher berichteten indes von ersten Kampfhandlungen in den Grenzregionen, so dass die Krieger des Dorfes sich sammelten, um gemeinsam gen Süden zu ziehen.
Schließlich sollte jeder Schwertarm gebraucht werden, um die Heimat gegen die einfallenden Invasoren zu verteidigen.

Als sie endlich eintrafen, bot sich ihnen ein Bild des Schreckens.
Hatten doch die, in seinen Augen feigen, Wichtel jede Möglichkeit genutzt, Vorteil aus der angespannten Lage innerhalb seiner Heimat zu ziehen.
Dörfer lagen in Trümmern und Leichenberge türmten sich mitunter mannshoch auf.
Nur einige wenige, verstreut und unkoordiniert herumstreifende "Barbaren", wie sie verächtlich genannt wurden, fanden sie vor.

Und so schlossen sie sich einem dieser umherziehenden Stämme an. Oder vielmehr dessen Überresten, denn viele waren sie nicht mehr.
Auf ihren Streifzügen durch die Berge entdeckten sie schließlich ein Lager der Invasoren.
Wild entschlossen, den Besatzern einen herben Rückschlag zu verpassen stürmten sie dieses.
Doch viele seiner Begleiter sollten bei diesem Angriff ihr Leben lassen.
Aber wenigstens ehrenhaft, mit dem Schwert in der Hand sterbend, würden sie in die Hallen des Ahnenreiches einziehen.
Als die Schlacht gerade auf dem Höhepunkt war, konnte man in der Ferne plötzlich ein dumpfes Grollen vernehmen, welches, immer lauter werdend, bedrohlich nahe kam.
Wohl durch das Kampfgeschrei und das Klirren der stählernen Waffen, hatte sich eine Lawine gelöst, die sich ihren Weg ins Tal bahnte.
Genau in die Richtung, in der sich das Lager befand.
Unmengen von Schnee, Eis und Geröll begruben das Lager und die angrenzenden Regionen unter sich.

Doch etwas Gutes hatte Großvater Winters Groll, als den sie das Ereignis ansahen, auch:
Die meisten ihrer Gegner wurden unter den hereinstürzenden Schneemassen verschüttet,
so dass es ihnen ein Leichtes war, die Verbliebenen aufzureiben.
Doch zu welchem Preis...

Der Weg nach Süden, hinaus aus dem unwirtlichen Tal war versperrt.
Nach Norden? Nein. Nichts als eisige Wüste erwartete sie dort.

Erschöpft von den Strapazen des Kampfes sanken sie nieder und dankten Sarmatijasch und den Ahnen für den erfolgreichen Ausgang des Kampfes, für den Mut und die Stärke, die er ihnen verlieh.

Doch vorerst gab es kein Weiterkommen.

Sie waren gefangen.

Fest umklammert von Winters eisigem Griff.
 
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Thjondar
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Re: Erlebnisse eines Nordmannes

Beitrag von Thjondar »

Teil 2: Solkrs Ruf (Klick für Hintergrundmusik)

"Wo bin ich?", dachte er sich, als er aufwachte.
Um ihn herum tobte ein Schneesturm.
Suchend sah er sich um. Um ihn herum lagen einige Tote. Verhungert waren sie, oder erfroren.
Egal. Auf jeden Fall fand sich kein Zeichen des Lebens in ihren geschundenen Leibern, die, durch die Kälte gut konserviert, beinahe noch menschlich auszusehen vermochten.
Wie lang nur hatte er hier ausharren müssen? Tage? Wochen? Monate gar?

Er sah an sich herab. Und was er sah gefiel ihm ganz und gar nicht.
Abgemagert, ausgehungert und nahezu unfähig, sich auf den Beinen zu halten stand er einsam mitten in der kargen Ödnis der eisigen Steppe.
Verblasst war sein einstiger Glanz. Nur die unzähligen Narben auf seinem Körper schienen wie eine Landkarte sein Leben aufzuzeichnen.
"Was war hier nur geschehen?", versuchte er sich zu erinnern. Doch sein Kopf blieb leer.
Mühsam stapfte er durch den Schnee. Jedoch kam er nicht weit. Die Kräfte versagten und er brach erneut zusammen.
"Soll es denn so enden? Elendig verrecken, wie ein räudiger Köter. Ohne Ehre. Ohne einen Platz in Samartijaschs Halle der Ahnen einnehmen zu dürfen."
Dies waren die letzten Gedanken, sie sich in seinem Hirn einbrannten, als er erneut drohte ohnmächtig zu werden. Doch aufhalten konnte er dies nun wohl nicht mehr. Zu ausgezehrt war er.

So fiel er also erneut in einen tiefen Schlummer. Und der Schneesturm fegte noch immer unnachgiebig über ihn hinweg.


Tage muss es her gewesen sein, als er das Bewusstsein verlor.
Blinzelnd öffnete er die Augen, nachdem ihn eine Stimme dazu aufforderte.
Benommen vor Kälte und Hunger sah er sich um, doch er konnte niemanden erkennen.

"Thjondar!", rief eine donnernd-kraftvolle Stimme erneut.
Er legte den Kopf in den Nacken und schaute nach oben.
In den Wolken über ihm zeichnete sich eine schemenhafte Gestalt ab. Sie vermochte ihn an eine Verschmelzung aus Mann und Bär zu erinnern.
Sollte das etwa...?

"Thjondar. Deine Zeit ist noch nicht gekommen. Du sollst deine Möglichkeit erhalten in den Stand des Berserkers erhoben zu werden, um deinem Volk mit Kraft und Mut zu dienen.
Denn nur so kannst du dir einen Platz bei Samartijasch sichern. Ich verleihe dir meine Stärke. Die Stärke, die du brauchst, um hier heraus zu kommen.
Die Stärke, die du benötigst, um deiner Bestimmung zu folgen. Und wenn du genau überlegst, weisst du, wo du hin gehen musst. Was du dann daraus machst, obliegt nur dir."

Auf ein mal fühlte er, wie das Leben und die Hoffnung in ihn zurück kehrte. Solkr selbst hatte ihn gerufen, ihm eine Aufgabe gegeben.
Und nun war es an ihm, sich der Herausforderung zu stellen, sich auf den Weg zu machen. Auf den Weg in eine neue Welt.

Angetrieben durch Solkrs Ruf.



 
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Thjondar
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Re: Erlebnisse eines Nordmannes

Beitrag von Thjondar »

Teil 3: Der blutige Pfad (Klick für Hintergrundmusik)


Nach einer langen, beschwerlichen Reise kam er endlich in der Neuen Welt an.
In Süden der Insel legte das Schiff an. Erbarmungslos prasselt die Sonne auf ihn herab.
Eine solche Hitze kannte er nicht, sie war ihm völlig fremd.
Sichtlich erschöpft durch die Entbehrungen der letzten Zeit, machte er sich sofort auf den Weg nach Norden.
Hauptsache raus aus dieser quälenden Wärme.  

Der erste Mensch, dem er begegnete stellte sich als Dirion vor. Skeptisch stand er ihm gegenüber.
Doch er schien anders zu sein, erklärte sogar, wo er andere seiner Art finden mochte und ließ Grüße an einen Rashka ausrichten.
Sollten die Wichtel hier anders sein? Nicht von Gier und Hass getrieben?

Die Skepsis blieb.

Also bahnte er sich seinen Weg durch den heißen Wüstensand, entlang der Strecke, die ihm angewiesen wurde.
Hunger und Durst zehrten an seinem ohnehin schon geschundenen Körper.
Der Kampf ums Überleben sollte also von Neuem beginnen.

Doch die Insel hatte einen großen Vorteil: Die üppigen Wälder boten ihm alles, was er brauchte, um wieder zu Kräften zu kommen.
Tiere, die er jagen konnte, Beeren, Kräuter und Wurzeln, sowie hier und da einen sicheren Unterschlupf, um die Dunkelzyklen dort zu verbringen.

Bei seinen Streifzügen durch die Wälder südlich von Nebelhafen, stieß er schließlich auf eine Höhle.
Von Abenteuerlust getrieben, betrat er diese.
Doch kaum darin angekommen, wurde er sogleich von einem wilden Bären angefallen.
Mit einigen kraftvollen Hieben seiner Axt, die er seit dem Bransla, das ihn vor vielen vielen Monden zum Mann werden ließ, sein Eigen nannte, streckte er das Tier nieder.

Die Ahnen wollten ihn prüfen, schoss es ihm durch den Kopf.

Denn in seinem Glauben schickten die Ahnen wilde Tiere, um im Kampf gegen sie Stärke, Mut, sowie List und Schnelligkeit unter Beweis zu stellen.

Und so stellte er sich tapfer der ihm auferlegten Prüfung.

Mit jeder getöteten Kreatur, deren Blut er trank und deren Herz er aß, fühlte er einen Teil seiner Lebensenergie und Kraft in sich zurück kehren.

 
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Thjondar
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Re: Erlebnisse eines Nordmannes

Beitrag von Thjondar »

Erinnerungen

Endlich.

Nach einem langen Marsch war er endlich angekommen.
Angekommen in der Stadt, die Dirion ihm nahelegte aufzusuchen.
Der dortigte Johtar begrüßte ihn unerwartet herzlich.
Und ohne großes Herumgerede wurde er auch sogleich eingespannt in den Wiederaufbau der Ruinen, die einst eine prächtige Siedlung gewesen sein musste.
Ohne dass sein geschundener, ausgezehrter Leib ihm negativ ausgelegt wurde, war er von Beginn an, so hatte er es im Gefühl, einer der Ihren. Auch wenn es niemand direkt aussprach.

Als er an seinem ersten Abend im Dorf am Steg sitzend die Stille genoss, schaute er nachdenklich an sich herab.
Er war nurmehr der Schatten seiner selbst. Einst ein mächtiger Krieger. Und nun?
Ausgezehrt, kaum noch des Lebens wert.

Die rechte Hand strich über seinen Hals und blieb an einer Narbe stehen.
"Adrex, mijn Brodir...", murmelte er leise zu sich selbst, während sich eine Träne ihren Weg über die Wange bahnte und sich schließlich im Bart verfing.
"Was haben wir nur zusammen erlebt.... Für dich wär' ich gestorben. Und du für mich. Und so war es am Ende ja auch.", dachte er bei sich während ihm ein leises Seufzen entwich.

Langsam fuhr er dann mit der Hand weiter über seine Brust. Bis sie schließlich an einer kreisrunden Narbe zum Liegen kam, die an den Einstich eines Speeres erinnern vermochte.

Ausdruckslos starrte er aufs Wasser, doch so sehr er sich auch anstrengte, er konnte die Tränen nicht zurück halten.

"Fenja, meine Liebe Fenja. Mein Weib, mein ein und alles.", schoss es ihm durch den Kopf.

Er weinte an dem Abend noch so manche stille Träne und wünschte sich insgeheim, dass die Erinnerungen wohl besser niemals wieder gekommen wären.

Völlig erschöpft schlief er schließlich ein.
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Thjondar
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Re: Erlebnisse eines Nordmannes

Beitrag von Thjondar »

Ein neuer Morgen

Der nächste Tag brach an und der vergangene Abend lastete noch schwer auf ihm, als er bei seinem Rundgang durch das Dorf einer Frau gewahr wurde.
Groß war sie, muskelbepackt, die Art sich zu bewegen und die Haare erst...

"F...F... Fenja....?, stammelte er leise vor sich hin und machte sich auf, sie zu erreichen.

Aber sie war es nicht. Wie auch? Sie sollte ja eigentlich auch aus den Hallen der Ahnen auf ihn herabsehen.
Dennoch fühlte er sich vom ersten Augenblick an unwahrscheinlich hingezogen zu genau dieser Frau, die ihn so sehr an sein geliebtes Weib zu  erinnern vermochte.

Umso mehr verärgerte es ihn, dass sie ihn mit der Bezeichnung "Hänfling" empfing und ihn direkt mit ihrem entschlossenen Kampfeswillen und ihrer schier unendlichen Kraft niederrang,
als er versuchte,  sie für ihre Aussage zur Rechenschaft zu ziehen. 
Machte er etwa auch nach außen hin den Eindruck eines gebrochenen Mannes? Augenscheinlich ja.
Der kurze, aber dennoch schmerzhafte Kampf offenbarte genau das. Und der Schmerz war nicht physischer Natur.
Dafür hatte er über die Jahre schon zu viel einstecken müssen. Eine andere Art Schmerz machte sich in ihm breit.
Ein Schmerz, den er in dieser Form noch nicht kannte, den er nicht am Leib spürte und der trotzdem weh tat.

Wenn sie doch nur wüsste, was er über die Jahre durchmachen musste. Vielleicht hätte sie ihm dann mehr Respekt entgegen gebracht. Aber wer weiß das schon.
Es ihr zu erzählen kam vorerst nicht in Frage, da es in seinen Augen nur seine Schwächen offenbaren würde.

Trotz allem bot sie sich an, ihm wieder auf die Beine zu helfen, mit ihm zu üben, auf dass er wieder zu Kräften kommen möge.
Das sprach für sie. Sie hatte ein gutes Herz, trotz ihrer wilden und ungestümen, bisweilen auch naiven Art.
Und genau das faszinierte ihn so an ihr.

Gegen Abend machte er sich dann auf den Weg, um sich etwas zu erlegen, denn groß war der Hunger.
Auf dem Weg durch die schneebedeckten Wälder fiel ihm eine gefrorene Blume am Wegesrand auf. Die Blüte leuchtend rot, genau wie Rhandras Haar.
Mit einem sanften Lächeln betrachtete er sie eine Weile, bis er sich entschloss sie als Geschenk mitzunehmen.  

Und so pirschte er sich in der folgenden Nacht nahezu lautlos an die Schlafende heran, betrachtete sie eine Weile mit wehmütigem Blick und legte schlussendlich die Blume neben ihr Gesicht,
damit sie das erste sein möge, dass sie am Morgen erblickte.


Lang lag er danach noch am Feuer und starrte hinauf in den Himmel.
Beinahe als erwarte er ein Zeichen von den Ahnen, den Geistern oder wem auch immer.

Bis er schließlich einschlief
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Thjondar
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Re: Erlebnisse eines Nordmannes

Beitrag von Thjondar »

Einige Tage strichen ins Land und sein sentimental-aufgewühltes Gemüt schien sich ein wenig zu beruhigen.
Aber viel Zeit zum Nachdenken gab es auch nicht. Umfangreiche Arbeiten im Dorf standen an, bei denen jede Hand hilfreich sein würde.
Ebenso wurde ein Thing einberufen, bei dem einige seiner Brüder und Schwestern auf ihr Bransla geschickt wurden.
Gespannt verfolgte er das Geschehen, schließlich stand auch ihm dies irgendwann einmal bevor.

Am Ende der Zeremonie wurde er wieder nachdenklich.
Was war sein Weg?
Eigentlich hatten die Ahnen ja zu ihm gesprochen, dachte er. Doch Zweifel keimten in ihm auf.
Während die anderen von seiner inneren Zerrissenheit wohl nichts mitbekamen, trat schließlich Skadi an ihn heran.
Neugierig fragte sie nach seiner Geschichte, seiner Vergangenheit.
Vielleicht hatte sie die Skepsis in seinem Gesicht bemerkt, vielleicht auch die Blicke, die er den Abend über Rhandra schenkte.
Merkwürdig vertraut begann er sich der Hathran zu öffnen, erzählte aus seiner Vergangenheit, den unzähligen Schlachten, dem Verlust seiner Frau
und schlussendlich auch der erlebten Vision, die ihn ereilte, als er sich schon nicht mehr unter den Lebenden wähnte.
Skadi schien dabei jede einzelne Information, die sie bekam regelrecht in sich aufzusaugen, wohl um sich ein genaues Bild ihres Gegenübers, für das sie gebürgt hatte, zu machen.
Als er dann seinen ungewohnt ausgeprägten Redefluss endlich beendet hatte, gab die bis dahin still Zuhörende noch einiges mit auf den Weg.

So war sie der Meinung, dass die Vision, die er erlebt hatte nur eine Täuschung gewesen sein könnte.
Denn einem Mann, der an der Schwelle des Todes steht, spielen die Sinne und sein Geist oftmals einen Streich, wusste sie zu berichten.
Die Grenzen zwischen  Traum, Fantasie und Wirklichkeit sind in diesem Zwischenreichen fließend.

Sollte ihn sein Kopf wirklich nur etwas sehen lassen, dass er sich selbst so gerne wünschte?
War seine vermeintliche Vision nur ein Trugschluss?
War das für ihn deutlich zu hörende Wort "Berserker" am Ende nur eine verwaschene Kombination aus "Bär" und "Soeker"?
War das pelzige Tier am Himmel vielleicht doch ein Wolf und kein Bär?
Wie dem auch sei. Das Erlebnis hatte ihn schließlich hier her geführt, ihn auf eine Reise geschickt und ihm die Kaft gegeben weiter zu ziehen.

Und genau  das wollte er nun auch wieder: Weiter ziehen. Ruhe erleben. Sich seiner Bestimmung bewusst werden.

So zog es ihn hinaus in die eisigen schneebedeckten Wälder, die seine neue Heimat Fjellgat malerisch umrahmten.
Kaum hatte er das Dorf verlassen fiel ihn auch schon ein wilder Eisbär an, den er schließlich, nach einem langen Kampf erfolgreich niederringen konnte.
Die Ahnen selbst mussten ihn geschickt haben, dachte er bei sich. Denn so bot ihm die raue, eisige Schneelandschaft etwas Essbares und Wärmendes.
Mit dem Fell des Tieres bekleidet verschmolz er so mit der weißen Pracht seiner kühlen Umgebung.
Gleich einem Schneehaufen verharrte er in den Wäldern und beobachtete...

Er sah Wölfe, die im Rudel mächtige Hirsche jagten. Wölfe, die sich allein durchschlugen und sich mit Hasen zufrieden geben mussten.
Bären, die mit ihrer schier unendlichen Kraft selbst ihn zu fällen vermochten. Hasen, Vögel, Schneeleoparden...
Sie alle hatten ihren Platz in dieser vielfältigen Natur, die sich hier in den weitestgehend unberührten Breiten gut selbst regulierte und im Gleichgewicht war.

Doch auch hier galt am Ende nur das Recht des Stärkeren.

Seiner Bestimmung wieder ein Stück weit näher gekommen, kehrte er schließlich wieder ins Dorf zurück.

 
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Thjondar
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Re: Erlebnisse eines Nordmannes

Beitrag von Thjondar »


Solgard....

Allein schon der Name trieb ihm den Schweiß auf die Stirn.

Doch die Geister hatten gesprochen, seine Aufgabe war klar und er wagte es nicht, ihnen zu widersprechen.
Wenn es ihr Wille war, sich in dieser für ihn unwirtlichen Gegend umzusehen, dann sollte es eben so sein. 

Nur mit einem Messer bewaffnet und einem Fell um die Hüften machte er sich auf den Weg.
Unterwegs packte er sich noch einige Kräuter ein, die er am Wegesrand und in den Wäldern fand, von denen er glaubte, dass sie ihm vielleicht noch nützlich sein könnten.

Doch schon bald sollte er die gnadenlose Macht der unbarmherzigen Sonne am eigenen Leib zu spüren bekommen.

Nach besagter Schlucht suchend stapfte er durch den brennenden Wüstensand, bis er schließlich eine Wegung entdeckt, die Rashkas Beschreibung ähnelte.
Er war noch nicht weit gekommen, da erspähte er am Horizont eine große Gestalt, die gerade dabei war, eine riesige Ameise zu erschlagen.
Reise1.jpg
Als das Spektakel zu Ende war und der Wind günstig stand, pirschte er sich im aufgewirbelten Sand nahe an die Überreste der Riesenameise heran.
Der Panzer war hart und und sollte ihm dank seiner Größe ausreichend Schutz und Tarnung bieten, damit er unbemerkt seinen Weg in die Schlucht fortsetzen konnte.
Denn er wusste wohl, dass er gegen diese Übermacht nur mit einem Messer und seinen Fäusten bewaffnet nicht den Hauch einer Chance hätte.
Gleich einer Schildkröte bewegte er sich Stück für Stück durch den heißen Sand und beobachtete:

Ameisen, die emsig ihr Werk vollbrachten. Zyklopen, die scheinbar in Konflikt mit diesen Wesen standen. Und zwischendrin hin und wieder ein Geier, der nach Futter suchend über der Schlucht kreiste.

Die einzelnen Ameisen schienen klar definierte Aufgaben zu haben. Einige wuselten eifrig durch den Sand, wahrscheinlich auf der Suche nach Futter. Andere hingegen wirkten weit kräftiger und entschlossen genug, ihr Territorium bis zum Tod zu verteidigen und wieder andere schienen einfach nur Ausschau nach Gefahren zu halten.
Mittels eines seltsam anmutenden Klickens und Klackens kommunizierten sie wohl miteinander.

Da wurde ihm bewusst, dass sie sich im Grunde genommen gar nicht so unähnlich sind. Denn auch im Stamm hatte jeder seine Aufgabe, jeder war auf seine Art wichtig und wurde gebraucht. Und jeder einzelne war bereit sein Heim und seine Brüder und Schwestern bis zum Tod zu verteidigen.

Unter dem Panzer der Ameise versteckt verbrachte er die Nacht in der Schlucht.


Der nächste Tag brach an und kaum hatte sich die Sonne am Horizont empor geschwungen kroch er unter dem Schutz des Panzers wieder aus der Schlucht heraus.
Seine Aufgabe war noch nicht beendet. der Hauptteil sollte noch folgen.
Wie Feuer brennend prasselte die Sonne unnachgiebig auf seinen ohnehin schon ausgezehrten Leib und es fiel ihm schwer, einen klaren Gedanken zu fassen. Da kam ihm die sich vor ihm aufbauende Schlange gerade recht. Mit einer pfeilschnellen Bewegung packte er sie am Kopf, welchen er sogleich mit seinen riesigen Pranken abriss. Der aus dem Hals rinnende Lebenssaft der noch kurz zuckenden Schlange sollte ihm Nahrung und Flüssigkeit sein, auf dass er seine Reise fortsetzen konnte.
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Als er seine Zähne anschließend in das zähe Fleisch der erlegten Kreatur bohrte, schoss ihm eine Idee in den Kopf. Eine Idee, die es ihm ermöglichen sollte, seine Aufgabe zu Ende zu bringen.
Also stapfte er weiter durch den Sand, Ausschau haltend nach einer bestimmten Schlange, von der er wusste, dass ihr Biss ihn etwas benommen machen, aber nicht töten würde.

In einer kleinen Oase nahe der Stadt, die sein eigentliches Ziel war, wurde er schließlich fündig.
Die auf dem Weg hier her gesammelten Kräuter zerkaute er und ließ sich schließlich von dem Tier in die Wade beißen.
Die Wirkung des Giftes sollte alsbald einsetzen, jedoch durch die Kräuter deutlich abgemildert, so dass er sich etwas benommen den Rest des Weges noch in die Stadt bahnen konnte.

Auf den ersten Blick wirkte die Stadt, die durch ihre massiven Mauern gut geschützt schien, menschenleer.
Also trottete er behäbig durch die Gassen, bis er schließlich einiger Stimmen gewahr wurde.
Dies sollte nun seine Möglichkeit sein, herauszufinden, wie sich die Einwohner der Wüstenstadt verhielten.

Erschöpft ließ er sich dann ächzend in Hör- und Sichtweite der beiden im Garten Plaudernden nieder.

Und es sollte nicht lange dauern, da kamen sie auch schon an.
Zuerst etwas misstrauisch, aber am Ende wohl ernstlich besorgt ob seines Zustandes, kümmerten sie sie um seine Verletzung, brachten ihm Wasser und boten an,
dass er sich hier in Sicherheit ausruhen und wieder zu Kräften kommen könne.

Unvoreingenommen, ohne sein Ansinnen, seine Beweggründe oder Absichten zu kennen, boten sie ihm Obdach, Nahrung und Wasser.

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Reise4.jpg (35.03 KiB) 2297 mal betrachtet
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Eine seltsame Erfahrung...
Schließlich würde er wahrscheinlich in einem solchen Fall den "Gast" erst einmal in einen Käfig sperren, bis er entweder redet, oder aber auch nicht mehr.

Aber die Menschen hier schienen anders zu sein. Gutherzig, mitfühlend und hilfsbereit.
Das stellte sich auch in den folgenden Gesprächen mit anderen Bewohnern der Stadt heraus.
Und er war sich sicher: Auch wenn sie nur wenige waren, so würden sie im Fall der Fälle geschlossen zusammen stehen und ein jeder für den anderen eintreten.
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An einem Fleischschenkel nagend saß er dann noch eine Weile an einen Baum gelehnt im Garten hinter dem Rathaus.
Unschlüssig, ob seine Beobachtungen ausreichend waren, den Johtar und die Geister zufrieden zu stellen oder nicht, schloss er die Augen und ruhte sich aus.


 
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Thjondar
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Re: Erlebnisse eines Nordmannes

Beitrag von Thjondar »

Die Zeichen der Zeit

Einige Monde verbrachte er nun schon hier in dieser für ihn neuen Welt.
Er kannte das Eiland mittlerweile recht gut, wusste wo er fand, was er und der Stamm brauchten.
Unermüdlich versuchte er, wieder zu alter Stärke zurück zu finden.
Doch so sehr er sich auch mühte, so viele Feinde er auch erschlug, er fühlte sich schwach.
Wo er früher noch mit dem Trinkhorn in der Hand und einem Weib über der Schulter jeden Troll, Oger oder was auch immer besiegt hätte, kam er gegen eben solche immer wieder ins Straucheln.
Wo er einst einen Unhold nach dem anderen fällte, drohte er nun selbst zu fallen.
Zu alt, zu langsam, zu schwach. So fühlte er sich.

Immer wieder erschienen die Bilder in seinem Kopf.
Bilder von vergangenen Schlachten und wie er sich als muskelbepackter Jüngling einen Namen machte.
Bilder wahrer Heerscharen von Feinden, die er und seine Brüder einst töteten.
Aber auch Bilder des Schmerzes. Wie er seine geliebte Fenja nicht vor dem Tod bewahren konnte.
Wie er seine Mannen vor der Ankunft hier in dieses eisige Grab geführt hatte. Und wie er Seite an Seite in der Schlacht seinen Bruder Thorknar verlor.
Unzählige Tote hatte er in seinem Leben sehen müssen. Freund wie Feind. Und all dies hatte Spuren hinterlassen.

Zu allem Überfluss stolzierte dann auch noch ein junger, strammer Krieger in das Dorf. Hoch gewachsen, selbstsicher, vom Kampf gestählt und vor allem .... jung, in der Blüte seines Lebens.
Tarabasch hieß dieser prächtige Sohn des Nordvolkes. Und er erinnerte ihn so sehr an sich selbst und seine vergangenen Tage. Seine Wildheit, Kampfeskraft und Entschlossenheit suchten ihresgleichen.
Wieder fühlte er sich zu alt, zu langsam, zu schwach.

Und so drängte sich ihm unweigerlich der Gedanke auf, dass seine Zeit vorbei sei.

Doch was wollten die Ahnen von ihm? Hatten sie noch einen Plan für den alternden, von Selbstzweifeln geplagten einstigen Krieger?

Er musste es einfach herausfinden. 
Also zog er aus in die eisigen Berge um Fjellgat, um sich auf die Geister- und Ahnenwelt zu besinnen, auf dass sie sein Flehen erhören mögen und ihm den weiteren Weg weisen.


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Re: Erlebnisse eines Nordmannes

Beitrag von Thjondar »

Auf der Suche

Nur mit einigen Fellen bekleidet irrte er rast- und ruhelos durch die eisige Einöde. Fest entschlossen, entweder den Tod oder Erleuchtung zu finden.
Es war eine stürmische Nacht, die er sich ausgesucht hatte, um den Schutz des Dorfes zu verlassen. Doch es musste sein. Die Ahnen mussten einen Plan für ihn haben. Dessen war er sich sicher.
Sie führten und leiteten ihn schließlich schon sein ganzes Leben lang. Und nie hatten die weissagenden Schamanen, oder die Visionen, die ihn selbst ereilten unrecht.
Rückblickend auf sein Leben war er sich dessen vollkommen sicher.
Einen Ort wollte er finden, an dem er ungestört ist. Fernab vom geschäftigen Treiben des Dorfes.
Auch wenn ihm die Gemeinschaft sehr ans Herz gewachsen war, so brauchte er doch immer wieder Abstand. Um den Kopf frei zu bekommen, die Ruhe zu genießen,
oder aber auch um einfach nur den Tieren des Waldes zuzusehen, ihnen zu lauschen, zu beobachten, wie auch sie Teil des Kreislaufs waren.
Und so marschierte er unermüdlich durch die schneebedeckte Landschaft. Auf der Suche nach einem geeigneten Ort, an dem er vielleicht Antworten finden würde.
Unweit vom Dorf erspähte er schließlich einen Berg. Eine Erhebung in der Landschaft von solcher Unscheinbarkeit, dass sie ihm bisher noch nie so richtig bewusst aufgefallen war.
Zumindest nicht als Rückzugsort, obwohl er schon unzählige Male daran vorbei gepirscht war.

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Mühsam war der Weg hinauf auf den Gipfel. Denn der eisige Wind hatte den über den Tag angetauten Schnee zu einer wahren Herausforderung werden lassen.
Doch schlussendlich hatte er den beschwerlichen Aufstieg geschafft. Kaum oben angekommen klarte der Himmel auf und eine wahrlich beeindruckende Aussicht sollte sich ihm bieten.
Der Blick war frei auf Fjellgat hinab, auf die Harpyienruinen im Norden und in weiter Entfernung waren selbst Nebelhafens Umrisse sichtbar. Und im Süden lag ruhig die See.
Er schloss die Augen, atmete tief durch und genoss den Moment.
Anschließend breitete er das Fell eines Eisbären vor sich aus, das er bis dahin nochum die Hüften trug. Dieses prächtige Expemplar hatte er erlegt kurz nachdem er auf dieser Insel hier ankam.
Er war wild gewesen, hatte ihn angefallen und er kämpfte um sein Leben. Wieder einmal. Ein schmales Lächeln zierte sein Gesicht, als ihm diese Erinnerung wieder in den Sinn kam.
Und nun sollte das Fell dieses Bären ein Opfer an die Ahnen sein, um deren Gunst zu erlangen und deren Weisung zu erhalten.

Der Rauch der lodernden Opfergabe stieg weit in den Himmel hinauf und Thjondars Blicke verfolgten aufmerksam dessen Verlauf. Denn, nicht unüblich, konnte bereits dies eine tiefere Bedeutung haben.
Doch einfach kerzengerade stieg er nach oben. Keine Verschnörkelungen, keine Abweichungen und auch kein Muster waren für ihn erkennbar.
Er schloss die Augen und sank mit einem Seufzen auf die Knie. Hatten die Ahnen ihn vergessen? Hatten sie wirklich keine Aufgabe mehr für ihn?
Erschöpft von den Strapazen der letzten Tage lehnte er sich an den einzigen Baum auf dem Gipfel und schlief ein.


Wie so oft träumte er von vergangenen Zeiten, wie er Schlachten schlug, dabei unbesiegbar schien, wie er seine Frau kennenlernte und wie sie vor seinen Augen dahin genommen wurde.
Träume, die ihn schon seit langer Zeit wieder und wieder heimsuchten. Einerseits eine schöne Erinnerung, doch andererseits machten sie ihm auch immer wieder deutlich, dass auch sein Leben einst enden würde.
Und wieder war es eine dieser Nächte, in denen er fast schon panisch aufwachte und reflexartig zu seiner Waffe griff, die sonst immer neben ihm bereit lag. Doch nicht dieses Mal.
Nur sein Vaenkniv hatte er dabei. Jenen geschwungenen Dolch mit dem knöchernen Griff in den ein Wolfskopf eingeschnitzt war, den er bei seiner Aufnahme in den Stamm der Thrymm'tack erhalten hatte.
Die Nacht war finster. Als er erwachte und versuchte, sich umzusehen, erkannte er nichts. Der Himmel war bedeckt und kein Stern war zu sehen.
Der Nebel des langsam erlischenden Feuers trübte zusätzlich die Sicht.
Eine gespenstische Ruhe umhüllte ihn. Und trotzdem fühlte es sich irgendwie bedrohlich an. Mit zusammengekniffenen Augen starrte er in die Dunkelheit, in der Hoffnung, doch irgendetwas zu erkennen. In einiger Entfernung wähnte er tatsächlich, eine Gestalt erkannt zu haben. Für ihn sah die schemenhafte Gestalt aus, wie ein in Lumpen gehüllter alter Mann. Das Messer fest umklammert schlich er sich in deren Richtung. Doch je näher er kam, umso unklarer das Bild. Schließlich kehrte er wieder um. Zurück zum Baum, an dem er seinen Schlaf fortsetzen wollte. Totenstille.
Nur in der Entfernung war der Ruf eines Adler zu hören.

Als er am Morgen erwachte, stieg bereits die Sonne am Horizont empor und brachte die weiße Pracht um ihn herum zum Funkeln und Glitzern.
Bis auf einige wenige Aschereste erinnerte nichts mehr an die Geschehnisse des Tages und der Nacht.
Ein Wind war aufgefrischt. Eine eisige Brise, die selbst die Spuren, die er bei seinem nächtlichen Ausflug hinterlassen haben mochte, bereits vollständig verweht hatte.
Und noch immer hatte er, so meinte er es, noch kein Zeichen erhalten.
Doch aufgeben war keine Option. Er kniete vor den spärliche Überresten seiner Opfergabe nieder und schloss die Augen. Er versuchte sich zu erinnern, was die Alten ihm von Kleinauf immer wieder erzählt hatten. Die Legenden, die sich um Sarmatijasch rankten. Die Erzählungen über Halvard, Solkr, Variot, Aeiti und nicht zuletzt auch Großvater Winter.
Und plötzlich schoss es ihm durch den Kopf. Sollte Großvater Winter ihn in dieser Nacht besucht haben? Wollte er sich ein Bild davon machen, ob er noch zu etwas nütze sei, oder ob er ihn holen sollte? War er es, der versuchte ihm Weisung und Führung anzubieten?

Er hatte schon öfter in seinem Leben solche Erscheinungen gehabt. Doch ausnahmslos jede davon stand in Zusammenhang mit dem nahenden Tod.
Und gewarnt hatte man ihn: Ein Mann an der Schwelle des Todes lässt sich gern von Trugbildern täuschen. Die Worte von Skadi, die sie ihm einst gesagt hatte, ließen ihn bisher zweifeln an seiner Gabe mit den Ahnen in Kontakt treten zu können.
Doch nie zuvor fühlte er sich lebendiger als jetzt. Geschwächt vielleicht, aber noch lange nicht tot.
Er lehnte sich wieder zurück an den Baum und schloss die Augen. In stiller Meditation verharrte er regungslos die nächsten beiden Tage und 3 Nächte, so dass er insgesamt 3 Tage und 4 Nächte auf dem Gipfel zubrachte, wie einst Halvard auch. So berichteten zumindest die Alten.
Immer wieder sah er dabei Bilder von vergangenen Tagen, aber auch Dinge, die er nicht erlebt hatte und die er für den Moment nicht zuordnen konnte.
Eine alte, beinahe vergessene Sprache drang an sein Ohr. Fast so wie die, die er bei den Schamanen hatte gelegentlich aufschnappen können.
Doch noch verstand er sie nicht.

Aber er verstand: Die Ahnen redeten mit ihm, er konnte sie sehen. Und er war sich sicher, dass auf seine alten Tage hin dies sein weiterer Weg sein würde.

 
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Thjondar
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Re: Erlebnisse eines Nordmannes

Beitrag von Thjondar »

Erste Schritte
  
 Sichtlich erschöpft und gezeichnet von den Erlebnissen der letzten Tage machte er sich wieder an den Abstieg.
Die Schamanen des Dorfes musste er aufsuchen, denn nur sie konnten ihm Führung und Weisung geben und vermitteln, wie er seine Fähigkeiten kontrollieren kann.
Die Visionen, die Stimmen und was sie bedeuten könnten.
 Doch bei seiner Ankunft waren sie, wie so oft, nicht da.
 Einzig die aufmerksame Solvaig lief ihm über den Weg. Und sie merkte sofort, dass etwas geschehen sein musste.
 Als er ihr dann grob erzählte, was er erlebt hatte, meinte sie nur, dass sie die Worte, die er in seinem Kopf vernahm, schon von Segimer, Argolf und Haldron vernommen hatte.
 Sie mussten also in direktem Zusammenhang mit deren Zaubern und Fähigkeiten stehen.
Und so wiederholte er sie wieder und wieder gebetsmühlenartig für sich selbst, auf dass sie sich in seinem Kopf verankern mochten.
Aber im Vergleich zu den Schamanen tat sich nichts, als er sie vor sich hin sprach. Auf die richtige Reihenfolge musste es ankommen, dachte er sich.
Und die 3 haben in Verbindung immer mit irgendwelchen Kräutern hantiert. Daher erschien es ihm naheliegend, dass diese auch ein wichtiger Bestandteil des schamanistischen Wirkens sein mussten.
 Und so zog er, nachdem die Wachen informiert wurden, dass er die Schamanen suche, wieder aus.
Mit einem scharfen Messer bewaffnet und einem Kräutersäcklein am Gürtel, um allerlei Gewächse zusammenzutragen, die vielleicht von Nutzen sein könnten.
 Wieder im Dorf angekommen, traf er auf Tarabasch. Jenen stolzen Berserker, der ihn, wenn auch unbewusst, überhaupt erst einmal auf seine Suche in die Berge geschickt hatte.
 Der unerschrockene, junge Krieger wollte gerade aufbrechen, um sein Kampfgeschick weiter zu schulen und den Stamm mit wertwollem Leder und Knochen zu versorgen.
 Noch während er die gesammelten Kräuter in seine Truhe einschlichtete, und dem ausziehenden Kämpfer Stärke und Schutz der Ahnen aussprechen wollte,
kamen ihm plötzlich und ohne groß darüber nachzudenken die Worte "Ingwaz Othala" in den Sinn und sie sprudelten förmlich aus ihm heraus.
 Verwundert, beinahe schon erschrocken schaute Tarabasch ihn an und blieb einen Moment regungslos stehen. "Was.... was war das denn"?, fragte Tara nach.
Doch Thjondar wusste es selbst nicht.
Die Wurzel und die Knolle, die er gerade in der Hand hatte, waren verschwunden und sein Gegenüber meinte, dass er sich irgendwie kräftiger und wendiger fühle.
 Wie versteinert stand er nun hier und sah dem voller Tatendrang enteilenden Berserker hinterher.
 Im Namen der Ahnen, als deren Sprachrohr, hatte er gewirkt.
 
Doch er wusste genau, dass noch ein langer Weg vor ihm liegen würde.
 
Und so wartete er in Schweigen gehüllt geduldig auf die Ankunft der Schamanen.
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