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...Und ne Buddel voll Rum!

Verfasst: 25 Mai 2024, 22:44
von Tonya Darez
Zu den Waffen!
  
  
  
 „Heh, Tonya, der Maat lässt einen Springen....“
Der Ruf schallte nach unten, und machte sich in den Ohren der gerufenen breit, welche sogleich begann zu grinsen.
„Wurde auch Zeit“, nuschelte sie und schob die Sachen zurück in das Regal.
Gut gelaunt, zweifelsohne, machte sie sich auf den Weg nach oben, um auf Deck zu sehen, was dort los war.
Gerade war die See ruhig, auch wenn ganz weit am Himmel es schon langsam wolkiger wurde.
Kurz zog sie die Nase kraus, zuweilen war das Wetter einfach unberechenbar.
„Na, wenn das ma' gut geht“, nuschelte sie wieder vor sich her, allerdings ohne wirklich jemanden zu beachten, der sich in ihrer Nähe befinden könnte.
 Der alte Piet betrachtete sie zwar einen Moment kritisch, dann zog sein Blick weiter zum Firmament, ehe er tief brummte.
Sicherlich hatte er den gleichen Gedanken, allerdings überwog die Freude, über den bevorstehenden Abend, welcher sicherlich Feucht-Fröhlich werden würde.
Sie hatten einige Entbehrungen hinter sich gelassen und alle waren ein wenig Angespannt.
Der Erste hatte gut daran getan, die Stimmung zu heben, so würde es wieder einen Aufschwung der Stimmung geben, zumindest dann, wenn alle wieder nüchtern waren und sie weiter fahren konnten.
 Auf einigen Fässern standen schon Holzbecher, einige Flaschen Rum und andere feinste Getränke standen bereit, und es gab als Häppchen..... geräucherten Fisch.... Wie könnte es auch anders sein?
Ehrlicherweise konnte sie keinen Fisch mehr sehen, das eine oder andere Mal ließ sie das Mahl aus, wenn es mal wieder....Fisch....gab.
Sie freute sich auf die Ankunft und auf das Land, Obst, Gemüse, Fleisch.
Die mitgenommenen Hühner und das Trockenfleisch waren halt schon lange nicht mehr vorhanden.
Auch die Äpfel waren schnell weg gewesen.
Das Brot war mittlerweile trocken und konnte nur verzehrt werden, wenn sie dieses in Wasser getunkt wieder weich werden ließen.
Aber, dies war nicht ihre erste Fahrt, sie kannte es schon.
Dafür hatte sie sich ihre Tabackröllchen gut eingeteilt und heute, zur Feier des Tages würde eines davon geraucht werden.
Nichts ging über eine sanfte Brise, ein guter Rum und ein Tabackröllchen zum Schmauchen.
 Auch wenn sie sich nie wirklich hatte voll-laufen lassen, sie genoß es, die Stimmung der anderen aufhellen zu sehen, gerade wenn sie schon lange unterwegs waren.
Männer und Frauen, auf engstem Raum über eine lange Zeit, da gab es immer wieder Streit, Uneinigkeiten und das eine oder andere Gerangel.
 Alles in allem mochte sie die meisten, gut, den einen mehr den anderen weniger, sie hatte sich jedoch immer zum Prinzip gemacht, sich in viele Dinge einfach nicht einzumischen.
Wenn sie um ihre Meinung gebeten wurde, dann tat sie diese Kund, gleich ob sie allen passte oder nicht.
 An diesem Tag ließ sie sich aber von der Stimmung treiben, einer der Matrosen hatte eine Laute ausgepackt und es wurde mit zunehmendem Alkoholkonsum auch lauter und schiefer gesungen.
Niemand achtete mehr aufs Wetter oder die Umgebung, was eigentlich ein absoluter Frevel war, denn eigentlich sollten immer einige eingeteilte halbwegs nüchtern bleiben.
Die letzten Jahre war immer Verlass drauf gewesen, aber an diesem Tag......
  


Ein lautes Knallen und Rumpeln ließ alle zusammen zucken, das Schiff wackelte und bebte, die ersten landeten platschend im Wasser.
Schreie erklangen und es wurde zu den Waffen gegriffen.
Schlagartig war bei den meisten der Rausch vorbei, auch wenn es zu spät war.
Das gegnerische Schiff hatte bereits die Kanonen nachgeladen und es rumpelte erneut.
 Es ging alles so schnell, Tonya hatte ihre Armbrust und ihre Messer bereits griffbereit, die Armbrust wurde routiniert geladen, und die ersten Bolzen flogen, gleich ob sie trafen oder nicht, aber es fühlte sich besser an.
Und aufgrund der Geschwindigkeit, welche beide Schiffe drauf hatten, dauerte es nicht sehr lange, als sie ihre ersten Ziele zu sehen bekam.
Der nächste Bolzen traf sein Ziel, einer der Kanoniere wurde nach hinten geworfen und hinterließ eine Lücke auf dem Posten, was dazu führte, dass die nächste Kanonenkugel nicht wie geplant das Kanonenrohr verließ.
„HA!“, entfuhr es ihr und schon musste sie sich ducken, denn einer der umstehenden Matrosen hatte den Ausfall des Kanoniers bemerkt und übernahm seine Position.
Was zur Folge hatte, dass es wieder laut rumpelte, Holz flog herum, Splitter trafen Ziele, welche sich zufällig in ihrer Flugbahn befanden.
Um genau zu sein, alles flog gerade herum, dem Schwung des neuerlichen Aufpralls folgend.
  
Und genau da lag die Krux.
Hinten hat man keine Augen und so passierte es, dass Tonya nicht sah, welche Bedrohung hinter ihr auf sie zu flog.
 Schlagartig wurde es dunkel, sie fiel......
  
  
  

Re: ...Und ne Buddel voll Rum!

Verfasst: 29 Jun 2024, 20:30
von Tonya Darez
Traumsequenz
  
Ich sitze auf einem Schemel, klein, alt, wackelig, ich spüre durch den Stoff, dass die Sitzgelegenheit schon die besten Tage hinter sich hat.
Die Oberfläche ist rau und uneben.
Ich blicke an mir herab- und erschrecke.
Ein Rock, Leinen, alt, schäbig, abgetragen, darüber eine grüne Schürze, fleckig und speckig.
Die Füße sind schmutzig, ohne Schuhe, der Holzboden hat auch schon seine besten Tage hinter sich.
Die Türe fliegt quietschend auf, irgendwo draußen sind Kinderstimmen zu hören, geschätzt sind es vier Kinder in unterschiedlichen Tonlagen, sie Streiten.
Es betritt ein dunkler Schatten das Haus, statt eines Gesichtes ist ein schwarzes Nichts zu erkennen.
Er brüllt los:
„Wie sieht es denn hier aus? Warum ist das Essen noch nicht fertig?“
Es klatscht laut, mein Gesicht beginnt zu brennen.
Ohne eine Antwort zu geben, starre ich hoch, starre das schwarze Nichts an, welches das Gesicht … unkenntlich macht....
„Weib, warum bin ich mit dir gestraft, und warum sind die verfluchten Bälger noch draußen?“, Er schreit seine Wut heraus, es klatscht ein weiteres Mal, jetzt beginnt die andere Seite meines Gesichtes an zu brennen.
„Was habe ich getan, das ich dich verdient hab?“
Die Abschließende Frage treibt mir die Tränen in die Augen, meine Finger greifen sich fest in den Stoff meines Rockes, und verkrampfen sich so hart, dass die Knöchel weiß hervor treten.
  
  
  
 Der Schreck saß tief, als sie mit einem tiefen Atemzug erwachte.
Der Mann, welcher über ihr in gebeugter Haltung hockte, sah zufrieden aus.„Na, du willst also doch leben“, grinste er und zeigte die gelblichen Zähne.
Diese Stimme...... er war doch....?
„Was... ist …. passiert....?“, ihre eigene Stimme klang krächzend, nicht wie ihre.
„Hab 'n Wrack gefunden, und du schwammst noch oben“, erwiderte ihr Retter schmunzelnd.„Vielleicht kannst'de mir noch nützlich sein“
Das Grinsen wurde fieser, und die Anspannung in ihr stieg.
  

Re: ...Und ne Buddel voll Rum!

Verfasst: 13 Jul 2024, 19:47
von Tonya Darez
Rückblende:
  
 „Tooooonyaaaaa!“, Mutters Stimme hallte durch's Haus.
Sie lag bäuchlings auf ihrem Bett, das Buch vor der Nase und schmöckerte in einem sehr alten, sehr sehr abgegriffenen Buch.
Das Buch beinhaltete Kurzgeschichten aus aller Welt.
Naja, zumindest sagte der Titel das.
Wahrscheinlich war der Schreiber nie durch die ganze Welt gereist, aber das kümmerte das Mädchen nicht.
Mädchen..... Junge Erwachsene traf es besser. Bei Jungen würde man dieses Alter wohl „Halbstark“ nennen.
Aber, sie war ein Mädchen.
Als sie nicht auf ihren Namen reagierte, brüllte ihre Mutter erneut, dieses Mal mit einem Hauch mehr Genervtheit und Gereiztheit in der Stimme.
 Jetzt hob sie doch den Kopf, ein seufzten erklang, ehe sie sich aufrichtete, das Buch unter dem Kopfkissen versteckte und sich dann eilig daran machte, zu ihrer Mutter zu gelangen.
„Jaster hat sich mal wieder mit dem Ziegenbock angelegt und ist vom ihm an den Baum gepinnt worden, die Hörner können den Jungen verletzen, und Amarius hat schon wieder die kleinen Möhren aus dem Beet gezerrt und gefuttert. Tonya,ich hab dir duzende Male gesagt, dass du auf die Jungs aufpassen sollst und das du dich um den Haushalt zu kümmern hast, wann verstehst du das endlich?“
Der Redeschwall der Mutter hörte in den Ohren der jungen Schwarzhaarigen gar nicht mehr auf.
„Du hast wieder heimlich gelesen, richtig?“
Jetzt zuckte Tonya zusammen. 'Verdammt, woher weiß sie das?', schwirrte noch als Gedanke in ihrem Kopf herum, ehe sie eine schallende Ohrfeige erhielt.
Der heiße Schmerz und die aufkeimende Wut ließen ihr die Röte ins Gesicht – und die Tränen in die Augen treiben.
 „Aber Mama, ich kann besser lesen als.....“ begann sie und wurde abrupt von einem neuerlichen wütenden Brüllens ihres Namens gestoppt.
„Es interessiert mich nicht, du bist verdammt noch mal ein Mädchen! Was du können musst ist: Putzen, Waschen, Kochen, Gartenarbeit, Tiere versorgen und deinem Gatten und dem Herren neue Kinder schenken. Du wirst nicht in die Lehre gehen, oder sonst was. Du bist ein Mädchen. Ich erwarte Enkelkinder und eine brave Tochter die ihrem Ehemann zum gefallen ist“
'Jetzt geht das schon wieder los', dachte sie im stillen bei sich und der Anflug der Gefühle waren beendet.
Was sich seit dem Beginn dieser Predigten in ihr breit gemacht hatte, war das Gefühl von ….Gefühllosigkeit.Hatte sie anfangs noch rebelliert und sich mit Händen und Füßen zu wehren versucht, so tat sie heute nichts mehr dergleichen, sondern ertrug die Worte in stoischer Weise.
 Tief in ihrem Inneren wusste sie, das der Tag irgendwann kommen würde an dem sie eine Entscheidung würde treffen müssen.
Den Vorgegebenen Weg gehen und ertragen oder aber irgendwas unternehmen.....
  

Re: ...Und ne Buddel voll Rum!

Verfasst: 14 Jul 2024, 07:43
von Tonya Darez
Zufall, Schicksal oder doch der Willen des Herren?
  
Als ihre Füße das erste Mal die Stadt betraten, runzelte sie die Stirn und legte kurz den Kopf schief.'Wo bin ich denn jetzt hier gelandet?'
Ein Gedanke den sie schon öfter in ihrem Leben gehabt hatte.
Sie hatte den Kerl, welcher sie aufgelesen hatte, zurück gelassen. Es war noch nicht lange her, dass sie das blutige Messer ins Wasser des Flußes geworfen und sich aus dem Staub gemacht hatte.
„Der Namenlose wird dich richten“, war sein letzter Satz gewesen, welcher er zu ihr gesagt hatte.
Wird er vielleicht, aber nicht jetzt, nicht hier, und nicht durch dich.
Als sie von ihm weg gegangen war, schrie er ihr noch hinterher, wilde Flüche und Beleidigungen.
Nichts, was sie nicht schon kannte, nichts was sie nicht ertrug.
Niemals würde sie sich verkaufen oder versklaven lassen. Und erst recht nicht im Namen eines Gottes, den sie verachtete.
Wobei verachten vielleicht das falsche Wort war.Sie wusste, dass er die Verletzung kaum ´überleben konnte, er müsste sich schnell Hilfe holen, aber letztlich war das Schicksal des Mannes ebenso wichtig wie der Haufen Pferdeäpfel, der am Wegesrand lag.
 Solgard, so hieß die Stadt, in die sie das Schicksal verschlagen hatte. Zumindest war das ihr erster Gedanke.
Eine Stadt wie viele andere, sie würde einige Tage dort bleiben und dann schauen wann sie wieder auf einem Schiff anheuern konnte.
Die erste Nacht in der Herberge war eher mäßig gut. Viele Gedanken gingen ihr durch den Kopf, der Schlaf wollte sie nicht aufsuchen.
Am nächsten Tag, wie gerädert, schlurfte sie durch die Straßen.
„Tonya?“, die Stimme war irgendwie annähernd bekannt, aber auch fremd.
Der Mann, welcher in goldener Rüstung vor ihr Stand, war hoch gewachsen, breit und stattlich.
Aber dieses Grinsen, das hatte sich nicht verändert.
Jaster, ihr kleiner Bruder.
Der Kerl, der immer nur Blödsinn im Kopf gehabt hatte. Der kleine Kerl, der immer den Ziegenbock geärgert – und damit Mutter zurWeißglut getrieben hat.
Der Kerl, der der Meister darin war, sich vor der Arbeit zu verstecken.....
Das alleine wäre genug des Guten gewesen, aber da kam auch noch Amarius um die Ecke.
Der kleinste, der mit dem Dackelblick und den kleinen Dummheiten.
 Wie konnte das denn sein?
Das konnte doch kein Zufall sein?
Zwei ihrer Brüder, in einer Stadt, in der sie gerade angekommen war, aus einem Multiversum voller Sonderlichkeiten und schier unbegrenzter Möglichkeiten.Wie konnte das denn nur passiert sein?

Re: ...Und ne Buddel voll Rum!

Verfasst: 12 Okt 2024, 12:56
von Tonya Darez
Sesshaft?
  
 Eigentlich war ihr Plan gewesen, ein paar Münzen zu verdienen und das nächste Schiff ins Irgendwo zu betreten.
Ein paar Münzen waren verdient, eigentlich sogar mehr als sie bräuchte.
Ihre Ausrüstung war stark verbessert worden, sie schwelgte sogar in einer Art Luxus, welchen sie seit Ewigkeiten nicht mehr hatte.
Einen Posten hatte sie, als ein festes Mitglied der Stadtwache, welchen sie zwar eigentlich nie hätte haben wollen, in dem sie sich aber doch recht wohl fühlte.
Sie hatte Kontakte geknüpft, nette Menschen kennen – und mögen gelernt.
Zukunftspläne?
Ja, sicherlich. Zumindest die in der nahen Zukunft.
Ferne Zukunftspläne hatte sie nie Schmieden wollen, hatte sich immer vom Wind treiben lassen, egal wo auch immer das Wasser sie an Land spülte.
Gelegenheiten nutzen, das Leben leben, wie es eben kam.
Heute hier, morgen dort.
Und jetzt?Jetzt plante sie!
Alleine diese Tatsache war schon abstrus genug.
 Brummend stiefelte sie nach ihrem Wachdienst die Straße entlang, den Kopf noch bei den kommenden Aufgaben, den Füßen den Weg überlassend.
Als sie die Hand an die Türklinke streckte um diese zu öffnen, blinzelte sie und besah sich, wo genau sie angekommen war.
Ein kurzes schiefes grinsen huschte über ihre Züge, ehe sie leise seufzte.
Sie öffnete die Türe, schlüpfte ins Haus und lauschte.
Das Haus war leer.
So zog sie sich eine Flasche guten Zond-Bieres aus dem Regal und zündete ein paar Kerzen an, um ein wenig Licht in den Raum zu bekommen.
Dann wanderte sie nach oben, setzte sich auf den kleinen Balkon und zündete sich einen Glimmstängel an.
Die Flasche Bier neben sich, der Blick ging hinaus aufs Meer.
Die Sonne war im Begriff unter zu gehen, zauberte ein Glitzern auf die Oberfläche des Meeres.
Einige Möwen flogen noch und während sie dem ganzen ihre Aufmerksamkeit schenkte, lehnte sie den Hinterkopf an die Wand.
Schmauchend genoss sie den Sonnenuntergang.
 War das das Gefühl von Sesshaftigkeit?
Von zu Hause fühlen?
„Ich mag keine Käfige, weder echte noch gefühlte“
Das war eine ihrer eigenen Antworten gewesen.
Viel zu wenig Schiffsplanken unter den Füßen hatte sie die letzten Monde gehabt.
Viel zu wenig Seegang mitgemacht und viel zu wenig im Krähennest gesessen.
 Dafür hatte sie getanzt und gelacht, und sich wohl gefühlt, ohne das sie immer die volle Kontrolle gehabt hatte.
Diskussionen geführt, Ungeheuer zurückgeschlagen, eine Expedition geleitet, Gebäude und Mauern mit aufgebaut.
Und es gab noch viel mehr zu tun.
 Als die Türe im Haus unten aufging, zog sie das aus ihren Gedanken. Mit der Bierflasche in der Hand stieg sie wieder die Treppen herunter.
  

Re: ...Und ne Buddel voll Rum!

Verfasst: 19 Okt 2024, 14:34
von Tonya Darez
Billiger Rum und viel zu viel Fisch
  
 
Der Zinnbecher war irgendwie aus der Taverne in ihren temporären Besitz übergegangen.
Temporär – wenn sie denn daran dachte, Corbin den Becher wieder mit zu bringen.
Wenn sie ehrlich war, hatte sie bereits den zweiten Becher der Taverne entwendet, und ihn lediglich vergessen, einfach wieder zurück zu stellen.
Die Taverne war ja offen, sie könnte jederzeit hinein, und doch vergaß sie es immer und immer wieder.
Sie schwor sich, nach dem Dienst die beiden Becher zurück zu bringen, sonst würde sie irgendwann nichts mehr zu trinken von ihm bekommen. Und das wäre ein Schicksal, was unerträglich wäre, bedachte man doch, dass er extra für sie Rum in die Getränkekarte aufgenommen hatte.
Gut, kein überragend guter Rum, aber immerhin Rum.
Vielleicht sollte sie sich für den temporären Raub entschuldigen, oder einfach die Becher auf den Tresen stellen und wieder verschwinden, wobei... wer außer ihr hatte schon alte Zinnbecher mitgehen lassen?
Ein entnervtes seufzten entfuhr ihr.
Immer vergaß sie etwas in der letzten Zeit, ihre Gedanken waren recht sprunghaft geworden.
Es war aber auch viel geworden, die letzte Zeit.
Viel war passiert, vom Straßenbau, kotzenden Menschen, Jagden, Tavernenabenden, immer war was los.
Ihr Bruder war geweiht worden, es war wirklich eine schöne Zeremonie gewesen, schlicht, aber mit einem guten Inhalt.
Neue Rekruten.... naja, einer, aber einer könnte noch folgen.
Auch darum kümmerte sie sich.
Verdammt, da war er wieder, der Gedanke, den sie seit einigen Tagen verdrängt hatte.
Die Aufstockung der Ausgabetruhe.
Verflucht, dabei hatte sie Knut so oft gesehen in der letzten Zeit und es doch vergessen. Woran das nur hatte liegen können? Kurz huschte ein Grinsen über ihre Züge.
Sie schrieb eine Notiz, welche sie in das Hafenhaus auf den Küchentisch legte.
Auf dieser stand geschrieben:
Rüstungen, Waffen, Ausgabekiste, Garnison
Mehr nicht, eine schlichte Notiz für sich selbst.
Hoffentlich dachte sie dran, mit ihm drüber zu sprechen. Wenn das so nicht half, war sie verloren.
Gut, meistens bedeutete seine Gesellschaft anderes, als Dienst. Also wurden die Gedanken an Pflichten und Aufgaben sehr weit nach hinten gedrängt.
Bei diesem Gedanken huschte ein sanftes Lächeln über ihre Züge. Kurz schweiften ihre Gedanken ab, sie verharrte und atmete dann leise durch.
Noch ein Blick durch den Raum, ehe sie sichzur Türe begab und ins Freie trat.

„Ob's der Nase wohl besser geht?“, dachte sie im stillen, während sie wieder einmal einen Weg durch die Stadt angetreten hatte.
Sie wollte noch mal Heim, für die morgige Öffnung der Taverne prüfen, ob sie auch an alles Gedacht hatte.
Immerhin hatte sie ein Versprechen gegeben.
Stand noch etwas an?
Abendessen vorbereiten, wobei, das konnte auch Jaster erledigen.
Eigentlich war er der Koch im Hause Darez, das einzige, was ihre Spezialität war, war Fisch. Davon hatte es reichlich gegeben in der letzten Zeit.
Macht der Gewohnheit?Wenn es schon keinen Seegang mehr gab, dann wenigstens Fisch.
In allen möglichen Variationen.
Sie betrat die Küche und musste feststellen, das weder sie noch ihre Brüder was vom letzten Fischeintopf gegessen hatten.
Am gestrigen Abend gab es Flammkuchen-Steak-Rolle ohne Tomatensalat.
Taverne!
Corbin!Jetzt aber!
Eilig packte sie beide Zinnbecher ein, legte beide voll mit Groschen und wanderte zum Gockel.
Dort stellte sie beide vollgefüllten Becher auf den Thresen.
„Die sin' von un' für Corbin“, sagte sie der Bedienung, welche hinter dem Thresen stand.
„Die Münzen sin' vorsichtshalber“, gab sie dann mit einem Zwinkern von sich und entschwand wieder aus der Taverne.
So, eine Aufgabe erledigt, blieben noch so einige.
Entsorgen von Fischeintopf, Küche aufräumen, den Jungs erklären, das es heute nichts von ihr gekochtes gab, und... gucken ob sie den Schönsänger fand!
 

Re: ...Und ne Buddel voll Rum!

Verfasst: 30 Dez 2024, 19:44
von Tonya Darez
Von Hüten und Wahlen und anderen Wegen
  
  
 Ruhig....
Ruhig war es selten.
Es gab immer was zu tun, und wenn nicht für sie selbst, dann für andere.
Emsiges Treiben herrschte so gut wie immer in der Stadt.
Dienste für die Stadtwache mussten geschrieben und eingeteilt werden, Heeresübungen wollten erfüllt werden, Freunde wollten Aufmerksamkeiten, Brüder wollten ein warmes Haus.
Der Spagat zwischen offiziellen Arbeiten, Verpflichtungen und dem Privatleben war schwer.
Oft gelang er ihr nicht gut, und das ein oder andere musste dann nachgeholt werden.
Dennoch war sie oft zufrieden mit ihren Tagen.
Ein wenig vermisste sie den Nervenkitzel, allerdings ist das wohl ein anderes Thema.
 Es hatte sie gefreut, ein Teil der Menschen zu sein, die anderen bei ihren Plänen und Vorhaben helfen konnten.
Freunde waren füreinander da, und so auch bei diesem einen Plan des Goldkehlchens.
Zugegeben, er war von Anfang an so unfassbar Gegensätzlich zu ihr selbst, dass es eigentlich ein Wunder war, dass sich eine solcheFreundschaft entwickelt hatte.
Der überdrehte Barde mit dem goldenen Herz und sie, die „steife Schiffsplanke“, wie ihr Bruder sie gerne nannte.
Es war eine Freude dem Barden zu zu sehen, wie er sich entwickelte, wie er sich entfaltete.
  
Sie selbst hatte auch eine Entwicklung durchgemacht.
Vom Rekruten zum Gardisten, zum Stellvertretenden Hauptmann und jetzt hatte Solgard sie zum Hauptmann gewählt.
Stolz aber auch ein wenig Ehrfürchtig war sie.
Eine große Aufgabe für jemanden wie sie.
Nie hatte sie irgendwas von Mannschaftsführung oder sonstigem gelernt.
Eigentlich war sie sehr erstaunt, dass sie bisher noch von meinem eine auf's Maul bekommen hatte, für ihre Art.
Bernard hatte es einmal wörtlich versucht.
Ihre Antwort war recht simpel gewesen: „Ein ordentlicher Rausch würde dir ma' gut tun“, nicht mal unverschämt gemeint, aber sicher nicht zur Freude des Priesters. 
Jetzt war es aber nun mal so, dass sie sich Gedanken darüber machte, wie es in Solgard weiter gehen sollte, und wie sie – Potenziell – das Leben ihrer Mannschaft bewahren konnte.
 Seit sie auf die Idee gekommen war, wusste sie tief in ihrem Inneren, dass es eigentlich eine nicht ganz so kluge Aktion war.
Aber, wo Licht und Schatten aufeinander treffen gibt es Grauzonen.
Und in einer dieser benannten würde sie ihr Weg einmalig führen.
Nach dem Gespräch in Nebelhafen, schlenderte sie zur Taverne, ließ sich von der Schankdame einige Pakete packen.
 Die Rune nach Solgard brachte sie an den Reisepunkt, und sie schlug direkt den Weg zur Mine ein.
Der Schmied hatte immer viel zu tun und hatte immer Arbeit, also gönnte sie ihm eine kleine Pause.
Eine Flasche Nebelhafener Bieres, einige Stullen mit Wurst, einige eingelegte Gurken ein Apfel.
Dazu als „Nachtisch“ noch ein kleiner Schnaps und einen Glimmstängel.
So machten beide eine Rast und sie zog nach einer Weile weiter.

Ihre Tasche war noch nicht leer.
So bekam an diesem Tag jeder Wachhabende ein Verpflegungspacket bestehend aus Brot, Wurst, eingelegten Gurken, einem Apfel und einer Flasche Bier.
Jedem einzelnen wird sie sagen, er solle es nicht an die große Glocke hängen, trinken sei im Dienst nicht gestattet. Aber an diesem einen Tag würde Frau Hauptmann beide Augen zudrücken.Auf einen guten Dienst.
  

Re: ...Und ne Buddel voll Rum!

Verfasst: 11 Mär 2025, 10:54
von Tonya Darez
Die Wut im Bauch
  
Das Meer schwappte eher sanft an die Küste, es war ein gleichbleibendes Geräusch, nur das Funkeln der Gischt im Mondlicht war eine stets bewegliche Ansicht dessen, was dort unten passierte.
Die Spiegelung des nahezu vollen Mondes warf fahles kühles Licht zurück auf den Hafen, und auf alles, was sich dort bewegte.
Einige Raubvögel ließen sich hören, den ewigen Kreislauf von Fressen und Gefressen werden erfüllend, während man hier und da eine Ratte hörte, welche quieckend ihr Leben verlor und nun als Futter für hungrige Schnäbel diente.
In eine dicke, grobe Decke eingehüllt saß die schwarzhaarige auf dem Balkon des Hafenhauses. Starke Arme, welche sie umschlangen, deren Besitzer allerdings schon im Reich der Träume verweilte.
Hier und da erklang ein Schnarcher, die Muskeln zuckten, dann war wieder stille.
Halt und Anker in einer Stadt, in Situationen, in Momenten.
Verschwiegen sie beide doch, wie wichtig der andere für einen war, aber eigentlich wussten sie es beide.
Längst hatte sie sich an den Duft von Schweiß, Staub, Rauch und Metall gewöhnt, der ihn stets begleitete, der ihr eine gewisse Ruhe verschaffte.
Vertrauen darauf, Dinge zu schaffen, welche auf den ersten Blick unschaffbar erschienen.
Oder Ruhe zu bewahren, in Momenten wo sie gerne so richtig aus der Haut fahren würde – ganz gleich welche Konsequenz dieses Handeln mit sich tragen würde.

Er hatte sie gehalten, als sie Jaster hatte umbringen wollen – ein Spielball des Dämons war.
Er hatte sie gehalten, als sie sich um Amarius sorgte.
Er hatte sie gehalten, beim Tanz und sie durch die Luft gewirbelt.

Vor allem hatte er sie überrascht.
Mit seinen Gedanken, mit seinen Ideen, als sie nach Amarius Rückkehr aus Surom gesprochen hatten. Er schaffte es immer wieder, sie zu überraschen.
Und dennoch versuchte sie, ihre Wut, ihren Zorn, ihre Hilflosigkeit nicht zu zeigen. Auch nicht ihm gegenüber, auch wenn sie wusste, das er es sicherlich spüren würde.
Sie lehnte den Kopf an seine breite Brust, sah hinauf in den Himmel.
Einige Stränge hatte sie begonnen zu weben, einige Steine von Wegen geräumt.
Es würde dauern.
Aber sie würde dieser Wut nachgeben, auf das niemals die Hilflosigkeit wieder das vorherrschende Gefühl in ihr sein würde.
  

Re: ...Und ne Buddel voll Rum!

Verfasst: 20 Apr 2025, 18:35
von Tonya Darez
Veränderungen!

Es war nun schon einige Tage her, dass Tonya wieder daheim war.
Was war geblieben?
Narben

Ein neues altes Gesicht, das ihr morgens im Spiegel entgegen schaute.
Das Brandmal war hässlich, aber wenigstens klein.
War ja nur ein Glimmstängel.
Hingegen der linke Arm sah aus, als habe ein Metzger seine Wut ausgelassen.
Sie war so Wütend gewesen, als sie Amarius gesehen hatte, nachdem er wieder nach Solgard zurück gekehrt war.
Dieses Mal empfand sie keine Wut, keinen Zorn, kein Gefühl der Rache.
Sie hatte Wut und Verzweiflung und Mitgefühl in den Gesichtern gesehen, welche bei ihr waren, am ersten Tag.
Sie hatte gehört, was gesprochen wurde.
Sie ging nur nicht damit konform.
Sie kannte die Gefühle in ihren Geschwistern, in Knut, in ihren Freunden. Aber sie empfand nicht das gleiche.
Es war komisch, sie konnte es kaum selbst in Worte fassen. In ihr war eine Ruhe, welche sie nie vorher gekannt hatte.
Eine Gewissheit.
Cataleya und alle ihre Schergen würden noch Gerechtigkeit finden. Aber nicht im Zorn, nicht im Hass, nicht in blanker Wut. Auch würde Jaster nicht der Dunkelheit verfallen.
Sie würden alle noch Gerechtigkeit finden.
In welcher Form auch immer.
Sie war nie die Gläubigste gewesen, wahrscheinlich war sie deswegen immer für die Wächter oder Wächterpriester irrelevant gewesen.
Ihre Brüder als strahlende Helden des Wortes und des Schwertes, sie als Dunkles Etwas hintendrein.
Das hatte sich mittlerweile geändert. Sicher würde sie auch nicht mehr unbeachtet bleiben, wenn sie mit ihrer Familie Unterwegs war.
 Eines war sicher. Sie hatte mit ihrer Sturheit Cataleya beeindruckt. Immerhin hatte sie dem ganzen Stand gehalten.
Es gab genug, was sie in ihrem Leben erlebt hatte, gutes aber auch schlechtes.
Und so stur sie in Surom geblieben war, und so sehr sie dem Schmerz getrotzt hatte, so sehr kam es heute noch vor, dass sie mitten in der Nacht wach wurde, mit Tränen in den Augenwinkeln, weil sie eben jenes noch einmal im Traum durchlebte.
Die meisten wussten davon nichts, ahnten es nicht mal.
Nur Knut wurde regelmäßig wach, wenn sie sich aus dem Bett schlich.
 Nach aussen war sie die gleiche wie immer.
Lebensfroh, immer ein Schmunzeln, ein frecher Spruch auf den Lippen -
Aber in ihrem Inneren hatte sich etwas geändert.
Eine tiefgreifende Sicherheit.