
Ich erwachte an einem sonn'gen Morgen,
ohne störende Gedanken oder Sorgen.
Mein Kopf war herrlich frei und leer,
da kam eine Stimme von irgendwoher.
"Hör mir zu, denn das was ich dir sage,
rettet dich aus deiner misslichen Lage.
Seit Tagen lausch' ich deinen Klagen,
deswegen will ich dir etwas vorschlagen."
Warum war die Stimme so seltsam bekannt?
Ich lauschte ihr und merkte, was uns verband.
Wollt' ihr entfliehen und verließ das Zimmer,
doch die Worte folgten mir noch immer.
"Mein guter Arvo, sei jetzt bloß kein Tor,
kein Fremder flüstert dir gerade ins Ohr.
Ich entspringe deinem klugen Verstand,
bin deines eigenen Herzens Repräsentant."
"Was du mir aufsetzt, wenn wir Jagen gehen,
kann sich niemand ohne tränende Augen ansehen.
Mit diesem scheuslichen Helm auf dem Haupt,
der uns jegliche Anmut und Schönheit raubt."
"Ich will, dass unser Haupt etwas schmückt,
das weder Schönheit noch Glück unterdrückt.
Ein wahres Kunstwerk, wie noch nie gesehen,
sowohl atemberaubend als auch zum Niederknien."
Ein besonderer Hut? Das wäre wahrlich verrückt,
doch nichtsdestotrotz war der Barde entzückt.
Aber wie sollte die Kopfbedeckung entstehen?
Es mangelte mir am nöt'gen Geschick und Ideen.
"Worauf wartest du noch: Geh an die Arbeit!
Mit deinem Zögern verschwendest du nur Zeit.
Es mangelt dir nicht an geschickten Kameraden,
wer von ihnen führt meisterlich Nadel und Faden?"
So wurde ein ambitionierter Entschluss getroffen,
mir blieb nichts and'res übrig als darauf zu hoffen,
dass die Kunstfertigkeit meiner Freunde ausreicht,
aufdass das Endergebnis mir zur Zierde gereicht.
Tags drauf setzte ich den Federhut auf meinen Kopf.
Er passte perfekt wie ein Deckel auf einen Topf.
Darunter war schützendes Leder und Nieten verborgen,
so musste ich mich nicht um meinen Kopf sorgen.
Die neue Zier verlieh mir Glück und frohen Mut.
Wir waren unzertrennlich, ich und mein Federhut.
Bald würden sich Legenden um Arvos Hut ranken,
doch entstand er nur durch die Macht der Gedanken.

Arvo ist nicht eitel ... zumindest nicht in dem Umfang, dass er stundenlang vor einem Spiegel verbringt und erst mit dem Anblick zufrieden ist, wenn jedes Härchen perfekt sitzt und keine Falte in der glänzenden Seide mehr vorhanden ist. Aber er ist eitel, wenn es um sein Markenzeichen geht: Seinen Federhut.
Er behauptet nicht nur, dass der Gegenstand magisch ist und ihn mit Glück und Muse segnet, sondern liebt die Kopfbedeckung so heiß und innig, dass man den Barden nahezu nie ohne das Hütchen sieht.
Außer er ist in einem gefährlichen Ort voller Bestien und Monster unterwegs. Doch selbst dort – und in der Hinsicht ist er durchaus eitel – erwischt man ihn häufig mit dem Federhütchen auf dem Kopf, während der schützende Helm in der Tasche bleibt. Warum? Nun, weil die Lederhelme ihm nicht nur die herrliche Haarpracht plätten, sondern schrecklich hässlich sind.
Den Umstand, dass es gefährlich sein kann, ohne Schutz in den Kampf zu ziehen, hat er ignoriert und sich ganz auf die Behauptung gestützt, dass dem Hütchen Glück anhaftet. Bis zu dem Tag, als den Hut das Glück verlassen hat. Es brauchte nur einen unachtsamen Moment und den hysterischen Flügelschlag einer Todesfee und das Glückshütchen ging verloren.
"Oh, Himmel", beklagte sich der Barde, als seine Kopfbedeckung fliegen lernte und durch die flauschigen Wolken der Himmelsinsel verschwand. Fort, verloren und nicht zu ersetzen!
Bittere Tränen strömten dem Barden über das Gesicht und es ist wahrscheinlich dem Umstand zu verdanken, dass er sich von da an breitschlagen ließ, einen scheußlichen Lederhelm zu tragen.
Doch die Sehnsucht starb nicht und der Gedanke, gut behütet in den Kampf zu ziehen, ließ ihn nicht los. Aus der "Not" entstand eine Idee und Arvo kontaktierte unter seinen Freunden die zwei klügsten Köpfe. Natürlich hatte die Tatsache, dass beide das Schneiderhandwerk meisterlich beherrschten, nichts mit der Auswahl zu tun. Ephraem und Tonya waren schnell überzeugt von der äußersten Notwendigkeit, dass der Barde seinen lilanen Talisman selbst in den tiefsten Höhlen und den eisigsten Gräbern tragen kann.
Sie steckten an einem gemeinsamen Abend bei Bier und Met die behüteten Köpfe zusammen – aus Solidarität hatten sie alle einen Federhut aufgesetzt – und erarbeiteten einen Entwurf für eine Kopfbedeckung, die außen wie ein schicker Stoffhut wirken sollte, ohne die schützenden Vorteile einzubüßen. Dafür sollte keine Magie von Nöten sein, sondern lediglich Fingerfertigkeit und ein geschulter Umgang mit Leder. Der metallverstärkte Lederhelm würde Arvos bisherigem Rüstungsteil in nichts nachstehen, jedoch ein paar Verbesserungen aufweisen.
Jeder der drei, sogar der Barde, erhält eine Aufgabe, die es zu erledigen gibt, bevor sie sich ein weiteres Mal zur Herstellung des besonderen Stücks treffen würden. Tonya verspricht sich um die Nieten zu kümmern, die den Federhut aus Stoff mit dem darunter verborgenen Lederhelm verknüpfen sollten. Sie bittet Jaster darum, besonders schicke und prachtvolle Nieten anzufertigen. Ephra indes kümmert sich um die Lederauswahl und schneidet die nötigen Lederteile zurecht. Und Arvo macht sich auf die Suche nach einer Perrücke.
Eine Perücke? Sehr wohl! Der Barde erinnert sich daran, dass sie bei der Entdeckung des Amphitheaters in Solgard eine Garderobe voller Kostüme, Puder und Perücken gefunden haben. Dort sollte er fündig werden. Tatsächlich erbeutet er dort ein Haarteil, dass von der Struktur und Dicke seinem eigenen Haar ähnelt. Zwar ist die Perücke blond, doch da weiß ihm der örtliche Barbier zu helfen.
Der Sinn der Besorgung erschließt sich, wenn man einen Blick auf den Aufbau des besagten Lederhelms wirft. Der Federhut vermag trotz hübscher Krempe nicht zu verbergen, dass sich darunter ein Helm versteckt. Bei selbigem ragen Lederteile am Nacken und an den Schläfen ins Gesicht des Trägers, um die besonders schützenswerten Stellen vor Verletzungen zu bewahren. Doch wie vermag man diese geschickt zu kaschieren, damit der Betrachter tatsächlich denkt, dass der Barde leichtsinnig nur mit einem Federhütchen auf die Jagd geht? Mit Haaren!
Arvo streicht mit gespreizten Fingern durch die gefärbte, brünette Haarpracht, die nicht an seinem Kopf angewachsen ist und lächelt triumphierend. Bei seiner Mähne fallen ein paar weitere Haare nicht auf und niemand wird erahnen, welche Raffinesse sich dahinter verbirgt!