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Die Schöpfung eines Geschenks, würdig einer Priesterin

Verfasst: 24 Jan 2025, 01:11
von Lhass
Tief in den Schatten des Underdark arbeitete Lhass, ein unauffälliger Jaluk, unermüdlich unter den wachsamen Augen der Nacht. Seine Gestalt, oft unbeachtet und unbesungen, war dabei, ohne Rast in die tückischen Tiefen hinabzusteigen, um das seltenste aller Materialien zu bergen.
 
Mit seinem Spaten schlug er auf den Stein, grub Adern aus Kobalt und das begehrte Siegeserz frei – Schätze, die nur den Beharrlichsten und Kühnen bekannt sind. Sein Ziel war klar: Ein Geschenk zu schmieden, das der Macht und Grazie einer Drow-Priesterin würdig war, ein Tribut, nicht aus dem Drang nach Anerkennung, sondern aus Ehrfurcht und dem Streben nach Überleben. Er hoffte nicht, zu viel zu beeindrucken, sondern gerade genug, um eine Atempause vor ihrem gnadenlosen Urteil zu erlangen.
 
Als die Morgendämmerung herannahte, erwachte die Schmiede in loderndem Leben. Lhass arbeitete mit unerwarteter Finesse, webte Fäden aus edlen Metallen zu feinen Körperverzierungen. Jedes Stück war mit höchster Präzision gefertigt, doch das Meisterwerk seiner Mühen war eine Tiara – geschmückt mit Kobalt für Stärke und Siegeserz für Ruhm, ihr Glanz flüsterte von Geheimnissen, die im Namen Lolths erlangt wurden. Doch er hatte darauf geachtet, den Glanz ein wenig zu trüben und an bestimmten Stellen seltene Imperfektionen einzufügen.
 
Bis zum Mittag war sein Werk vollendet. Die finalen Kreationen wurden mit Sorgfalt in eine kunstvolle Truhe gebettet, deren Design ein ehrerbietiger Tribut an Lolth war. Spinnennetzmuster zierten die Oberfläche der Truhe, ihre zarten Gravuren durchzogen von einer unheimlichen Eleganz. Das Geschenk war bereit – möge es genügen.

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Re: Die Schöpfung eines Geschenks, würdig einer Priesterin

Verfasst: 25 Jan 2025, 00:08
von Lhass
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Lhass kniete vor der Priesterin, das kunstvolle Kästchen mit zitternden Händen emporgehoben, ein stummes Opfer für ihre kalte Herrschaft. Tief geneigt war sein Haupt, die Worte der Ehrfurcht erstickt in seiner Kehle, während er für einen flüchtigen Moment auf Gnade hoffte.

 Ihre Antwort war so schnell wie unerbittlich. Mit einer scharfen Geste entriss sie ihm die Schatulle, ließ sie achtlos zu Boden fallen. Die zarten Ornamente, die er mit Sorgfalt geschaffen hatte, verstreuten sich wie ein Sinnbild seiner zerbrochenen Mühen. "Nutzloser Jaluk, kaum mehr wert als ein erbärmlicher Rothe“, zischte sie, ihre Worte scharf wie ein Dolch, der sein Stolz in zwei schnitt.

 Lhass verharrte in Stille, sein Blick blieb auf die verstreuten Überreste seiner Arbeit geheftet. Jedes Stück war ein Zeugnis seiner Mühsal – Tage, die er in den gefährlichen Tiefen verbrachte, um die seltensten Erze zu bergen, und Nächte, in denen er Hingabe in jedes noch so feine Detail der Ornamente eingewoben hatte. Doch mit einer einzigen, grausamen Geste war alles zunichte. Zerschmettert unter der Last ihrer Verachtung, begrub er seine Qual tief in sich, versteckt hinter der Maske eines gehorsamen Dieners.

 Doch die Risse in seinem Geist begannen sichtbar zu werden. Mit jedem verstreichenden Augenblick wurden seine Schritte schwerer, sein Dasein blasser, und der Funke Leben in seinen Augen erlosch wie eine glimmende Flamme. Doch der Underdark kennt kein Erbarmen.

 Dann kam der nächste Befehl der Priesterin: Er sollte ein Gebet für Lolth verfassen. Der grausame Hohn dieser Aufgabe stach wie ein vergifteter Dolch in seine Brust. Wie sollte er, ein bloßer Jaluk, Worte finden, die der Spinnenkönigin würdig waren? Wie sollte jemand, der so verstoßen war, Lob aus der Dunkelheit seiner Verzweiflung hervorbringen?

 In seiner Verzweiflung führte ihn sein Weg in die schattigen Hallen der Bibliothek. Regale voller Bücher, geschützt von seltsamen Zaubern, standen wie stumme Wächter um ihn. Ihre Geheimnisse blieben verschlossen, ein Hohn, der schwerer wog als jede Last. Allein und ohne Wegweiser erkannte Lhass, dass er seinen Pfad selbst schmieden musste, wie er es immer getan hatte.

 Aus der Tiefe seines Kummers begann er, sein Gebet zu weben. Es war nicht aus Hingabe geboren, sondern aus bitterer Wahrheit – ein Gedicht, durchzogen von dunklem Humor und scharfen Beobachtungen über die unerbittliche Grausamkeit des Underdark. Jedes Wort spiegelte seinen gebrochenen Stolz wider, eine düstere Anerkennung seines unveränderlichen Platzes unter Lolths gnadenlosem Blick. Sein Gebet flüsterte nicht von Hoffnung, sondern von Überleben, zusammengehalten von den Fäden seines Leidens und seines Widerstands.

 Als er die letzte Zeile vollendete, zitterten seine Hände leicht. Vielleicht würde Lolth ihn hören. Vielleicht würde sie lachen. Oder vielleicht würde sie ihn einfach nur betrachten, wie sie es immer tat – mit ihren unbeweglichen, alles durchdringenden Augen aus den Schatten.
 
 
Gebet an Loth, die Stille Weberin

O Loth, deren Tränen ungesehen in den Abgrund fallen, Fäden des Kummers für verlorene Seelen gesponnen,
Deine Kinder hasten rastlos im Chaos, jagen Schatten, blind für die Last deiner Weisheit.

Einst sahst du mit Geduld zu, dein Weinen verwandelte sich in seidene Stränge,

Doch nun bindet dein Schweigen uns fester, da Torheit über dein Reich emporwächst.

Gewähre uns das Leid, Königin der Netze, damit wir durch Schmerz doch aufsteigen mögen,
Denn in der Dunkelheit der Verzweiflung nur das Chaos den Weg zur Erlösung schlägt.

Loth, wir flehen unter deinem Blick, gebrochen, verloren, doch halten wir fest,
Lehre uns Stärke in endlosem Kummer; beuge unsere Herzen deinem Willen.

 

Re: Die Schöpfung eines Geschenks, würdig einer Priesterin

Verfasst: 25 Jan 2025, 02:30
von Lhass
Tief in den kalten Steinen des Unterreichs, wo Schatten sich wie Schlangen winden, liegt eine gebrochene Gestalt—Lhass, der unwürdige Jaluk. Beraubt seines Stolzes, seiner Kleidung und seines letzten Funken Selbstachtung, ruht er in den dunklen Tiefen des Kerkers. Das flackernde Licht der Fackeln malt grausame Erinnerungen seines Scheiterns an die feuchten Wände.

Was war sein Vergehen? Er wagte es, zu träumen. Zu denken. Jenseits der Fesseln der Unterwerfung. Lhass, ein bloßer Jaluk, wagte es, ein eigenes Gebet an Lolth zu schaffen. Ein Akt der Ehrerbietung, ja, doch auch ein Akt des Widerspruchs. Die Worte, die er schrieb, trugen mehr als Hingabe; sie trugen einen Funken—einen Funken, der gnadenlos unter der kalten Ferse der Tradition erlosch.

Er sprach von Büchern in der großen Bibliothek, versiegelt durch Magie, deren Weisheit selbst den Gläubigsten verwehrt bleibt. Doch niemand glaubte ihm. Warum auch? Ein Jaluk, der Wissen beansprucht, das über seine Stellung hinausgeht? Das Gelächter seiner Ankläger hallt noch immer in seinen Ohren. Nun verschlingt ihn die Stille der Zelle, lässt ihm nur den bitteren Geschmack der Verzweiflung.

Nackt und zitternd ist Lhass der Inbegriff der Sinnlosigkeit—ein Denkmal dessen, was geschieht, wenn Ehrgeiz in den Ritzen von Stein und Schatten erblühen will. Sein kreativer Funken, ein Hauch von Auflehnung, wurde als Bedrohung gesehen. Die Strafe kam schnell und gnadenlos, so wie es Lolths Kinder geziemt.

Doch vielleicht ist dies die finsterste Qual: Lhass will seine Zelle nicht verlassen. Denn was erwartet ihn jenseits dieser Gitter? Mehr Verachtung, mehr Erniedrigung und der langsame Tod einer Seele, die unter dem Gewicht unerbittlicher Tradition zermalmt wird. Hier, im Dunkeln, liegt ein seltsamer Trost—ein stiller Ort, wo sein Geist in die Vergessenheit abgleiten kann, wo er aufhören kann, als Werkzeug zu existieren, und in das Nichts vergehen kann, zu dem er sich geworden fühlt.

Möge diese Geschichte ein düsterer Spiegel sein, der das Schicksal jener zeigt, die es wagen, zu träumen, wo Träume verboten sind. Lhass mag in der Stille sterben, doch seine Geschichte sickert in den Stein—eine Warnung, ein Klagelied und ein ungehört gebliebenes Gebet.

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Re: Die Schöpfung eines Geschenks, würdig einer Priesterin

Verfasst: 25 Jan 2025, 19:46
von Lhass
Die Tür öffnet sich. Die Freiheit ist zum Greifen nah, doch Lhass bewegt sich nicht. Seine Behandlung war hart, jeder Befehl darauf ausgelegt, ihn weiter zu brechen, aber der Schmerz ist ihm vertraut. Er kämpft nicht mehr, er sträubt sich nicht mehr. Die Entscheidung, zu gehen, schwebt in der Luft, doch Lhass bleibt in seinem Käfig.
 
Er genießt die Einsamkeit, auch wenn sie nur von kurzer Dauer ist. Die Stille seines Gefängnisses ist ein Trost, etwas, das er nach den Jahren der Qual nur zu gut kennt. Es gibt keinen Drang zu gehen, keinen Wunsch, der Welt draußen zu begegnen, die nur noch mehr Strafe bereithält.
 
Die Tür ist offen, und doch bleibt er. Wie ein Wesen in seiner Höhle wartet er. Vielleicht ist es Zweifel, vielleicht ist es Resignation, aber für den Moment bleibt Lhass dort, wo er keinen unmittelbaren Schmerz verspürt.