Die Schwestern

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Rinaya
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Die Schwestern

Beitrag von Rinaya »

So viele Jahre sind nun schon vergangen, seit die drei Schwestern alles zurück ließen um ihre Leben zu retten.
Nicht weil sie es wollten, sondern weil es der Wille ihrer Mutter war, dass Myrna - die sich lange dagegen wehrte - ihre beiden jüngeren Schwestern schnappte und lief, so lange und so weit sie ihre Beine trugen und sie vor Erschöpfung unter ihr nachgaben.

Das letzte, dass das eine Zwilling - die jüngste der Drei - Rinaya zu sehen bekam, ehe die Dunkelheit des Waldes ihr die Sicht nahm waren die lüstern lodernden Flammen, die ihr ganzes Dort zu verschlingen schienen als habe es all die Zeit nur auf diesen einen Moment gewartet.
Sie hörte die warnenden Rufe der Schwestern, die sich verzweifelt dem überraschenden Angriff aus dem Dunkel der Nacht entgegen stellten. Die gequälten Schreie, wenn blanker Stahl sich in Körper bohrte, und Fleisch wie Knochen durchtrennte, als gleite es durch warme Butter.
Dann war da noch eine Stimme. So vertraut und innig wie keine andere...
Mutter...
"LAAAUUUFF!!!"

Bilder, und Geräusche die sich tief und fest in das Unterbewusstsein der noch jungen Amazone brannten, sich dort festsetzten als wollten sie, dass sie sie nie wieder vergessen würde.
Wie konnte sie auch? Verloren die drei Schwestern in dieser Nacht alles. Nichts blieb zurück. Nur die Dunkelheit, die Einsamkeit und der Schmerz, der sie umfing.

Tränen rannen, erst in kleinen Rinnsalen, dann ich kleinen Bächen über ihre Wangen. Myrna, die Älteste versuchte ihre Trauer zu unterdrücken, doch gelang es ihr nur bedingt. Je mehr sie es versuchte, traten Wut und Zorn an seine Stelle, und sie begann innerlich zu zittern, bis ihr ganzer Körper bebte, und ließ sie für eine Zeit alles um sich herum vergessen.

"Ich muss zurück...ich kann sie nicht alleine...", sprach sie leise zu sich selbst, die tränennassen Augen zu kleinen Schlitzen verengt. Sie drückte sich auf, und ohne weiter nachzudenken rannte sie los...

Die beiden kleinen Zwillinge, noch immer weinend auf dem nachtfeuchtem Waldboden sitzend, schreckten kurz auf, und schauten ihrer aus dem Nichts davonpreschenden Schwestern nach.

"My...Myrna?  Myrna!!", riefen ihre Stimmen noch immer leicht schluchzend, aber gleichsam irritiert und überrascht. "Myrna warte! Lass uns nicht allein!!"


~~~


Sie musste zurück! Sie musste mit ihren Schwestern kämpfen, mit...Mutter. Sie durfte sie nicht zurücklassen. Sie waren Amazonen und keine Feiglinge!
Wie in Trance lief sie durch das dichte Geäst.

Auf einmal hielt sie in ihrem Sturmlauf inne.
Hm...? War da etwas?
Es klang wie ein entfernter Ruf, doch so leise dass es kaum mehr ein Flüstern war. Sicher nur Einbildung, so lief sie weiter, doch stockte kurz darauf erneut.

"MYYYYRRNNAAA!!!"...dieser Ruf riss sie aus ihrem Tunnel zurück ins Hier und Jetzt. Sie hörte den Ruf nun ganz deutlich und klar, ehe sie sich umsah als wisse sie nicht wo sie war.

"Ra...gaea...Rinaya...?", sie schüttelte sich, und damit den Schleier der Rache ab, der sich klammheimlich um sie gelegt und ihr jegliche Wahrnehmung geraubt hatte.

Ihr Magen zog sich unweigerlich zusammen, sodass sie auf die Knie sank, die Arme um den Bauch gelegt zusammen krümmte.
Der Schmerz kam mit einer Wucht, die sie nicht erwartet hatte. Ihr wurde bewusst, dass sie nicht zurück konnte, ihren Schwestern, ihrer Mutter nicht würde helfen können. Ihr wurde klar, dass diese Nacht wohl die letzte war, an dem sie ihr zu Hause, ihre Mitschwestern und allen voran ihre Mutter...das letzte Mal gesehen hatten.

Die Tränen bahnten sich wieder ihren Weg durch die in ihr brodelnde Wut auf die hinterhältigen Angreifer. Sie war hilflos...eines der schlimmsten Gefühle die man sich als stolze Amazone nur vorstellen konnte. Wir stellen uns jeder Gefahr, ganz gleich wie groß sie auch sein mochte. Nyame steht an unserer Seite, leitet und führt uns, gibt uns die Kraft um alle Unwägbarkeiten zu überstehen.
Und doch...fühlte sie sich in diesem Augenblick...hilflos...
Myrna vergrub ihr Gesicht in den Händen, schluchzte und hob den Blick ein letztes Mal an um voraus zu blicken, in die Richtung in der ihr altes Leben lag.

Dann raffte sie sich kraftlos auf, und wandte sich um, in die Richtung aus der sie kam, und in der ihre jüngeren Schwestern, die Zwillinge Ragaea und Rinaya trauernd auf dem Waldboden saßen...und in der sich der Pfad zu einem neuen Leben durch dichtes Unterholz schlängelte...

Sie atmete tief durch, zwang die tiefsitzende Trauer beiseite, wischte sich die Tränen aus dem Gesicht. "Wir werden zurückkehren...stark genug um diejenigen zu stellen, deren Taten uns alles nahmen... Das schwöre ich, bei Nyame...", versprach sie mit entschlossenem Blick und fester Stimme in den Himmel.

Dann ging sie zurück, nahm ihre beiden Schwestern in ihre Arme, drückte sie fest an sich.
"Wir müssen weiter...wir sind noch lange nicht sicher, und wir haben einen langen, ungewissen Pfad vor uns. Aber seid sicher meine Liebsten...was auch passiert, ich werde immer bei euch sein, und euch mit meinem Leben beschützen."
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Rinaya
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Re: Die Schwestern

Beitrag von Rinaya »

Rinaya öffnete die Augen, ließt die Gedanken an die Vergangenheit wieder frei und ein leises Seufzen entfloh ihren Lippen. Der Blick richtete sich in den Himmel, dessen Blau von der Mittagssonne noch einmal etwas deutlicher in Szene gesetzt wurde.
Hin und wieder hörte man den Schrei des Falken der ein Stück weit abseits von ihr über einem Wasserloch kreiste, und nach schmackhafter Beute Ausschau hielt.
Ein kleines Frettchen, dass die drohende Gefahr bereits ausgemacht hatte, eilte hastig auf den nahen Bau zu, und verschwand in der sicheren Tiefe.
Irgendwie erinnerte auch diese Szene Rinaya sehr an sich, ihre Zwillingsschwester Ragaea und ihre älteste Schwester Myrna.

~~~

Lange Zeit fühlten auch sie sich verfolgt, gejagt und in die Enge getrieben. Jahre lang versteckten sie sich, schliefen mal hier mal dort. Sie lebten gar einige Jahre verborgen unter den Menschen. Das einzige was sich jedoch niemals änderte, waren ihre täglichen Gebete an ihre Göttin Nyame. Die goldene Löwinn mit ihren mächtigen Schwingen, die über all ihre Kinder wachte, ganz gleich wie dunkel die Zeiten auch sein mögen.
So schwer ihre Vergangenheit sie auch schmerzte, so tief der Stachel sich auch in ihr Innerstes gebohrt hatte. Ihre Nähe zu Nyame gab ihnen Halt, gab ihnen die Kraft durch zu halten.

Ob durch reinen Zufall oder, vermutlich viel eher durch Nyames Willen, erfuhr die Älteste - gehüllt in einen erdbraunen Umhang aus Schafswolle - auf ihrem Streifzug durch die engen Gassen nahe des Hafens, einige Bauern von den Geschichten eines Seemannes die von einer Gruppe Frauen berichtete. Schön wie keine die er zuvor gesehen, schwärmte er förmlich. Haare wie güldene Fäden aus feinster Seide die sich Winde wiegen, mit einer Flinkheit die einer Katze gleicht...
Und einem kraftvollen Fausthieb, der scheinbar dafür Sorge trug, dass diese so krumm wurde wie sie es nun ist.
Vermaledeites eingebildetes Weibsvolk! Er habe ihnen doch lediglich gesagt, wie hübsch sie seien...und ...er winkte schnaubend ab. Vermutlich hat er den besten Teil der Geschichte ausgelassen, dachte sich Myrna. Der in dem er erzählt was der wirkliche Grund dafür war, dass sie ihm die Nase gebrochen hatten.

Genau genommen, kam ihr dieser Umstand doch sehr gelegen. Denn auch sie verfügte über einen beachtlichen Hieb, der schon so manchen lüsternen Trunkenbold, und das ein oder andere übersteigerte Ego zur..."Einsicht"...brachte.
Heute sollte es aber wohl nicht so weit kommen. Der Rum hatte die Zunge des Seemanns bereits so weit gelockert, dass er beinahe freiwillig auf die Fragen der Ältesten antwortete.
So einfach kann es ja auch mal gehen.

Auf diesem Weg erfuhren wir von einem vermeintlichen Stamm der Unseren, auf einer entfernten Halbinsel. Eine Reise die uns ganze dreizehn Tage auf See abverlangen würde. Kein leichtes Unterfangen, bedenkt man, dass wie auf den meisten Schiffen die Mannschaft nahezu ausschließlich aus Männern besteht. Sie müsste sich zusammen nehmen, damit keiner von ihnen unterwegs von Bord geht. Die Blicke machten sie nervös, nicht weil sie Angst hatte, doch auch nach all den Jahren war das Gefühl des Beobachtetwerdens, des Verfolgtseins...nicht abgeebbt. Gelegentlich reagierte sie dann aus reinem Reflex. So Mancher aus längerer und jüngster Vergangenheit, könnte dies mit Sicherheit bestätigen.

So kam es, dass die verblieben Münzen der drei Schwestern den Besitzer wechselten, und sie dafür die Überfahrt erkauften. Der Kapitän wies ihnen zwei Schlafplätze zu, die sie den Zwillingen überlies, während sie sich dazu entschied auf die zwei aufzupassen während sie schliefen, dass auch ja niemand es wagte Hand an sie zu legen, oder sie auch nur lüstern von der Seite anzublicken.

Die Tage vergingen und es blieb ruhig. Die Männer blickten zwar immer wieder zu den drei Frauen, doch der strenge Blick Myrnas schreckte sie wohl davon ab sie tatsächlich anzustarren, geschweige denn gar anzusprechen.
Für den kommenden Tag wurde ein Sturm angesagt...man sah bereits jetzt die ersten dichteren, schwereren Wolken aufziehen.

Und so kam er...

Der Sturm, der sich ihren Zielen in den Weg stellte. Der sich ihnen selbst in den Weg stellte, und ihrem Leben eine ganz neue Wendung geben sollte...
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Rinaya
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Re: Die Schwestern

Beitrag von Rinaya »

Das Jauchzen zweier Möven erfüllt die Luft, die hoch oben am Himmel kreisen, ehe einen von ihnen in Richtung Wasser schießt.

*platsch*

Für einen Moment verschwindet sie gänzlich in dem salzigen Nass, ehe sie wieder auftaucht und etwas kleines Zappelndes in ihren Schnabel trägt, und sich die Zweite schließlich dazu gesellte.

~~~

Ein leises Klacken, nahezu unhörbar bewegt sich die Krabbe über den warmen Sandboden, der sanft vom Wind gestreichelt wird, und hin und wieder einig Körner mit sich trägt. Ob von Neugier oder auch etwas Hunger angelockt, hält sie zielstrebig und doch in gewisser Weise vorsichtig auf den unbekannten Berg zu, der sich in nicht all zu großer Entfernung vor ihr aus dem Boden auftut.
Dort angekommen, betrachtet sie das unbekannte "Ding" mit ihren Stielaugen eingehend, ehe sie sich noch etwas weiter vor wagt, und eine ihrer Scheren öffnet.

Im nächsten Augenblick, zu schnell für das neugierige Tier, flog es auch schon in hohem Bogen durch die Luft.

Reflexartig und instiktiv begann der "Berg" sich zu regen. Ein Ausläufer schnellte hervor, packte den vermeindlichen Angreifer und schleuderte ihn fort.
Irritiert blinzelte der Berg gegen das Licht der grellen runden Scheibe am Himmel. Die Sonne stand hoch, es was Tag, und dieses Etwas - dass dort am Strand aus dem Sand ragte - war der vom Wasser an Land gespühlte Körper einer noch jungen Frau, die langsam wieder zu sich kam.
Die Lippen waren aufgeplatzt und spröde, in ihrem langen Haar klebte der Sand fast als würde er natürlich dazugehören.
Ohne Orientierung blickte sie sich um, stemmte sich sacht mit beiden Händen gegen den Boden und drückte so ihren Oberkörper langsam in eine aufrechtere Position. Es war ihr kaum möglich etwas klar zu erkennen, alle Farben waren so hell, und brannten förmlich in ihren Augen, dass sie die Augen zusammenkneifen musste.

Erst nach einer Weil klarte ihr Blick auf und ermöglichte ihr ein genauere Inspizieren der unbekannten Umgebung.
Sie befand sich offensichtlich an einem kleinen Strandabschnitt, der kaum einhundert Meter maß und ringsum von schroffem Fels umgeben war. Ein wunder dass sie es unbesch...

*autsch!*

Ein stechender Schmerz im durchzog sie, als sie den Oberkörper leicht drehen wollte. Ein Blick an sich herab zeigte durch die teils zerrissene Kleidung die blau angelaufene Stelle auf Höhe ihrer Rippen.
"Doch nicht so unbeschadet...wie erhofft...", murmelte sie und verzog schmerzlich die Mundwinkel.
Die junge Frau legte drückte die Hand vorsichtig gegen die schmerzende Stelle, und versuchte sich langsam aufzurichten.

Da stand sie. Wie eine Mischung aus feuchtem Hund, gestrandetem Walross, und einem Kind dass man an einem völlig unbekanntem Ort ausgesetzt hat. Orientierungslos, ratlos...ahnungslos an irgendeinem fremden Ort.

"Ragaea...Myrna...",  schoss es ihr mit einem Mal in die Sinne, als sie sich etwa gesammelt hatte, und sie blickte sich hastig um.

Der Strand war leer. Einiges an Sand, viel und hoher Fels, noch mehr Wasser, doch...keine Ragaea, keine Myrna.
Ein ungutes Gefühl breitete sich schlagartig in ihrer Magengegend aus, während ihre Gedanken die wildesten Theorien aufstellten und schreckliche Bilder durch ihren Kopf geisterten was möglicherweise alles mit ihren Schwestern geschehen sein mochte.

Das Herz pochte in ihrer Brust bis zum Hals.

"Myrna...Ragaea...", murmelte sie wieder und obwohl sie sich bewusst war, dass sie sie nicht würde hören können, rief sie dennoch ihre Namen laut...

"RAGAEAAAA!!!"

...sie wartete kurz...

"MYYYRNAAAA!!!"

Sie horchte in den sacht pfeifenden Wind, ob er nicht doch irgendeine Antwort ihrer Schwestern mit sich tragen würde. Doch da war nichts. Nur das leise Pfeifen...

Langsam sank sie auf die Knie in einem Anflug von Angst und Verzweiflung, starrte in den Sand vor sich.
Doch je mehr sie sich auf den Moment besann spürte sie tief in ihrem Innern etwas, dass sie sich zwar nicht erklären konnte, ihr aber dennoch das Gefühl gab, dass ihre Geschwister noch am Leben sind.

Von Diesem ausgehend, schien sie einen Teil ihrer inneren Ruhe wiederzufinden, und ein wenig Hoffnung und Zuversicht zu schöpfen.

"Ragaea...Myrna...wo auch immer ihr seid, ich werde euch suchen...und ich werde euch finden...", sprach sie leise zu sich selbst, und in ihrem Blick spiegelte sich erstmals seit sie erwachte so etwas wie Entschlossenheit wider. 

Sie hob den Kopf wieder an, drückte sich erneut mit leicht schmerzverzerrtem Gesicht wieder auf, als sich auch schon ihre verletzten Rippen wieder sehr deutlich bemerkbar machten.

Rinaya wusste nun was sie zu tun hatte. Sie musste heraus finden wo ihre Schwestern abgeblieben waren, und in Erfahrung bringen wo um all es in der Welt sie sich hier gestrandet war.

So folgte sie den einzigen Weg, der von diesem Strand fort führte...
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