Seite 1 von 1
Im Dienst des Namenlosen
Verfasst: 26 Nov 2025, 21:53
von Cataleya
Im Dienst des Namenlosen
Der Raum roch nach Wachs und kaltem Stein.
Auf dem Tisch lagen die schwarzen Knochenhandschuhe, daneben der orangefarbene Knochenhelm, die Zähne dem Kerzenlicht zugedreht.
Das eben verfasste Pergament in der Hand.
Cataleya saß still. Die Linke ruhte am Rand des Blattes ohne es zu nehmen.
die Rechte lag über ihrem Herz.
Letztlich nahm sie es doch mit beiden Händen.
Ein leiser Zug ging über ihren Mund, das Zischen der Luft zwischen Lippen und Zähne.
Die Worte der Geißeln liefen wie Perlen im Innern.
Ein Teil von ihr wollte das Schreiben jetzt dem Boten geben, es zum Altar tragen lassen, wie einen Dolch mit offenem Griff.
Der andere Teil, suchte um Geduld.
Ihr Blick glitt über die Handschuhe, der Helm neben ihnen schien für einen Herzschlag zu atmen. Auch wenn es nur das Flackern des Kerzenschein war.
In ihrer Brust regte sich der Stolz. Unbeweglich und schwer. Daneben das andere, das schärfere, deutlich schwerer zu kontrollieren Hass, gezügelt und kalt.
Sie atmete aus, drehte es etwas hin und her, als prüfe sie ob die Zeilen noch stehen, wenn man sie aus einem anderen Winkel liest.
Taten sie. Jede einzelne.
"Wenn ich es jetzt gebe, ist der Weg offen."
"Unrecht im stillen, solange keiner weiß wie lange ich zögere?"
Sie legte die Handschuhe ein Stück näher an das Schreiben. Den Helm drehte sie, dass er zum Pergament sah.
Dann schob sie das Pergament unter eine Weinflasche.
Sie lehnte sich zurück und schloss die Augen für drei lang anhaltende Atemzüge und sinnte über
vergangene Tage.
Als sie ihre Augen wieder öffnete lag der Raum genauso da und alles war entschieden nur der Moment noch nicht.
Re: Im Dienst des Namenlosen
Verfasst: 27 Nov 2025, 09:40
von MilaCaralina
Als Mila den Raum betrat, blieb sie für einen Herzschlag im Türrahmen stehen.
Ihre dunklen Augen glitten zuerst über den Boten, der stumm an der Wand wartete. Er sagte nichts, bewegte sich nicht – wartend.
Dann fiel ihr Blick auf den schweren Eichentisch.
Darauf lag ein Pergament ausgebreitet wie ein stummes Urteil im matten Licht.
Mila atmete langsam ein.
Sie ging auf geradem Weg zum Tisch. Sie sprach nicht, grüßte nicht – sie tat, was sie immer tat: folgen. Aber nur einer. Nur Cataleya.
Am Tisch angelangt, legte Mila die schmalen Fingerspitzen auf das Pergament und beugte sich hinunter.
Sie begann zu lesen.
Zeile um Zeile, Wort für Wort.
Während sie las, veränderte sich ihr Gesicht kaum – Mila war ein stiller Mensch, schweigsam wie Stein. Doch in ihrem Inneren regte sich etwas:
Ein schweres, ruhiges Glühen in ihrer Brust. Stolz.
Die Worte waren stark. Unbeugsam.
Genau so, wie Mila sie kannte.
Genau so, wie sie sie ehrte.
Als sie die letzten Zeilen erreichte, blieb ihr Blick auf Cataleyas Unterschrift ruhen.
Lang.
Still.
Eine stumme Loyalität, die tiefer war als jede ausgesprochene Bindung.
Dann richtete sie sich auf. Ohne Geräusch.
Sie brauchte keine Zeit, um zu überlegen – ihre Treue dachte nicht nach.
Sie wusste.
Mila wandte sich zur Vorratskiste am hinteren Ende des Raumes. Sie öffnete den Deckel mit einer ruhigen Bewegung. Darin lag eine Auswahl gereinigter Knochen – jeder sorgfältig vorbereitet, jeder würdig als Zeichen.
Sie fuhr mit der Hand darüber, spürte die glatte, kalte Oberfläche.
Ihr Herz schlug ruhig, doch fester als sonst.
Sie wählte einen einzelnen Knochen: schlicht, hell, unverziert.
Rein.
Ehrlich.
Ein ehrliches Symbol.
Mit Garn aus der Schublade kehrte sie zum Tisch zurück.
Sie hob das Pergament an, drehte es ein Stück und legte den Knochen an dessen unteres Ende.
Mit langsamen, sicheren Bewegungen band sie ihn fest. Einmal. Zweimal. Dreimal.
Jede Umwicklung ein stilles Bekenntnis.
Sie sprach kein Wort.
Sie musste nicht.
Der Knoten sagte alles.
Als sie fertig war, strich sie einmal über das Pergament – eine Geste, kaum sichtbar, doch voller Bedeutung. Ein unausgesprochener Eid:
Ich folge dir. Nur dir.
Danach trat sie zurück und folgte ihrem Tagwerk.