Irgendwo in den Wäldern, viele Seemeilen weiter Nördlich des Kontinents der neuen Welt…
„Arken! Lenja! LAUFT!“
„Aber Mamir…!“
„VERSCHWINDET ENDLICH!“
Einige Wochen zuvor…
„Mamir war heute wieder so ungerecht…“, maulte Lenja leise vor sich her, während sie mit den Füßen Spuren in den Staub schlurfte, einfach aus Protest gegen alles weigerte sie sich, die Füße beim Gehen richtig anzuheben. „Du weißt, dass das nicht stimmt. Sie ist zu allen so.“, versuchte Arken abzuwiegeln. Aber er konnte sie verstehen. Sie waren nun schon einige Wochen an der Akademie, wo ihre Mutter eine Anstellung als Lehrerin annehmen konnte und sie selbst beide als Schüler aufgenommen wurden. Eine Akademie für Kampfkunst und Magie. Naja und Lesen und Schreiben, Rechnen und all das Zeug, was man wohl sonst als Erwachsener braucht. Laaaangweilig. Arken hasste außerdem die Kampfunterrichte – was nicht wirklich daran lag, dass seine eigene Mutter einige davon gab, sondern weil er einfach nicht mit den anderen mithalten konnte. Er hatte immer gern mit seiner Schwester mit den Holzschwertern gefochten, aber schon immer war Lenja darin besser und hat ihn auch mal gewinnen lassen. Jetzt… war es für ihn einfach nur lästig und ein Albtraum. Er fand die ganzen anderen Fächer viel spannender, vor allem wo es um die Grundlagen zur Magie ging. Kräuterkunde und Runen lesen. Das war spannend. Seine Zwillingsschwester sah das natürlich Ganz anders.
„Ich hab doch aber überhaupt nichts gemacht!“ „Doch, du hast nicht das gemacht, was Mama sagte. Wir sollten warten, bis sie die Schritte fertig erklärt.“ „Aaaach, aber ich kenn die doch schon! Papa hat uns die doch schon so oft gezeigt!“, nölte die junge Vildaban und trat frustriert einen Stein zur Seite. „Aber die anderen nicht. Und Mama will nicht, dass die anderen glauben, dass sie uns befür…bev… ach lieber hat als die anderen.“ „Aber sie hat uns doch lieber!“, protestierte Lenja und Arken seufzte leise. „Ja… aber die anderen denken dann, weil sie uns lieber hat, ist sie netter und lässt uns machen was wir wollen… das geht halt nicht… find ich auch blöd, aber sonst darf Mama halt da nicht arbeiten.“ Selenja schob die Unterlippe schmollend vor und eine Weile blieben die Zwillinge stumm, während sie die letzten Meter zu den Unterkünften zurücklegten. Es war ein großes, verwinkeltes Gebäude, was die Zwillinge immer an die Burg der Ritterschaft erinnerte – nur dass die Burg bestimmt fünf oder sechsmal in dieses Gebäude passen würde. Hier waren die Schüler und Lehrer gleichermaßen untergebracht. Sie lebten mit ihrer Mutter in einer kleinen Wohnung und hatten darin alles notwendige.
Während sie in die karge Eingangshalle traten und langsam die Treppe in ihr Stockwerk emporstiegen, sah Arken seine Schwester von der Seite an. Er spürte, dass es nicht unbedingt das Ausschimpfen im Unterricht war, was Lenja so anfraß. Er kannte die Gedanken und Gefühle seiner Zwillingsschwester als wären es seine eigenen und umgekehrt. „Mama bekommt bestimmt bald Nachricht von Papa. Dann gehen wir wieder zurück.“ Lenja ließ die Schultern hängen und blieb stehen. Sie hatten den Gang erreicht, in dem ihre Wohnung lag. Es roch bereits nach Honigkuchen. „Ich… mag es hier… aber ich vermisse Papa so schrecklich.“, schniefte Lenja nun leise und versuchte tapfer die Tränen zurückzuhalten. „Ich auch…“, nuschelte Arken ebenso leise und fasste seine Schwester an der Hand.
Vor ihnen wurde eine Tür geöffnet und eine rothaarige Frau trat heraus. Die Stirn war leicht in Falten gelegt, die sich jedoch sofort glätteten, als der Blick aus den grünen Augen auf die beiden Kinder fiel. „Da seid ihr ja!“, rief sie erleichtert aus, nur um die Stirn sogleich zu runzeln. „Was ist los, mín valp?“, fragte sie leise und ihre Schritte brachten die Frau rasch zu Lenja, vor der sie sogleich in die Hocke ging. Diese wandte sich jedoch bockig ab und stapfte mit der Sturheit einer Sechsjährigen an ihrer Mutter vorbei in die Wohnung. Arken sah seine Mutter entschuldigend an. „Das Schimpfen heute, hm?“, fragte seine Mutter ihn leise, erhob sich und schob den Jungen sanft ebenfalls in die Wohnung. Aye, seine Mutter kannte sie beiden eben zu gut. Aber er wusste, heute Abend bei Honigkuchen und heißer Schokolade würde alles wieder gut sein. Selenja wusste genau wie er, dass das hier nur vorrübergehend und dass ihre Mutter zuhause eine ganz andere Frau war, als in der Akademie…
Später am Abend…
Mirja sank langsam in ihr Bett zurück und schloss die Augen. Arken und Selenja schliefen längst in ihrem kleinen Zimmer nebenan. Sie selbst würde vermutlich noch lange keinen Schlaf finden, obwohl Geist ihr Geist völlig erschöpft war. Das alles laugte sie aus… Sie wusste allmählich nicht mehr, ob es so eine gute Idee war, hier an der Akademie anzuheuern. Die Akademie gehörte zu einem Zweig der Greifengilde, jene bei denen sie eine Fahrt kaufte, um die Zwillinge vor den Angriffen der Dämonen zu schützen. Während die Echidna zusammen mit Pan gen Schlachtfeld in See stach, segelte ihr Schiff in die andere Richtung. Sie sollte so lange ausharren, bis entweder der Krieg vorbei, oder sie sicher war, dass die Kinder in Sicherheit waren. Doch wo waren Sechsjährige schon in Sicherheit? Die Greifen waren gut zu ihr, boten ihr für die Kinder die Plätze an der Akademie an, vor allem nachdem einem der Greifenmagier auffiel, dass Arken offensichtlich sowohl Interesse als auch Talent in Magie hatte. Mirja hatte sie dankend angenommen, hatte auch überlegt, die beiden hier zu lassen, um an Pans Seite in die Schlacht zu ziehen. Doch was, wenn sie beide umkamen? Außerdem, bis sie zurückkehrte, war die Schlacht gewiss längst geschlagen. Also harrte sie aus. Wartete eine Nachricht aus der Heimat. Sie hatte Pan eine Nachricht hinterlassen, dass er Ingvar mit einem Passwort eine Nachricht übermitteln sollte. Das war nun schon viele Mondläufe her. Täglich fragte sie bei der Poststation an. Bis heute… nichts.
Es zermürbte sie. Sie war hin und her gerissen. Sie sehnte sich nach Pan. Nach der Gewissheit, dass er noch lebte. Sehnte sich danach, an seiner Seite zu stehen im Kampf. Gleichzeitig jedoch brachte sie es nicht fertig, ihre Kinder allein zurückzulassen. Nicht jetzt… redete sich ständig ein, dass die beiden noch zu jung wären, um alleine hier zu bleiben. Und der heutige Tag zeigte es auch wieder, dass auch die beiden ihren Vater schrecklich vermissten. Und auch wenn sie erst sechs waren, so waren beide nicht dumm. Sie wussten, in welche Schlacht ihr Vater gezogen war. Auch sie lebten mit der Ungewissheit Tag für Tag.
Doch gab es überhaupt noch etwas, wohin sie zurückkehren konnten? Wo sie nach Pan suchen konnten? Es kam nicht eine Nachricht. Nicht einmal, ob die Schlacht gewonnen oder verloren wurde. Hatte denn niemand überlebt? War der Orden der Ritterschaft vernichtet? Das ganze Land? Was war nur geschehen, wieso gab es keine Nachrichten?
Seufzend rollte sie sich in dem schmalen Bett zur Seite und zog das Kissen, über das sie eins von Pans Hemden gezogen hatte, fest an sich. Es roch längst nicht mehr nach dem weißhaarigen Krieger, aber allein das Wissen, dass es ihm gehörte, genügte, um mit geschlossenen Augen so zu tun, als wäre er da.
Ich höre dich atmen
So schwach und kraftlos
Ich erinnere mich an mein Versprechen
Ich bin gewillt, es zu halten
Ich habe geschworen, dich zu beschützen
Als du zum Leben erwachtest
Während ich um deinen Vater trauere
Während ich um meinen Mann trauere
(*)
Einige Wochen später…
Langsam ging sie neben der kleinen Gruppe aus Schülern und der Kräuterfrau her. Man hörte die Truppe schon von weitem, denn die Kinder schnatterten, lachten und krähten, während die Kräuterfrau ihnen spielerisch den Wald erklärte und ihnen Kräuter, Pflanzen und allerlei Dinge zeigte. Amalia war etwas jünger als Mirja und hatte ein Händchen dafür. Selbst das handfestete Stadtkind begeisterte sich in ihrem Unterricht für die Natur und sie schaffte es die Kinder, die bereits Erfahrung und Kenntnisse hatten, wunderbar einzubinden, ohne den anderen Kindern das Gefühl zu geben, dass sie dumm seien oder übervorteilt werden. Darum durfte Arken gerade mit Stolz geschwellter Brust zeigen, wie er Feuer machte.
Ja, zugegeben, innerlich platzte Mirja auch ein kleines bisschen vor Stolz. Aber… nur so ein bisschen. Am Ende war es eigentlich für Arken und Selenja bis dato nichts Ungewöhnliches gewesen sich im Wald zu bewegen, war es doch Teil ihres Alltags zuhause gewesen und ein festes Ritual im Hause Vildaban mindestens einmal im Mondlauf eine Nachtwanderung im Wald zu veranstalten. Jetzt aber konnten die beiden mit ihrem Wissen angeben, durften anderen beim Üben helfen und gerade Arken fühlte sich dabei sichtlich gut, wo er in anderen Fächern eher der deutlich Schwächere war.
Mirja begleitete die Gruppe zusammen mit Ronborn, um zum einen zwei weitere Augenpaare auf die Rasselbande zu haben, zum anderen auch die Umgebung im Auge zu behalten. Räuber oder wilde Tiere gab es immer und überall. Amalia suchte zwar bereits sichere und wohlbekannte Wege aus, das hieß jedoch nicht, dass sie gänzlich ungefährlich waren. Darum trugen sowohl Ronborn als auch Mirja ihre Bögen aufgespannt geschultert und damit griffbereit.
Noch ein knapper halber Stundenlauf, dann würde Amalia mit ihnen umkehren. Mirja seufzte leise und ihr Blick wanderte langsam und wachsam durch das Unterholz. Langsam zog sie dabei die Stirn in Falten. Die Kinder saßen gebannt vor ihren kleinen Lagerfeuern und aßen ihre gerösteten Brotstücke und selbstgesammelten Kräuter. Gefräßiges Schweigen herrschte über der idyllischen Szene. Dennoch stellten sich Mirjas Nackenhaare unwillkürlich auf. Ihr Blick strich hinüber zu Ronborn. Er war eine der Art Krieger, der Mirja sofort ablesen konnte, dass er seine Haltung änderte, und ihre Blicke kreuzten sich. Der alte Veteran, der gut und gerne ihr Vater sein konnte, hatte offenbar auch irgendeine Vorahnung.
Mit einer fließenden Bewegung brachte Mirja ihren Bogen wie beiläufig in die Hand und sie stellte ihn auf ihre Schuhspitze ab, als wolle sie sich lediglich entspannt auf die Waffe lehnen. Ihre Hand ruhte bereits auf dem Köcher auf ihrer Hüfte, als Ronborn über die kleine Lichtung hinweg ihr mit wenigen Handzeichen andeutete, was sein Problem war: er legte zuerst die freie Hand an seine Ohrmuschel, als würde er lauschen, dann deutete er nach oben. Mirja hob flüchtig den Blick und konzentrierte sich. Dann hörte sie es auch. Nämlich… nichts.
Keine Vögel zwitscherten mehr. Wo eben noch immer mal irgendwo das Klackern eines Spechts oder das Tschilpen einer Amsel zu hören war, herrschte nun gespenstische Stille. Durchbrochen lediglich vom Knacken der kleinen Feuer und dem andächtigen Murmeln der Kinder.
„Mama…“, die leise Stimme ließ Mirja zusammenzucken. Die Zwillinge standen neben ihr und sahen sie besorgt an. „Was ist?“, nuschelte Lenja und ihr Blick ruhte auf Mirjas Bogen und ihre Pfeilhand. Natürlich… diese kleinen Welpen kannten sie eben zu gut und hatten schon zu oft gesehen, wenn sie oder Pan auf ihren Ausflügen in Lauerstellung gingen, wenn Gefahr drohte. „Geht zurück, sagt Amalia Bescheid, dass ihr aufbrechen solltet. Es wird spät.“, meinte Mirja leise und sah die beiden eindringlich an. Obwohl noch so jung, waren die beiden so ernst wie kleine Erwachsene und sie gehorchten, hatten sie doch den mahnenden Unterton in ihrer Stimme gehört.
Und dann… kamen sie.
Ich bete zum Jäger
Dass er uns heute Nacht verschone
Ich bete zu den Gebeinen der Erde
Um den Segen für meinen Kampf
Ich bete zum Winter
Zu Tod und Verfall
Ich bete zu dem Weisen
Mich auf meinem Wege zu leiten
(*)
Sie waren zu zweit. Langsam schoben sich die massigen, riesigen Leiber zwischen dem Unterholz hervor und umkreisten das Lager. Es war, als wären sie aus dem Nichts gekommen:
Wölfe.
Doch Mirja sah auf dem ersten Blick, dass es keine normalen Wölfe waren. Wölfe wären vom Gelärme der Kinder längst abgeschreckt worden und diese hier waren mindestens dreimal so groß, wie ein ausgewachsener Schwarzwolf. Nein… was auch immer sie waren… sie waren keine gewöhnlichen Wölfe und sie waren auch weit entfernt von dem, was Mirja einst Geister des Waldes nannte. Denn wenn sie das waren, dann wüsste Mirja nicht, womit sie diese Wesen erzürnt haben könnte. Die Aggression dieser Tiere war förmlich greifbar. Ein tiefes Grollen ertönte aus den Kehlen der Tiere, die gelben Augen stierten wütend, hungrig auf die Kinder, während sie das Lager umkreisten. Ein Kreischen ertönte, als die ersten Kinder die Wölfe entdeckten und Amalia versuchte alle zu beruhigen.
„Bring sie weg!“, rief Ronborn der Kräuterfrau zu. Kurz darauf schimmerte es auch schon bläulich in Mirjas Augenwinkeln und sie hörte, wie Amalia die Kinder aufforderte durch das Portal zu gehen. Das Portal im Rücken, einen Pfeil aufgelegt, verfolgte Mirja die Bewegungen des einen Wolfes, während Ronborn hinter ihr dasselbe mit dem anderen tat. Jävla… was waren das nur für Viecher?
„Los… Schneller… durch da… Arken! Selenja!“ Alarmiert sah Mirja zur Seite, als sie die Namen ihrer Kinder hörte und sah, wie die Zwillinge in ihre Richtung liefen. Im selben Moment nahm sie aus dem Augenwinkel die Bewegung des riesigen Wolfes wahr.
„NEIN!“
Ich bete zu den Gefallenen
Um meine Ängste zu vertreiben
Ich bete zu den Nordwinden
Die Spur meiner Tränen einzufrieren
Ich bete zu dem Drachen
So mächtig und wild
Ich bete zu der Mutter
Das Leben meines Kindes zu retten
(*)
Sie hechtete voran und warf sich mit ihrem ganzen Gewicht gegen den massigen Leib des Wolfes, der mit stampfenden Pfoten auf ihre Kinder zu rannte. Der Aufprall war schmerzhaft, doch es brachte das Biest immerhin von seiner Bahn ab. Sie hörte irgendwo Ronborn fluchen und das Heulen und Grollen des zweiten Wolfs. Ihren Bogen hatte sie beim Sprint fallen lassen, allerdings kam sie nicht mehr dazu ihre Klinge zu ziehen. Also stemmte sie sich mit bloßen Händen gegen den Wolf, um die Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. Irgendwo im Augenwinkel sah sie, wie sich das bläuliche Portal schloss. Waren Arken und Selenja nun hin durch? Mirja konnte es nicht ausmachen, viel zu sehr war sie damit beschäftigt, den riesigen Fangzähnen auszuweichen. Keuchend rollte sie sich zur Seite und sprang zurück auf die Füße. Der Wolf knurrte, erbost über die Unterbrechung und wandte sich tatsächlich in ihre Richtung. Sie zog ihre Klinge und beobachtete das Vieh. Jävla… es war so riesig. Sie war praktisch mit ihm auf Augenhöhe. Die Pranken machten pochende Geräusche, als er sie drohend eine vor den anderen setzte um auf sie zuzukommen.
„Na komm her…“, raunte sie leise und ging in Angriffsstellung, da sprang der Wolf auch schon los, als hätte er ihre Aufforderung verstanden. Sie wirbelte zur Seite, ließ den Säbel dabei durch die Luft fauchen und spürte den Widerstand im Arm, als er auf Fell, Muskeln und Knochen traf. Ein jaulendes Knurren ertönte und polternd stoppte der Wolf seinen Sprung, nur um sich ihr gleich wieder zuzuwenden. Ein Schnitt quer überseine Schnauze bis zur Schulter klaffte im Fell, Blut rann herab, doch der Schnitt war offensichtlich nur oberflächlich.
Hinter sich vernahm sie Kinderschreie und weiteres Jaulen und Heulen. Gehetzt sah sie zurück. Arken und Selenja standen entsetzt am Rand des Lagers und starrten ihr entgegen. Selenja löste sich als erste aus ihrer Starre und rannte plötzlich zurück zu den Lagerfeuern, dabei hob sie einen massigen Ast auf und stocherte in den Feuern herum. Arken bleckte die Zähne und schrie irgendwas. Doch Mirja verstand nicht was, denn ihre Aufmerksamkeit wurde wieder auf den Wolf gelenkt, der zum nächsten Angriff überging. Ein weiteres Mal entkam sie ihn, landete jedoch keinen Treffer. Fluchend fixierte sie die gelben Augen der Bestie.
„Was bei den Höllen bist du…“, knurrte sie wütend und die Angst um ihre Kinder befeuerte die Wut noch mehr. Wenn er an ihre Kinder wollte… dann nur über ihre Leiche! Mit einem Schrei stürmte sie diesmal vor, was den Wolf wohl ein wenig überraschte, ihr aber dennoch keinen Vorteil brachte, denn er war ebenso wendig und schlug einen Haken, so dass ihre Klinge nun an seiner anderen Flankenseite entlang glitt, ohne wirklich Schaden anzurichten. Erneut ertönte dann ein lautes Geschrei und Funken stoben plötzlich vom Rücken des Wolfes auf, als ein brennender Ast sein Fell traf. Es stank fürchterlich und die struppigen Haare schmorten tatsächlich vor sich her. Wütend warf sich der Wolf herum und schnappte nach dem Ast. Kreischend fiel Selenja Rückwärts zu Boden und für einige Sekunden stand Mirjas Welt still, als der Wolf das Kind fixierte.
„NEJ!“, brüllte die Rothaarige abermals und sprang den Wolf von der Seite an, die Klinge vorgereckt. Diesmal sah das Vieh sie nicht kommen und der Mithrilsäbel bohrte sich tief in das Fleisch des Wolfes.
„Arken! Lenja! LAUFT!“
„Aber Mamir…!“
„VERSCHWINDET ENDLICH!“
Das letzte, was Mirja sah, als sie den Säbel aus dem Wolfsleib riss, war Ronborn, der angerannt kam und die Kinder jeweils mit einem Arm griff. Im Laufen hatte er offenbar ein Portal aktiviert, welches sich flimmernd öffnete und durch das er mit den protestierenden Kindern verschwand.
Dann war der Wolf über ihr. Er riss das Maul knurrend auf. Blutiger Geifer troff von seinen Lefzen und die Fänge schlossen sich um ihren Schildarm, den sie aus Reflex zum Blocken hochriss. Doch da war kein Schild, nur Knochen die unter dem Griff barsten. Schreiend stach sie erneut mit dem Säbel zu, erwischte die Schulter des Viechs. Jaulend ließ er sie los und Mirja stolperte benommen rückwärts. Der Wolf jedoch war noch nicht fertig mit ihr. Wild vor Schmerz und Wut setzte er nach und schnappte geifernd nach ihr. Sie registrierte die Schmerzen kaum, als sich die Fänge in ihren Leib gruben und das Fleisch ihres Unterleibs durchbohrten. Wie ein Hut schüttelte er sie, riss an ihr wie an einem Stück Aaas. Sie hörte es Knacken. Vielleicht der Hüftknochen? Eine Rippe? Mirja wusste es nicht. In blinder Wut riss sie den Säbel erneut in die Höhe und hackte auf das ein, was sie von dem Wolf erreichen konnte: seinen Nacken. Wieder und wieder, während er an ihr zerrte, schlug sie zu. Ein Knacken… ein Ächzen… Das Blut des Wolfes troff auf sie herab und mengte sich in das, was aus ihrem eigenen Leib sprudelte.
Irgendwann war es vorbei…
Er ließ von ihr ab und sie fiel zu Boden. War er tot? Oder geflohen? Was war mit dem anderen? Betäubt hob Mirja den Kopf und blickte sich um. Sie konnte nichts erkennen, ein Schleier aus Blut und Tränen lag vor ihrem Blick. Langsam glitt dieser dann an sich selbst herab und auch dort sah sie nur Blut und als hätte ihr Körper sich jetzt daran erinnert, explodierten die Schmerzen in ihrem Leib.
„Jävla…“, flüsterte sie leise. Kraftlos ließ sie den Säbel los und tastete über die Wunden an ihrem Bauch. Sie waren tief… verdammt… tief… und das Blut sickerte immer noch unaufhörlich hervor. Langsam ließ sie den Kopf zurück ins Laub fallen.
Ich bete zu dem Jäger
Dass er uns heute Nacht verschone
Ich bete zu den Erdknochen
Um den Segen für meinen Kampf
Ich bete zu der Dame
Mich zu beschützen
Ich bete zu den verlorenen Seelen
Über mein Grab zu wachen
(*)
Eins war ihr klar: hier kam sie nicht lebend raus. Selbst wenn Ronborn sich sofort auf dem Weg machte, er würde beinahe einen ganzen Stundenlauf benötigen, um von der Akademie wieder bisher zu kommen, selbst im Dauerlauf. Und wenn diese Bestien zurückkehrten, war sie leichte Beute.
So endete es also. Langsam glitt ihr Blick hinauf zu den Baumwipfeln. Allein. Irgendwo in einem Land, das nicht ihre Heimat war. Fernab von ihrem Mann. Wenigstens waren die Kinder sicher. Sie blinzelte und versuchte den Schleier vor ihren Augen zu vertreiben. Ihr Atem ging flach und schwer.
„Bitte… nicht hier… nicht jetzt… nicht so…“, flüsterte sie leise und schloss die Augen.
Nein… das war nicht der Kampf. Nicht ihr letzter Kampf. Es konnte einfach nicht sein…
„MIRJA!“
Schwerfällig blinzelte sie erneut. Seltsam. War es eben auch schon so dunkel gewesen?
„Dort vorn!“
„MIRJA!“
Sie hörte schwere Füße durch das Laub raschelnd näher kommen. Das Keuchen und die Stimmen zeugten von Menschen. „Mirja!“
Ein heller Haarschopf schob sich in ihr Blickfeld. Weißes Haar umrahmte ein kantiges Gesicht.
„Pan…“, krächzte sie leise, lächelte und Tränen flossen über ihre Wangen. Er war hier… er hatte sie gefunden. Jetzt würde alles gut werden… Matt hob sie die rechte Hand und legte sie an das Gesicht das über ihren schwebte. „Du hast dich nicht rasiert…“, nuschelte sie leise, als sie die langen Barthaare auf den Wangen spürte.
„Schnell! Stabilisiert sie, dann müssen wir sie zurückbringen!“
Eine warme Decke wurde über sie geworfen. Bis eben hatte sie gar nicht bemerkt, wie kalt ihr war und sie begann urplötzlich jämmerlich zu zittern.
„P…P…Pan…“, murmelte sie leise und die unverletzte Hand klammerte sich in das Wams ihres Mannes. Kräftige Arme hoben sie schließlich irgendwann auf und sie schmiegte sich an eine starke Männerbrust. Stark, aber nicht so kantig, so perfekt anschmiegsam, wie die von ihrem Mann. Und dieser Mann roch nicht wie ihrer… wie ihr Pan. Nicht nach dieser typischen Mischung aus Leder, Stahl, Moschus und warmen Holz. „Du bist… nicht…“, wimmerte sie leise. „Nein, aber wir bringen dich jetzt heim…“, erwiderte die Männerstimme freundlich und sie erkannte Ronborn.
Ronborn. Nicht Pan.
Und Mirjas Herz brach, während sie einfach nur die Dunkelheit begrüßte.
Knapp vier Wochen später…
„Deine Wunden verheilen gut… Der Arm wird etwas länger brauchen, doch ich glaube die Magier haben es ganz gut hinbekommen.“
Amalie lächelte Mirja an. Die Kräuterfrau war zu einer Art Freundin geworden. Unfreiwillig, denn Mirja konnte ihr kaum entfliehen, während sie praktisch ans Bett gefesselt war. Amalie hatte sie hingebungsvoll gepflegt, voller Reue und Selbstvorwürfen. Sie glaubte es war ihre Schuld und egal was Mirja sagte, Amalie wollte es nicht hören. Also hatte Mirja es aufgegeben. Immerhin waren alle Kinder unverletzt nach Hause gekommen, selbst Arken und Selenja, wobei sich beide von Ronborn eine Backpfeife einfingen, weil sie drauf und dran waren, durch das sich beinahe schließende Portal abermals zurückzulaufen.
Es grenzte an ein Wunder, dass man Mirja lebend fand, als die Rettungstruppe – wie erwartet – gut einen Stundenlauf später dort ankam. Die Wölfe fand man nicht mehr, aber es gab Schleifspuren. Offenbar hatte das Rudel den verletzten oder toten Wolf fortgezerrt. Magier hatten Mirjas Zustand mit Heilungsmagie stabilisiert. In der Akademie hatte man ihre Wunden gesäubert und versorgt. Dank der Magie schlossen sich die Wunden tatsächlich recht gut, dennoch waren die Verletzungen massiv und Mirja brauchte eine gute Woche, bis sie mehr als nur einige Minuten am Tag wach bleiben konnte und ohne Schmerzmittel auskam. Fieber schüttelte sie und zwischendurch sah es wirklich schlecht aus. Dann klang das Fieber allmählich ab und mit jedem Tag wurde es besser. Seit einigen Tagen begann sie sich nun zu langweilen, aber sie durfte endlich aufstehen, immer wieder einige Minuten herumlaufen, ehe sie dann einsah, dass sie doch wieder eine Pause brauchte.
„Ich glaube, noch ein paar Tage, dann könntest du nach Hause.“, meinte Amalie lächelnd, während sie Mirja vorsichtig den Stuhl zurecht schob.
Nach Hause…
Mirja verzog das Gesicht und lenkte den Blick zum Fenster hinaus.
„Oh… also… ich meinte…“
„Schon gut. Ich weiß, was du meintest und dass du es nicht so meintest…“, Mirja lächelte der jüngeren Frau matt zu. Diese wusste inzwischen fast alles über Mirjas Geschichte, schließlich hatte Mirja genügend Zeit gehabt sie damit zu unterhalten. „Ich schätze… es gibt immer noch keine Nachricht, hm?“ Amalie seufzte leise, zögerte etwas, ehe sie langsam damit herausrückte: „Wir haben inzwischen erfahren, dass in den letzten Monden keine Schiffe euren Kontinent anfuhren und die Verbindung zum Außenposten dort unterbrochen war. Offenbar… war auch der Außenposten infiltriert und ähm… einige der Wachen… verrückt…“ „Verrückt?“ „Naja… verkorkst… von den Dämonen.“, Amalie hob die Schultern hilflos und Mirja nickte verstehend. „Achso…“, murmelte sie leise und musste das Ganze erst einmal sacken lassen. Sie dachte an Golga, der von Ba’muths Legion beeinflusst worden war. Korrumpiert… War das auch mit Pan geschehen? Wenn selbst die Greifen davor nicht sicher waren? „Und gibt es jetzt Neuigkeiten von dort?“ „Nein… nur, dass man jetzt den Schiffverkehr und die Teleporte bald wieder aufnehmen will, wenn der Kundschafter zurück ist.“ Mirja verkniff sich, nachzuhaken, wann das sein würde. Amalie hatte sicherlich allein für diese Information schon einiges an Arbeit leisten müssen. Und die junge Frau konnte am wenigsten für die aktuelle Situation.
„Mit Arken und Lenja läuft es inzwischen richtig gut… Lenja übernachtet heute sogar bei einer von ihnen und Arken ist bei Meister Osarius zum Sonderabend in Astronomie. Heute soll es sternenklar werden und sie wollen den Mond durch das große Fernglas beschauen.“, wechselte Mirja das Thema und zog den Teebecher an sich heran, den Amalie inzwischen gefüllt hatte. „Oh… du meinst das Teleskop? Das wird ihm gefallen. Der Vollmond ist um diese Jahreszeit besonders schön… wenn die Nächte kälter werden und die Luft klar ist…“, schwärmte Amalie leise und Mirja lächelte sanft. „Ja… in der Tat…“
Es war spät, als Amalie nach Hause ging. Die Kinder waren zwischenzeitlich zum Abendbrot vom Unterricht nach Hause gekommen und hatten anschließend ihre Sachen gepackt um ihrer jeweiligen Wege zu gehen. Osarius holte die Kinder an den Unterkünften ab und Selenja würde sich im Nebengebäude bei ihrer Freundin aufhalten.
Mirja saß somit alleine am Fenster und beobachtete wie die letzten Sonnenstrahlen als rötlicher Streifen am Himmel vergingen. Eine tiefe Unruhe erfüllte sie und sie war unsicher, ob diese von ihrer Ungeduld über die Heilung… von den Nachrichten über die Heimat oder daher, dass ihre Kinder offenbar sich an das Leben hier gewöhnten, rührte… Jedenfalls… wollte sie keine Minute länger hier sitzen. Ächzend drückte sie sich schwerfällig auf und schlurfte zur Tür, wo sie sich einen Mantel griff und in ihre Stiefel schlüpfte. Nur einmal um das Gebäude… das würde doch machbar sein.
Es dauerte eine gefühlte Ewigkeit, bis sie endlich vor dem Gebäude stand. Sie schnaufte leise und war schon am Überlegen doch um zu kehren. Seufzend hob sie ihren Blick gen Himmel. Zumindest einmal einen Blick in die Sterne werfen, die ihr Sohn vermutlich gerade in diesem Moment ebenfalls beobachtete. Der Mond stand hell und rund am Himmel und während sie ihn so betrachtete, hatte sie das Gefühl, dass ihre Kräfte langsam wieder kehrten. Ihr Atem normalisierte sich wieder und wie von selbst begannen ihre Füße sich einer vor den anderen zusetzen. Der ziehende, dumpfe Schmerz in ihrer Seite schien allmählich wie vergessen und auch ihr pochender, juckender Arm verblasste, während ihre Schritte sie langsam um das Haus herum zu den Ausläufern desjenigen Waldes trugen, in dem sie beinahe den Tod gefunden hatte. Die Unruhe wich einer seltsamen Vorfreude. Einer Vorfreude… worauf? Kurz runzelte sie die Stirn, doch es war auch egal. Sie folgte einem Instinkt… ihrem Instinkt… und…
… sie fand sich scheinbar mitten im Wald wieder. Es war kalt und die Schmerzen kehrten mit einem Mal mit voller Wucht in ihren Körper zurück. Abermals lag sie am Boden. Was zur Hölle? Träumte sie? Was war… sie richtete sich mühsam auf, starrte auf sich herab. Blut? Aber… keine Verletzungen? Und… warum zum Henker war sie nackt?
Ein Knacken und Rascheln ertönten hinter ihr und alarmiert sprang sie auf, bereit sich abermals gegen diese Viecher zu verteidigen. Tatsächlich stapfte ein riesiger Wolf aus dem Unterholz und starrte ihr entgegen. Im Gegensatz zu den anderen Viechern war er hier nicht schwarz sondern grau und die Augen in einem warmen Braunton.
„Oh nein… verdammt… also doch.“, erklang eine seufzende, bedauernde Stimme von ihrer anderen Seite. Schnaufend und Keuchend brach Amalie durch ein Gestrüpp und stolperte halb über eine Wurzel. „Amalie! Lauf!“, rief Mirja entsetzt und abermals kroch das Adrenalin in ihr hoch. Warum hatte sie keine Waffen?
Ein erneutes Knacken, jedoch nicht von brechenden Ästen sondern eindeutig das Brechen von Knochen lenkte ihre Aufmerksamkeit wieder zum Wolf zurück, gerade noch Rechtzeitig um zu sehen, wie dieser sich auf die Hinterläufe stellte und seine Form sich veränderte, bis ein nackter Mann dort stand.
„Was… zum Henker…“, wiederholte Mirja ihre Gedanken laut und versuchte krampfhaft zu verstehen, was hier passierte.
„Mirja… du ähm...“ „…bist ein Werwolf.“, vollendete Ronborn genervt Amalies Gestammel und erntete einen bösen Blick der Jungen Frau. Mirja starrte den Beiden entgegen. Irgendwas war hier… Anders. Amalie wirkte nervös, ängstlich, aber nicht wegen Ronborn, nein, sie beobachtete offenbar Mirjas Reaktionen. Und Ronborn? Er wirkte verärgert, aber der Ärger bezog sich offenbar nicht direkt auf sie. Mirja starrte den älteren Mann an und spürte eine Art… Verbundenheit. Anders… als vorher. Nicht wie ein Kampfgefährte oder ein Freund… nicht wie ihre Verbindung mit Pan oder ihren Kindern… Anders. Instinktiver. Urtümlicher.
„Ich bin… was…?“
Es dauerte eine Weile, bis Mirja wirklich das ganze Ausmaß begriff. Sie war nun… anders… und gefährlich. Sie war wie diese beiden riesigen Bestien, die sie angegriffen hatten. Ronborn und Amalie versuchten ihr zu helfen, sich mit ihrem neuen Wesen zurecht zu finden. Amalie war keine Wölfin, aber sie war eine Eingeweihte. Auf diesem Weg erfuhr Mirja auch, dass Ronborn Amalies Vater war. Ronborn wurde vor einigen Jahren auf ganz ähnliche Weise angegriffen und dadurch gewandelt. Offenbar streiften einzelne, abtrünnige Wölfe durch die Wälder. Ronborn musste damals alleine mit diesem neuen Leben zurechtkommen und verbergen, was er war. Seine Tochter hatte es irgendwann durch Zufall herausgefunden. Und jetzt… halfen sie ihr, damit sie eben nicht alleine war… Mit der Wut, die in ihr brodelte, der Unruhe… die offenbar normal für einen jungen Wolf war – wie die beiden es formulierten. Vieles rückte sich Stück für Stück nun an seinen Platz… einiges würde sie vermutlich erst viel später begreifen…
In der darauffolgenden Vollmondnacht blieb Ronborn bei ihr, um ihr Tun zu überwachen. Doch sie hatten ihr bereits prophezeit, dass es noch lange dauern würde, bis sie sich erinnern würde, was in diesen Nächten passierte.
Nichts desto trotz, gab es zu alldem noch weitere Entwicklungen: Die Schifffahrt und Teleportation in ihre Heimat wurde wieder aufgenommen. Und gerade jetzt wurde es Zeit, herauszufinden, was dort geschehen war. Wenn Mirja nun selbst eine Bestie war, musste sie herausfinden, ob es noch jemanden gab, der sich um die Zwillinge kümmerte, sollte sie zu gefährlich für die beiden werden. Sie bereitete also alles vor, um für einige Tage nach Nordhain und Silberburg zu reisen. Die Greifen hatten sich mit Amalies Hilfe bereit erklärt, ihr die Teleportation zur Verfügung zu stellen. Sie wollte nach dem nächsten Vollmond reisen und möglichst bis zum danach folgenden wieder zurück sein. Selenja und Arken blieben solange bei Amalie und in der Akademie, auch wenn es ihnen nicht gefiel, nicht bei der Suche nach Pan helfen zu dürfen. Aber da Mirja nicht wusste, was sie zuhause erwartete… außerdem konnte sie nicht garantieren, dass Pan nicht sofort herausfand, was sie war… schließlich… wusste er von diesen Wesen. Er selbst hatte ihr vor vielen Jahren davon erzählt… doch ehrlich gesagt, wirklich geglaubt hatte sie es nicht… bis jetzt.
(*)
Songtext frei übersetzt aus: Saltatio Mortis – Pray to the hunter