Ein Funken von Macht (Lehrreihe)

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Falynidil
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Ein Funken von Macht (Lehrreihe)

Beitrag von Falynidil »

Sie zog die große Feder kontrolliert und langsam über das Pergament, das ihr als Notiz diente und bemerkte die Zufriedenheit, die sich in ihr breit machte. Eher unbewusst hatte sie aufgehört zu atmen und für einen Moment vollends ihren Gedanken nachgehangen, die sich um die letzte Zeit drehten.

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Alles lief nach Plan. Nachdem Falynidil den Orken ihren Choharar entrissen hatte und in einen ihrer mächtigsten Diener verwandelt hatte, war es ruhig um den Stamm geworden. Sein Nachfolger, ein Ork namens Raz'nok, hatte wohl Mühe damit die Tryl'hi Orks zusammen zu halten. "Gut so", dachte sie bei sich, denn eine neue Generation Orks war in das Alter herangewachsen, in dem sie flügge wurden und eigene Machtansprüche entwickelten. In der Folgezeit hatte die Ilharess die jungen Orks immer wieder besucht und ihre eigenen Untergebenen befohlen, diese zu unterweisen und in Kampftaktik zu schulen. Es galt sich eine neue Generation von taktisch ausgebildeten Orks heranzuzüchten, die sich bereitwillig auf jeden Feind stürzen würden. Falynidil selbst hatte dabei kaum eine Gelegenheit ausgelassen, um den Orks Geschenke zu machen. Hier Goldmünzen, dort ein Kleinod, hier eine mächtige magische Waffe. Diese jungen Orks würden schon bald ihren Artgenossen gegenüber, die sich weniger um eine Bindung zu den Dunkelelfen bemühten, im Vorteil sein. Es war nur eine Frage der Zeit, bis sie Bündnisse schmieden und einen aus ihrer Mitte Raz'nok herausfordern lassen würden. 

Da aber die Welt zunehmend komplexer wurde und neue Mächte in das Land strömten, würden mächtige Streitäxte und Säbel bald nicht ausreichen, um sich aller Widersacher zu entledigen. Es brauchte gleichermaßen Magie wie Stahl und da die Ilharess ob der mangelnden Qualität von Sorcere und Arach Tinilith wusste - Mizrae hatte dies eindrucksvoll demonstriert - zog sie es vor, die Dinge selbst zu lenken. Durch Ghort'Nocx Verschwinden wurde ein Vakuum in die Reihen der Tryl'hi Schamanen gerissen, das bisher nicht geschlossen werden konnte und insbesondere die Ausbildung neuer Schamanen negativ beeinflusste. Diejenigen Orken, die der Magiewirkung mächtig waren, vegetierten seither dilettantisch vor sich hin. Den Orkschamanen, die intelligenter als die meisten ihrer Artgenossen zu sein schienen, bedurften magischer Führung. Natürlich hatte Falynidil nicht vor sie in die tiefsten Geheimnisse ihres Volkes einzuweihen, aber sie wollte ihnen dazu verhelfen, den Weg aus dem Morast zu finden, der sich Hegelgrube nannte. 

Der Priesterin war klar, dass ihr Spiel mit den Orks nicht nur auf Gegenliebe bei ihrem eigenen Volk stieß und dass mitunter getuschelt wurde, ob der Geisteszustand der Ilharess überhaupt als "gesund" bezeichnet werden konnte. Aber wer, wenn nicht die Herrscherin Sold'Orbbs konnte ein derartiges Tabu in die Tat umsetzen? Macht eröffnete nun mal alternative Handlungsmöglichkeiten. Auch ein Ort war schnell gefunden, denn sie hatte nicht vor derartige Vorträge in den geschützten Hallen ihrer Stadt abzuhalten. Nein, tatsächlich würde sie die ungezügelte Wildnis des Unterreichs auswählen und genau dort alle versammeln, wo das Faer'Zress spürbar war. Wie treffend für Lehrstunden über Magie. Sie liebte das Chaos und die Gefahr dieses Ortes würde alle Anwesenden zu mehr Aufmerksamkeit anspornen.

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Falynidil
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Re: Ein Funken von Macht (Lehrreihe)

Beitrag von Falynidil »

Wieder waren die Schamanen der Cretoken dem Angebot ferngeblieben und lediglich ein paar Orkkrieger waren  dem Ruf gefolgt, um sich im Kampf gegen Feuerelementare zu profilieren. Falynidil war es gleichgültig, denn die vielen jungen Zauberer und Zofen ihres Hauses hatten dringenden Nachholbedarf. Die Arach Tinilith und die Sorcere waren offenbar im desolaten Zustand, was kein  Wunder war, denn Filifar beanspruchte jede Priesterin und jeden Zauberer, mit denen etwas anzufangen war, für sich. Für die Akademien blieben nur diejenigen, die nicht stark genug waren die Insignien des Hauses zu tragen. Um die eigene Stärke zu erhöhen, war es ihr egal, wenn sie selbst Teile der Ausbildung übernehmen musste oder die Kapazitäten der Ust Yathrin beansprucht werden mussten. Wenn alles nach Plan lief und die Ausbildung Früchte tragen würde, konnte man schon bald dazu übergehen die Last auf mehrere Schultern zu verteilen. Falynidil selbst würde dann einen Schritt zurück machen und ihren Untergebenen die Aufgaben übertragen. Dies war ihre Strategie, um den eigenen Machterhalt zu untermauern. Die Untergebenen mussten einfach nur ausreichend beschäftigt werden. Nur wer die Zeit dazu bekäme, würde in der Lage sein zu meutern oder den eigenen Machtanspruch auszuweiten. 

Mit einem zufriedenen Lächeln strich sie die zuletzt behandelten Themen durch.

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Falynidil
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Re: Ein Funken von Macht (Lehrreihe)

Beitrag von Falynidil »

Das Narbondel zeigte gerade die Tageswende an, als die Mutter Oberin auf dem Balkon ihrer Oberinnenkammer stand und auf die nahe Stadt herabblickte. Sold’Orbb erweckte in dieser Tageszeit manches Mal den Eindruck, als wären die Intrigen und das feindselige Leben in der kleinen Dunkelelfenstadt pausiert und würden erst am Folgetag, nach Gebet und Meditation, wiederaufgenommen werden. Doch Falynidil wusste es besser. Dieser Ort schlief nie und immer gab es jemanden, der jemand anderen zu übervorteilen versuchte. Ihr war klar, dass es nur eine Frage der Zeit sein würde, bis ein Emporkömmling sich daranmachen würde, an die Vormachtsstellung Filifars und damit der Ilharess des Hauses zu sägen. Dabei war sich Falynidil natürlich darüber im Klaren, dass sie sowohl aus dem Inneren, als auch von außen zu erwarten hatte, dass ihr jemand den Platz an der Macht streitig machen würde.

Viele Priesterinnen hatten sich zuletzt dem Haus angeschlossen und es wäre töricht zu glauben, dass sie nicht auch insgeheim den Wunsch hegten eines Tages die mächtigste Person dieser Stadt zu sein. Es war der Lauf der Dinge und Machtbestreben ein Naturell der Dunkelelfen. Als Ilharess hatte die Dunkelelfe gleichermaßen im Blick zu halten, dass ihre Untergebenen mächtiger wurden, um den Einfluss des Hauses zu stärken und gleichermaßen nicht zu mächtig wurden, um sich gegen sie zu verschwören. Es war ein gewagter Balanceakt, den sie vorrangig damit löste, dass sie ihre Gefolgsleute mit so vielen Missionsvorbereitungen, Missionen, dem Studium und anderweitigen Aufgaben betraute, dass diese gar keine Zeit mehr hatten eine Verschwörung zu planen.

Es gefiel ihr, wenn ihre Untergebenen am Limit agierten, da dies kleinere Fehler provozieren würde, die ihnen die eigene Fehlbarkeit gegenüber der scheinbaren Unverwundbarkeit ihrer Anführerin nur allzu deutlich aufzeigen würde. Daher lag ihr viel daran, dass das Selbstvertrauen ihrer Untergebenen nicht zu sehr Anwuchs. In einer kürzlichen Begebenheit etwa hatte sie eine durchaus talentierte Jungpriesterin, Vala’ryzzsha, in ihre Kammer bestellt, um sich deren Kenntnisse zu zuletzt gelehrten Magiethemen demonstrieren zu lassen. Tatsächlich schlug Vala’ryzzsha sich wacker und konnte wesentliche Inhalte des geforderten Zaubers erläutern. Trotzdem nutzte Falynidil die wenigen Schwächen, die die Beschreibung des Luftstoßzaubers hatte, um ihre eigene Überlegenheit zu verdeutlichen. Es hatte ihr gar Freude bereitet, die demütige Haltung der Yathrin zu beobachten, der offenkundig unwohl bei diesem Gespräch war. „Gut so.“, sprach die Mutter Oberin laut auf dem Balkon aus aus und nickte zufrieden, als sie diese Situation rekapitulierte. Daraufhin verließ sie das Freie und trat in ihre Kammer zurück.

Auf dem Steintisch lag das Pergament mit den Inhalten, die sie für diese Lehrreihe vorgesehen hatte. Vala’ryzzsha hatte zwar demonstriert, dass die Lehre angekommen war, dennoch würde sie weitere Stichproben nehmen. Für ihre weitere Planung war es erforderlich, dass keine grundlegenden Fehler mehr gemacht würden. Nichtsdestotrotz konnte der letzte Punkt nun von der Liste gestrichen werden. Alles Weitere würde sich von allein fügen oder konnte delegiert werden Sorgsam zog sie die Schreibfeder über das raue Pergament und komplettierte damit die Liste. Nun sollte die nächste Phase ihres Plans initiiert werden...
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