Knut stand bereits schweißgebadet vor dem Schmelztopf, als Jaster Darez eine Kiste mitbrachte, gefüllt mit Schwarzbier und Met. Der erste Schluck wurde als Dank an den Spender erhoben, bald darauf stießen alle gemeinsam auf den Fortschritt an: auf die Halle, auf die Arbeit und auf die Zukunft Solgards. Bier durfte bei keinem Treffen der Bollwerkzunft fehlen. Es hebt die Gemüter und stärkt Geist und Muskeln, so nahm Knut an.
Denn nur mit Mut und Zusammenhalt können die Bürger einst Kanonen haben, die Solgard wie ein Schild umgeben. Jeder Schluck ist ein Schwur, dass man nicht für sich selbst hämmert, sondern für das Bollwerk, das Solgard einst werden und das alle schützen soll.
Nach und nach füllte sich die Halle an jenem Abend. Radesvald und Zlata kamen hinzu, Van de Mork trat ein, und schon bald stand man im Kreis, zwischen Funken, Rauch und dem dumpfen Grollen der Feuer. Knut holte ein rotes Buch hervor, das die Ergebnisse der Nachforschungen von Zlata und Radesvald enthielt. Zeichnungen und Beschreibungen zum Guss einer Kanone. Man sprach über Bronze und Eisen, über Mischungsverhältnisse und über die Frage, wie ein Bohrer zu bauen sei. Zlata zeigte mit klaren Gesten, wie Zahnräder ineinandergreifen sollten, während Van die Idee eines großen Schwungrades ins Spiel brachte.
Noch sind es Worte und Zeichnungen, doch eines Tages werden daraus Donnerrohre entstehen, die Feinde zurückwerfen, ehe sie Solgards Mauern erreichen. Was heute wie eine Spielerei wirkt, ist der Anfang einer Macht, die Bürger und Arbeiter gleichermaßen verteidigt.
Die Arbeitsteilung war rasch beschlossen. Drinnen kümmerte sich Knut zusammen mit Radesvald um die Schmelze, draußen formten Zlata und Van ein Schwungrad aus Lehm und Holz. Willa stieß später hinzu, half beim Anrühren des Lehms und zeigte bald ihr Interesse, die alten Kanonen der Echidna wieder herzurichten, die Knut stolz, wenn auch mit Muschelrückständen und Salzwasserschäden gezeichnet, präsentierte.
Die alten Rohre aus fernen Zeiten sind Mahnung und Hoffnung zugleich. Sie zeigen, dass Kanonen möglich sind, doch dass man sie neu erschaffen muss, besser, stärker, für Solgard allein. Darin liegt die Aufgabe der Zunft.
Währenddessen kämpfte Radesvald mit dem Blasebalg und hing lachend am Seil, bis Knut ihm scherzhaft Erze in die Taschen stopfte, um sein Gewicht zu erhöhen. Der Ofen brüllte, Stichflammen schossen empor, und eine schwarze Wolke legte sich unter die Decke. Schließlich war der Moment gekommen. Knut rief über die Halle, ob alle bereit seien, und der schwere Kessel wurde mit vereinten Kräften unter dem Schienengerüst nach draußen gezogen.
Mit jedem Funken, der zur Decke stieg, wurde sichtbar, dass dies nicht nur ein Handwerk ist. Es ist ein Kampf gegen Ohnmacht. Ein Versuch, die Glut von Wissen und Mut in Metall zu gießen, bis Solgard eines Tages geschützt ist durch Feuer und Eisen.
Langsam neigte er sich über die vorbereitete Form. Glühendes Metall floss in den Lehm, Funken sprangen in die Dämmerung, die Hitze presste sich auf die Haut der Umstehenden. Als die Form überzulaufen drohte, schrie Zlata das Kommando zum Stopp. Mit Mühe wurde der Kessel wieder aufgerichtet, und in der Form lag nun das glühende Schwungrad, das in den kommenden Tagen aushärten sollte.
Das Schwungrad selbst wird keine Mauer verteidigen, doch es ist ein Schritt auf dem Weg dorthin. Es ist ein wichtiger Bestandteil jenes Bohrers, welcher bald Tag ein, Tag aus, präzise Löcher in die Kanonenrohre bohren soll. Jeder Versuch, jede Form, jedes Stück Metall bringt Solgard näher an das Ziel:
ein Bollwerk zu werden, das kein Feind jemals brechen kann.
Am Ende des Abends saß man erschöpft beisammen, die Arbeit getan, die Halle noch erfüllt vom Geruch der Glut.
"Habta gut gemacht", lobte Knut und sprach von einem
weiteren Treffen am Montag im Zunftstübchen. Bald darauf verabschiedeten sich die einen nach und nach in die Nacht. Von seinem Balkon seiner Bruchbude im Arbeiterviertel winkte Knut und rief ein letztes Mal
"Guuute Naaacht!", ehe die Bollwerkhalle an diesem Abend wieder zur Ruhe kam.
Die Arbeit mag klein erscheinen, doch aus kleinen Nächten wie dieser erwächst das Große. Noch sind es Formen und Funken. Bald werden es Kanonen sein. Und in Zukunft werden sie gemeinsam noch mehr erschaffen:
Neues Wissen, neuer Fortschritt, immer für die Stadt, für Solgard, für das Bollwerk, das alle schützen soll.