Die Würfel klackerten über den steinernen Tisch – der Werfer, Ole Kork, hochgespannt.
„Ney komm, fallt richtig!“ feuerte er sie an, doch das Glück war ihm nicht hold, als ihm nur niedrige Augenpaare entgegenblickten.
„Wat solln dat!!??“ fluchte er laut unter dem Gelächter seines Gegenübers.
„Ach Ole... gib schon her.“
Zähneknirschend wechselte er die Groschen, kippte einen Schnaps herunter, um die Schmach zu betäuben, und versuchte erneut sein Glück.
Es war ein schöner Tag für die beiden Männer am Tisch, die das Schicksal herausforderten, immer auf der Jagd nach dem großen Wurf.
Doch dann sträubten sich Oles Nackenhaare. „Hast dat gespürt, eh?“ tuschelte er beunruhigt seinem Gegenüber zu, der nur mit fragendem Blick die Schultern hob.
Kaum waren die nächsten Würfel geworfen, da wurde der Verdacht bestätigt, als etwas laut über den Platz brüllte.
„WO IST MEIN TAUGENICHTS, OLE!“ schrie eine scharfe, tiefe Stimme.
Für einen Moment erstarrten die beiden Männer. „Oh nee... schnell noch den Wurf, eh!“
„Lass mal Ole, ich bin weg,“ erwiderte sein Gegenüber.
„Ney, ney, dat schaffen wir noch! NEY!“ Doch sein Freund war schon dabei zu verschwinden, als die bebenden Schritte näher kamen.
Es waren die Schritte einer wütenden Frau – seiner Frau – Siglinde, die schnaufend nun vor Ole stand.
„Ähhh, Schnuffelpuffel, i äh...“
„Was beim Trollschiss treibst du da! Wieder nur am Saufen und Verspielen!“ schmetterte die wütende Frau entgegen, und noch bevor Ole etwas sagen konnte, drückte sie ihm einen Aushang ins Gesicht.
Völlig erstaunt fummelte er den Aushang von seinem Gesicht und zuckte nur mit den Schultern, als er ihn überflog. „Und? Ne Taverne, wat willst du?“
„Du Taugenichts, bewirb dich da!“
„Ähh, Schnuffelpuffel, i? Ne Tavern?“
„Keine Widerrede!“ drohte sie mit einer bedrohlich wedelnden Hand. „Du schreibst, sonst zieh ich dir die Ohren so lang, das du hochkant aus der Stadt nach Nalveroth zurück fliegen kannst!“
Die wütende Frau stampfte davon, und Ole konnte sich nicht verkneifen, ihr eine gehässige Grimasse hinterherzuziehen. Was für eine Frau – seine Frau. Doch Oles Gedanken spielten: Eine eigene Taverne? Das würde Schnaps und Bier im Überfluss bedeuten!
Und ja, das war eine Idee, die sogar seinen faulen Knochen noch etwas Leben einhauchen könnte. Oh Siglinde, manchmal schlummert doch ein Genie in deinem Drachenkopf, dachte er sich.
Am nächsten Tag wurde bei der Reichsverwaltung ein Schreiben abgegeben. Das Papier war zerknittert, die Schrift krakelig, aber noch lesbar, und ein sanfter Hauch von Schnaps begleitete das Schreiben.
Hochgeschätzte Reichsverwaltung, ergiebigsten Gruß! Ole Kork mein Name.
Mein Drache von Frau steckte mir euren Aushang zu, den ich, Ole Kork, mit großem Interesse verfolgt hab. Ne Taverne, ja da kenn ich mich aus. Meine Rachenputzer sind legendär, mein Charme unbestritten und ich absolut liebenswert!
Habt ihr schon von meinen Kreationen gehört, wie dem Öligen Drachenfuß, dem Orkischen Stiefel oder auch der neuesten Kreation, dem Drolligen Trollschlag?
Ich kann euch sagen, jene, denen die Zunge nicht abfiel, waren begeistert!
Doch auch für die zarten Seelen kann ich Tropfen edlen Weines, gereift unter dem achtsamen dämonischen Blick meiner Angetrauten, empfehlen. Der gute Tropfen wird euch auf eine Reise schicken, als wäre es euer erster Wein.
Ich wäre bereit, die Taverne zu übernehmen. Doch als einfacher Bürger sind meine Mittel begrenzt, so würde ich hoffen nicht nur auf eure Unterstützung in Form von Taten, sondern auch auf Groschen, um die ersten Materialien in ausreichender Menge zu haben.
Lasst mir gerne eure Antwort zukommen, ob ein Gespräch möglich wäre.
Ole Kork
Als er nach Hause kam, ziemlich selbstzufrieden mit seiner Arbeit, krächzte es schon aus dem Hinterstübchen.
„Hast du das Schreiben abgegeben?“
„Jey, hab i.“
„Gut, dann mach dich nützlich. Meine Furunkel müssen behandelt werden!“
Flehentlich hob er den Blick. Vielleicht ein Unfall? Ein Sturz? Niemand würde es erfahren außer vielleicht von einem kleinen Beben in Surom wenn sie aufschlug am Boden.
Doch das waren Gebete, die ohne Nutzen waren. Jeder wusste doch, Unkraut verging nicht, und so machte er sich grummelnd ans Werk.