Was war das nur für ein Abend gewesen. Der Aufruf der YeA sich an der Magieakademie zu treffen und sich über die neu erschienene Bedrohung durch die pflanzlichen Wechselbalge auszutauschen war eine gute Idee. Wenn auch nicht wirklich viel Neues dabei herauskam. Naja, einige Punkte und Ideen führten zu neuen Überlegungen, das war schon ein großer Schritt in die richtige Richtung.
Die neuesten Entwicklungen bereiteten Golga jedoch auch Sorgen. Diese Kreaturen hatten es jetzt geschafft länger zu überleben, dennoch schien ihr Lebensfaden bald gekappt zu werden. Das Besorgniserregende war, dass es sich hier wohl wirklich erst um eine Art Anfangsstadium der Metamorphose handeln musste.
Aber Lynas Gedanke wollte ihn nicht loslassen: "
Was ist, wenn sie wirklich friedlich sind und eigentlich niemanden ernsthaft ersetzen wollten, sondern es ein Versuch der ersten Kontaktaufnahme ist?"
Golga konnte sich diesen Luxus der Nachsicht nicht erlauben, zu oft hatte er es mit dämonischen Kreaturen zu tun gehabt, zu oft gab es irgendwelche verrückten Magier oder sonstige magisch affine Lebensformen, die nicht unbedingt eine friedliche Absicht verfolgten. Die Vorsicht musst bestehen bleiben und so lange galten die Wechselbalge als äußerst potentielle Gefahr. Bis eben Gegenteiliges bewiesen werden konnte.
Die kleine Aufregung zum letzten Drittel der Versammlung konnte schnell bei Seite geschoben werden. Golga bot sofort seine Hilfe den Amazonen an und durch Amines schnelles Handeln konnten sie die Situation im Nu entschärfen.
Einige Augenblicke später..
Die Sonne brannte auf seiner Haut, und der vom Wind getragene Sand peitschte ihm ins Gesicht. So zog und zerrte auch der Wind an seiner Robe und peitschte sein Haupthaar wild umher.
Und da war sie, diese abartige Kreatur, die einerseits natürlich wirken mochte, aber andererseits auch nicht.
Ein Rankengewächs, das die Formen einer Amazone angenommen hatte, aber die Verwandlung, die Metamorphose, noch nicht vollendet hatte.
Dämonen gingen anders vor, sie waren effektiver, gezielter und ihre Absichten waren immer chaotisch böser Natur. War es dämonisches Werk? Diesen Gedanken vermochte Golga leicht abzuschütteln – zu leicht? Nein, kein Dämon würde so vorgehen, und er spürte auch die nicht für diese Ebenen typische Signatur.
Als dann die Gruppe vollständig war, wurde erst beratschlagt wie vorzugehen wäre. Es dauerte nicht lange und sie hatten sich entschieden. Sie vermochten es die Kreatur ins Sichere zu bringen, sicher vor anderen Menschen und gesichert durch die Amazonenwachen.
Das Gelände der Amazonen war in jeglicher Hinsicht faszinierend. Klar bedachte ihn ein Großteil der Wachen mit Argwohn und offen dargestellter Abneigung. Aber es kümmerte Golga in diesem Moment nicht. Wenn etwas Zeit verstrich, und auch sie sich davon überzeugen würden wie er wirklich ist, würden sie vielleicht auch ihre Haltung ihm gegenüber ändern. Wie gesagt, zum jetzigen Zeitpunkt tangierte es ihn nicht.
Nachdem dann die Amazone der Kreatur mit ihrer Magie geholfen hatte, ihr auch frische Erde, Wasser und gar etwas Dünger hat zukommen lassen, begann dann der Einsatz des Magiers.
Nachdem er sich die Erlaubnis eingeholt hatte, diese Kreaturen untersuchen zu dürfen, verschwendete er auch schon keine Zeit mehr.
Eine kleine Kohlepfanne, Zündstahl sowie Kräuter und einige Pulver waren schnell hervor geholt. Das Feuer war schnell gemacht und labte sich am trockenen Holz gütlich.
Der Magier begann dann seine Magie zu sammeln, immer mehr umgab ihn diese teils mystische Kraft und wurde für seine Zwecke geformt.
Im Schneidersitz hockte er vor den Kreaturen und hatte seine Augen für seine meditative Vorarbeit geschlossen. Das Rauchwerk züngelte sich empor und wurde vom Magier mit tiefen Atemzügen inhaliert.
Eine Vielzahl magischer Stränge ging vom Magier aus. Alle waren sie unterschiedlich und keines mochte dem anderen gleichen. Sowohl in Form, Größe, Dicke oder auch Farbe.
Ihr Ziel war die erste Kreatur, und die ersten legten sich sanft und vorsichtig auf diese ab. Bedächtig und in einer gewissen Wachsamkeit suchten sie die erste Verbindung. - Gut, keine Gefahr.
Die Magie setzte ihre Untersuchung, ihre Analyse fort. Immer mehr dieser Stränge legten sich auf die Kreatur nieder, hier und da flackerte die Magie auf und erhellte für einen Herzschlag lang die Kreatur. Einige dieser Stränge begnügten sich nicht mit dem äußeren, nein, sie tauchten sogar langsam in die Kreatur ein und setzten dabei ihre Untersuchung fort. Dabei gingen sie einer bestimmten Vorgehensweise nach und waren zu jedem Zeitpunkt immer vorsichtig und auf der Suche nach Fallen oder anderen, ähnlichen Hinterhalten. Eins hatte dieser Magier gelernt, niemals sich selbst zu überschätzen, niemals die Gefahr außer Acht zu lassen und dabei niemals zu einem Zeitpunkt sich sicher zu fühlen.
Langsam tauchte der Magier in das Innere der Kreatur...
Der Geist
Wald, ein wild wachsender Wald, der eine schiere Unendlichkeit zu besitzen scheint. Endlos in alle Richtungen, undurchdringlich, unmöglich sich zu orientieren. - Erdrückend, beeindruckend.
Golga versuchte die ersten Bilder zu ordnen sich zu orientieren.
Ein riesiger Stamm lag vor ihm auf dem Weg und versperrte den Weg. Nein Moment, die Kreatur kroch über dieses Hindernis hinweg. Es war ein Ast und kein quer liegender Stamm. Der Magier musste sich konzentrieren, musste sich anpassen und versuchen das Gesehene entsprechend anzugleichen. Die Kreatur kroch auf dem Waldboden.
Die Bäume und das Unterholz ragten hoch in den Himmel. Und dieser Wald blühte nur so voller Energie des Lebens. Aber was waren das für Kreaturen? Eigenartige Wesen, die nicht zu unserer bekannten Tierwelt passten. Insekten und Vögel, die er nicht kannte. Und jetzt bei genauerem Hinsehen, selbst die Bäume und Pflanzen mochte Golga nicht recht einzuordnen. Er war kein Meister der Fauna und Flora, doch man musste dafür auch kein Genie sein, um zu erkennen, dass diese nicht in unseren Breitengraden vorkamen, war es vielleicht sogar eine andere Ebene?
Golga legte diese Gedanken erst einmal bei Seite und fokussierte sich weiter auf das Gesehene.
Langsam öffnete einer der Magiestränge Empfindungen dieser Kreatur, diese Kreatur war sehr jung, einige Tage, eine Woche, nicht mehr als ein Monat? Die Kreatur war also sehr jung.
Er durchforschte weiter diese Gestallt. Da war ein Hall, ein Impuls, ein Antrieb. - Leben!
Natürlich wollte dieses Wesen leben, jeder hatte diesen Urinstinkt in sich. Doch hier wurde es regelrecht noch von etwas anderem angezogen, davon getrieben. Wie ein Leuchtfeuer durchbrach dieser Geruch den Wald. Die Lebensform konnte nicht anders, sie musste diesem Duft folgen.
Doch da war mehr, da war noch etwas, ein...
Geschuldet durch die Einfachheit des Wesens dieser Kreatur, dauerte es nicht lange bis Golga es richtig einzuordnen vermochte. Dieses Ding war noch von etwas ganz andrem besessen, einem Drang, der selbst seinen Urinstinkt übertrumpfte. Ein Befehl, aber welcher? und von wem oder was? War es ebenso ein Urinstinkt? Nein, das konnte er verneinen. Aber woher kommt das?
Das zu erörtern blieb auch für Golga versiegelt, denn die Kreatur wusste es selber nicht einmal. Der Befehl war da, und es leitete sie.
Wie eben dieser unüberwindbare Lockruf durch den Geruch. Stetig, langsam und unerbittlich folgte die Kreatur kriechend diesem. Davon angetrieben konnte sie dem nicht widerstehen. Es mochte einem fast schon zwanghaft erscheinen.
Manchmal war die Fährte gut zu „sehen“, manchmal verschwommen oder gar weg. Doch es tauchte immer wieder auf, wie ein Leuchtsignal vermochte es den Weg durch diesen scheinbar undurchdringlichen Wald zu weisen.
Die Welt um dieses Geschöpf herum verschwom langsam, es änderte sich ? Es formte sich um ? Veränderte sich hier die Realität? Ein zweites Bild offenbarte sich und die Welten überschlugen sich, vermischten sich - Es änderte sich alles.
Plötzlich war dieses Wesen nicht mehr in diesem einzigartigen Wald... nein, es waren.. Felsen, Steine, Gras und Bäume, die Golga einzuordnen vermochte. Vögel und anderes Getier, alles war bekannt - Die Steppe.
Aus seinem eigentlichen Lebensraum gerissen, war diese Kreatur jetzt auf der uns bekannten Welt. Verspürte sie Angst? Wenn ja, zeigte sie es nicht oder Golga konnte es einfach in diesem Moment nicht erkennen. Dieses Geschöpf wollte weiter leben, wollte sich der Umgebung anpassen, wollte nicht aufgeben. Instinkte, die es zum Weitermachen getrieben haben.
Es kroch umher, suchte nach einem Halt, und da fand es das auch endlich. Ein Haar, es umschlang dieses Haar, Ranken umgaben es und es formte sich der Kern heraus. Das hölzerne Herz umschloss das Haar und hier zeigte sich mit aller Deutlichkeit das Zentrum der Eigenheit dieses Wesens. Es war die reinste, bis in die kleinste Faser hin all durchdringende, lebensbejahende, wilde und ungezähmte, weitaus komplexere, keines nekromantischen Ursprungs, und auch keinerlei Anzeichen für dämonischer Energie... Nein, das hier war die reinste, so möchte man meinen, Urform mystischer druidischer Magie! Jene Energie welche er schon die ganze Zeit im Wald gespürt hatte. Und die Verwandlung vollführte diese Kreatur so einfach, wie für uns Menschen eben das Atmen war. - Faszinierend! hallte es nun gar selber in Golgas Gedanken!
Welch Erleichterung und Hoffnung zugleich doch diese Erkenntnis für den Magier war!
Der Magier hatte seine Gefühle wieder schnell unter Kontrolle, und er beobachtete weiter den Prozess. Langsam sprossen Augen hervor, ein Gesicht, Glieder... es wollte sich weiter entwickeln, transformieren... doch, was geschieht da jetzt? Es stockte, es hörte auf, es konnte nicht mehr weiter machen, ihm fehlte die Kraft. Die Energie, welche ihm geholfen hatte, versickerte und war dahin.
Und mit letzter willentlicher Kraft vermochte das Wesen die Amazone zu erblicken..
Die Verbindung löste sich auf.. Golga war erschöpft, müde und ausgezehrt, er konnte nicht einordnen wie lange diese Verbindung gedauert hatte. Doch nach dem zu urteilen, wie schwer er ein und ausatmen musste, und ihm die Kraft fehlte sich umzusehen, hatte es wohl doch etwas Zeit in Anspruch genommen.