Am Abend hatten Davion, Lucianus und Xa'Velle sich im Labor unterhalb der Magieakademie zusammengefunden, um den Leib Bernd Rosenknechts in Augenschein zu nehmen. Allem Anschein nach auf den ersten Blick eine gewöhnliche Leiche - ein gewöhnlicher Bürger Ansilons, der gewöhnliches Gewand trug.. wären da nicht die kaum zu übersehenden zusätzlichen, verstörenden Details in Form von offenbar händisch angespitzten Knochen gewesen, die aus dem Leib des Toten heraus ragten und dafür gesorgt hatten, dass der Körper am Gitter des Friedhofstores verblieb. Und dann waren da - ebenfalls nicht einmal mit größter Mühe zu übersehen - die Edelsteine, die dem Betrachter anstelle der Augen entgegen funkelten: Ein roter Rubin und ein weißer Diamant waren in die Augenhöhlen eingesetzt worden. Das letzte markante Detail bildete ein Pergament, das von einem der Knochen, die in seiner Brust saßen, durchstochen war. Markant deshalb, weil das Zeichen des Ysam enis Alwanzessar darauf aufgemalt war.
Lucianus unterzog den Leichnam einer ersten, oberflächlichen Untersuchung - zum Glück nur oberflächlich! Xa hatte ursprünglich vorgehabt, zeitgleich einen Analysezauber zu wirken, doch das Gebaren des Nekromanten hatte sie derart abgelenkt, das sie auf ihrem Hocker saß und mehrfach zwischen Faszination und Widerwillen schwankte. Auch Besorgnis mischte sich gelegentlich in ihren Blick, wenn der Magus sich für ihre Begriffe zu nah an den Leichnam heran bewegte.
Doch der Ablenkung zum Trotze kam es dennoch dazu, dass man, ihrer Meinung nach, einige gute Ideen zusammentragen konnte. Während Davion sich erst einmal verabschiedete, blieb Lucianus im Labor zurück und nahm ein Bad in einem der Becken mit äußerst fragwürdigem Inhalt.
Da Xa'Velle selbst in der Kunst des Schreibens bewandert war und sich durchaus zutraute, Qualitätsunterschiede und verschiedene Siebtechniken unterscheiden zu können, hatte sie die Idee, die hiesigen Schreibstuben aufzusuchen und einige Exemplare zu erstehen, die man mit dem Pergament vergleichen konnte. Vielleicht würde dies ja einen Hinweis auf den Verfasser dieser "Botschaft" - die nach Meinung der Drei zweifelsohne an den Bund adressiert war - liefern können?
Nachdem sie einen Stoß Pergamente bei den hiesigen Händlern ergattert hatte, kehrte sie zur Akademie zurück und schlich sich, so leise wie nur möglich, zurück ins Labor - ein unbekleideter Lucianus wäre noch gruseliger als ohnehin schon, nein, das müsste sie nun wahrlich nicht riskieren!
In Windeseile wurden ihre Utensilien auf dem Boden vor der Leiche verteilt und immer wieder hektisch in Richtung des Gemäuers geblickt, in dem sich das Becken befand, in dem der Magus vor einer Weile verschwunden war. Skotos hatte einen Narren an dem Verrückten gefressen - Gleich und Gleich gesellt sich nun einmal gern, dachte sie bei sich, während sie versuchte, den Dunklen zur Räson zu rufen, um das unsägliche Geplapper in ihrem Geiste auf ein Mindestmaß zu reduzieren und den Analysezauber schnell hinter sich bringen zu können.
Knoblauch, Molchaugen und Schwarze Perlen dienten als Paraphernalia für den Zauber. Mit einem tiefen Seufzer verscheuchte sie die verstörenden Gedanken. Das volle Potential der Worte der Macht 'Ort Wis' entfaltete sich, als sie zeitgleich die Reagenzien zwischen den Fingerspitzen zerrieb und ihre geistigen Fühler ausstreckte. Erst zaghaft, wie tastende Tentakel, ließ sie die Energie fließen, dann etwas beherzter, doch so sehr sie sich auch bemühte, von schädlicher, am Leichnam haftender Magie, war nichts zu finden.
Einerseits beruhigend, andererseits aber auch.. unbefriedigend auf gewisse Art und Weise, da es keinerlei neue Erkenntnisse gab.
Rasch packte sie ihre Siebensachen wieder ein und reiste zum Anwesen des Sturmrufers. Nach einem kleinen Verschnaufpäuschen würde sie sich den Pergamenten widmen.