Der Weisse Hirsch vom Gletschersee

Rollenspielforum für Fjellgat.
Hier könnt ihr untereinander Nachrichten austauschen, Aushänge verbreiten lassen und die jeweils gültigen und offiziellen Veröffentlichungen der Stadt sehen.
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Bjornar
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Der Weisse Hirsch vom Gletschersee

Beitrag von Bjornar »

Gesucht: Weißer Hirsch vom Gletschersee. Grimlas eigenes heiliges Tier.
Zuletzt gesehen: Beim Eissee, keine Kampfspuren – irgendein Feigling hielt es für klug, Grimlas Schutzgeist zu stehlen.
Belohnung: Verzicht auf den Blutadler – ja, richtig gehört. Bringt ihn freiwillig zurück, und eure Lungen bleiben, wo sie hingehören.
Hinweise sofort an: Jothar Rashka oder Jardis Solvajg in Fjellgatt.
Warnung: Wir finden dich sowieso. Mach’s uns lieber einfach.

Trymmtakk auf der Suche nach dem Hirsch.png

Der Himmel hing bleischwer über Fjellgatt. Grau. Reglos. Der Wind stöhnte in den kahlen Bäumen. Die Luft roch nach altem Frost.

„Er ist weg“, sagte Jothar Rashka. Seine Augen ruhten auf der schwindenden Glut. „Was wir waren, ist mit ihm gegangen.“

„Verloren haben wir ihn“, brummte Forsjaman Haldron. Zitternde Hände streuten Kräuter ins Feuer. Nichts geschah. „Die Ahnen verfluchen uns schon jetzt. Sie schreien mir im Schlaf entgegen, was wir getan oder unterlassen haben. Halvard schickt uns auf den Blutpfad um Stärke zu zeigen. Er sagt wir sind schwach wie dünnes Eis. Aeiti weint.“

„Hör auf, Haldron“, sagte Jardis Solvajg. Ihre Stimme müde. „Noch atmen wir, noch leben wir.“

„Und wie lange noch?“, fragte Ragnar, der Druide. „Der Wald ist stumm schweigen. Ich höre nichts, nichts außer dem Echo unserer eigenen Angst.“

Ynhvildr trat aus den Schatten. Müdigkeit zeichnete ihr Gesicht. „Wir finden ihn noch. Tyra und ich, wir drehen jeden Stein um, jede Schneeflocke prüfen wir.“

„Die Spuren führen nirgendwohin“, sagte Tyra. Stimme rau vom kalten Atem. „Sie verschwinden, als verschlänge die Insel sie.“

„Vielleicht waren es die Jäger“, brummte Bjornar. „Vielleicht haben sie ihn getötet, das Heilige genommen und uns verflucht. Oder die dreisten Holzfäller!“

Tarabasch ballte die Fäuste. „Wer auch immer Grimlas Hirsch nahm, ich finde ihn. Dann wird er beten, dass die Geister ihn zuerst holen.“

„Hört ihr euch selbst zu?“, fragte Solvajg. Scharfe Kante in der Stimme. „So sprechen Menschen, bevor Blut fließt. Wollt ihr das wirklich?“

„Was sollen wir sonst tun?“, flüsterte Rashka. „Wenn wir ihn nicht zurückholen, sind unsere Kämpfe umsonst. Kein Kind wird mehr geboren, keine Hathran erscheint. Bald wird Fjellgatt ein Friedhof sein.“

Der Wind nahm zu. Er zerrte an den Dächern, als wolle er jedes Wort, jede Hoffnung fortreißen. Niemand sprach mehr. Nur das Knacken von totem Holz im Frost und das Dröhnen des leeren Himmels darüber.
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Bjornar
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Re: Der Weisse Hirsch vom Gletschersee

Beitrag von Bjornar »

FREUDIO, FREUDIO!

*donnert Bjornar durch das Dorf*

Rhonya hat den Hirsch gfunden, Rhonya hat den weeesen Hirsch gfunden....!

Sagts alln Bscheid!!!!!
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Bjornar
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Re: Der Weisse Hirsch vom Gletschersee

Beitrag von Bjornar »

Die Trymm'takk folgten dem Hinweis von Rhonya Rotfuchs. Sie hatte etwas gesehen, die beste Fährte, die der Stamm bisher hatte. Es war eine gute Möglichkeit und Hoffnung blitzte in den Augen des Nordvolkes, als sie ihre Waffen ergriffen und gemeinsam auszogen.
Am Ende der langen, gefahrvollen Suche fand der Stamm Enttäuschung, Erschöpfung und einiges von Wert - doch keine Spur des Heiligen Tieres.

Rhonya und Bjornars hoffnungsvoller Übermut brachte den beiden Schulterklopfen, brummige Blicke und eine gehörige Portion Spott ein.
Nun, zumindest Bjornar war das gewohnt...

Die Suche geht weiter, der Zauberkristall wartet noch immer in Fjellgatt auf den glücklichen Finder des Heiligen Tieres.

Der Stamm war sich noch immer sicher, ein Unhold musste es in seinen wiederwärtigen Fängen halten!
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Bjornar
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O hilfreiche Llami!

Beitrag von Bjornar »

Nach all den finsteren Begegnungen mit den Dunkelelfen war es ein Trost für mich, endlich eine Lichtelfe zu erblicken. Als ich sie sah, war ich sogleich gebannt von ihrer Schönheit, einer Schönheit, die so strahlend war wie der Morgen selbst. Ich konnte nicht anders, als ihr bewundernd und ein wenig anzüglich hinterher zu pfeifen.

Sie wandte sich um, und ihre Neugier war größer als jede Empörung. Wir kamen ins Gespräch, und ich stolperte über meine Worte wie ein Jungbär über seine eigenen Tatzen. Ich kürzte ihren edlen Namen unbeholfen zu „Llami“ ab, und zu meiner Freude entlockte dies ihrem Mund ein glockenhelles Lachen. Mutig fragte ich, ob ich wohl das sagenhafte Elfenreich sehen dürfe, und sie gewährte mir gnädig Einlass.

Staunend folgte ich ihr durch diese märchenhafte Welt. Die Ställe der Elfen waren prächtiger als die Paläste der Menschen, und sogar die Blumen hatten ihre eigenen kristallenen Häuser. In der Taverne schien mir gar der König selbst residieren zu müssen, so strahlend und fein war alles um uns herum. Ich bat Llami, mich mit ihrer Magie zu verzaubern, und als sie ihr Lied anstimmte, war ich verloren. Ich sog den Duft jeder Blume tief ein und ließ mich von Schmetterlingen begleiten, die wie Juwelen durch die Luft schwebten.

Doch plötzlich riss mich ein Ruf aus meinem Taumel, ein vertrauter Geruch nach Eis und Schnee und Leben traf mich wie ein Pfeil ins Herz – der weiße Hirsch von Fjellgatt! Ich eilte los unaufhaltsam und tatsächlich stand er dort in seiner ganzen Pracht, friedlich ruhend nahe eines Palastes am Meer.

Voller Aufregung erklärte ich Llami und einer weiteren Elfe, die durch meinen rasenden Glückstaumel herbeigelockt wurde, welch enorme Bedeutung dieses Tier für das Schicksal Fjellgatts hatte, dass erst dann wieder Kinder geboren und es Hathran in Fjellgatt geben würde, wenn der Hirsch zurückkehrte. Ich bat ehrfürchtig um Erlaubnis, den Stamm und die Schamanen hierher zu führen. Llami versprach, hilfreich und gut, dass wir kommen mögen.

Mit tiefster Demut näherte ich mich, und das majestätische Wesen erlaubte mir sacht, sein Fell zu streifen. Entfernt, hinter mir begann die zweite Elfe ein Gespräch darüber, wie schwierig es wohl sei, einen Haufen Wilder in ihre wunderschöne Stadt zu lassen...

***


Langsam trete ich aus dem Schatten hervor. Die Luft glüht silbrig, die Zeit atmet flach, beinahe stillstehend. In der Mitte der ewigen Wiese steht er – der weiße Hirsch, geisterhaft und schimmernd wie Mondlicht auf nächtlichem Wasser.

„Du bist es also wirklich,“ höre ich mich mit tiefer, warmer Bärenstimme sagen.

Der Hirsch hebt langsam seinen Kopf, sein Blick erfüllt von stiller Weisheit. „Bjornar, Kind des Waldes. Deine Seele duftet nach Kovakarhu, nach Wildnis, nach Freiheit.“

„Und du bist der Geist Fjellgatts. Fühlst du dich wohl hier? Vermisst du dein Zuhause?“

Ein sanftes Seufzen entweicht ihm, Trauer umhüllt ihn kurz wie ein Schleier. „Geboren aus Eis und Schnee, gesegnet durch Grimlas Atem. Nun stehe ich hier, umgeben von einer Wärme, die fremd und doch schön ist. Alles wächst ohne Ende. Meine Seele sehnt sich nach dem Klang des Schnees, der die Welt bedeckt.“

„Willst du heimkehren?“ frage ich hoffnungsvoll und sorgenvoll zugleich.

Er senkt den Kopf, lauscht auf eine ferne Melodie. „Heimkehren kann nur, wer gegangen ist. Doch mein Geist ist überall. Ich bin Grimlas Funke. Hoffnung wächst, wo ich bin, doch hier ist sie anders.“

„Anders?“ frage ich betroffen.

„Im Norden ist Hoffnung wie das erste Licht nach langer Dunkelheit – kostbar und vergänglich. Hier ist sie beständig, warm und voll. Doch meine Seele weiß nicht, wie sie hier atmen soll.“

„Kann ein Geist wie du einsam sein?“ frage ich und trete näher.

„Ja,“ haucht er sanft, und seine Stimme berührt mich tief. „Ein Geist, der nach Heimat sehnt, trägt stets Einsamkeit bei sich. Doch vielleicht ist es meine Bestimmung, Hoffnung zu bringen, auch wenn ich sie selbst nicht verstehe.“

Ich nicke, sehe tief in seine unergründlichen Augen. „Deine Heimat wartet. Bis dahin möge dein Geist lernen, hier zu atmen.“

Unsere Seelen berühren sich wie ein sanfter Hauch, verbunden durch Hoffnung und Sehnsucht.


Hilfreiche Llami.png


***

Plötzlich erwache ich. Dunkel. Höhle. Kalte Luft. Ein Schwert vor meinem Gesicht. Dunkelelf. Bedrohlich. Reflexartig greife ich nach meiner Axt, finde sie nicht, nichts. Nackt, unbewaffnet, schutzlos. Gefahr.

„Rache für die süße Schlächterin Xun’Rae“, zischt er. Ich verstehe nicht, wovon er spricht. Todesangst. Warum will er mich töten? Erinnerungen flackern, verschwommen. Ein Name, Xun’Rae. „Sie lebt nur wegen mir“, stoße ich hervor. Wahrheit? Lüge? Verzweiflung. Er glaubt mir nicht, verlangt einen Beweis. Welchen Beweis? Keine Ahnung. Ich verspreche ihn, unklar was genau.

Er lässt mich gehen. Licht. Wald. Orientierungslos, müde. Hunger bohrt im Magen. Irgendwohin. Vorwärts? Zurück! Eine Geruchsspur. Ich finde Sachen, Waffen, verstreut um einen Baumkreis. Vertraut und doch fremd. Seelenrunen. Namensrunen. Langsam gehe ich weiter, taumelnd vor Erschöpfung. Bekannter Weg. Bund der Handwerker. Meister Davinds Blick – ungläubig, erstaunt, als ich seinen gesamten Wurstvorrat verschlinge.

Müde, unendlich müde. Kinderzimmer. Sicherheit. Ich falle in den Schlaf, vergesse alles, versinke in gnädiger Dunkelheit.

***


Später am Tag rufe ich den Stamm zusammen: "DER WEESE HIRSCH! JEG HAN YN GFUNDEN!!!!"
Und erzähle ihnen meine verwirrte, verwirrende Geschichte.
So gut ich es eben vermag.
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Bjornar
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Wenn er sich nur rufen ließe...

Beitrag von Bjornar »

Mit bangen Herzen standen sie vor den Toren der Stadt des Ewigen Frühlings und sahen wie mit jedem unverständlichen Albenwort die zunächst freundlich ausgesprochenen Einladungen hinfortwehten, um schließlich in der Ferne zu verschwinden - die Hoffnung mit sich tragend. Diejenigen Alben, die die Schönheit gerade der sterblichen Jugend und Liebe schätzen konnten, brachten den beiden aufrichtigen Seelen gegenüber vielleicht soetwas wie Milde und Mitgefühl zum Ausdruck.

Mit hängenden Köpfen und traurigen Mienen trotteten sie zurück in die Wildnis, ohne dem Heiligen Tier ihre Ehrerbietung erbracht zu haben, ohne seinen Segen für ihr frisches Herzensglück zu erlangen.

Jedoch, da blieb etwas hängen, im Gefühlstaumel: Hatten die Alben doch erklärt, dass kein Tier jemals gegen seinen Willen in Caladlorn festgehalten werden würde. Dass, wenn der Hirsch von allein gehen wollte, niemand ihn aufhielte und er an den Gletschersee zurückkehren könne...

Wenn er sich nur rufen ließe...
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Bjornar
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Rückkehr

Beitrag von Bjornar »

Screenshot 2025-07-25 210118.png

Als er des morgens das Dorf verließ, konnte er seinen Augen nicht trauen. Unweit der Palisaden, kaum von den verschneiten Berghängen zu unterscheiden, stand reglos der Heilige Hirsch.
Sacht, um das Tier nicht zu schrecken, den hoffnungsvollen Traum nicht zu zerstören, schlich sich Bjornar ins Dorf zurück und holte Freyja herbei, ihr das Wunder zu zeigen.

Screenshot 2025-07-25 211808.png

Wie staunten die beiden und waren froh.
Ob es ihr Opfer bewirkt hatte?
Ob sie doch das Herz der Alben erweicht hatten?
War es Bjornars Zwiegespräch im Traum?
Hatte der Geist Heimweh nach den immer eisbedeckten Bergen?
Wie kam er hierher?
War vielleicht ihre Liebe stark genug, hatten sie ihn gerufen?

Sie blickten sich an.

Es war Aeitis Gnade.

Ein Zeichen.

Es galt ihnen.

White Stag Returned.png

Der Hirsch rührte sich kaum. Schaute in die Ferne oder das Jenseits, dem Dorf die Flanke zugewandt. Anstatt zu seinem alten Revier am Gletschersee zu gehen, stand er nun direkt vor den Toren Fjellgats.
Als Bjornar sich vorsichtig näherte und ihn berührte, ließ er es zu, verharrte reglos.
Diesmal sprang kein Funke über, kein Zauber ergriff ihn und der Hirsch blieb stumm.

Was all das zu bedeuten hatte, würden die Sjaman und die Hathran zu erklären wissen.

Bjornar und Freyja fühlten mit Gewissheit: sie waren gesegnet.

Alles andere würde sich fügen.
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Rashka|Brom
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Re: Der Weisse Hirsch vom Gletschersee

Beitrag von Rashka|Brom »

Er war auf dem Weg nach Nebelhafen, als er unvermittelt einem Trupp aus Solgrad in die Arme ritt. Fünf Reiter waren es, angeführt von einem Paladin in goldener Rüstung, der auf einem edlen Elbenross saß. Neben ihm ritt ein Druide – Radesvald –, der einst in Fjellgat ein und aus gegangen war, sowie ein Elf, den Rashka als Baht’al kannte. Die beiden übrigen Männer waren ihm fremd, doch ihrem Wappen und Auftreten nach wohl ebenfalls Solgrader Paladine oder Krieger.

Siegessicher ob ihrer Überzahl dauerte es nicht lange, bis der Mann in der goldenen Rüstung das Wort erhob. Mit erhobenem Haupt und kaltem Blick stellte er seine Forderungen: Rashka solle den Weißen Hirsch, das heilige Tier seines Volkes, herausgeben – oder vor ihm niederknien und um Vergebung bitten.

Es war offenkundig, dass der Goldene Reiter keinen Frieden suchte. Seine Worte waren nur noch Vorwände, Hüllen für seinen Hochmut, vielleicht auch für seine Angst. Rashka erkannte, dass er diesen Kampf nicht gewinnen konnte – nicht gegen fünf, und schon gar nicht gegen Männer, die an einem ehrlichen Duell kein Interesse hatten.

Er verlangte nach ihren Namen. Der Goldene stellte sich als Taschaster vor; ein anderer, ungefragt, als Kaled. Der dritte Krieger schwieg und setzte stattdessen nur seinen Helm auf – ein stummes Zeichen der Kampfbereitschaft.

Rashka trieb seinen Reitbären rückwärts, wendete ihn dann und galoppierte in Richtung des Gletschersees, um den Weißen Hirsch zu suchen. Er wusste, dass die Solgrader das heilige Tier töten würden, nur um ihn zu treffen. Er fand den Hirsch an seiner gewohnten Stelle und versuchte, ihn von dort fortzulocken. Doch das stolze Tier war eigensinnig und folgte nur widerwillig. Erst als in der Ferne das dumpfe Hufgetrappel der herannahenden Reiter erklang, wandte sich der Hirsch zur Flucht – zu spät.

Bild

Die Feinde Fjellgats waren schon zu nah. Taschaster hob die Hand zum Schlag, ein Gebet auf den Lippen – an seinen Herrn, der wohl nicht wusste, dass sein Diener aus Hass und Rachsucht unschuldige Wesen tötete. Ein schaler Gedanke, doch das Unheil war längst geschehen: Mit einem gleißenden Stoß aus göttlichem Licht fiel der Weiße Hirsch.

Benommen sank Rashka vom Rücken seines Bären. Er kniete nieder neben dem sterbenden Tier, das heilige Blut färbte den Schnee rot. Trauer und Gram brannten in ihm – und wandelten sich zu glühendem Zorn.

Doch selbst das schien dem „edlen“ Paladin nicht genug. Er verlangte, die Beute solle ihnen gehören – sie wollten das Fleisch des Heiligen verspeisen. Die anderen warfen Anschuldigungen und leere Worte in den Wind, wohl um ihr eigenes Gewissen zu beruhigen. Rashka stand auf. Über dem Kadaver des Hirsches zog er seine Waffe. Das Gerede der Solgrader versank in einem dumpfen Pochen in seinem Schädel. Nur Wortfetzen drangen noch an sein Ohr – Ehre, Recht, Pflicht –, doch alles klang hohl.

Sie drohten, sie höhnten, sie verlangten, dass Fjellgat seine Bande löse und sich unter ihren „Schutz“ stelle. Mit jedem Satz hämmerte sich Rashkas Entschluss tiefer in sein Herz: Diese Brut würde er niemals vergessen – und niemals vergeben.

Da erhob der Elf Baht’al die Stimme:
„Genug, Großmeister. Ihr habt euren Standpunkt deutlich gemacht. Demütigt den Feind nicht – sonst wird er euch auf ewig Feind bleiben.“

Die Worte des Elfen schnitten durch Rashkas Zorn, für einen flüchtigen Moment nur. Doch er wusste, es war längst zu spät. Hochmütig „gestatteten“ sie ihm schließlich, den Hirsch mitzunehmen. Noch immer spien sie Anschuldigungen, blind für die Schande, die sie selbst verkörperten.

Rashka sagte kein Wort. Er hob den toten Hirsch auf und trug ihn fort – nach Fjellgat.

Als er durch das Tor ritt, eilten ihm Wachen entgegen. Entsetzt fragten sie, was geschehen sei, doch Rashka antwortete nicht. Das Blut des Heiligen Tieres klebte an seiner Brust, tropfte in den Schnee. Wortlos passierte er die Männer, die ihm schließlich folgten, den Pass hinab, hinein ins Dorf.

Bald hatte sich eine Menge gebildet. Auf der Wiese, unweit der Kampfgrube, legte Rashka den Hirsch nieder. Eine bleierne Stille senkte sich über den Platz.

„Bringt Feuerholz“, sprach er mit rauer Stimme.

Zögernd kamen Männer und Frauen seiner Sippe herbei, manche weinten, andere sanken auf die Knie. Einige wenige folgten seinem Befehl und trugen Holz herbei. Gemeinsam schichteten sie den Scheiterhaufen, und Rashka selbst legte das Tier darauf.

Dann trat er zurück, hob den Blick über die Menge und rief mit donnernder Stimme:

„TOT DEN SOLGRADERN!“

Ein Schrei der Wut, des Schmerzes – und ein Schwur.

Als sich die Menge später zerstreute und die Nacht über Fjellgat hereinbrach, wandte sich Rashka zum Gehen. Eine Wache folgte ihm auf sein stummes Nicken hin. Auf dem Weg zu seinem Haus berichtete er ihr in knappen Worten, was geschehen war. Schließlich befahl er:

„Trage Kunde von dieser Schandtat zu allen Kindern Sarmatijaschs. Möge keiner vergessen, was sie uns nahmen.“
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Ragnar
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Re: Der Weisse Hirsch vom Gletschersee

Beitrag von Ragnar »

Der Wind schwieg, als Ragnar, Sohn des Sturmes und Schamane der Thrymm'takk,
den Pfad zum Gletschersee hinabstieg.
Still war der Wald, still wie der Blick der Ahnen. Kein Vogel sang, kein Wolf heulte, kein Ast knackte unter dem Frost.
Der Schnee fiel lautlos, lautlos wie der Atem der Ahnen.  Er spürte es, noch bevor er den weißen Hirsch sah.

Die Ahnen, die sonst in Flüssen und Steinen flüsterten, waren verstummt.
Das Land hielt den Atem an. Und über allem lag der bittere Geruch von Eisen, das Zeichen von Blut, das nicht hätte fließen dürfen.

Am Gletschersee standen die Ältesten schweigend, im Kreis, ihre Gesichter fahl wie Schnee, ihre Augen leer. 
Und in ihrer Mitte lag Grimlas Spross, der weiße Hirsch.
Grimlas Spross, älter als jedes Lied, älter als jedes Gebet der Menschen,
der Atem der Erde, das Herz des Windes, die Seele des Nordens selbst.

Nun lag er still.
Sein Leib dampfte im Frost, sein Fell, weiß wie reiner Schnee, war von Blut getränkt.
Seine Augen, einst wie Monde in den Nebeln, blickten leer, leer wie der Himmel nach dem Sturm.

Ragnar kniete nieder.
Die Hand auf der Stirn des weißen Hirschen, er spürte noch das letzte Flackern von Leben.
Die Ahnen weinten, die Erde bebte.
„Wye?“ flüsterte er.
Die Alten zeigten schweigend auf die Wunde, ein sauberer Schnitt, tödlich, kalt, geführt von einer Hand, die glaubte göttlich zu sein.
Ragnars Blick verdunkelte sich.
„Eyn heylycher Streyter us Solchjard?"
Seine Stimme war kein Klang mehr, sondern der Groll des Donners über den Bergen.

Doch der Älteste sprach..
„Dey war neyt alleyn jewesen, da war dey Radeswychtl dabey, dey Druyd us Solchjard.
Eyner, dey dat Palaver dey Waldes jennt un dey Wald verraten hat.

Dunkelheit legte sich über Ragnars Seele.
Er sah das Blut im Schnee sickernd in die Erde, spürte, wie die Geister schwächer wurden.
Sein Herz pochte wie Trommeln im Nebel, und tief in ihm erhob sich die Stimme der Ahnen:
Ein Paladin, der Hass in seinem Herzen trägt, ist kein Paladin.

Er mag das Licht rufen, doch seine Worte sind leer.
Seine Rüstung mag glänzen, doch der Glanz spiegelt nur die Lüge wider, die er sich selbst erzählt.

Er spricht von Licht, doch seine Schritte werfen lange Schatten.
Er trägt ein Heiliges Zeichen auf der Brust, doch darunter schlägt kein Herz aus Glauben,
nur eines aus Bitterkeit gehärtet von Stolz und Selbstgerechtigkeit.

Er glaubt im Namen seines Herrn zu handeln, doch jeder Streich seiner Klinge trennt ihn weiter von dem, was heilig ist.
Er jagt Dunkelheit, nicht wissend, dass sie längst in ihm wohnt.

Er sah das Heilige Tier fallen und glaubte, er habe eine Sünde gereinigt.
Doch er hatte nichts gereinigt,
er hatte entweiht.

Ein Heiliger Streiter des Herrn, mit Blut an den Händen, das er für Reinheit hielt.
Er sah nicht, dass es das Blut der Unschuld war, das über seine Finger rann.

Ein Paladin, der Hass führt, ist nur ein Mann in glänzender Rüstung, der vergessen hat warum er einst gebetet hat.
Ein Richter, der vergessen hat, dass Gnade der Bruder der Gerechtigkeit ist.

Er hatte gesiegt, doch in seinem Sieg lag der Fluch:
denn kein Gott hört das Gebet eines Mannes, dessen Herz lauter brennt als sein Glaube.
Ragnar öffnete die Pforten zwischen Welt und Geist, rief die Ahnen, rief die alten Wächter des Nordens.
„Kimmt, Ahnen! Seht, wat dey  jetan habn!“

Der Wind erhob sich, wild und heilig, der Schnee begann zu tanzen, und in seinen Flocken sah er die Gesichter derer,
die Grimlas Spross einst beschützt hatten.

Er zog Linien aus Asche und Erde über seine Stirn, sprach die alten Worte, gebrochen, doch verstanden von den Ahnen.
„Bey dey Blut un Erde, bey Sturm un Schatten, bey allem, watt atmet, jeg schwöre: Jeg werde dey fynden!

Neyt us Rache, neyt us Zorn, sondern weyl datt Gleychjewycht wyederhergestellt werden muss.
Denn wenn Paladyne und Druyd datt Leben entweyhen, dann bleybt nur dey Stamm, um es zu bewahren.“

Er erhob sich.
Der Wind blies durch das Tal, trug seinen Schwur hinauf zu den Bergen, zu den schlafenden Ahnen des Nordens,
zu den Sternen, die über Eis und Blut wachten. 

Und Grimlas Spross lag still, doch seine Legende lebte.
Durch Ragnar, den Schamanen, der Hüter der Ahnen,
der Brückenbauer zwischen Leben und Geist, wurde das Heilige Tier niemals vergessen.
Zuletzt geändert von Ragnar am 01 Nov 2025, 17:53, insgesamt 1-mal geändert.
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Tyra
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Re: Der Weisse Hirsch vom Gletschersee

Beitrag von Tyra »

Der Name, der die Stille brach

Der Schnee fiel in dichten Schleiern vom Himmel, als Tyra den Pass hinabstieg.
Drei Tage war sie fort gewesen, allein, mit nichts als Wind und Eis um sich – und die Rückkehr nach Fjellgat fühlte sich dennoch nicht fremd an.
Kein Rauch stieg aus den Schornsteinen, kein Klang von Hämmern oder Stimmen trug über das Tal. Nur Stille.

Sie zog den Fellkragen enger um den Hals, spürte, wie ihre Schritte im Schnee versanken.
Als sie näherkam, sah sie die dunklen Umrisse der Palisaden im Nebel – hoch, still, unbewegt.

Dann, plötzlich, eine vertraute Stimme von oben:
Wer da?“

Tyra hob den Blick.
Helga bist dey es?

Auf der Mauer standen zwei Gestalten, Waffen in der Hand – Helga und Ulf.

Der Wind peitschte ihnen den Schnee ins Gesicht, und doch rührten sie sich nicht.

„Jeg bin’s,“ rief Tyra zurück. „Tyra vom Ragnar dat Weyb.

Lass mey reyn , verdammt noch mal – oder habt ihr mich verjessen in drey Tagjen?

Keine Antwort.
Nur ein kurzes Zögern.
Dann lehnte sich Helga über die Palisade, ihre Stimme gedämpft vom Sturm:

Tyra… du solltest wissen… es ist etwas geschehen daher sind vi vorsiychteg jeworden.

Tyra blieb stehen.
Etwas in ihrem Bauch zog sich zusammen.
Was palaverst dey da, seyd wat mit mey Kerle ? Ways seyd los?

Helga sah zu Ulf, als wollte sie, dass er es sagte – doch der wich ihrem Blick aus, die Hände weiß um den Schaft seiner Waffe gekrampft.
Schließlich sprach sie selbst, leise, aber deutlich:

Grimlas Spross ist tot.“

Die Worte trafen Tyra wie ein Schlag.

Sie starrte hinauf, als hätte sie sich verhört.

Wat palaverst dey denn da soll jeg hoch kommen und dey eyne auf dey Jesicht hauen für dey Lüjen ?

Der Weiße Hirsch,“ rief Helga. „Sey haben iyn jestern gebracht.

Dey Jothar selbst. Er war…“ Ihre Stimme brach. „Er war’s ney, Tyra. Es waren ein Solgrader. Paladin.

Einen Moment lang regte sich nichts, dann schrie sie hoch

Das dey Jothar es ney war seyd mey klar *donnerte sie hoch zu den Wachen .


Der Wind legte sich, als hielte selbst er den Atem an.

Dann trat Tyra einen Schritt zurück, ihre Augen weit, ihre Hände zitternd.

Ein Paladin?“ fragte sie kehlig und heiser. „Wer?

Ulf trat vor. „Ein Mann in goldener Rüstung.
er sprach von Sühne, von Gerechtigkeit.
Und dann… dann fiel Licht vom Himmel.


Dey Jothar meynd, es sey eyn Paladin jewesen – Taschaster hieß er.

Doch ein anderer nannte den Namen, der die Kälte selbst brennen lässt.“

Tyra hob den Kopf.
Ihr Atem stand in weißen Wolken vor ihr.

Sag iyn* hob sie die Stimme kehlig“

Jeg weiys es ney

Einen Herzschlag lang war alles still , sie überlegte eine ganze Zeit .
Dann spannte sich etwas in ihr.

Der Schnee knirschte, als sie sich aufrichtete, den Kopf in den Nacken legte und mit bebender Stimme schrie – so laut, dass der ganze Fjord es hören musste:

JASTER DAREZ!

Das Echo jagte über die Felsen.
Krähen stoben kreischend aus den Bäumen, und von fern jaulten die Wölfe.

Tyra stand unten im Schnee, den Blick gen Himmel gerichtet, die Fäuste geballt.

Eyn Paladin!“ rief sie, „Eyn Diener des Lichts – und mordet das Heiligste von uns !
Wo seyd eure Ehre, Soljard?
Wo seyd euer Glaube an eyren Herrn ?
Ihr palavert von Glauben und tötet, was göttlicher ist als ihr je wart!


Helga sah hinab, Tränen in den Augen. „Tyra…

Aber Tyra hob nur die Hand.

Ihre Stimme wurde leiser, doch jeder Laut war von Stahl:

Jeg will iyn seyen. Den Hirsch. Zeigt mey, wo er liejgt.

Helga nickte nur. „Beim Schrein, unter der großen Fichte.
dey Jothar hat ihn dorthin getragen.


Tyra atmete tief durch, dann wandte sie sich zum Weg.
Dann soll dey Jothar wissen, dass jeg weyder da bin,“ sagte sie leise. „Und der, der dies tat – soll wissen, dass jeg eynes Tags komme mit den anderen das verspreych jeg ihnen .“

Sie schritt weiter, den Kopf gesenkt gegen den Schnee, der Wind heulte um sie, und über Fjellgat breitete sich wieder das Schweigen – das dunkle, schwere Schweigen vor einem Sturm.
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Ragnar
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Re: Der Weisse Hirsch vom Gletschersee

Beitrag von Ragnar »

Der Wind roch nach Blut und Moder, als der Schamane den Hain betrat.
Dort, wo einst das Herz des Waldes schlug, herrschte Stille, kalt, leer, entweiht.
Die Bäume standen schwarz und schweigend, ihre Kronen wie erhobene Hände gegen einen Himmel, der keine Antwort gab.

Nur der Boden sprach noch.
Er flüsterte von Feuer, Stahl und Gebet.
Er erzählte vom Weißen Hirsch, Hüter des Gleichgewichts, der gefallen war, nicht durch Jäger, nicht durch Hunger, sondern durch Glaube.

Ein Paladin des Herrn, in strahlender Rüstung und mit einer Waffe aus geweihtem Stahl, war gekommen.
Er sprach von Reinheit, Ordnung, und der Pflicht, das Wilde zu zähmen.
Und an seiner Seite stand einer, der den Pfad des Waldes hätte schützen sollen.
Radesvald, Druide, Schwurbruder des Hains, Schüler der alten Lieder. Verräter des Waldes.

Er stand an der Seite des Paladin.
Und er schwieg, als die Waffe stieß.
Das Blut des weißen Hirschs färbte den Schnee rot und der Wald starb.
 
Der Schamane kniete nieder, legte seine Hand auf die Erde.
Sie bebte, als würde sie atmen.
Bilder durchfluteten ihn, der Glanz der Rüstung, der Schrei des Hirsches, das Gesicht des Druiden, halb Furcht, halb Überzeugung.
„Dey Wald hat mikk gerufen,“ murmelte der Schamane. Seine Augen glühten bernsteinfarben.
Und dey Wald vergysst neyt

Er begann den Kreis zu ziehen, aus Asche, Knochenmehl und Harz.
Rauch stieg auf, grau und bitter. Mit jeder Silbe seines Gesangs wurde der Wind schwerer, bis selbst das tote Laub zu lauschen schien.
„Ahnen des Grüns,
Zeugen des Gleychgewychts,
hört mykk!
Dey Hyrsch ys jefallen durch datt Lycht des Wichtl.
Führt mykk zum Schatten, dey yhn verriet!“
Krähen riefen, Wölfe heulten, und irgendwo in der Ferne antwortete ein Donner, tief und grollend.

Der Schamane blickte auf, in den dämmernden Himmel.
„Dey Weiße Hyrsch ruht nun,“ sagte er.
„Doch der Wald vergisst nicht.
Nicht das Licht, nicht den Stahl, nicht den Verrat.“
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