Etwas über ein Jahr ist es nun her, dass der Erzengel Nenamiah sich in Silberburg zu erkennen gab und die Bevölkerung von den Klauen Morguns befreite, indem er selbst durch seine Opferbereitschaft intervenierte und dessen höchsten Diener, den Schnitter, bezwang. Seither waren einige Mondläufe vergangen, in denen sich Morgun zurückgezogen hielt. Dass ein Erzengel des Herrn sich in die Machenschaften der Welt einmischte bereitete dem untoten Drachen Sorgen. Morgun war mächtig, daran gab es keine Zweifel. Doch seit seiner Rückkehr und der zerschmetterten Niederlage war er gezwungen, sich zu verstecken. Zu gross war die Gefahr, dass sich einer dieser Erzengel wieder zeigte und ihn in seinem geschwächten Zustand vernichten würde. Also harrte er aus. Tag für Tag. Woche für Woche. Monat für Monat. Sein Zorn wuchs an.
Doch während er sich auf dem Kontinent selbst versteckte, blieb er nicht untätig. In grossen Mengen schickte er Diener in der Form von Schattenraben in die Welt hinaus, die für ihn als Augen und Ohren dienen sollten. So entging ihm nicht, was sich in diesen Landen abspielte.
Sein Blick richtete sich zunächst auf Ansilon und dessen Umgebung. Ein Angolquarz-Drachengolem bedrohte den Kontinent und stand davor es ins Chaos zu stürzen. Doch die Menschen fanden einen Weg, ihn zu bezwingen. Auch in der Unterwelt spielten sich ungewöhnliche Dinge ab, war er sich gewiss, doch das genaue Schauspiel entging seinen Augen, da seine Diener sich an der Oberfläche aufhielten. Denn seine Aufmerksamkeit galt besonders einem Kometen. Einem Kometen, der schon seit geraumer Zeit auf dem Grund des Binnenmeeres lag. Nekromantische Energie erfüllten dieses Meteorgestein. Es war eine passende Quelle, um seine Kraft wieder zu mehren. Doch ehe er seine Sorgen beiseiteschieben konnte und sich zeigte, stellte sich nach einer Explosion des Kometenstückes heraus, dass ein kleiner Überrest des Gesteins beseelt war. Zu viel der Macht ging verloren, wenngleich das Wesen, dass er beobachtete noch immer mächtig war und die Bewohner der Städte in Zaum hielt. Ein weiterer Rückschlag für Morgun, der mit der Zeit immer mehr seiner Geduld verlor. Er war ein mächtiger, untoter Drache und doch kam er kein Stück voran. Sein Stolz begann darunter zu leiden und der Wunsch, seine Macht zu mehren stieg stetig an.
Es war wenige Wochenläufe später, dass einer der Schattenraben ein Gespräch zwischen einem Kind der Weltenschlange und einem Magier in Ansilon belauschte. Die Information, dass die Echsen im Besitz eines Dracheneis waren, liessen Morgun aufhorchen. So ausgehungert, wie er war, bot sich das als neue Quelle der Macht gerade bestens an. Und wer würde ihn schon davon abhalten, das Ei zu stehlen? Kein Erzengel, der sich ihm in den Weg stellen würde, nur ein paar Echsenmenschen, deren Macht nicht ausreichte, um ihm die Stirn zu bieten. Ein verzerrtes, gedehntes und unheilvolles Grollen entwich dem untoten Drachen, der bereits darüber sinnierte, wie er sich an der neuen Kraft laben würde.
Und so sandte er weitere seiner Diener hinaus in den Dschungel, wo sich die Anzahl der Schattenraben rund um den Ch’klann verdächtig vervielfachte. Bald schon würde er sich das Ei holen und dann Rache an den Bewohnern des Kontinents nehmen.