[Quest] Gebrochenes Siegel

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Erzähler
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Re: [Quest] Gebrochenes Siegel

Beitrag von Erzähler »

Lucien & Voheras


Armut. Verzweiflung. Krankheit. Tod.
Es spielt keine Rolle, in welcher Stadt man sich befindet, in welchem Jahrhundert man lebt oder wie sehr sich ein Reich mit Tugenden wie Gerechtigkeit, Güte und Nächstenliebe schmückt – das Elend ist stets ein stiller Begleiter.
In jedem Winkel einer noch so strahlenden Metropole gibt es Schatten. Menschen, die nicht einmal genug besitzen, um sich ein Stück Brot zu kaufen. Die nach starken Regenfällen aus Pfützen trinken. Die langsam und erbärmlich sterben – vergessen, verstoßen, verrottend.

Denn wo Gewinner sind, wird es immer auch Verlierer geben. Wo Licht herrscht, lauert der Schatten – das wusste Voheras nur zu gut.
Und so geschah es, dass Volheras' Spione – Ratten, Raben, winzige Spinnen – ihm zuflüsterten, dass die Wachen der Stadt bereits nach ihm suchten. Ein Hinweis, gespendet von einem kleinen Mann mit großer Angst. Es war lästig, gewiss – aber kein Grund zur Sorge. Volheras würde das Armenviertel nicht mehr verlassen müssen. Es gab andere Wege, das zu bekommen, was er suchte. Er nutzte die Armut, die Verzweiflung – und den nahenden Tod.
Einer dieser Wege war ein junger Mann namens Lucien.
Er pflegte seine todkranke Mutter im düsteren Elendsviertel. Die Frau war kaum mehr als Haut und Knochen, ein lebloser Schatten früherer Zeiten – es wäre ein Wunder, wenn sie noch ein paar Wochen überlebte.
Doch Hoffnung – diese törichte, brennende Flamme in den Herzen der Schwachen – war eine Schwäche, die Volheras stets zu nutzen wusste.
Alles begann mit einem harmlos wirkenden Gespräch. Ein Gespräch, das das Schicksal zweier Menschen besiegeln sollte.

 
Voheras: „Guten Abend, junger Mann. Du pflegst deine Mutter, nicht wahr?“
Lucien: „G-Guten Abend... ja, sie ist schwer krank.“
Voheras: „Wie kann ich helfen? Braucht ihr frisches Wasser? Ein Leib Brot? Ich habe genug in meiner Hütte. Ihr dürft gern etwas haben.“
Lucien: „Was? Wirklich? Einfach so...? Das hat noch nie jemand für uns getan. Braucht Ihr es denn nicht selbst?“
Voheras (mild lächelnd): „Sorge dich nicht, Junge. Ich komme selbst aus dem Dreck. Ich kenne Hunger, kenne den Gestank des Todes. Ich hatte Hilfe – nun bin ich es, der sie weitergibt.“
Lucien (flüstert mit Tränen in den Augen): „Dann... dann hat mich der Herr doch noch erhört...“

Wenig später reichte Volheras ihm Brot und einen Krug mit frischem Wasser – kühl, klar, verlockend.
Voheras: „Wenn du willst, könnten wir versuchen, deine Mutter zu retten.“
Lucien: „Was...? Wie denn? In diesem Viertel ist selbst der Tod schneller als Hilfe.“
Voheras: „In der Kirche steht ein uraltes Relikt: die Schale der Heilung. Man sagt, ihre Kraft könne Wunder wirken.“
Lucien: „Aber... die Kirche wird von Paladinen bewacht.“
Voheras: „Haben sie je auch nur einen Blick zu euch geworfen? Ihr lebt im Schatten ihres Lichts. Schlüpfe hinein – und wieder hinaus. Lautlos. Ungesehen. Ich zahle dir sogar eine Belohnung: einen ganzen Sack voll Gold.“

Als Lucien den prall gefüllten Beutel sah, weiteten sich seine Augen. So viel Gold... es würde ihr gesamtes Leben verändern. Und wenn seine Mutter dadurch gesund würde? Warum zögern?
Volheras erklärte ihm genau, wie er vorgehen müsse. Gab ihm sogar einen Unsichtbarkeitstrank – „für den Notfall“. Und so machte sich Lucien, getrieben von Hoffnung und Not, auf den Weg zur Kirche.
 
Währenddessen hatte Voheras sich bereits der sterbenden Mutter bemächtigt.
Ihr schwacher Körper war kaum mehr als eine Hülle, aber noch trug er eine Seele – und diese war nützlich. Er schleifte sie in seine Hütte und begann das Jaf-Duh, ein uraltes Ritual aus Schatten und Wahnsinn.

Ein Seelenraub, der rohe, brutale Gewalt auf den Körper ausübte – bis die Seele, unter qualvollem Schrei, aus ihrem Gefäß gerissen wurde.
Die Schmerzen waren jenseits jedes menschlichen Verständnisses.
Die geschundene Frau starb unter dem Druck – nicht einfach starb, sondern zersplitterte. Knochen barsten, Fleisch zerfiel zu Asche.
Voheras sammelte ihre gequälte Seele in einem Seelenkristall, einem von vielen, die er für Lilith befüllte.

 
Lucien kehrte zurück – schweißgebadet, mit der Schale in den Händen – und übergab sie Voheras.
Der Dämon lächelte. Der Schlüssel war nun in seiner Hand.
Als Lucien nach seiner Mutter fragte, log Voheras ohne zu zögern:

„Komm, Junge. Ich habe sie bereits in meine Hütte gebracht. Dort werden wir sie heilen.“
Doch was ihn dort erwartete, war kein Ort der Genesung.
Die Luft war dick von Fäulnis, von Blut und verbrannter Haut. Ein Leichenberg türmte sich in der Dunkelheit – ehemalige Bewohner des Armenviertels, zerstückelt, entstellt.
Und an dessen Spitze... seine Mutter.

Ihr Körper war durchzogen von Rissen, vom Jaf-Duh entweiht. Lucien wollte schreien, fliehen – doch es war zu spät.
Voheras griff ihn, raubte ihm das Bewusstsein, und vollzog auch an ihm das schreckliche Ritual.

Luciens Körper überlebte – jung, stark trotz seiner Herkunft. Die Seele wurde gefangen, doch die Hülle blieb brauchbar.
Voheras band den reglosen Körper auf den Nagelstuhl – vielleicht würde er später noch Verwendung dafür finden.

 
Dann begann der wahre Plan.
Auf einem steinernen Sockel mitten im Armenviertel stellte Voheras die Schale der Heilung auf.
Doch durch seine Verderbnis wurde sie zu etwas anderem: einem Tor.

Ein dunkler Riss in den Abyss öffnete sich – klein zunächst, dann immer größer. Ein schwarzer Lichtstrahl schoss gen Himmel und verfinsterte das göttliche Licht über Solgard.
Etwas Böses war entfesselt worden.

Dämonen – körperlich und seelisch – krochen durch den Riss. Sie befielen das Viertel, verseuchten es mit Flammen und Wahnsinn.
Voheras übernahm das Kommando über die Horden.
Er ließ das Armenviertel abriegeln, jeder Ausgang wurde von den Kreaturen bewacht.

Zu seinem eigenen Amüsement traten einige Dämonenseelen in die Körper der Wachen und Soldaten ein – und machten Brüder zu Feinden, Freunde zu Mördern.
Solgards Fall war nur noch eine Frage der Zeit.
 
OOC-Info: Der nächste Teil der Quest beginnt am 07.07.2025 um 20:00 Uhr.
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Knut Grosmet
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Knut und das brennende Herz

Beitrag von Knut Grosmet »

Knut stand vor seiner Hütte im Arbeiterviertel, wie er es nannte, von Solgard. Seine Schultern, breit und vom Leben gezeichnet, sanken unter einer Last, die nicht sichtbar, aber drückend war. Er hatte sich nie geschämt für die Einfachheit dieses Viertels. Die engen Holzhütten, die Rinnsteine voller Schlamm und Exkremente, der Geruch von Salz, Rauch und billigem Schnaps waren für ihn immer Zeichen von Ehrlichkeit und Zusammenhalt gewesen. Er kannte jede Familie, jedes müde Gesicht, und trotz der Armut war hier mehr echtes Leben für ihn als in all den reichen Vierteln der Stadt.

Doch an diesem Tag hatte die Dunkelheit ihr wahres Gesicht gezeigt. Die Dämonen waren gekommen, lautlos zuerst, dann immer brutaler. Im Nebel des Morgens waren sie durch die Gassen geschlichen, hatten sich in Schatten verwandelt, dann in gierige Klauen und lodernde Flammen. Nichts, was Knut kannte, hätte ihn darauf vorbereiten können.

Er sah, wie das Viertel, das ihm Heimat war, im Chaos versank. Menschen, die er täglich grüßte, rannten um ihr Leben. Alte Männer, gebeugt vom Leben, lagen nun reglos auf den Wegen, ihr Leiden beendet, doch auf eine Art, die niemand verdient hatte. Schreie hallten durch die Luft, während Dämonen durch die Gassen jagten, alles verwüsteten, was den Menschen noch geblieben war. Auch sein eigenes Heim blieb nicht verschont. Die Dämonen fraßen sich durch das alte Holz, das er so oft selbst geflickt und gepflegt hatte. Die Ecke, an der er abends saß und auf das dunkle Wasser blickte, war nur noch Asche.

Der Schmerz war beinahe unerträglich, denn all das war ihm vertraut. Knut erinnerte sich an Winterberg, seine alte Heimat, damals auf dem alten Kontinent. Auch dort hatte er alles verloren, verschüttet von Lawinen, Schnee und Geröll. Was damals geblieben war, war nur die Leere, ein Herz voller Trauer und die Sehnsucht nach einem neuen Zuhause. In Solgard hatte er es gewagt, wieder Hoffnung zu fassen, wieder zu glauben, dass er einen Ort finden konnte, an den er gehörte. Nun nahm ihm das Schicksal auch diesen Traum.

Er flüchtete aus den Flammen, zog einen kleinen Jungen an sich, der nichts mehr hatte außer Tränen im Gesicht und Angst in den Augen. Sie flohen Richtung Hafen, wo das dunkle Wasser die Schreie und das Feuer dämpfte. Dort saßen sie, während hinter ihnen das Viertel in Verwüstung versank. Knut spürte, wie etwas in ihm zerbrach. Nicht nur ein Haus war verloren, sondern alles, was er unter Brüdern und Nachbarn gefunden hatte: das Gefühl von Gemeinschaft, von Zugehörigkeit.

Die Nacht war lang und voller Schmerz. Knut wusste, er musste weiterleben, musste weitergehen, auch wenn er nicht wusste, wohin. Seine starken Arme konnten nichts mehr halten, was ihm wichtig war. Die Hoffnung war kleiner denn je, doch sie schimmerte noch, irgendwo tief in seinem Innersten – leise, fast spöttisch, aber nicht ganz ausgelöscht.

Und mit einem Mal fühlte er ein Stechen im Herzen. Er blickte sich hektisch um. Tonya? Wo war Tonya?
"Melkt der Knut mal einen Stier, trank der Bergmann zu viel Bier." (Unbekanntes Zitat aus einer Kaschemme)

Eine ausführlichere Charakterbeschreibung ist hier zu finden.
Bathor Darez
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Re: [Quest] Gebrochenes Siegel

Beitrag von Bathor Darez »

In Dunkelheit geboren – im Licht bewahrt
Aus der Sicht von Bathor Darez
 

Der Regen fiel kalt und stetig auf das Pflaster vor der Garnison der Stadtwache. Die Tropfen klangen wie Trommeln auf alten Schilden, vermischten sich mit dem leisen Gemurmel einiger Stimmen. Männer und Frauen, Magier und Priester, Paladine und einfache Bürger hatten sich hier versammelt. Eine Mauer aus Willen, aus Pflichtgefühl, aus Licht – errichtet gegen das, was jenseits der Grenze lauerte.
 
Ich stand mittendrin, zwischen all den Gesichtern, und doch schien ich allein. Das dumpfe Grollen meines Herzens übertönte jede Stimme um mich herum. Seit Tagen hatte das Armenviertel geschrien – nach Hilfe, nach Erlösung. Stadtwachen waren gefallen, ihre Körper geschändet, ihre Seelen vom Dunkel verschlungen. Und heute… heute sollte es ein Ende finden.
 
Ich wartete auf das Zeichen von Amarius, meinem Bruder, meinem Freund. Mein Blick suchte seinen. Der Regen rann mir über Stirn und Wangen, als wäre es die Vorahnung dessen, was kam.
 
Dann geschah es.
Ein Zischen in der Luft. Ein Schatten. Eine Bewegung.
 
Ich sah Elaine noch lächeln, im nächsten Moment hörte ich nur noch das Krachen ihres Körpers, als sie zu Boden stürzte. Der Attentäter – schneller als das Auge – tauchte aus dem Nichts auf. Sein Dolch fand den Rücken der Bardin, und ihre weiße Kleidung färbte sich binnen Herzschlägen blutrot.
 
„NEIN!“ – der Schrei kam aus meinem Inneren, aus einem Teil, den ich lieber nie hören wollte. Krotar war schneller als ich, sein Körper zwischen dem Feind und Elaine, ich direkt hinter ihm. Mit zorniger Wucht schlug ich meine Waffe nieder, während die Bürger, geschockt, doch mutig, dem Attentäter zu Leibe rückten.
Er fiel. Doch der Schaden war angerichtet.
Elaine lag da, blutend, schwach. Der Regen kühlte ihr Gesicht, als wollte er sie zurückrufen. Krotar hob sie auf –  und eilte zur Garnison. Ich riss mein Pferd herum. Die Heilstube. Vorräte. Salben. Alles, was helfen konnte.
Als ich zurückkehrte, kümmerten sich bereits Helfende um sie. Ich trat beiseite. Mein Platz war jetzt nicht an ihrer Seite, sondern an vorderster Front.



Die Masse bewegte sich wie ein Sturm gen Armenviertel. Die Dunkelheit hatte dort Wurzeln geschlagen. Und sie wartete. Eine Barriere aus schwarzer Magie spannte sich über den Pfad, als wolle sie unser Licht verspotten.
Dann trat er hervor.
Voheras.
Blondes Haar. Ein Lächeln wie aus Marmor gemeißelt. Die Nase höher als sein Verstand. Seine Worte tropften wie Gift: Er sei der Diener Liliths.
Ich schluckte. Mein Griff um das Amulett des Herrn wurde fester.
Und dann – seine Worte:
„Ich danke euch, Amarius. Für eure Befreiung.“
Das Schwert. Das verdammte Schwert. Wir hatten es aus dem Stein geborgen – sein Gefängnis. Es war nicht einfach ein Relikt gewesen… es war sein Siegel. Sein Kerker. Und wir hatten ihn befreit.
 
Amarius trat vor. Ich spürte den Zorn, das Schuldgefühl, die Schwere seiner Entscheidung. Ich trat an seine Seite, legte eine Hand auf seinen Arm.
„Tu das nicht, Bruder. Nicht allein.“
 
Doch er schüttelte den Kopf. Sein Blick fest. Entschlossen. Vielleicht auch getrieben von Buße.
Er trat durch die Barriere. Und sie ließ ihn durch.
Der Kampf begann – doch es war eine Farce. Vorheras zog sich zurück, ließ einen Knochendrachen erscheinen. Ein Monstrum aus alten Knochen, schwarzen Flammen und beißender Verderbnis. Amarius kämpfte wie ein Löwe. Doch die Krallen des Drachen rissen in sein Fleisch, schleuderten ihn zu Boden. Dann – mit einem letzten Aufbäumen – zerstörte er das Untier.
 
Doch da war es zu spät.
Voheras packte ihn – und verschwand mit ihm in den Schatten.



Ein Aufschrei ging durch die Reihe.
Ich spürte, wie meine Beine schwer wurden. Aber wir hatten keine Zeit für Trauer. Die Barriere flackerte. Gebete, geschrien mit letzter Inbrunst, trafen auf die Magie. Licht gegen Dunkel. Glaube gegen Zweifel.
Dann – sie brach.
Und wir stürmten.
Der Kampf war erbarmungslos. Männer und Frauen fielen, Schatten wichen, Zähne und Klauen schnitten durch Fleisch. Doch wir hielten. Wir hielten, weil wir mussten.

Und schließlich – das Dunkel wankte. Die Feinde flohen. Die Nacht gab das Armenviertel frei.
Doch von Amarius keine Spur.
Dann – eine Tür. Blut davor. Tonya trat sie ein.
Und da lag er. Zerbrochen. Blass. Kaum noch atmend.
 
Sloan und Tonya knieten sofort nieder, drückten ihre Hände gegen die Wunden. Ich stolperte durch den Raum, ließ mich neben ihn fallen, riss meine Tasche auf. Bandagen. Tränke. Gebete. Meine Stimme zitterte, als ich zum Herrn sprach. „Nimm ihn nicht. Nicht jetzt.“
Dann – ein Licht. Sanft. Rein.
Ein Engel.
Er legte die Hand auf die Brust meines Bruders. Seine Worte klangen wie Trommeln auf göttlichen Hallen:
„Wir haben auch gegen diesen Feind gekämpft. Wartet auf Morgen.“
Und dann war er fort.
 
Doch Amarius… seine Wunden waren verschwunden. Kein Schnitt. Nur seine zerrissene Robe, das von der Schlacht erzählte. Ich konnte kaum atmen. Konnte kaum glauben, was ich sah.
Wir trugen ihn ins Heilerhaus des Herrn. Ich untersuchte ihn, fand… nichts. Keine Spur. Nur die Erschöpfung. Der Schmerz. Das Echo.
Ich gab ihm einen Trank. Etwas, das ihn schlafen ließ. Ich setzte mich an sein Bett. Ließ meinen Blick über seine Züge gleiten. Sah den Mann, der fast alles gegeben hatte – für uns. Für Solgard.
 
Und ich wusste:
Der wahre Kampf hatte erst begonnen.
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